Eine grüne geöffnete Farbtube. Daneben ein Pinsel mit grüner Farbe, der eine Säule grün anstreicht. Wenn Unternehmen ihre Produkte als umweltfreundlicher darstellen, als sie sind, leiden unter dem Vertrauensverlust bei den Konsumenten auch diejenigen, die wirklich versuchen, umweltverträglich zu wirtschaften.

Wenn Unternehmen ihre Produkte als umweltfreundlicher darstellen, als sie sind, leiden unter dem Vertrauensverlust bei den Konsumenten auch diejenigen, die wirklich versuchen, umweltverträglich zu wirtschaften. (Bild: Firn – stock.adobe.com)

Seit Erfindung der Werbung haben Unternehmer ihre Waren angepriesen, indem sie ihre Vorteile besonders betont und die Nachteile heruntergespielt haben. Warum soll es also schlimm sein, auf die Vorteile eines Produktes für die Umwelt hinzuweisen? Das allein ist noch kein Greenwashing.

Was ist das Problem?

Laut Umweltbundesamt ist Greenwashing der Versuch von Organisationen, sich insbesondere durch Maßnahmen im Bereich Kommunikation und Marketing ein nachhaltiges Image zu geben, ohne entsprechende Aktivitäten im operativen Geschäft tatsächlich umzusetzen. Die Unternehmen wollen von der wachsenden Nachfrage nach „grünen“ Produkten profitieren, ohne dafür zu investieren. Letztlich handelt es sich damit um eine Form der Irreführung, da Produkten verkaufswirksam Eigenschaften angedichtet werden, die diese nicht besitzen. Das hat sehr lange ziemlich gut funktioniert, weil die Konsumenten nicht oder fehlinformiert waren und es keine gesetzlichen Bestimmungen gab, die Greenwashing unter Strafe stellten. Beides ändert sich nun.

Green Marketing oder Greenwashing?

Mann mit kurzen braunen Haaren, blauem Hemd und Brille. Prof. David Laner ist Fachgebietsleiter Ressourcenmanagement und Abfalltechnik an der Universität Kassel.
Prof. David Laner ist Fachgebietsleiter Ressourcenmanagement und Abfalltechnik an der Universität Kassel. (Bild: Uni Kassel)

Green Marketing, bei dem tatsächlich existierende Umweltvorteile von Produkten für die Förderung ihres Verkaufs genutzt werden, ist deutlich abzugrenzen von Greenwashing. Green Marketing bedeutet, dass ein Unternehmen Umweltaspekte in Zusammenhang mit der Unternehmenstätigkeit und den eigenen Produkten oder Dienstleistungen nach außen kommuniziert, um zum Kauf von nachhaltigeren Produkten zu motivieren. Greenwashing zielt dagegen darauf ab, ein Unternehmen oder dessen Produkte und Dienstleistungen umweltfreundlicher darzustellen als diese tatsächlich sind. Vom Aufwand den einige betreiben, etwa um umweltverträglich zu produzieren, profitieren also Akteure, die sich diese Investitionen sparen und so höhere Gewinne erwirtschaften können. Wenn solche Schummeleien dann öffentlich werden, tragen absurderweise den Schaden auch diejenigen, die tatsächlich Wert auf Nachhaltigkeit legen. Prof. Dr. David Laner, Professor für Ressourcenmanagement und Abfalltechnik am Fachbereich Bauingenieur- und Umweltingenieurwesen der Universität Kassel, erklärt warum das so ist: „Daraus folgt ein Vertrauensverlust, der dazu führt, dass Konsumenten verunsichert werden und dass die Identifikation von nachhaltigeren Produkten schwieriger wird. Greenwashing schadet also Green Marketing.“ Für die Kunststoffbranche und hier insbesondere den Verpackungsbereich ist diese Differenzierung von großer Bedeutung. Denn einige Aussagen und Definitionen zur Recyclingfähigkeit von Verpackungen waren in der Vergangenheit nicht hilfreich für das Vertrauen der Verbraucher in die Branche. Insbesondere geht es dabei um Prädikate wie „recycelbar“, die suggerieren, ein Produkt wäre umweltverträglich. In Wahrheit bedeutet es nichts, denn mit dem entsprechenden Aufwand ist jede Verpackung recycelbar, so wie jeder Berg mit dem richtigen Team und Equipment besteigbar ist und jede Wohnung mit entsprechendem Kapital bezahlbar.

Kunststoffrecycling: Der große Überblick

Mann mit Kreislaufsymbol auf dem T-Shirt
(Bild: Bits and Splits - stock.adobe.com)

Sie wollen alles zum Thema Kunststoffrecycling wissen? Klar ist, Nachhaltigkeit hört nicht beim eigentlichen Produkt auf: Es gilt Produkte entsprechend ihrer Materialausprägung wiederzuverwerten und Kreisläufe zu schließen. Doch welche Verfahren beim Recycling von Kunststoffen sind überhaupt im Einsatz? Gibt es Grenzen bei der Wiederverwertung? Und was ist eigentlich Down- und Upcycling? Alles was man dazu wissen sollte, erfahren Sie hier.

Kunststoff kann nachhaltig sein

Mann mit kurzen braunen Haaren und Brille. Edgar Düvel ist Strategic Product Manager im Geschäftsbereich Customized Polymer Materials bei der Lehvoss Group.
Edgar Düvel ist Strategic Product Manager im Geschäftsbereich Customized Polymer Materials bei der Lehvoss Group. (Bild: Lehvoss Group)

Die Transformation der Kunststoffbranche ist in vollem Gange, jedoch sind dabei hohe Hürden zu nehmen. Edgar Düvel, Strategic Product Manager bei der Lehvoss Group, erklärt: „Die Lage ist schwierig, weil im Bereich der technischen Standardmaterialien wie PA6 der Preisunterschied zwischen „virgin“ und „recycelt“ der Ausgangsmaterialien geringer wird. Dem Preisverfall von Neuware steht eine wachsende Nachfrage an Rezyklaten gegenüber. Ferner ist die Herstellung von qualitativ hochwertigen Rezyklaten deutlich aufwendiger und personalintensiver als die Fertigung von Compounds basierend auf Neuware. Wir begegnen diesen Herausforderungen, indem wir unsere Fertigungsprozesse ständig verbessern.“ Auf Anfrage ermittelt das Unternehmen des CO2-Fußabdruck nach den gängigen Normen DIN EN ISO 14040/44 und DIN EN ISO 14067. Kunststoffprodukte könnten durchaus nachhaltig sein, so Prof. Laner: „Zentrale Herausforderungen in Zusammenhang mit nachhaltiger Kunststoffnutzung sind zum einen die überwiegend fossile Rohstoffbasis und zum anderen das niedrige Kreislaufniveau von Kunststoffen. Global werden Kunststoffe zu über 94 Prozent aus fossilen Rohstoffen erzeugt und sind für mehr als vier Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Außerdem liegt die globale Kunststoffrecyclingquote bei knapp über zehn Prozent und der Großteil des Kunststoffabfalls wird deponiert oder verbrannt oder landet in der Natur.“ Die Nachhaltigkeit von Kunststoff wird also bestimmt durch seine Rohstoffbasis, die Art seiner Verwendung und Entsorgung. International herrschen hier große Unterschiede, die sehr häufig mit den finanziellen Möglichkeiten der Bevölkerung in den jeweiligen Staaten korrelieren. Denn kurzfristig ist ein nicht nachhaltiger Umgang mit Kunststoffen vor allem für den Einzelnen billig. Erst wenn sich Abfälle ansammeln und die Landwirtschaft, der Fischfang oder der Tourismus leiden, muss in einer gesamtgesellschaftlichen Anstrengung, oft mithilfe internationaler Organisationen aufgeräumt werden.

Was bedeutet das alles?

„In Deutschland wird etwa 1/3 des Postconsumer-Kunststoffabfalls recycelt und der Rest geht fast vollständig in die Verbrennung“, weiß Prof. Laner. „Dadurch wird einerseits fossiles CO2 freigesetzt und andererseits Strom und Wärme erzeugt. Insbesondere durch die Transformation des Energiesystems werden fossile CO2-Emissionen aus der Abfallverbrennung in Zukunft einen immer größeren Beitrag zu den gesamtwirtschaftlichen Treibhausgasemissionen leisten und müssen daher reduziert werden.“ Dementsprechend gibt es viele Herausforderungen für Kunststoff als nachhaltigen Werkstoff, die jedoch durch gezielte Maßnahmen wie der teilweisen Transformation der Rohstoffbasis, der Reduktion des Materialkonsums (zum Beispiel durch langlebigere Produkte und durch Erhöhung der Nutzungseffizienz), der recyclinggerechten Gestaltung von Kunststoffprodukten, das Stärken und Erweitern des Kunststoffrecyclings zur Steigerung der Kreislaufniveaus sowie das Vermeiden von Kunststoffverlusten in die Umwelt bewältigt werden können. Dafür sind Anstrengungen aller Akteure entlang der Kunststoff-Wertschöpfungskette notwendig und dringend geboten.

Zitat

Aussagen zur Klima- und Treibhausgasneutralität sollen künftig transparenter werden.

Regularien werden eingeführt oder nachgeschärft

Ab 2024 verpflichtet die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive, 2022/2464/EU) viele große Unternehmen, ihre Treibhausgasemissionen sowie ihre Klimaschutzziele und -maßnahmen offenzulegen. Eine weitere, derzeit im Gesetzgebungsprozess befindliche Richtlinie, die sogenannte „Green Claims Directive“, soll künftig Aussagen zur Klima- und Treibhausgasneutralität an überprüfbare Anforderungen an den Klimaschutz und die Transparenz knüpfen. Die Werbung für Produkte als ökologisch soll an konkrete Anforderungen geknüpft werden. Dann gelten klare Kriterien, die ein Produkt oder eine Dienstleistung erfüllen muss, um als umweltfreundlich beworben werden zu dürfen. Aussagen müssen dann unabhängig belegbar, verständlich und wahrheitsgetreu sein. Die „Green Claims Directive“ soll für sämtliche Unternehmen gelten, die in der Europäischen Union die Umweltverträglichkeit ihrer Produkte als Argument für ihre Werbung nutzen wollen. Verstöße werden mit Bußgeldern geahndet, die bis zu zehn Prozent des weltweiten Jahresumsatzes des Unternehmens betragen können.

Wie kann man als Unternehmen Greenwashing vermeiden?

Aussagen über Produkte sollten konkret, belegbar und selbstverständlich wahr sein. Ungenaue Attribute wie „recycelbar“, „umweltfreundlich“ oder „grün“ sollten nicht verwendet werden, um Produkte zu beschreiben. Wenn sich bestimmte Eigenschaften nur auf Teile des Produkts beziehen, sollte dies auch so vermittelt werden. Bestehende Umweltsiegel weisen die Erfüllung bestimmter umweltbezogener Qualitätsmerkmale nach. Eigene Labels sollen nicht eingeführt werden. Prof. Laner rät, darauf zu achten, auf welcher Grundlage Aussagen zur Nachhaltigkeit eines Unternehmens oder Produktes gemacht werden. Grundsätzlich sei es beispielsweise wichtig, dass einer Aussage zur Umweltverträglichkeit eines Produktes oder einer Leistung auch eine quantitative Bewertung, beispielsweise in Form einer Ökobilanz, zugrunde liegt. Diese Bewertung sollte nach wissenschaftlichen Standards von einer unabhängigen Stelle erstellt oder zumindest geprüft worden sein. Für die Zukunft wünscht sich der Nachhaltigkeitsexperte Regularien, die die Umweltverträglichkeit von Kunststoffen weiter verbessern können. Neben einer konsequenten CO2-Bepreisung und der Festlegung von Mindestquoten zum Rezyklateinsatz in Produkten sind hier insbesondere Vorgaben zur recyclinggerechten Produktgestaltung (allgemein und insbesondere im Verpackungsbereich), zur getrennten Erfassung und bevorzugten stofflichen Verwertung sowie zur Vereinheitlichung und Standardisierung von Kunststoffrezyklaten zu nennen.

Alles zum Thema Biokunststoffe

Eine Hand reißt einen Papierstreifen weg. Darunter steht das Wort "Biokunststoff"
Wissenswertes über Biokunststoffe finden Sie in unserem Übersichtsartikel. (Bild: thingamajiggs - stock.adobe.com)

Auf dem Weg zu einer klimaneutralen Zukunft müssen verschiedenste Rädchen ineinander greifen. Doch wie schaffen wir es, die Dekarbonisierung unserer Gesellschaft umzusetzen? Biokunststoffe sind ein wichtiger Hebel um diesem Ziel näher zu kommen. Doch was wird unter einem Biokunststoff eigentlich verstanden? Wo werden diese bereits eingesetzt? Und ist "Bio" wirklich gleich "Bio"? Wir geben die Antworten. Alles, was Sie zu dem Thema wissen sollten, erfahren Sie hier.

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