Für mich sprechen unzählige Gründe für ein Studium der Kunststofftechnik. In meinem Fall war die vorangestellte Lehre zum damals noch sehr jungen Berufsbild des Kunststoffformgebers ausschlaggebend. Die Ausbildung umfasste neben der Metallbearbeitung, Hydraulik, Pneumatik, Elektrik, den Anlagenbau und die Bedienung aller, für die Kunststoffbearbeitung nötigen Maschinen und Geräte auch Grundkenntnisse über die Werkstoffe, insbesondere der Kunststoffe. Der Ausbildungsbetrieb verarbeitete überwiegend PS und ABS, die während des Aufschmelzens bei der Verarbeitung einen markant süßlichen Geruch entwickeln, den ich von Anfang an mochte. Ich denke, dass ich schon damals süchtig war nach diesen Styrol-Restmonomeren, was wahrscheinlich meine Entscheidung erleichterte, mit einem Studium tiefer in die Welt der Kunststofftechnik einzutauchen.
Und in der Tat, während des Studiums zeigte sich, wie vielfältig und breit Kunststofftechnik wirklich aufgestellt ist. Scheinbar unbegrenzt ist die Anwendungsvielfalt in den Bereichen Automobil, Medizin, Baustoffe, Gerätebau, Konsumgüter, Verpackung und noch viele mehr. Dazu kommt natürlich der riesige Bereich der unterschiedlichsten Verarbeitungsmethoden, die für die jeweilige Problemlösung zur Verfügung stehen, das Gebiet der Polymerchemie und die sinnvolle sowie maßgeschneiderte Nutzung der individuellen Eigenschaften von Kunststoffen. Und dann kam, an der von mir gewählten Hochschule, noch die Kautschuktechnologie dazu, für die ja das gleiche gilt.
Bei realistischer Betrachtung sind Kunststoffe aus unserer Welt nicht mehr wegzudenken. Ich bin mir sicher, es wird auch zukünftig sinnvolle oder sogar alternativlose Anwendungen geben. Kunststoff ist nicht grundsätzlich schlecht, auch wenn es momentan leider so dargestellt wird. Wir müssen lediglich vernünftig damit umgehen. Genau wegen des zunehmenden Spannungsfelds zwischen Nachhaltigkeit und sinnvollem Nutzen ergeben sich neue Tätigkeitsfelder für Ingenieure, beginnend bei der Entwicklung neuer, nachhaltiger Kunststoffe, bis hin zu sinnvollem und intelligentem Recycling. Wer, außer Ingenieure für Kunststofftechnik, ist aufgrund seiner umfassenden Kenntnisse der Materie in der Lage, diese anspruchsvollen Aufgaben zu meistern. Ich denke es ist spannend, an der Gestaltung der Zukunft der Kunststoffe mitwirken zu können.
Für Kunststofftechniker gibt es deshalb auch weiterhin interessante Herausforderungen auf dem Gebiet der Bauteilentwicklung, bei der Konstruktion und dem Bau von Formen, in der Werkstoff- und Additiventwicklung, der Maschinen- und Anlagenentwicklung, des Anlagenbaus, des Handels und Vertriebs, der Logistik und Beschaffung, des riesigen Spektrums der wichtigen peripheren Technologien, der Produktion und in noch vielen Bereichen mehr. Viele Substitutionen durch Kunststoffe ergeben mancherlei Einsparungen und schonen die Ressourcen anderer Werkstoffe.
Die Kunststoffindustrie war, ist und bleibt ein faszinierendes und abwechslungsreiches Betätigungsfeld, in dem sich auch zukünftig garantiert jeder Kunststoffingenieur seinen individuellen beruflichen Vorstellungen entsprechend verwirklichen kann.
Ich würde den Studiengang erneut belegen!