Das Konzeptfahrzeug AKXY2 verdeutlicht die Möglichkeiten alternativer und recycelter Materialien im modernen Fahrzeugbau.

Bild 1: Das Konzeptfahrzeug AKXY2 verdeutlicht die Möglichkeiten alternativer und recycelter Materialien im modernen Fahrzeugbau. (Bild: Asahi Kasei)

Mit dem Wandel zum emissionsfreien Fahrzeug ist die Mission „nachhaltige Mobilität“ noch lange nicht erfüllt. Im November 2022 führte Asahi Kasei zum vierten Mal seine „Automotive Interior Survey“ durch – eine Befragung von jeweils 1.000 Fahrzeugnutzern in Deutschland, USA, China und Japan zu den Themen Interieur und Mobilität von Morgen. Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass ein nachhaltiges Fahrzeug längst nicht mehr nur über die Antriebstechnologie definiert wird, sondern vielmehr über den CO2-Fußabdruck in der Produktion, leicht wiederverwertbare Materialien oder aber auch die Dekarbonisierung der Fahrzeughersteller und ihrer Zulieferer (siehe Tabelle). Kurzum: Nachhaltigkeit und Transparenz entlang der gesamten Wertschöpfungskette spielen auch aus Anwendersicht eine immer prominentere Rolle. Für die Automobilindustrie verschärfen dabei die gegenwärtigen Krisen zusätzlich den Druck auf die Nutzung alternativer Energiequellen, die Optimierung bestehender Produktionsprozesse und die Nutzung von Materialien mit einem geringeren CO2-Fußabdruck.

Tabelle: Wodurch zeichnet sich ein nachhaltiges Fahrzeug aus?
(Bild: Asahi Kasei Automotive Interior Survey 2022)

Warum Kunststoffe auch in Zukunft eine Schlüsselrolle im Automobilbau einnehmen werden

Kunststoffe spielen bei der Realisierung einer nachhaltigeren und gleichzeitig komfortablen Mobilität eine entscheidende Rolle. Mit der Vorstellung seines neuen Konzeptfahrzeugs AKXY2 (Bild 1) anlässlich des 100. Geburtstags des Unternehmens im Mai 2022 hat Asahi Kasei gezeigt, welche Möglichkeiten im Fahrzeugbau Kunststoffe mit einem ganzheitlichen Ansatz eröffnen können. AKXY2 verkörpert die bereichsübergreifende Expertise des Unternehmens entlang der gesamten Wertschöpfungskette, von der Entwicklung und Nutzung alternativer Rohstoffe über die Produktionstechnologien bis hin zum Einsatz von Rezyklaten und recycelbaren Materialien. So gut wie jedes Bauteil des Fahrzeugs, das man sehen, anfassen oder fühlen kann, wird vom Unternehmen hergestellt oder mitentwickelt. Die Fensterfronten des Fahrzeugs sind aus hartbeschichtetem Polycarbonat. Das Unternehmen stellt dieses Material nicht selbst her, dennoch hat man als erster Anbieter im Markt ein Verfahren entwickelt, bei dem CO2 als Rohstoff für die Herstellung verwendet wird. Bereits im Jahr 2002 erlangte das Verfahren Marktreife.

Heute werden 15 % der weltweiten Polycarbonatproduktion mit dieser Technologie hergestellt. Um den Kunststoff als Material der Wahl für leichtere Windschutzscheiben einsetzen zu können, entwickelt der Konzern derzeit eine Hartbeschichtungstechnologie, die den Werkstoff mit einer UN ECE R43-konformen Abriebfestigkeit und Witterungsbeständigkeit ausstattet. Die von der Europäischen Wirtschaftskommission (ECE) veröffentlichte ECE R-43-Verordnung regelt die Grundsätze für die Zulassung von Sicherheitsglas für Kraftfahrzeuge. Die Innenraumoberflächen sind mit Dinamica bezogen, einem Mikrofaser-Veloursleder, das teilweise aus recyceltem Polyester besteht und vom italienischen Unternehmen Miko, einer Tochterfirma von Sage Automotive Interiors (Teil der Asahi Kasei Gruppe) hergestellt wird. Sage Automotive Interiors hat weitere Produkte im Portfolio, die aus recyceltem PET, biobasiertem PET, Mischungen aus naturbelassenen Rohstoffen oder auch aus Meeresplastik bestehen. Alle Stoffe können antiviral und antibakteriell sowie flüssigkeitsabweisend und schmutzabweisend ausgerüstet werden.

Das im Display des Konzeptfahrzeugs verbaute transparente Polymer AZP übersteigt die optischen Eigenschaften konventioneller Polymere (Bild 2) und eröffnet neue Möglichkeiten für Kunststoffe als Glasersatz in anspruchsvollen optischen Anwendungen, etwa in gebogenen und großflächigen Fahrzeugdisplays oder Linsen in VR-Brillen. Mit einer Doppelbrechung von nahezu null und einer sehr guten Designfähigkeit ermöglicht dieses Material eine hohe Durchlässigkeit und geringe Farbverfälschungen aus allen Winkeln. Das hochwertige Erscheinungsbild bleibt auch erhalten, wenn das Display durch eine polarisierte Sonnenbrille betrachtet wird. In polarisierten optischen Anwendungen wie AR/VR-Headsets und HUDs können somit klare Bilder ohne Weißbruch oder Unschärfe erzielt werden.

Vergleich von AZP und konventionellen optischen Polymeren für Displayanwendungen mit Blick durch eine polarisierte Sonnenbrille.
Bild 2: Vergleich von AZP und konventionellen optischen Polymeren für Displayanwendungen mit Blick durch eine polarisierte Sonnenbrille. (Bild: Asahi Kasei)

Für welche Anwendungen sich Partikelschaum eignet

Schwarze Lochmatte: Rundzellenhalter aus Sun Force BE.
Bild 3: 2170 Rundzellenhalter aus Sun Force BE. (Bild: Asahi Kasei)

Auch abseits der im Konzeptfahrzeug verbauten Werkstoffe werden Lösungen für alle Bereiche des Autos angeboten. Der Partikelschaum Sun Force BE hat modifizierten Polyphenylenether (mPPE) als Basispolymer und zeichnet sich durch eine Kombination aus geringem Gewicht, Flammschutz nach UL94 V-0, Wärmeisolierung und Verarbeitbarkeit aus. Eine vielversprechende Einsatzmöglichkeit für das Material sind dünnwandige Halterungen für Rundzellen im 4680 und 2170 Format (Bild 3). In dieser Anwendung ermöglicht das Material das präzise Fixieren und Ausrichten der Batterien ohne den Einsatz von Klebstoffen.

Der Werkstoff eignet sich ebenso für Anwendungen in Batteriepacks oder auch für jede andere Art von Zellen wie Pouch-Zellen und prismatische Zellen. Sun Force AS basiert auf Polyamid und weist die typischen Eigenschaften dieses technischen Polymers auf. Seine hohe Steifigkeit und Festigkeit machen es zu einem idealen Material für den Ersatz von Metall in strukturellen Fahrzeugkomponenten. Dieser Typ hat auch die höchsten chemischen und hitzebeständigen Eigenschaften in der Sun-Force-Produktfamilie. Das Material empfiehlt sich auch Monomaterial-Verbundlösungen mit Sun Force AS als Kernmaterial und PA6 auf der Außenseite (Bild 4).

Warum auch biobasierte Werkstoffe vermehrt im Fokus stehen

Monomaterial-Verbundbauteil mit Kern aus Sun Force AS und PA6 als Hülle.
Bild 4: Monomaterial-Verbundbauteil mit Kern aus Sun Force AS und PA6 als Hülle. (Bild: Asahi Kasei)

Asahi Kasei ist auch aktiv bei der Entwicklung biobasierter Materialien. Die Erfahrungen auf dem Gebiet der Cellulose reichen 100 Jahre zurück, als das Unternehmen die Produktion von Rayonfasern begann. Dieses Wissen überträgt man nun auf andere Anwendungsbereiche und entwickelt ein Nanofaser-Füllmaterial (CNF) auf Cellulosebasis. CNF ist wesentlich reiner als herkömmliche Cellulose auf Holzbasis und wird aus Baumwolllinter gewonnen, einem Nebenprodukt der Baumwollernte. Als wiederverwertbare Alternative zu Glasfasern kann CNF in technischen Kunststoffen wie Polyamid 6, Polyamid 66 und Polyacetal mit einem Anteil von bis zu 20 Gew.-% eingesetzt werden (siehe Bild 5). Der Zusatz von CNF verbessert die Gleiteigenschaften des Verbundstoffs erheblich und eignet sich daher für Anwendungen in Schiebedächern, Fensterhebern oder Sitzen in Fahrzeugen.

An welchen Technologien geforscht wird

Filament und im 3D-Druck hergestelltes Bauteil aus PA/CNF.
Bild 5: Filament und im 3D-Druck hergestelltes Bauteil aus PA/CNF. (Bild: Asahi Kasei)

Die Wiederverwertung von Werkstoffen steht besonders im Fokus der Automobilindustrie. Ende 2022 hat das Unternehmen zusammen mit dem Kitakyushu College und der Tokyo University of Science eine neue Technologie für das Recycling von kohlefaserverstärkten Kunststoffen (CFK) vorgestellt. CFK empfehlen sich aufgrund ihrer einzigartigen Ausgewogenheit von Steifigkeit, mechanischer Festigkeit und geringem Gewicht für verschiedene Industrien in anspruchsvollen Anwendungsbereichen, sind jedoch teuer und nur schwer wiederverwertbar, da sich die Kohlefasern nur schwer von dem sie umgebenden Kunststoff trennen lassen. Das neue Verfahren verwendet eine elektrolysierte Schwefelsäurelösung. Der die Kohlefaser umgebende Kunststoff wird hierdurch vollständig zersetzt. Die Kohlefaser selber behält dabei jedoch ihre ursprüngliche Festigkeit und Länge. Dies ermöglicht die weitere Verwendung in Hochleistungsanwendungen und stellt eine kostengünstige, kreislauffähige Lösung für das Recycling von Kohlefaser-Verbundstoffen dar.

Zusammen mit dem japanischen Partnerunternehmen Microwave Chemical startete Asahi Kasei im April 2023 ein gemeinsames Projekt mit dem Ziel der Etablierung eines kommerziellen chemischen Recyclingprozesses von Polyamid 66 unter Nutzung von Mikrowellen. Im Rahmen des Projekts werden PA66 Abfälle unter Nutzung der Pla Wave Mikrowellentechnologie von Microwave Chemical depolymerisiert. Die Monomere Hexamethylendiamin (HMD) und Adipinsäure (ADA) werden dabei mit geringem Energieaufwand und hoher Ausbeute extrahiert und können für die Herstellung von neuem PA66 wiederverwendet werden. Mit Partnern aus der Wertschöpfungskette wollen beide Unternehmen einen effektiven und nachhaltigeren Materialkreislauf für PA66 etablieren.

Quelle: Asahi Kasei Europe

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