Portrait eines Mannes mit Bart und Brille in einem karrierten Hemd

Prof. Dr.-Ing. Thomas Müller-Lenhardt, Professor für Kunststofftechnik sowie Studiengangsleiter Angewandte Kunststofftechnik (AKT) an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Ansbach. (Bild: Hochschule für angewandte Wissenschaften Ansbach)

Die Frage ist doch, wie wir in Zukunft leben wollen! Ökologisch betrachtet leben wir über unsere Verhältnisse. In Deutschland und anderen ähnlich entwickelten Ländern mehr als im globalen Durchschnitt. Dass dies dauerhaft nicht möglich sein kann, ist uns allen klar. Nun fällt es uns aber schwer, auf unseren gewohnten Lebensstandard zu verzichten oder gar unser Konsumverhalten entsprechend anzupassen, denn das wäre eine einfache, effektive und gleichermaßen schmerzhafte Lösung hin zu einer nachhaltigen Bewirtschaftung unseres Planeten. Und auch Entwicklungs- und Schwellenländern können wir den Lebensstandard, den wir hierzulande genießen, kaum verwehren. Das lässt uns schon erahnen, dass unser ökologischer Kredit und damit unsere ökologische Schieflage weiter zunehmen wird.

Typischerweise geht der Lebensstandard mit dem Ressourcenverbrauch einher. So verwundert die Schätzung der OECD nicht, dass sich auch der weltweite Kunststoffverbrauch bis zum Jahr 2060 mehr als verdoppeln wird und das, obwohl wir jetzt plastikfreie Zahnbürsten herstellen können. Natürlich wollen auch die ärmeren Länder vom Zugang zu sauberem Trinkwasser, Strom aus Windkraft oder einer medizinischen Versorgung, wie wir es gewohnt sind, profitieren, was ohne den Einsatz von Kunststoffen so nicht möglich ist. Die Liste der Anwendungen, die durch Kunststoffe ermöglicht werden, lässt sich beliebig fortsetzen. Eine Substitution durch andere Werkstoffe ist manchmal möglich, aber selten ökologisch sinnvoll, selbst wenn uns Marketingexperten gerne in diesem Glauben zurücklassen.

Wie sehr wir unser gewohntes Verhalten verändern müssen und welche Wünsche wir uns zukünftig noch leisten können, hängt davon ab, wie gut es uns gelingt die vorhandenen Ressourcen sinnvoll einzusetzen und dort, wo sie begrenzt sind, wieder zurückzuführen. Zugegeben, das ist keine Aufgabe, die wir von heute auf morgen lösen können. Aber sie ist lösbar. Es liegt an uns, ob wir Kunststoffe als Wertstoffe wegwerfen und dem Planeten als Müll und Verschmutzung zu Land und zu Wasser zurücklassen oder ihnen ein weiteres Leben schenken wollen, indem wir sie recyceln und den Rohstoff Kunststoff in den Kreislauf zurückführen.

Wichtig zu wissen ist dabei, dass Kunststoffe nicht grundsätzlich böse sind – beispielsweise etwa nur, weil sie synthetisch hergestellt werden. Umgekehrt muss ein Biokunststoff nicht grundsätzlich grün und unproblematisch sein. Auch dieser und alle anderen Werkstoffe unterliegen dem Einsatz von Ressourcen sowie dem Einsatz von Energie, die beispielsweise für die Herstellung oder für das Recycling aufgewendet werden muss. Wir haben also nicht nur eine werkstoffliche Herausforderung, die isoliert gelöst werden kann, sondern ebenso weitere, damit verknüpfte, technische und gesellschaftliche Handlungsfelder, die parallel und interdisziplinär bearbeitet werden müssen. Wie aber soll diese Mammutaufgabe gelöst werden? Und vor allem wer soll das tun?

Für einen angemessenen Umgang mit unseren Ressourcen wäre es sicherlich auch hilfreich, wenn die ökologische Belastung unserer Umwelt in der Bepreisung von Waren Berücksichtigung fände. Wenn also Dinge das kosten, was sie kosten müssten. Vielleicht würden wir unseren Warenkorb dann maßvoller befüllen und uns gegenüber Mutter Natur weniger stark verschulden. Es geht also um die Schaffung eines gesellschaftlichen Bewusstseins, welches auf Fakten und wissenschaftlichen Erkenntnissen basiert, um die ökologische Bilanzierung von werkstofflichen Alternativen sowie um das Wissen, welches wir für eine funktionierende und energieeffiziente Kreislaufwirtschaft benötigen.

Glücklicherweise haben wir in Deutschland ein funktionierendes und durchlässiges Bildungssystem, welches gerade im Bereich der Kunststofftechnik aufgrund unserer traditionellen Verbundenheit zu dieser Industrie gut ausgebaut ist. Leider jedoch spiegelt das aktuelle Interesse junger Generationen nicht den gesellschaftlichen Bedarf wider, die bevorstehenden Aufgaben im Rahmen der Transformation zu einem nachhaltigen Umgang mit unseren Ressourcen zu bewältigen. In der Technik und insbesondere in der Kunststofftechnik sind wir also doppelt getroffen vom ohnehin zunehmenden Fachkräftemangel, der sich aus dem demographischen Wandel ergibt.

Umso erfolgreicher wir unsere Schulden an die Natur zurückzahlen können, desto weniger müssen wir uns in Zukunft einschränken, zum Beispiel in Hinblick auf die Flugmeilen durch den Sommerurlaub oder anderer nicht essenzieller Bedürfnisse. Hierzu bedarf es nachhaltiger, technologischer Lösungen, einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft und eines allgemeinen gesellschaftlichen Verständnisses zu den wesentlichen Wirkzusammenhängen. Zur Aufklärung und zur Bewältigung der anstehenden Herausforderungen braucht es in erster Linie Fachwissen. Es braucht gut ausgebildete Menschen, die in der Lage sind, faktenbasierte Entscheidungen auf Grundlage ethischer Rahmenbedingungen zu treffen und Menschen, die ihr Wissen auf missionarische Art und Weise mit anderen Menschen teilen.

Diese Reichweite, die Teilhabe zur gesellschaftlichen und technologischen Transformation, der unmittelbare Einfluss auf unseren zukünftigen Wohlstand sowie die Möglichkeit zur Gestaltung und Selbstverwirklichung erwartet Menschen, die sich für ein Ingenieurstudium der Kunststofftechnik entscheiden. Das Studium versetzt diese Menschen in die Lage, Verantwortung für den Wertstoff Kunststoff und dessen nachhaltigen Einsatz zu übernehmen. Ist das nicht eine ausreichende Motivation dafür, Kunststofftechnik zu studieren?

Interessant in diesem Zusammenhang

Am Kunststoffcampus der Hochschule Ansbach kann man den Studiengang Angewandte Kunststofftechnik (AKT) berufsbegleitend studieren. Das ist für Personen interessant, die eine Ausbildung haben, bereits in der Kunststoffbranche arbeiten oder arbeiten möchten und sich zum Ingenieur beziehungsweise zur Ingenieurin weiterbilden wollen. Alternativ kann man seine Kunststoffkarriere auch klassisch nach dem Abitur beginnen und Studium und Beruf gewinnbringend kombinieren. Wie ein berufsbegleitendes Studium abläuft und welche Kompetenzen man sich zur Verkürzung des Studiums anrechnen lassen kann, erfahren Sie hier oder im nachfolgenden Image-Video.

Image-Video Hochschule Ansbach

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