Zeichnung der Kreislaufwirtschaft mit zwei Frauen und einem Mann sowie Zahnrädern, Glühbirne und Lupe.

Für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft braucht es umweltfreundlichere und materialschonendere Verpackungslösungen. (Bild: VectorMine - stock.adobe.com)

Lebensmittelverpackungen aus Kunststoff verlängern die Haltbarkeit eines Produktes deutlich und schützen dieses gleichzeitig vor qualitätsmindernden äußeren Einflüssen wie Verunreinigungen und Mikroorganismen sowie vor Sauerstoff, Feuchtigkeit und Licht. Bei empfindlichen Produkten stellt die hohe Permeabilität von Kunststoffen allerdings eine Herausforderung dar, die beim Verpackungsdesign bewältigt werden muss, ohne dabei ökologische und ökonomische Nachteile zu verursachen. Gase wie Sauerstoff oder Wasserdampf können zu einem frühzeitigen Verderben der Lebensmittel führen. Umgekehrt kann das Entweichen von Bestandteilen wie CO2 oder Aromen aus dem Produkt zu Eigenschaftsveränderungen beispielsweise bei Geschmack oder Erscheinungsbild führen. Zudem verstärkt sich der Trend zur Reduktion des eingesetzten Materials, was die Barrierewirkung der Verpackung durch die Förderung geringerer Wanddicken weiter reduziert. Aus diesem Grund ist die Verbesserung der Barrierewirkung von Lebensmittelverpackungen ein Handlungsfeld, das zunehmend an Bedeutung gewinnt. Besonders weit verbreitet sind hier Verpackungslösungen aus Multimaterialverbunden. Die einzelnen Schichten bestehen oft aus unterschiedlichen Kunststoffen: Günstigere Kunststoffe wie PP oder PE werden mit teureren Barrierematerialien wie EVOH oder PA kombiniert. Nach dem Gebrauch sind diese einzelnen Schichten nur schwer zu trennen und daher für das werkstoffliche Recycling meist unbrauchbar.

Blau, weiß und rot leuchtende Kunststoffteile.
PECVD-Beschichtung verschiedener Verpackungsprodukte. (Bild: IKV)

Die Vorteile einer Plasmabeschichtung

Graue Auflösung.
Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme einer rigiden siliziumoxidischen Barriereschicht. (Bild: IKV)

Mithilfe von plasmagestützten Beschichtungsprozessen gelingt es, Kunststoffe mit einer Barriere auszustatten, ohne deren Recyclingfähigkeit zu beeinträchtigen. Die plasmagestützte chemische Gasphasenabscheidung (PECVD) ist ein vakuumbasiertes Beschichtungsverfahren, bei dem wenige zehn Nanometer dicke optisch transparente Beschichtungen mit hoher Sperrwirksamkeit (häufig SiOx-Schichten) auf einem Substrat mithilfe eines Plasmas abgeschieden werden. Die Beschichtungen können flexibel an Faktoren wie Substratgeometrie, -oberfläche und -chemie angepasst werden. Dabei sind Vorbehandlungen wie Reinigung und Aktivierung der Oberfläche bereits im Prozess integriert. Dadurch können Plasmabeschichtungen ein weites Spektrum an Anwendungsfällen bedienen. Weitere Vorteile der PECVD-Beschichtungen für diese Anwendung gegenüber anderen Barrieretechnologien, wie der Coextrusion von Mehrschichtverbunden aus verschiedenen Kunststoffen oder der Metallisierung, sind die hohe Umweltfreundlichkeit der Prozesse, die geringen Betriebs- und Materialkosten sowie die Homogenität der Schichten mit optischer Transparenz. Zudem beeinträchtigen die in diesem Verfahren hergestellten nanoskaligen Beschichtungen die Recyclingfähigkeit von Kunststoffen nicht, was zuletzt 2019 in den Mindeststandards zur Messung der Recyclingfähigkeit von Verpackungen durch die Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister wirksam bestätigt wurde. Die Plasmabeschichtung von Kunststoffoberflächen bietet daher umweltverträgliche und praktikable Lösungen für Kunststoffprodukte, an die hohe Ansprüche beispielsweise in Bezug auf Barrierewirkung und andere Funktionalitäten gestellt werden.

Mit Plasmatechnik zu kreislauffähigen Verpackungen

In den Diskussionen zur Kreislaufwirtschaft hat sich die Plasma- und Oberflächentechnik dadurch zu einem hochdynamischen Forschungsgebiet mit entscheidender Innovationskraft und breiter gesellschaftlicher Relevanz entwickelt. Im Bereich der Verpackung haben sich insbesondere Hohlkörper und Folien als wichtige Anwendungsbereiche herauskristallisiert. Die Beschichtung von PET-Flaschen ist beispielsweise ein seit Jahrzehnten in der Industrie etabliertes Batch-Verfahren mit einem hohen Durchsatz von bis zu 47.000 Flaschen pro Stunde. Mit einem entsprechenden Anlagenkonzept können auch andere Hohlkörpergeometrien und -materialien industriell beschichtet werden. Hierbei rücken insbesondere Becher und Kanister in den Fokus, welche zwar in großer Stückzahl produziert werden, das Potential zur Barriereerzeugung wurde hier aber kaum ausgenutzt. Die Beschichtung von Folien findet zurzeit ebenfalls als Batchprozess im Roll-to-Roll-Verfahren industrielle Anwendung. Hierzu wird am IKV zurzeit ein Verfahren entwickelt, mit dem eine Inline-Beschichtung von Folien möglich wird. Durch anlagentechnische Maßnahmen soll die Wirtschaftlichkeit des Beschichtungsprozesses deutlich gesteigert werden. Dies wird erheblich zur weiteren Verbreitung von PECVD-Beschichtungen für Folien im industriellen Einsatz führen.

Zeichnung.
Einsatz von Rezyklaten in Lebensmittelverpackungen durch PECVD-Migrationsbarriereschichten. (Bild: IKV)

Die vielfältige Einsetzbarkeit von Plasmaprozessen zeigt sich vor allem auch im Themenbereich der Kunststoff-Kreislaufwirtschaft. Die Europäische Kommission setzt sich unter anderem zum Ziel, bis 2030 mindestens die Hälfte der Kunststoffabfälle zu recyceln und damit den Anteil an Rezyklat-Kunststoffen in neu hergestellten Produkten deutlich zu erhöhen. Der Erfolg dieses Vorhabens wird derzeit unter anderem durch die sehr eingeschränkten Einsatzmöglichkeiten von Rezyklaten vor allem im Lebensmittelbereich gehindert. Einer der Hauptgründe dafür ist das Risiko der Migration chemischer Stoffe aus den rezyklierten Verpackungen in die Lebensmittel und die daraus resultierende mangelnde Sicherheit der Materialien, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen, die in einer Sicherheitsbewertung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) beurteilt wird. PECVD-Beschichtungen haben sich bereits als Gas- und Aromabarrieren im Verpackungsbereich etabliert und können unter anderem das Eindringen von Sauerstoff in die Verpackung reduzieren. Ein vielversprechender Lösungsansatz besteht darin, die recycelten Produkte durch eine funktionelle Barriere vom Lebensmittel zu entkoppeln. Hochvernetzte Siliziumoxid-Gasbarriereschichten sollen so die Migration von gesundheitsgefährdenden Stoffen in die Lebensmittel limitieren und die Möglichkeit des flexiblen Rezyklateinsatzes ebnen. Das IKV entwickelt geeignete Schichtsysteme zur Abscheidung auf Rezyklaten und prüft deren Wirksamkeit.

Drei durchsichtige Plastikflaschen.
Vergleich der Medienresistenz von beschichteten und unbeschichteten PET-Flaschen nach Einlagerung von Natronlauge. (Bild: IKV)

Medienbeständige Barrieren für aggressive Güter

Durch die weitreichende Flexibilität bei der PECVD-Prozess- und Schichtentwicklung können Schichten gleichzeitig als Lösungsmittelbarriere, als Barriere gegen die Migration von Verunreinigungen aus einem Kunststoffrezyklat in ein Füllgut und mit einem Schlag auch als Gasbarriere gegen beispielsweise Sauerstoff, Wasserstoff oder Kohlendioxid eingesetzt werden, was ein breites Spektrum an Anwendungsmöglichkeiten eröffnet. Im Bereich der Chemikalienverpackungen müssen noch höhere Anforderungen gestellt werden. Neben den Anforderungen an eine Recyclingfähigkeit muss sowohl eine Barrierewirkung gegenüber Sauerstoff und flüchtigen Substanzen erzeugt werden als auch eine chemische Beständigkeit gegenüber dem Füllgut gewährleistet sein. Bereits in der Vergangenheit konnten natronlaugebeständige Beschichtungen für den Einsatz als Schutzschicht in Mehrwegflaschen am IKV entwickelt werden, um die Barriereschichten vor den Waschprozessen bei der Wiederverwendung zu schützen. Für die gesamte Bandbreite möglicher zu verpackender Chemikalien, von denen viele Gefahrstoffe sind, werden die Herausforderungen noch erweitert: Neben der mechanischen Stabilität der Verpackungsbehälter werden eine hohe Barrierewirkung gegenüber Gasen und aromatischen Stoffen, vor allem aber Sauerstoff und Wasserdampf sowie eine hohe Beständigkeit gegenüber sauren und alkalischen Medien gefordert.

Plasma- und Oberflächentechnik in Aachen

Über die genannten und weitere innovative Forschungsthemen und ihre industrielle Anwendung wird im Rahmen einer Fachtagung am 24. und 25. Mai 2023 in Aachen berichtet. Wichtige Schwerpunkte der Fachtagung werden Beiträge sein, in welchen praktische Anwendungsgebiete aus Plasma- und Oberflächentechnik vorgestellt werden, wie beispielsweise nachhaltige recyclingfähige Kunststoffverpackungen (rigide und flexible), Rezyklatbeschichtungen, Prozess- und Schichtentwicklung sowie die Analyse und Simulation von
Plasmaprozessen.

Hier setzt das Deep Tech Start-up Ionkraft an, das seine Wurzeln am Institut für Kunststoffverarbeitung hat. Ionkraft führt wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Plasmaforschung in die industrielle Produktionstechnik über. Aufbauend auf 40 Jahren Forschungs- und Entwicklungsarbeiten im IKV, die heute in Form der Innenbeschichtung von PET-Flaschen zu marktgängigen Produkten geführt hat, entwickelt das Start-up im Schwerpunkt eine Anlagentechnik zur Beschichtung großvolumiger Hohlkörper für den Einsatz als Chemikalienverpackung. Die Skalierung des Prozesses auf größere Volumina stellt durchaus neue Anforderungen an die Beschichtungsanlagentechnik dar, die durch konstruktive Neuerungen in der Vakuumtechnik und in der Mikrowellentechnik erlangt werden müssen. Weiterhin stellen die mitunter aggressiven Chemiegüter auch neue Anforderungen an die PECVD-Barriereschicht, die hierzu eine medienspezifische Beständigkeit aufweisen. Gefördert wird das Geschäftsvorhaben durch das EXIST-Forschungstransfer-Programm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie.

Quelle: IKV

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Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV) in Industrie und Handwerk an der RWTH Aachen (Hauptsitz)

Seffenter Weg 201
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