Vier jüngere Männer spielen am Tisch Mühle.

Severin Kasper, Model, Jörg Dörrstein, Biofibre, Luca Simon, Arburg, und Dr. Christoph Habel, Biofibre (von links), beim Mühlespiel am Messestand. Der Fokus bei den Spielsteinen lag auf der Verwendung von Papierfasern im Spritzgießprozess – dies wurde als Masterbatchlösung gezeigt, die nicht in den Papierstrom rückgeführt werden kann. (Bild: Redaktion)

In der Kunststoffbranche hat sich in den letzten Jahren ein deutlicher Wandel in Richtung Nachhaltigkeit vollzogen, angetrieben durch das wachsende Bewusstsein für Umweltauswirkungen und die Notwendigkeit, nachhaltigere Lösungen zu finden. Unternehmen in der Kunststoffindustrie setzen verstärkt auf Innovationen, umweltfreundliche Materialien und ressourceneffiziente Herstellungsprozesse. Diese Veränderungen sind nicht nur eine Antwort auf gesellschaftlichen Druck, sondern spiegeln auch das Engagement der Branche wider, aktiv zur Lösung globaler Umweltprobleme beizutragen. Von der Entwicklung biologisch abbaubarer Kunststoffe bis hin zu Initiativen zur Förderung des Recyclings zeugt die Kunststoffbranche von einem zunehmenden Bekenntnis zu nachhaltigen Praktiken. In diesem dynamischen Umfeld erforschen Unternehmen und Forschungseinrichtungen auf breiter Front neue Technologien und Geschäftsmodelle, um die Kunststoffproduktion und -verarbeitung in eine umweltfreundlichere und zirkulärere Richtung zu lenken.

Die Fakuma in Friedrichshafen bot dafür den geeigneten Rahmen, sich von den Ergebnissen in dieser Richtung zu überzeugen. Denn: Es tut sich etwas. Das war auch in den Hallen deutlich zu spüren. Nachhaltige, zirkuläre Produkte waren hier allerorts vertreten. Die Redaktion des PLASTVERARBEITER hat sich vor Ort auf Entdeckungstour begeben und ein Potpourri an Eindrücken eingefangen.

Papierfasern spritzgießen

Als „Gamechanger“ bezeichnen die Partner Biofibre, Model und Arburg das auf der Fakuma erstmals präsentierte Produkt Paper-Pearls. Dieser neuartige Werkstoff ist mit Gehalten von 55, 65 und 75 % Papierfasern erhältlich und im Papierkreislauf recyclingfähig. „Das macht den Werkstoff weniger erklärungsbedürftig“, so Severin Kasper, Teamleiter Innovation Packaging Competence bei Model, Weinfelden, Schweiz, mit einem Augenzwinkern. Der neuartige Werkstoff, bestehend aus Papierfasern und Additiven, ist nicht brennbar, benötigt keine Vortrocknung und aktuell bis Wandstärken von 2 mm verarbeitbar. Derzeit werden erste Pilotprojekte begonnen, mit denen die Grenzen des Werkstoffs ausgelotet werden sollen. Die Verarbeitbarkeit des Werkstoffs ist auf Spritzgießmaschinen von Arburg möglich und erfolgt bei 120 °C. Eingesetzt wird eine Schnecke mit geringer Kompression, um einen ungewollten Temperatureintrag zu vermeiden. Wird mit Frischfasern gearbeitet, so ist der Werkstoff für den Einsatz im Lebensmittelbereich und in der Medizintechnik möglich. Kommen Recyclingfasern zum Tragen, so können daraus technische sowie Einmalprodukte hergestellt werden. Grund der Werkstoffentwicklung ist es, diesen aus dem Stoffstrom zu gewinnen und ihn wieder dem Stoffstrom zuzuführen.

Man mit kurzen braunen Haaren, Brille, weißem Hemd und grauem Jackett, der ein Klickpedal-Adapter in der Hand hält.
Peter Barlog, Geschäftsführer Barlog Plastics, präsentiert den Klickpedal-Adapter. (Bild: Redaktion)

Bewährtes neu denken

Klickpedal-Adapter.
Der Adapter kann über jeden handelsüblichen Schuh gezogen werden und lässt ihn so zu einem Klickschuh werden. (Bild: Redaktion)

Nachhaltigkeit und damit verbunden ein geringerer CO2-Fußabdruck stehen vermehrt im Fokus neuer Produktentwicklungen. Insbesondere Start-ups versuchen sich hier mitunter daran, beispielsweise bewährte Produkte des alltäglichen Lebens ressourcenfreundlicher und somit umweltschonender neu zu interpretieren. Wie so etwas aussehen kann, war bei Barlog Plastics in Halle 3 zu sehen. Das auf Hochleistungskunststoffe und Engineering spezialisierte Unternehmen kooperiert mit dem Start-up Clip Clap Cycling, um eine nachhaltigere Fahrradkomponente auf den Markt zu bringen. Dabei handelt es sich um einen Klickpedaladapter für ein Fahrrad unter dem Markennamen „Clip Clap“. Das Besondere hierbei ist das verwendete Material Keballoy Eco R-PC FE 230202 von Barlog Plastics. Es ist ein recyceltes Polycarbonat (PC) aus Platten und Wasserflaschen, welches transparent und recyclingfähig ist. Das Unternehmen selbst hat bei der Materialauswahl für die beiden Pedalvarianten „Road“ und „Explore“ im 1K- und 2K-Spritzguss beraten. Auch das Konzept und die Designwünsche konnten hier umgesetzt werden. Weiterhin wurde die Komponente kunststoffgerecht optimiert. Die Bauteilgeometrie der Version „Explore“ des Klickpedaladapters wurde außerdem auf das bestmögliche Anspritzen der Weichkomponente im 2K-Verfahren angepasst. Mittels Spritzgießsimulationen konnten Verzugs- und Füllprobleme im Bereich des Logos vermieden werden.

Bei Albis feierten die Schallplatten eine Renaissance: Die altbekannten Musikträger bestehen jedoch nicht aus dem klassischen PVC, sondern aus PET. Beim Material wird hier auf Skypet-CR-Material von SK Chemicals vertraut. Das Material enthält bis zu 99 % chemisch recycelte PET-Abfälle und führt zu einer Einsparung von 7,1 kg CO2e/kg im Vergleich zu PVC. Als Drop-in-Lösung soll das verwendete Material die Kreislaufwirtschaft auch über das Ende der Produktlebensdauer hinaus stärken, da die daraus hergestellten Schallplatten ebenfalls vollständig recycelt und somit wiederverwendet werden können.

Mehrere Schallplatten hängen an einer Wand.
Nicht mehr aus PVC, sondern aus chemisch recycelten PET-Abfällen: Schallplatten am Albis-Stand. (Bild: Redaktion)

Produkte kreislaufgerecht gestalten

Drei Joghurtbecher.
Diese Becher bestehen aus 100 % recycelbarem Polypropylen. Produziert wurden sie auf einer Netstal-Maschine. (Bild: Redaktion)

Nachhaltigkeit verbinden viele zugleich aber auch mit Verpackungen. Dünnwandverpackungen stehen hier exemplarisch dafür, wie ein Produktdesign ressourceneffizienter umgesetzt werden kann. Zu sehen war das am Stand von Netstal, dem Spritgießmaschinenhersteller aus der Schweiz, anhand eines vor Ort produzierten Joghurtbechers. Die Anwendung wurde in Kooperation mit Glaroform, Beck Automation, Sabic und IPB Printing umgesetzt. Der Becher selbst entstand in Zusammenarbeit mit der Molkerei Emmi als Entwicklungspartnerin. Der 200 g fassende Joghurtbecher besitzt ein Teilegewicht von 5,4 g und ist damit besonders leicht. Sowohl Becher als auch Label bestehen zu 100 % aus recycelbarem Polypropylen (PP). Im Gegensatz zu herkömmlichen In-Mold-Labels bleibt hierbei das Label nicht im Recyclingprozess haften. Es löst sich ab, ohne den PP-Recyclingstrom zu beeinträchtigen. Durch das Fertigen im Spritzprägeverfahren (Injection Compres-sion Molding, ICM) reduziert sich das Gewicht des Bechers um 34 %. Beim Material wird auf Sabic FPC45 aus dem Trucircle-Portfolio des gleichnamigen Herstellers gesetzt.

Ein weiteres IML-Projekt wurde am Stand von Arburg gezeigt. Dort wurden Zentrifugenröhrchen im IML-Verfahren hergestellt und damit Neuland betreten. Label und Röhrchen sind beide aus PP, sodass die Röhrchen gut rezykliert werden können, sofern das Recycling für diese Produkte erlaubt wird. Die Medizintechnikbranche wäre an beidem interessiert – am neuartigen Röhrchen und dessen Recycling, war von den Partnern zu hören. Dieses Projekt war innerhalb eines Jahres von den Unternehmen Arburg, Beck, Intravis, Kebo und MCC/Verstrate umgesetzt worden. „Für die Realisierung solch komplexer Projekte in kurzer Zeit sind Partnerschaften wichtig“, weiß Johannes Strassner, Managing Director Sales bei Kebo. „Der Markt bringt neue Anforderungen, für die müssen wir uns gemeinsam aufstellen. Mehrdimensionales Denken und Hören sind hier wichtig. Die Unternehmen müssen für das gemeinsame Ziel ihr Gärtchendenken aufgeben.“

Mann mit kurzen Haaren und weißem hemd.
Partnerschaften sind für Johannes Strassner der Schlüssel, um ein Produkt schneller marktreif zu entwickeln. (Bild: Redaktion)

Was mit nachhaltigeren, zirkulären Werkstoffen realisiert werden kann, das zeigte auch Deckerform, Aichach. Auf dem Messestand wurden gleich zwei Anwendungen demonstriert. Auf einer vollelektrischen Toyo-Spritzgießmaschine Si-350-6s mit Spritzeinheit J450HE und einer Schnecke mit 60 mm Durchmesser und einem theoretischen Einspritzvolumen von 763 cm³ wurde ein Doortrim, ein Panel einer automotiven Türverkleidung, produziert. Es bestand aus einem recycelten PC/ABS, das mittels passivem Spritzschäumen gefertigt und gleichzeitig mittels In-Mold-Decoration mit einer hochwertigen und schützenden Oberflächendekoration versehen wurde. Dieses passiv spritzgeschäumte Innenraum-Türverkleidungselement mit IMD wurde gemeinsam mit der Leonhard Kurz Stiftung und Toyo Europe gezeigt. Leonhard Kurz zeigt sich auch für die Transferdekoration verantwortlich. Diese wird im Werkzeug hinterspritzt mithilfe eines Folienvorschubgerätes eingebracht. Das chemische Treibmittel zum passiven Spritzschäumen wurde von einem gravimetrischen Digicolor-Dosiergerät beigemischt. Für die Handhabung der Teile zeigte sich ein 5-Achs-Roboter 5X-25 von Sepro verantwortlich. Die Temperierung erfolgt über zwei 9-kW-Deckerform-Temperiergeräte. Beim Spritzschäumen von diesem Kunststoffteil handelt es sich um ein passives Schäumverfahren, bei dem ein chemisches Treibmittel verwendet wird, um das Kunststoffmaterial im Kern feinporig innerhalb einer geschlossenen Form aufzuschäumen. Dies führt zu leichteren und isolierenden Kunststoffteilen, welche dennoch eine glatte Oberflächenbeschaffenheit aufweisen. Das passive Spritzschäumen ist einfacher anwendbar und damit auch für konventionelle Spritzgießwerkzeuge geeignet. Je nach Werkstück lassen sich so 5 bis 8 % Material einsparen.

Eine Spritzgießmaschine auf einem Messestand.
Am Messestand demonstrierte Deckerform Anwendungen auf vollelektrischen Spritzgießmaschinen. (Bild: Redaktion)

Bei der zweiten Anwendung wurde eine Klammer mit 8 g Schussgewicht gefertigt, als frei fallendes Kunststoffteil. Gefertigt wurde diese auf einer vollelektrischen Toyo-Spritzgießmaschine Si-50-6s D75E mit einem Schneckendurchmesser von 28 mm. Materialförderung und Trocknung stammen von Digicolor. Die Klammer konnte per Heißprägen veredelt und als Give-away mitgenommen werden.

Kunststoffrecycling: Der große Überblick

Mann mit Kreislaufsymbol auf dem T-Shirt
(Bild: Bits and Splits - stock.adobe.com)

Sie wollen alles zum Thema Kunststoffrecycling wissen? Klar ist, Nachhaltigkeit hört nicht beim eigentlichen Produkt auf: Es gilt Produkte entsprechend ihrer Materialausprägung wiederzuverwerten und Kreisläufe zu schließen. Doch welche Verfahren beim Recycling von Kunststoffen sind überhaupt im Einsatz? Gibt es Grenzen bei der Wiederverwertung? Und was ist eigentlich Down- und Upcycling? Alles was man dazu wissen sollte, erfahren Sie hier.

Recyclingtechnologien für Kunststoffe

Mann mit kurzen braunen Haaren, Brille und weißem Hemd schaut in einen Edelstahl-Trichter.
Marco Siekmann beim Blick in einen Trichter mit einem steilen Winkel zur Materialzuführung. (Bild: Redaktion)

Technische Kunststoffe staubarm vermahlen, ist mit den Mühlen mit Trapezverzahnung von Digicolor möglich. Die Mühlen werden meist im Inline-Recycling eingesetzt, das heißt bei dem Rückführen von Angüssen in den Prozess. Da Staubpartikel im Prozess schlecht aufschmelzen und bei hohen optischen Eigenschaften an das Teil zu Fehlstellen führen können, ist ein staubarmes Vermahlen wichtig. Ebenso wichtig ist der Winkel des Materialtrichters, denn die Mahlgüter der Kunststofftypen verhalten sich unterschiedlich beim Nachrutschen, weiß Marco Siekmann, Geschäftsführer Digicolor.

Neues gab es auch bei Hellweg Maschinenbau in Halle A1 zu sehen. Der Hersteller digital gesteuerter Zerkleinerungsmaschinen aus Roetgen präsentierte erstmals seine mit einer Zwangszuführung ausgestattete Nassschneidmühle für das Folienrecycling. Diese sind besonders energiesparsam, auch aufgrund der darin eingesetzten Motoren mit Leistungen von 45 kW bis 110 kW. Es sind Durchsätze bis zu 5.000 kg Folie pro Stunde möglich. Verarbeitet werden können hierbei Folien aus PET, PE, PP, PS, PVC, PC, PLA, HDPE oder LDPE, welche mittels Stopfschnecken den Schneidmühlen zwangszugeführt werden. Je nach Ausführung sind die Mühlen mit fünf oder sieben Rotor- und zwei oder drei Statormessern bestückt. Sie arbeiten nach dem doppelten Scherenschnitt-Prinzip, was einen konstanten Schnittspalt gewährleistet. Auch das Einstellen der Rotormesser entfällt dabei. Der Zerkleinerungsprozess erzeugt dadurch Flakes mit gleichbleibend optimaler Qualität sowie Partikelgrößenverteilung und Geometrie.

Mann mit kurzen Haaren, Brille, weißem Hemd und blauem Jackett, der ein Modell einer Nassschneidmühle vor sich hat.
Mark Hellweg mit dem Modell der neuen Nassschneidmühle. (Bild: Redaktion)

Das Prinzip minimiert zudem auch die Menge des anfallenden Staubes (Fines), der meist nicht als neuer, wertvoller Rohstoff genutzt werden kann. Je nach verwendeter Siebgröße liegt der Staubanteil typischerweise bei sehr niedrigen 3 % und weniger. Mit an Bord ist auch hier die eigenentwickelte digitale Smart-Control-Steuerung. Mit dieser lässt sich etwa die Zwangszuführung über eine Vielzahl von Parametern zielgenau auf die jeweilige Zerkleinerungsaufgabe abstimmen, um die jeweilige optimale Kombination aus Vorschub, Motorlast und Durchsatz bereitzustellen. Die Steuerung erfasst sowohl Kenngrößen wie Stromverbrauch, Motordrehzahl und Lagertemperaturen als auch den Zustand von Messern, Sieben und Keilriemen.

Aus Alt mach Neu

Am Stand von Mocom waren eine Reihe von Produkten aus dem Produktporfolio Altech Eco zu sehen. Diese Compounds enthalten Post-Industrial-Rezyklate (PIR) aus sekundären Quellen. Präsentiert wurde beispielsweise ein Ventildeckel aus Altech Eco, einem PA66 GF, dessen Rezyklatanteil 65 % beträgt. Nach Herstellerangaben sinkt das Global-Warming-Potenzial des Ventildeckels dadurch um 90 %. Die Ölbeständigkeit des Werkstoffs liegt nach Prüfung durch den OEM bei 3.000 h/150 °C.

Ein Ventildeckel auf einem Tisch abgelegt
Ventildeckel mit hohem Rezyklatanteil im Compound. (Bild: Redaktion)

In Halle A1 stellte das Schweizer Unternehmen Tide sein „Meeresplastik“ – rPET, rPP und rHDPE – vor. Partner des Unternehmens sammeln in Südostasien Deckel und Flaschen, bereiten diese dort zu Rezyklat auf, das dann nach Europa transportiert wird. Nach Unternehmensangaben liegt die CO2-Einsparung trotz des weiten Transports bei 80 % gegenüber Neuware. Das Geschäftsmodell des Unternehmens unterstützt die Partner vor Ort, da 30 Cent pro verkauftem Kilogramm Rezyklat an die Partner gehen, damit diese in ihre benötigten Boote und Lagerhallen investieren können. Künftig sollen weitere Partnerschaften in Ghana, Italien und Kroatien folgen, um Fischernetze aus dem Meer zu bergen.

Verschiedene Kunststoff-Produkte, wie eine Falsche, Armbanduhr uvm., die aus Meeresplastik hergestellt wurden.
Produkte, die aus Meeresplastik hergestellt wurden. (Bild: Redaktion)

Am Gemeinschaftsstand von Tecpart wurden auf einer Spritzgussmaschine von Engel Austria mit einem Einfachwerkzeug, das von den Auszubildenden von Kunststofftechnik Krug gefertigt worden war, Espressotassen produziert, deren Gewicht lediglich 41,5 g betrug. Das hierfür eingesetzte Compound Poracomp PP 800106 stammt von Poracomp. Es besteht aus Neuware- PP mit 20 % Poraver Hohlglaskugeln aus recyceltem Glas, das die Lebensmittelzulassung besitzt, wie von Marieluise Lang, Geschäftsführerin Poracomp zu erfahren war.

Eine Frau mit mittellangen braunen Haaren und ein Mann mit kurzen braunen Haaren und Bart vor blauen Tassen.
Marieluise Lang und Dr. Lars Helmlinger vergewissern sich von der Qualität der herstellten Give-aways. (Bild: Redaktion)

Tröpfchen für Tröpfchen

Die schwankende Grundfarbe von Rezyklaten im Vergleich zu Neuware gestaltet eine konstante Einfärbung im Verarbeitungsprozess herausfordernd. Abhilfe will hier das KUZ Leipzig über das Zudosieren von Flüssigfarbe in der Einzugszone schaffen. Die Farbe eines jeden gespritzten Formteils wird durch ein Spektralfotometer erfasst, die Farbabweichung ermittelt und bei Abweichungen die Farbdosierung nachgeregelt, sodass die Farbkonstanz in der Serienproduktion sichergestellt ist.

Mann mit weißem Hemd und blauem Jackett vor verschiedenen Farbfläschchen.
Stefan Lehmann erklärt, dass meist ein Tropfen Farbe für die Farbanpassung ausreichend ist. (Bild: Redaktion)

Spritzgießtechnologien als Möglichmacher

Das Fahrrad aus Polyamid 6 mit 40 % recycelten Carbonfasern auf dem Stand von Krauss Maffei.
Das Fahrrad aus Polyamid 6 mit 40 % recycelten Carbonfasern auf dem Stand von Krauss Maffei. (Bild: Redaktion)

„Eyecatcher“ auf dem Messestand von Krauss Maffei, Parsdorf, war ein Fahrrad aus dem Hochleistungspolymer PA 6 mit 40 % recycelten Carbonfasern. Es ist zudem mit einem speziellen Lack überzogen, der den Rahmen zum Leuchten bringt. Des Weiteren ist in den Rahmen eine Lichtanlage mit Tagfahrlicht integriert. Rahmen und Gabel werden von Weber Fibertech, Markdorf, auf einer Spritzgießmaschine des Typs MX 600 von Krauss Maffei hergestellt. Zum Einsatz kommt hier das WIT-Verfahren, das sogenannte Wasserinnendruck-Spritzgießen. Die dazu passende Maschine und Technologie kommen von PME Fluidtec, Ettenheim. Das Besondere dabei: Das Unternehmen setzt erstmalig für Fahrradrahmen das Masserückdruckverfahren beim WIT-Prozess ein. Die durch das Wasser verdrängte Schmelze wird zurück in die Plastifizierung gedrückt und beim nächsten Schuss für den Rahmen und die Gabel wieder verwendet. So entsteht kein Abfall bei der Produktion, und das wiederum spart Material. Mit diesem Produktionsprozess lassen sich den Angaben zufolge 67 % der CO2-Emissionen im Vergleich einsparen – vorausgesetzt, die Komponenten werden aus Aluminium gefertigt.

Der für seine Mehrkomponenten-Spritzgießtechnologien bekannte französische Hersteller Billion demonstrierte gemeinsam mit seinem Partner MIHB die Potenziale des Sandwichverfahrens auf einer vor Ort produzierenden, vollautomatischen Produktionszelle. Auf ihr wurden Tischtennisschläger produziert. Kern dieser Zelle war eine vollelektrische Select-2 Spritzgießmaschine von Billion in 2-K-Ausführung mit 2.000 kN Schließkraft. Diese wird durch ein zusätzliches, autarkes Spritzaggregat für die dritte Materialkomponente ergänzt. Das Verfahren ermöglicht es, dass das Spritzgießprodukt ein anderes Außenmaterial als sein Kernmaterial aufweist.

Mann mit weißem Hemd, Krawatte und dunkelblauem Anzug mit einem Tischtennisschläger in der Hand.
Josef Lichtenberg, Gebietsverkaufsleiter bei Billion Kunststofftechnik, präsentiert die Tischtennisschläger am Billion-Stand. (Bild: Redaktion)

Für letzteres werden recycelte oder biobasierte Granulate verwendet, 40 % des Bauteils bestehen aus recyceltem PP.  Zunächst führen die zwei maschinenseitigen Spritzeinheiten die beiden PP-Materialien zusammen: Das Neuware-PP wird zuerst in die Form gespritzt und bedeckt die Außenseite des Teils. Danach wird im zweiten Schritt das Recycling-PP in den Kern eingespritzt, und anschließend wird die Kavität in einer dritten Spritzgießstufe – erneut mit dem Neumaterial – versiegelt. Im vierten Schritt wird dann das dritte Material durch eine Beistellspritzeinheit per Overmolding eingespritzt. Hierbei handelt es sich um ein thermoplastisches Elastomer (TPE) auf Polyolefinbasis, das den Griff des Tischtennisschlägers umschließt und für Grip sorgt.

Polyamide im Kreis führen

Kreislauforientierte Lösungen präsentierte ebenfalls das japanische Technologieunternehmen Asahi Kasei. So bekamen Messebesucher beispielsweise ein thermoplastisches unidirektionales Band (CFRTP-UD-Tape), das sowohl recycelte Endloskohlefasern als auch das unternehmenseigene Leona Polyamid 6.6 verwendet. Das CFRTP-UD-Tape weist eine höhere Festigkeit als Metall auf und kann für Fahrzeugrahmen und -karosserien verwendet werden. Das Unternehmen präsentierte auch seine Lösungen für einen nachhaltigen Materialkreislauf von PA66 unter Verwendung von biobasierten Rohstoffen und einer neuen Technologie für das chemische Recycling. Gemeinsam mit dem japanischen Partnerunternehmen Microwave Chemical arbeitet das Unternehmen an einer Recyclingmethode für PA66 unter Verwendung von Mikrowellen.

Weiße ausgediente Airbags.
Ausgediente Airbags will Asahi Kasei künftig mittels Mikrowellentechnologie recyceln und daraus neue Airbags produzieren. (Bild: Redaktion)

Mit dem Prozess können die Monomere Hexamethylendiamin (HMD) und Adipinsäure (ADA) mit geringem Energieaufwand und hoher Ausbeute extrahiert und für die Herstellung von neuem PA66 wiederverwendet werden. Im Rahmen des Projekts werden Abfälle aus der Herstellung und nach Nutzung von Leona Polyamid 661,2 (PA66) von Asahi Kasei für Airbags und Autoteile unter Nutzung der Plawave Mikrowellentechnologie von Microwave Chemical depolymerisiert. So lassen sich die Monomere HMD und ADA mit geringem Energieaufwand und hoher Ausbeute direkt gewinnen. Durch das Wiederverwerten dieser Monomere bei der PA66-Produktion können die entstehenden Treibhausgasemissionen im Vergleich zum herkömmlichen Herstellungsprozess reduziert werden.

Alles zum Thema Biokunststoffe

Eine Hand reißt einen Papierstreifen weg. Darunter steht das Wort "Biokunststoff"
Wissenswertes über Biokunststoffe finden Sie in unserem Übersichtsartikel. (Bild: thingamajiggs - stock.adobe.com)

Auf dem Weg zu einer klimaneutralen Zukunft müssen verschiedenste Rädchen ineinander greifen. Doch wie schaffen wir es, die Dekarbonisierung unserer Gesellschaft umzusetzen? Biokunststoffe sind ein wichtiger Hebel um diesem Ziel näher zu kommen. Doch was wird unter einem Biokunststoff eigentlich verstanden? Wo werden diese bereits eingesetzt? Und ist "Bio" wirklich gleich "Bio"? Wir geben die Antworten. Alles, was Sie zu dem Thema wissen sollten, erfahren Sie hier.

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