Saal in dem ein Redner auf der Bühne steht und die Teilnehmer im Saal vor Tischen sitzen.

Das diesjährige IKV-Kolloquium findet nach der letztmaligen rein digitalen Veranstaltung wieder in Präsenz statt. (Bild: IKV)

Anfang September geht das IKV-Kolloquium in seine 31. Ausgabe. Nach der coronabedingten Umstellung der Konferenz Im Jahr 2020 auf ein rein digitales Format trifft sich die Kunststoffbranche in Aachen nun wieder in Präsenz. Insgesamt 15 Vortragssessions widmen sich aktuellen Forschungsthemen des IKV. Jede der Sessions beginnt mit einem Impulsvortrag eines Industrievertreters, der auf die im Anschluss präsentierten wissenschaftlichen Beiträge hinleitet und den Kontext zur industriellen Praxis herstellt. Die Veranstaltung soll auch als Plattform dienen, um miteinander ins Gespräch zu kommen und Trends und Technologien zu diskutieren. Experten aus Industrie und Forschung präsentieren ihre Sichtweisen auf aktuelle und künftige Themen der Kunststoffbranche wie Digitalisierung, Kreislaufwirtschaft und Wasserstofftechnologien. Teilnehmende können ihr Vortragsprogramm individuell selbst konfigurieren und entscheiden, welche Sessions für sie infrage kommen.

Oranangener Roboterarm.
Eine hybride Fertigungszelle des IKV zur additiven Fertigung großvolumiger Bauteile. (Bild: IKV)

Die Digitalisierung als Möglichmacher

Mit dem Programmpunkt „IKV 360°“ lädt das Institut Teilnehmer am ersten Tag dazu ein, laufende Versuchsanlagen in den Technika vor Ort zu erleben. Hier hat man dann die Möglichkeit, Einblicke in Hallen, Labore und Forschungsprojekte zu erhalten und sich dabei mit wissenschaftlichen Mitarbeitenden des IKV auszutauschen. An mehr als 80 Versuchsstationen wird live die inhaltliche und strukturelle Vielfalt der Forschungsarbeit am IKV demonstriert. Vorgestellt werden unter anderem Projektergebnisse zur digital unterstützten Prozesseinrichtung an einer eine vollelektrischen Spritzgießmaschine. Daran soll aufgezeigt werden, welchen Mehrwert die Integration virtueller Assets, wie Spritzgießsimulationen oder datenbasierte Prozessmodelle, zur initialen Prozesseinstellung und weitergehenden Prozesssteuerung bietet. Die Ergebnisse wurden unter anderem in Forschungsprojekten des DFG-geförderten Exzellenzclusters „Internet of Production“ der RWTH Aachen und im vom BMBF geförderten internationalen Forschungsprojekt „Cosima“ erzielt.

Zwei asiatisch aussehende Männer schauen durch eine Glasscheibe.
Beim letztmaligen Kolloquium vor Ort in Aachen gab es bereits allerhand zu entdecken. (Bild: IKV)

Dass die Digitalisierung aber auch dazu beiträgt, beispielsweise die Kreislaufwirtschaft zu unterstützen, zeigt das Forschungsprojekt „Plasticbond“. Der IKV verfolgt hier einen ganzheitlichen Ansatz, um digitale Lösungen für den verbesserten Rezyklateinsatz zu identifizieren. In dem Projekt werden zusammen mit einem Industriekonsortium protypische Konzepte entwickelt, die Produkt- und Prozesseigenschaften auf jeder Stufe des Lebenszyklus berücksichtigen und diese in Anlehnung an den von der Plattform Industrie 4.0 eingeführten Materialpass als Informationen bereitstellen. In der Anwendung soll das dann beispielsweise den ökologischen Fußabdruck einer Verpackung verbessern und der Extended Producer Responsibility (EPR) nutzen. Insgesamt will man dadurch Standards für Rezyklate weiter verbessern.

Die Sessions des IKV-Kolloquiums

  • Auf dem Weg zur autonomen Spritzgießfertigung
  • Recyclingfähige Barrieresysteme für nachhaltige Produkte
  • Wertschöpfungspotenziale durch digitale Infrastrukturen
  • Steuerung von Stoffströmen im Verpackungsrecycling
  • Misch- und Fließprozesse bei der Kautschukverarbeitung
  • Produktion und Betrieb von Wasserstoffdruckbehältern
  • Fertigung hochpräziser optischer Linsen
  • Auslegungsmethoden für Versagensmechanismen technischer Thermoplaste
  • Resiliente Führung des Spritzgießprozesses
  • Batteriegehäuse aus langfaserverstärkten Kunststoffen
  • Fügen innovativer und nachhaltiger Materialkombinationen
  • Entwicklung resilienter Spritzgießprodukte
  • Additive Fertigung großer Bauteile
  • Modellierung zeitskalierter Eigenschaften faserverstärkter Kunststoffe

Grenzen des 3D-Drucks sprengen

Im Rahmen des Kolloquiums wird das IKV auch die additive Fertigung näher beleuchten. Denn im Vergleich zu anderen Fertigungstechnologien zeigt dieses schichtbasierte Verfahren zwar einen hohen Grad an geometrischer Freiheit, Nachteile finden sich jedoch hinsichtlich der Oberflächenqualität der Bauteile – beim sogenannten Treppenstufeneffekt. Die Haftung der einzelnen Schichten begrenzt die Belastbarkeit in Aufbaurichtung, sodass die mechanischen Bauteileigenschaften anisotrop sind. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, wurde am IKV ein Verfahren für die nicht-planare additive Fertigung mit variabler Schichthöhe entwickelt. Es konnte gezeigt werden, dass sich mit dieser Methode der Bahnplanung die Oberflächenrauheit im Vergleich zur konventionellen additiven Fertigung um bis zu 76 % reduzieren lässt. Bei der nicht-planaren additiven Fertigung werden die exakte Bauteilform sowie die vorliegenden Lastfälle bei der Berechnung des Maschinencodes berücksichtigt. Die so generierten Schichten können frei im Raum angeordnet und gekrümmt sein. Dies gilt sowohl für die Schichten an den Bauteilaußenseiten zur Erzeugung qualitativ hochwertiger Oberflächen als auch für alle Schichten innerhalb des Bauteils. Um die Bauteilgröße, die Materialvielfalt und die Fertigungsgeschwindigkeit zu erhöhen, wird in einem Forschungsprojekt die Implementierung der nicht-planaren Bahnplanung auf einer großvolumigen Schneckenextrusions-AF-Anlage, der Hybriden Fertigungszelle des IKV, untersucht.

Alternative Antriebssysteme im Fokus

Besucher in der Versuchsanlage.
Mit dem Programmpunkt „IKV 360°“ öffnet das Institut seine Tore und lädt Teilnehmer ein, die Versuchsanlagen in den Räumlichkeiten des IKV live zu erleben. (Bild: IKV)

Ein weiteres Projekt, an dem das Institut arbeitet, behandelt den alternativen Treibstoff Wasserstoff. Das Verbundprojekt „Delfin“ hat sich zum Ziel gesetzt, brennstoffzellen-basierte Antriebssysteme konkurrenzfähiger zu machen. So werden die Optimierung der strukturmechanischen Auslegung von Typ IV-Druckbehältern und die entsprechenden Fertigungsprozesse entlang der gesamten Wertschöpfungskette erforscht. Als Projektpartner entwickelte das IKV eine kamerabasierte Messmethodik und angepasste Bildverarbeitungsalgorithmen zur Inline-Überwachung des Wickelprozesses. Damit sollen prozessseitige Abweichungen der Faserbandablage erfasst werden und für die realitätsnahe Abbildung der Druckbehälter in Form eines Digitalen Zwillings mit ortsaufgelöster Angabe von Qualitätsparametern nutzbar gemacht werden. Um die Einflüsse der Prozessparameter auf die Faserbandgeometrie, wie Breite, Position, Orientierung und damit auch die Behälterqualität besser verstehen zu können, wird die Messmethodik auf einer innovativen roboterbasierten Wickelanlage an einem Typ IV-Druckbehälter validiert. Darüber hinaus wird Teilnehmenden ein Blick in die Forschungsarbeiten im Bereich der Plasmatechnologie gewährt. Hier werden großvolumige Hohlkörper beschichtet, um diesen Barriereeigenschaften zu verleihen, die bislang nur durch recyclinghinderliche Multimateriallösungen erreicht werden können.

Industrieausstellung

Parallel zum Kolloquium findet auch die Industrieausstellung statt, bei der die anwendungsnahe Forschung auf industrielle Entwicklung und Innovation trifft und Raum für das Pflegen und den Ausbau beruflicher Netzwerke bietet. Auf gut 400 m² Ausstellungsfläche versammeln sich an den zwei Veranstaltungstagen Akteure entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Kunststofftechnik.

Quelle: IKV

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Unternehmen

Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV) in Industrie und Handwerk an der RWTH Aachen (Hauptsitz)

Seffenter Weg 201
52074 Aachen
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