Der "Wertstoff" Kunststoff ist unverzichtbar für das reibungslose Funktionieren unserer Welt. Ohne Kunststoff gäbe es keinen Fortschritt in Themen wie der Reduzierung von Lebensmittelabfällen, der Energie- oder Mobilitätswende. Kunststoff ist der entscheidende Gestaltungsfaktor in diesen Bereichen.
Die Expertise von Ingenieurinnen und Ingenieuren der Kunststofftechnik ist dabei von entscheidender Bedeutung. Doch bereits jetzt gibt es einen Mangel an Fachleuten. Die Zahl der eingeschriebenen Studenten in den entsprechenden Studiengängen deutscher Hochschulen nimmt rapide ab. Eine Kehrtwende ist in naher Zukunft noch nicht absehbar. Wir haben uns in der Branche umgehört und zahlreiche Stimmen Ingenieuren gesammelt, welche die Faszination für dieses Berufsfeld teilen.
"Wir brauchen Ingenieure für die Ideen von morgen"
Das Ingenieurstudium hat an Attraktivität verloren. Das können die Ingenieure der Kunststoffbranche nicht nachvollziehen. In ihren Kommentaren unserer Reihe lesen Sie weshalb. Thilo Stier von Akro-Plastic ist ein begeisterter Kunststofftechniker durch und durch und möchte mit seiner Videobotschaft junge Menschen dazu motivieren, Kunststofftechnik zu studieren.
Studiengang Kunststofftechnik: Was die Welt zusammenhält
Obwohl ich eigentlich vom Maschinenbau komme, kann ich nach gut 30 Jahren Berufserfahrung mit und in Kunststoff behaupten, dass kaum ein anderes Fachgebiet an die Vielseitigkeit der Kunststofftechnik herankommt. Betrachtet wird stets das Zusammenspiel von Mensch, Maschine und Material – und die richtige Kombination führt zu anspruchsvollen, beständigen Produktlösungen. Um Kunststofftechnik zu meistern, ist ein anderes, außergewöhnliches Denken notwendig: Das Fingerspitzengefühl und die Intuition des Anwenders beim Bedienen der Anlagen, die technischen Abläufe in der Kunststoffverarbeitung und das Potential des Materials beeinflussen sich gegenseitig für ein optimales Ergebnis – hier die Spielregeln abschätzen zu können, ist das Geheimnis des Erfolges. Hier weiterlesen.
"Vielseitig ist die Tätigkeit eines Ingenieurs in der Kunststoffverarbeitung"
Schon als Kind habe ich Freude an technischen Fragenstellungen gehabt. Die Entscheidung, an der RWTH Aachen Maschinenbau zu studieren, fiel mir daher sehr leicht. Anfangs war mein Traum, Flugzeuge oder Autos zu konstruieren, doch mit der Zeit wurde mir klarer, welche spezifischen Aufgaben Ingenieure in den verschiedenen Fachrichtungen übernehmen. Schließlich fiel meine Wahl auf die Vertiefungsrichtung Kunststoffverarbeitung. Dabei überzeugte mich vor allem die Vielseitigkeit, die einem Ingenieur in der Kunststoffverarbeitung geboten wird. Egal ob in der Automobilbranche, der Luftfahrtindustrie oder bei der Herstellung von Produkten des täglichen Bedarfs wie Zahnbürsten, Elektronik- und Sportartikeln sowie Medizinprodukten – Kunststoffingenieure sind gefragte Experten.
"Die Früchte der Ingenieursarbeit in der Kunststofftechnik wachsen in der Regel in großen Mengen"
Kunststofftechnik war für mich als Studiengang optimal, denn mit den Leistungskursen Chemie und Physik gibt es wohl kaum eine passendere Wahl. Gerade die Möglichkeiten, die sich im Leben daraus entwickeln können, waren zudem ausschlaggebend. Kunststoff war und ist ein immer vielfältiger werdender Werkstoff, der einfach nicht mehr wegzudenken ist und auch nicht weggedacht werden muss. Für mich war klar, dass es ein Wachstumsmarkt ist und ich gerne wissen würde, wie die Dinge, die ich täglich sehe, hergestellt werden. Erfahren Sie mehr...
"Der Weg zum Kunststoffingenieur hat sich von alleine ergeben"
Ergangen ist es mir wie vielen nach der Pflichtschule. Eine der größten Entscheidungen des Lebens steht an, die Welt steht einem offen und bietet so viele Möglichkeiten. So viele spannende Themen, die man am liebsten alle machen möchte. Eins war für mich sofort klar, ich wollte direkt ins Berufsleben einsteigen und deswegen habe ich mich für eine Lehre im IT-Bereich entschieden. Wie es der Zufall wollte, bin ich bei einem Werkzeugmacher gelandet. Schon nach kurzer Zeit wusste ich, dass ich mehr wollte.
Wie und wann Florian Aichberger, Geschäftsführer von Simpatec bei der Kunststofftechnik gelandet ist, erfahren Sie hier.
"Alte Denkmuster überwinden und Neues wagen"
Im vergangenen Sommer hatte ich die Gelegenheit zu etwas, was einem als Unternehmer und Familienvater selten vergönnt ist: Ich traf mich mit einigen alten Freunden im Kölner Park, genoss ein leckeres Kölsch und die warme Sonne. Während des Treffens gesellten sich auch alte Bekannte dazu, die ich schon seit weit über 10 Jahren nicht mehr gesehen hatte. Nach herzlichen Begrüßungen kam schnell das Thema auf, was jeder von uns heute beruflich macht. Dabei fiel die Frage: "Bist du eigentlich immer noch in der Plastikindustrie tätig? In Zeiten der Umweltprobleme, die durch Plastikmüll verursacht werden, will doch heute niemand mehr etwas damit zu tun haben." Oder doch?
Warum habe ich mich für ein Kunststofftechnikstudium entschieden?
Mir wurde schon häufig die Frage gestellt, warum ich unbedingt „Plastik“ studieren möchte, beziehungsweise habe. Als würde ich damit gleich jeden Umgang und jede Verwendung von Kunststoff unterstützen. Bevor ich das Studium begonnen habe, war mir nicht bewusst, dass so viele Menschen eine negative Konnotation mit dem Werkstoff verbinden. Da ich selbst in einer kunststoffstarken Region aufgewachsen bin, habe ich Kunststoff schon immer aus einer anderen Perspektive betrachtet.
Gerade wegen des schlechten Rufs ist ein Beruf im Bereich der Kunststofftechnik sehr interessant. Denn hier können wir wirklich etwas verändern! Kunststoff ist aus unserem Alltag kaum noch wegzudenken, doch es fehlt häufig an Alternativen, die tatsächlich nachhaltiger sind. Da der Verzicht auf Kunststoff nicht zwangsläufig zu einer nachhaltigen Lösung führt. Hier weiterlesen...
„Ein klares JA zum Studiengang Kunststofftechnik!“ von Dipl.-Ing. Heiko Köferl
BWL sollte der Studiengang sein, den Dipl.-Ing. Heiko Köferl, Geschäftsführer Koeferl-Consulting, Anfang der 1990er in Würzburg studieren wollte. Doch die Idee hatten noch mehr junge Menschen und so landete er auf der Warteliste… Doch warten wollte er nicht und bewarb sich für Kunststofftechnik und wurde genommen. Nach nun 25 Jahren im Projekt-, operativen und Prozessentwicklungsgeschäft in der Spritzgiesstechnik sagt er, dass der einstige Zufall zur Berufswahl das Beste war, was ihm hatte passieren können. Hier erfahren Sie warum.
Dr.-Ing. Robert Vaculik
Bei Dr.-Ing. Robert Vaculik, Inhaber Vaculik Consulting, Konstanz, war damals die Begeisterung für Technik der Hauptmotivator für ein Ingenieurstudium - allerdings zunächst im Maschinenbau. Das Interesse für Kunststoff kam erst viel später, wie er verrät.
"Was wollte man damals nicht alles aus Kunststoff machen? Einiges ist umgesetzt worden, einiges ist als Vision auf der Strecke geblieben, aber die Mehrzahl der Innovationen ist tatsächlich im wenig sichtbaren Detail entstanden." Was er noch zu sagen hat, lesen Sie hier.
Dipl.-Ing. (FH) Robert Benker
Er war Jahrzehnte lang in der Spielwarenindustrie aktiv. Für ihn sprechen "unzählige Gründe für ein Studium der Kunststofftechnik", wie er verrät.
"Während des Studiums zeigte sich, wie vielfältig und breit Kunststofftechnik wirklich aufgestellt ist. Scheinbar unbegrenzt ist die Anwendungsvielfalt in den Bereichen Automobil, Medizin, Baustoffe, Gerätebau, Konsumgüter, Verpackung und noch viele mehr. Dazu kommt natürlich der riesige Bereich der unterschiedlichsten Verarbeitungsmethoden, die für die jeweilige Problemlösung zur Verfügung stehen, das Gebiet der Polymerchemie und die sinnvolle sowie maßgeschneiderte Nutzung der individuellen Eigenschaften von Kunststoffen."
Die große Übersicht zum Studium der Kunststofftechnik
Die Kunststoffindustrie sucht händeringend nach Fachkräften. Und auch die Hochschulen melden immer weniger Einschreibungen für ein Studium der Kunststofftechnik. In unserer Übersicht gehen wir für alle Interessierte den Fragen nach:
- Was macht eigentlich ein Kunststoffingenieur?
- Wie viel verdient ein Kunststoffingenieur?
- Wo kann ich Kunststofftechnik studieren?
Michael Däbritz, Geschäftsführer Varioplast, und sein Sohn, Pierre Däbritz, Assistenz der Geschäftsleitung
Hier ein kurzer Auszug, warum sich die beiden für ein Studium der Kunststofftechnik entschieden haben.
Michael Däbritz: "Rückblickend bin ich froh diesen Weg eingeschlagen zu haben. Denn es gibt kaum ein anderes Berufsfeld, in dem man mit so vielen unterschiedlichen Themen befasst ist und gestalterisch tätig sein kann. Es ist mehr als schade, dass in der öffentlichen Wahrnehmung der Kunststoff an sich und damit die Kunststofftechnik nicht den guten Ruf genießt, den sie verdient. Schließlich müsste heute jeder wissen, dass unsere moderne Zivilisation ohne Kunststoff weder satt werden würde, praktisch keine medizinische Versorgung hätte, nicht mobil wäre und weder über Telekommunikation noch Windkraft sinnvoll einsetzen könnte. Die Liste ließe sich beliebig verlängern. Selbst wenn sich Kunststoff in Randbereichen durch andere Werkstoffe substituieren ließe, wäre auch dies ohne immense Steigerung des CO2-Footprints nicht möglich."
Pierre Däbritz: "Kunststoffe sind omnipräsent in unserem Alltag und ihre Rolle in verschiedensten Industriebereichen ist unaufhaltsam gewachsen. Ein Studium im Bereich Kunststofftechnik eröffnet nicht nur ein tiefgreifendes Verständnis für die Faszination und Vielseitigkeit dieser Materialien, sondern bietet auch die Möglichkeit, an der Gestaltung zukunftsweisender Innovationen insbesondere für den Erhalt unserer Umwelt teilzuhaben. Von der Entwicklung nachhaltiger Materialien bis hin zur Revolutionierung industrieller Prozesse, bietet die Kunststofftechnik ein breites Spektrum an Möglichkeiten für Menschen, die Ihre Zukunft mitgestalten wollen."
MBA & Eng. Sven Otterbein, Studienrat, Berufliche Schulen Gelnhausen
"Als Kunststoffingenieur war ich unter anderem beim Auslegen von Stoßfängerwerkzeugen beteiligt. Es ist beeindruckend, wenn ein 50 t Werkzeug in eine 4.000 t Spritzgießmaschine eingebaut wird und dann alles präzise und mit einer enormen Geschwindigkeit funktioniert. Mein Wissen konnte ich auch bei der Entwicklung neuer Spritzgieß-, Extrusion- oder Blasformprozesse einbringen. Ich reiste um die Welt und durfte in Mexiko, Portugal, Italien und China Werkzeuge bemustern und neue Verfahren einführen, die Kolleginnen und Kollegen schulen und bei Fragen weiterhelfen. Nach einiger Zeit ergab sich für mich die Möglichkeit, bei der Entwicklung von elektrisch leitfähigen Kunststoffen mitzuwirken. Diese Materialien haben wir dann für die Herstellung von Elektroden für Redox-Flow-Batterien verwendet. Diesmal hieß es also Compoundieren, Extrudieren, Pressen, Kalandrieren und Schweißen."
Dipl.-Ing. (FH) Frank Schemm, Aerospace, Advanced Air Mobility, Automotive – Market Development, Victrex Europa
Frank Schemm stieg in den 90er Jahren in die Arbeitswelt als Jungingenieur ein: "Die meisten zukunftsorientierten Technologien sind ohne Kunststoffe gar nicht umsetzbar, da Werkstoffeigenschaften gefordert werden, die traditionelle Materialien gar nicht bieten können. Wo früher Leistungsfähigkeit, Preis und Lieferfähigkeit an erster Stelle standen, werden heute Nachhaltigkeitsaspekte bei der Materialauswahl, der Konzeptvalidierung und Entwicklung eines neuen Produktes von Anfang an zwingend berücksichtig. Dabei spielen Lebensdauer, energieschonende Herstellung, Reduzierung des Materialmixes, Recycling- oder Reparaturfähigkeit, Abfallminimierung oder der CO2-Fußabdruck der eingesetzten Werkstoffe eine wichtige Rolle."
Ing. grad Kunststofftechnik Helmut Hofmann
Helmut Hofmann verrät in seinem Kommentar, was den Beruf des Ingenieurs der Kunststofftechnologie so interessant macht.
"Ich habe mich 1974 wegen dieser Vielseitigkeit für das Studium der Kunststofftechnik entschieden – Maschinenbau, Werkzeugtechnik und Chemie – unterschiedlichste Disziplinen unter einem Dach. Es war für mich bis heute eine gute Wahl für ein Wirken in einer interessanten und weit verzweigten Branche. In allen Bereichen durfte ich – einst mit dem Rechenschieber begonnen – in allen Bereichen in die KI-Zeit hineinwachsen."