Bis Anfang des kommenden Jahrzehnts und darüber hinaus wollen die meisten Automobilhersteller CO2-neutral werden. Die Hersteller setzen vermehrt auf umweltfreundlichere Antriebstechnologien, Recycling von Materialien und die Verwendung nachhaltiger Rohstoffe. Mit dem Aufkommen neuer Mobilitätskonzepte, basierend auf dem Elektroantrieb oder der Brennstoffzellen-Technologie, wird auch die Materialwahl vermehrt nachhaltiger. Ganz im Sinne einer Kreislaufwirtschaft werden beispielsweise Recy-clingmaterialien aber auch biobasierte Rohstoffe in den Fahrzeugkomponenten eingesetzt. Verbraucher achten zunehmend auf die Nachhaltigkeit von Produkten und bevorzugen Hersteller, die sich für Umweltschutz und Nachhaltigkeit einsetzen. Das Einsetzen nachhaltigerer Materialien trägt dazu bei, den ökologischen Fußabdruck der Automobilindustrie zu reduzieren und Ressourcen effizienter zu nutzen. Viele Fahrzeughersteller experimentieren dabei mit Materialien für den Innenraum, die aus Recyclingstoffen entwickelt wurden. Diese reduzieren den ökologischen Fußabdruck einer Komponente, müssen zugleich aber auch optisch überzeugen und den hohen Anforderungen im Automobilbau entsprechen. Die Hersteller verfolgen hier unterschiedliche Ansätze, wo und wie diese Werkstoffe eingesetzt werden. Wir haben die Automobilisten einmal näher unter die Lupe genommen und zeigen, was derzeit umgesetzt wird und was in Zukunft zu erwarten ist.
Wie BMW die eigenen Modelle nachhaltiger macht
Die BMW Group bekennt sich zum Ziel der vollständigen Klimaneutralität bis spätestens 2050. Bis zum Jahr 2030 will man den Anteil von Sekundärmaterial bei den in Neufahrzeugen verwendeten thermoplastischen Kunststoffen von derzeit gut 20 auf durchschnittlich 40 % erhöhen. Damit das gelingt, nutzt der Autobauer aus München als Rohstoff für seine Fahrzeugkomponenten beispielsweise recyceltes Material aus Kunststoffabfällen aus der maritimen Industrie. So bilden Nylonabfälle die Basis für ein Kunststoffgarn, aus dem unter anderem die Bodenverkleidungen im BMW IX sowie im BMW X1 gefertigt werden. Dieses Material, das als Econyl bezeichnet wird, wird aus ausgedienten Fischernetzen, zerschlissenen Bodenbelägen und Restabfällen aus der Kunststoffproduktion gewonnen. Beim Recycling von maritimen Kunststoffabfällen kooperiert der Münchener Autobauer mit dem dänischen Unternehmen Plastix. Die Zusammenarbeit zielt auf das Wiederverwerten von Fischernetzen und Seilen ab. Diese werden sortenrein getrennt und zu Kunststoffgranulat verarbeitet, um dann im Spritzgießverfahren eingesetzt zu werden. Das Rohmaterial, der auf diese Weise gefertigten Bauteile, kann aus bis zu 30 % maritimem Kunststoffabfall bestehen. Bei den spritzgegossenen Fahrzeugkomponenten handelt es sich um Verkleidungsteile, die sowohl in unsichtbaren als auch in sichtbaren Bereichen des Exterieurs und Interieurs der Modelle der „Neuen Klasse“ ab 2025 eingesetzt werden sollen. Als Rohstoffquelle dient aber auch die Natur selbst. Konkret die Kaktuspflanze. Im Rahmen eines Forschungsprojektes mit dem mexikanischen Start-up Adriano di Marti entstand mit dem Material Deserttex eine hochwertige Lederalternative für den Oberflächeneinsatz, etwa am Lenkrad. Das Material besteht aus pulverisierten Kaktusfasern und einer biobasierten Polyurethan-Matrix. Traditionelles Rindsleder soll so durch nachwachsende, vegane Alternativen ersetzt werden.
Die Münchener haben außerdem die Leitung in einem Förderprojekt auf dem Gebiet der Kreislaufwirtschaft im Automobilbau inne. Gemeinsam mit Vertretern der Verwertungsindustrie, Rohstoffverarbeitern und der Wissenschaft arbeitet man daran, die Qualität von Sekundärrohstoffen, die beim Recycling von Altfahrzeugen gewonnen werden, zu steigern. Das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz im Rahmen der Förderrichtlinie „Neue Fahrzeug- und Systemtechnologien“ mit 6,4 Mio. Euro geförderte Projekt „Car2Car“ konzentriert sich auf die Materialien Aluminium, Stahl, Glas, Kupfer und Kunststoff. Durch innovative Demontage- und automatisierte Sortierverfahren soll es in Zukunft möglich werden, die bei der Altfahrzeug-Verwertung anfallenden Wertstoffe in deutlich höherem Umfang als bisher für den Einsatz in der Produktion neuer Automobile nutzbar zu machen. Bestandteil des Förderprojekts ist zudem eine durchgängige Bewertung sowohl der ökologischen als auch der ökonomischen Auswirkungen eines Closed-Loop-Recyclings der untersuchten Materialien. Das Projekt soll den Aussagen nach fundierte Empfehlungen für Rahmenbedingungen liefern, damit effiziente Kreislaufwirtschaft in Zukunft höhere Wertschöpfung verspricht als das Festhalten an konventionellen, linearen Prozessketten. Dafür sollen auch die Möglichkeiten digitaler Technologien sowie Künstlicher Intelligenz (KI) genutzt werden. Diese können bisherige, manuell ausgeführte Verwertungsabläufe in zunehmendem Maße automatisieren und beschleunigen. So lässt sich der Demontageprozess etwa durch Robotik teil- oder sogar hochautomatisieren. Die Integration von Systemen zur optischen sowie KI-unterstützten Erkennung und Sortierung von Wertstoffen im Post-Shredder-Prozess ermöglicht es, die Qualität und Reinheit der Materialien Aluminium, Stahl, Glas, Kupfer und Kunststoff erheblich zu steigern. Um dies zu erreichen, soll unter anderem eine Sensortechnik mit KI-basierter Wertstofferkennung sowie weiteren spektroskopischen Verfahren, etwa laserinduzierte Plasmaspektroskopie, entwickelt werden, die unterschiedliche Stahl- und Aluminiumlegierungen identifiziert. Auf diese Weise kann eine deutlich höhere Sortenreinheit der gewonnenen Rohstoffe erzielt werden. Für alle Materialien gilt, dass dadurch nicht nur die Menge der für die Produktion neuer Automobile geeigneten Sekundärrohstoffe steigt, sondern zugleich der Aufbereitungsaufwand, der erforderlich ist, um aus Schrott wiederverwendbare Rohstoffe zu machen, deutlich geringer ausfällt.
Darüber hinaus ist man auch federführend beim Konsortialprojekt „Future Sustainable Car Materials“ (FSCM) beteiligt. Hier arbeiten Forschungsinstitutionen und Unternehmen gemeinsam an innovativen Prozessrouten und Materialkonzepten zur nachhaltigen Nutzung von Sekundärmaterialien und zur Senkung des CO2-Fußabdrucks von Rohstoffen wie Stahl oder Aluminium. Grundlagenarbeit wird auch beim konkreten Recycling von Fahrzeugen am Ende ihrer Nutzungsdauer geleistet. Seit 1994 betreibt der Hersteller ein eigenes Recyclingcenter. Im Recycling- und Demontagezentrum (RDZ) in Unterschleißheim bei München werden jährlich bis zu 10.000 Fahrzeuge verwertet. Die dabei entwickelten Erkenntnisse und Lösungen werden nicht nur intern genutzt, sondern allen Akteuren der Verwertungsbranche zugänglich gemacht.
Welche Ansätze Audi verfolgt
Der Ingolstädter Autobauer Audi verfolgt die Vision, Sekundärmaterialien dort einzusetzen, wo es technisch möglich, wirtschaftlich sinnvoll und ökologisch vorteilhaft ist. Im Rahmen des sogenannten „Plastic Loop-Projekts“ arbeitet Audi mit dem niederländischen Chemieunternehmen Lyondell Basell zusammen, um einen Kreislaufprozess zu etablieren, bei dem Automobilteile aus Kunststoff für die Verwendung in neuen Fahrzeugen recycelt werden. Aus dieser Zusammenarbeit gehen Kunststoffabdeckungen für Sicherheitsgurte des Elek-trofahrzeugs Q8 E-Tron hervor, welche auf chemisch recycelten Kunststoffen basieren. Die gemischten Kunststoffabfälle stammen aus Altfahrzeugen, die zu Pyrolyseöl verarbeitet werden und dann als Ausgangsstoff für die Herstellung neuer Kunststoffe verwendet wird. Das so gewonnene Kunststoffgranulat wird dann für die Produktion der Gurtschlossabdeckungen für den Audi Q8 E-Tron verwendet. Die aus Pyrolyseöl hergestellten Werkstoffe sind laut Herstellerangaben von gleich hoher Qualität wie Neuware und haben die gleichen Eigenschaften. Und auch sonst setzen die Ingolstädter, die ab 2026 nur noch rein elektrische Autos vorstellen wollen, in ihren Modellen bereits vielfältig auf zirkuläre Materialien. Beispielhaft werden in einem Audi Q4 E-Tron bis zu 27 Bauteile eingesetzt, die anteilig aus Rezyklaten aus industriellen Produktionsabfällen oder Altmaterial, also Post-Industrial-Rezyklaten (PIR), bestehen. Scheinwerferaufnahmen, Radlaufschalen, Bodenverkleidungen oder auch Radspoiler bestehen hier zu großen Teilen aus Sekundärrohstoffen. Der Hersteller will Kreisläufe zu einem festen Bestandteil der automobilen Wertschöpfungskette machen und startet deshalb für immer mehr Materialien und Bauteile Pilotprojekte zur Wiederaufbereitung. Neben dem mechanischen und chemischen Recycling hat man hier auch den physikalischen Recyclingansatz im Blick. Hier kooperiert man im Rahmen einer Machbarkeitsstudie mit dem Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV. Automobile Kunststoffabfälle sollen dabei verarbeitet und für den Wiedereinsatz im Fahrzeug untersucht werden. Bei dieser Methode kann mit deutlich höheren Verschmutzungsgraden der Kunststoffe gearbeitet werden, sodass eine einfache und unvollständige Vorsortierung aus dem Altfahrzeug ausreicht. Anders als beim chemischen Recycling wird der Kunststoff beim physikalischen nicht zerstört. Vielmehr wird er mit Lösemitteln aufgelöst. Es findet also keine chemische Abbaureaktion statt und die Polymerketten bleiben unbeschadet. Darüber hinaus prüft Audi gemeinsam mit 15 Partnerunternehmen aus Forschung, Recycling- und Zulieferindustrie den Wiedereinsatz von Post-Consumer-Materialien aus Altfahrzeugen. Diese sollen zur Produktion von Neufahrzeugen genutzt werden. Konkret beinhaltet das sämtliche wiederverwertbaren Rohstoffe, beispielsweise auch Stahl, der nach dem Recycling meist als Baustahl verwendet wird. Im Kooperationsprojekt „Material Loop“ werden Altfahrzeuge, darunter auch ehemalige Erprobungsfahrzeuge, in ihre einzelnen Komponenten demontiert. So werden hochwertige Sekundärmaterialien wie größere Kunststoffbauteile für das weitere Recycling gesichert. Die verbliebenen Fahrzeugkarossen werden geschreddert und mit den Partnern in verschiedene Materialgruppen wie Stahl, Aluminium und Kunststoff separiert. Die Vision dahinter ist es, sich künftig bei dem Einsatz von Sekundärmaterialien weniger aus anderen Branchen bedienen zu müssen, wie es vom Autohersteller heißt.
Auch Lamborghini recycelt
Neben dem Recycling gehört aber auch das Upcycling zu einer bewährten Praxis. So verwendet die zu Audi gehörende Supersportwagen-Manufaktur Lamborghini in der Produktion seiner Fahrzeuge häufig Carbonfaser-Verbundwerkstoffe. Die dabei entstehenden Produktionsabfälle werden für Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten genutzt. Auf diese Weise hat das Unternehmen seit 2020 laut eigenen Angaben rund 27 t Abfälle zurückgewonnen, die anderweitig nicht mehr verwendet werden konnten. Als Alternative zur Wiederaufbereitung wird das Material darüber hinaus an Ausbildungseinrichtungen wie die Experis Academy in Fornovo di Taro, Italien, oder Universitätsverbände wie Bologna Motorsport gespendet. Dort werden die Materialien zum Zwecke der Ausbildung neuer Techniker und Ingenieure wiederverwendet. Diese Art des Materialrecyclings wird parallel zur Entwicklung kleinerer Produktionen von Gadgets und Zubehör für Lamborghini-Kunden oder Veranstaltungen vorangetrieben.
Klimaneutrales Auto aus Schweden
Einen Schritt weiter geht der schwedische Hersteller rein elektrischer Fahrzeuge, Polestar. Zusammen mit dem Compounder Hexpol TPE und weiteren Partnern soll das erste wirklich klimaneutrale Automobil entstehen. Zielvorgabe hierfür ist das Jahr 2030. Im Rahmen des „Projekt Polestar 0“ sollen sämtliche Treibhausgasemissionen von der Gewinnung der Rohstoffe bis zur Auslieferung des Fahrzeugs an den Endverbraucher sowie die Entsorgung am Ende des Lebenszyklus ermittelt und eliminiert werden. Hexpol TPE unterstützt hier auf dem Gebiet der thermoplastischen Elastomere (TPE) und weichen Polymerverbindungen. Dazu gehört auch die Erforschung von Möglichkeiten zur Weiterentwicklung mit biobasierten und recycelten Materialien.
Mehr Recyclingmaterial und Naturwerkstoffe bei VW
Der Wolfsburger Automobilkonzern Volkswagen (VW) verfolgt ebenfalls eine Reihe verschiedener Ansätze, um seinen ökologischen Fußabdruck zu verringern und die angestrebte Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen. Ein Fokus liegt dabei auf tierfreien und recycelten Materialien in der Innenausstattung seiner Fahrzeuge. In seinen Elektromodellen will VW als Lederalternative möglichst nur tierfreie Materialien im Innenraum verwenden. Wurde bislang auf Kunstleder, das zu einem großen Teil auf mineralölhaltigen Kunststoffen wie Polyurethan oder PVC basiert, zurückgegriffen, bedient man sich nun an einem Nebenprodukt aus der Röstung von Kaffeebohnen. Die dort als Reststoff anfallende sogenannte Silberhaut, welche die Kaffeebohne umschließt, eignet sich demnach als Füllstoff für Kunstleder. Verarbeitet will der Konzern diesen alternativen Rohstoff künftig in seinen Prototypen als tierfreies Kunstleder auf Autositzen oder auch Armlehnen einsetzen. In seinen Elektromodellen setzen die Wolfsburger bereits vielfältig auf alternative Materialien. Als „Testlabor“ hat sich hier insbesondere der ID. Buzz hervorgetan. Doch künftig will man die hier gemachten Erfahrungen auch auf die übrigen Modelle der ID. Familie ausweiten. Im Innenraum des neuen „Bulli“ werden an diversen Stellen Materialien aus wiederverwerteten PET-Flaschen aus dem Meer eingesetzt. 63 Stück à 500 ml sollen hier laut den Herstellerangaben verarbeitet worden sein. Ein Sitzbezug besteht in der sogenannten Oberware aus Seaqual-Garn, das zu 10 % aus gesammeltem Meeresmüll und zu 90 % aus recyceltem PES-Garn hergestellt wird. Das spart in der Herstellung im Vergleich zu herkömmlichen Oberflächenmaterialien 32 % CO2-Emissionen. In Sitzbezügen mit Artvelours Eco beträgt der Recycling-Anteil demnach 71 %. Zudem bestehen die Oberflächen des Dachhimmels und des Bodenteppichs im ID. Buzz komplett aus recyceltem Polyester. Auch in der Dämmschicht des Teppichs stecken recycelte Kunststoffe. Das Gleiche gilt für Bauteile wie die Unterbodenverkleidung und die Radhausschalen. Für die Zierteile an den Türen, der Instrumententafel und der Lenkradspange wird auch kein Chrom mehr verwendet. Als Ersatz dient ein Flüssiglack in Chromoptik, dessen Bindemittel biobasiert ist. An alternativen Werkstoffen für den Fahrzeugbau forscht das Unternehmen in der Open Hybrid Factory (OHLF). Im Mittelpunkt der Forschungsarbeiten steht hier das Thema Kreislaufwirtschaft. Hier werden Recyclingmaterialien aus Kunststoff, aber auch Naturwerkstoffe für den potenziellen Einsatz im Auto entwickelt. Geforscht wird derzeit beispielsweise an reiner Zellulose, die sich in natürlicher Form in pflanzlichen Zellwänden findet, beispielsweise in Holz. Im Labor können Bakterien sie in reiner Form erzeugen. So könnten laut VW künftig beispielsweise Sitzbezüge aus Zellulose bestehen, die im Labor produziert wurde. Bereits jetzt ist es möglich, die reine Zellulose in gewünschten Formaten zu züchten.
Seat setzt auf weniger Kohlefasern und mehr 3D-Druck
Das zum Volkswagenkonzern gehörende spanische Unternehmen Seat hat mit Cupra eine weitere Tochter am Automobilmarkt etabliert, welche sich auf sportlichere Fahrzeugtypen spezialisiert. Wie die Marktbegleiter auch, setzt der Hersteller auf mehr nachhaltigere Materialien in seinen Fahrzeugen. Für seine elektrifizierten Modelle wollen sich die Spanier von den in der Automobilindustrie typischerweise verwendeten Materialien lösen, wie es heißt. Experimentiert wird dabei mit natürlichen Materialien. Naturfasern aus Pflanzen, wie Flachs oder Hanf, ersetzen in Fahrzeugkomponenten die bisher verwendeten Kohlefasern. Die Leistung dieser Komponenten ist demnach mit der von Kevlar oder Carbonfasern vergleichbar. Für Teile des Fahrzeuginnenraums werden recycelte Kunststoffe verwendet. Das natürliche Aussehen der Materialien wird dabei beispielsweise durch das Einbringen von Metallpartikeln kombiniert, um so ein völlig neues Design zu kreieren. Kreativität und Nachhaltigkeit gehen auch in Sachen Fertigungstechnologien und Oberflächen Hand in Hand. Für das Verarbeiten von veganem Leder setzt Seat auf die Möglichkeiten des 3D-Drucks. Genauer gesagt der 3D-Flachsstricktechnologie, bei der Stoffe komplett nach Maß gefertigt werden, um Abfall zu vermeiden. Innerhalb des Materials lassen sich damit außerdem individuelle Grafiken einarbeiten.
Wie sich Mercedes-Benz in Sachen Nachhaltigkeit aufstellt
Auch beim Stuttgarter Autohersteller Mercedes-Benz ist man bestrebt, die Produktion sowie das Fahrzeugdesign ökologisch nachhaltiger zu gestalten. Ziel ist, eine bilanziell CO₂-neutrale Pkw- und Van-Neuwagenflotte ab 2039 über die gesamte Wertschöpfungskette und den gesamten Lebenszyklus auf den Weg zu bringen. Die Schwaben arbeiten daran, Stoffkreisläufe zu schließen und den Anteil an Recyclingmaterialien zu erhöhen, um primäre Ressourcen zu schonen, Abfälle zu vermeiden und auch so die CO2-Emissionen zu senken. Neben recyceltem Stahl und Aluminium sind bereits Rezyklate im Einsatz. So wird in den Kabelkanälen der elektrischen Modelle EQS und EQE beispielsweise das Kunststoffersatzmaterial UBQ eingesetzt, das aus upgecycelten Haushaltsabfällen hergestellt wird. Bei den Bodenbelägen im EQS wird ein Nylongarn verwendet, das aus recycelbaren Materialien wie Fischernetzen und Teppichen gewonnen wird. Im Fahrzeuginnenraum werden neben einer hochwertigen Ledernachbildung sowie einem Mikrofaservliesstoff verschiedene Stoffe angeboten, die bis zu 100 % aus recycelten PET-Flaschen bestehen. Laut eigenen Aussagen sollen die eigenen Fahrzeuge bis 2030 bis zu 40 % Recyclingmaterialien enthalten. Neue Wege werden zudem gemeinsam mit dem Chemiekonzern BASF und dem Unternehmen Pyrum Innovations bestritten. Gebrauchte Altreifen von Mercedes-Fahrzeugen werden mittels Pyrolyse und dem Zusatz von Biomethan aus landwirtschaftlichen Abfällen zu einem Kunststoff verarbeitet. Dieser hat die gleichen Eigenschaften wie Neukunststoff, der aus fossilen Rohstoffen hergestellt wird. Ohne auf Qualität zu verzichten oder Einschränkungen hinzunehmen, ist der chemisch recycelte Kunststoff chemisch identisch zu seiner fossilen Variante. Der recycelte Werkstoff lässt sich laut den Angaben genauso gut lackieren wie Material, das aus primären Rohstoffen hergestellt wurde. In puncto Crash-Sicherheit steht er Neuware in nichts nach. Bei den Serienmodellen des EQE und der S-Klasse kommt der recycelte Kunststoff bereits für die Bügeltürgriffe zum Einsatz. Mit dem Technologieprogramm Vision EQXX zeigt der Autobauer das Potenzial alternativer Materialien: tierfreie Lederalternativen auf Kaktusbasis und aus Pilzmyzelien, Teppiche aus Bambusfasern und Interieur-Türgriffe aus einem biotechnologisch erzeugten, seidenähnlichen Gewebe.