Mann im weißen Hemd lehnt an einer Backsteinmauer

Ingemar Bühler, Hauptgeschäftsführer Plastics Europe Deutschland. (Bild: Plastics Europe Deutschland)

Herr Bühler, Sie haben kürzlich behauptet, dass die Digitalisierung bereits sämtliche Schritte der Wertschöpfungskette verändern. Was genau heißt das für Chemieunternehmen und Hersteller von Kunststoffen?
Ingemar Bühler: Ganz am Anfang der Wertschöpfungskette stehen die Fragen nach der Rohstoffgewinnung, nach geeigneten Rezyklaten, aber auch nach der Materialkomposition. Die Anforderungen an leistungsfähige Kunststoffe sind sehr komplex. Der Aufbau hingegen muss oft simplifiziert werden, damit wir Kreislauffähigkeit ermöglichen. In den ersten Schritten helfen bereits digitale Profile, Simulationen und Kollaborationsplattformen, auf denen Materialhersteller mit ihren Kunden zusammenarbeiten und bereits ihr Know-how für das zirkuläre Produktdesign einbringen. Außerdem sind für alle Akteure die Themen Transparenz und Nachverfolgbarkeit wichtig, dabei spielen Digitale Produkt- und Materialpässe eine entscheidende Rolle. Vom Einkauf der Materialien bis hin zur Wiedergewinnung der Rohstoffe. Im nächsten Schritt werden wir sehr wahrscheinlich, wie in anderen R&D Bereichen in der Chemie auch bereits KI-Generierungen und Simulationen in der Forschung sehen sowie virtuelle Entwicklungsprozesse, die Schnelligkeit und Präzision erhöhen.

Hilft die Digitalisierung bei den Rohstoff- und Recyclingfragen am Ende der Kette?
Bühler: Gerade dort spielt die Digitalisierung eine entscheidende Rolle. Die Herausforderungen liegen hier bei der besseren und effizienteren Organisation von Abfallströmen, bei Sammlung, Erkennung und Sortierung. Mit moderner Sensortechnik, mit Lasern, digitalen Abdrücken, Kontrastverfahren gelingt das besser. Gleichzeitig spielen digitale Handelsplätze eine sehr wichtige Rolle, um Rezyklaten anzubieten und in den Markt zu bringen.  

Kunststoffrecycling: Der große Überblick

Mann mit Kreislaufsymbol auf dem T-Shirt
(Bild: Bits and Splits - stock.adobe.com)

Sie wollen alles zum Thema Kunststoffrecycling wissen? Klar ist, Nachhaltigkeit hört nicht beim eigentlichen Produkt auf: Es gilt Produkte entsprechend ihrer Materialausprägung wiederzuverwerten und Kreisläufe zu schließen. Doch welche Verfahren beim Recycling von Kunststoffen sind überhaupt im Einsatz? Gibt es Grenzen bei der Wiederverwertung? Und was ist eigentlich Down- und Upcycling? Alles was man dazu wissen sollte, erfahren Sie hier.

Das sind alles noch recht neue Entwicklungen, was beobachten Sie beim Maschinenbau, ist man dort schon weiter?
Bühler:
Im Maschinenbau befassen sich die Innovationstreiber bereits seit langem mit der Digitalisierung. Während es zu Beginn noch um die einfachere Steuerung, Programmierbarkeit und Dokumentation von Prozessen ging, geht es heute bereits um lernende Steuereinheiten und Algorithmen, sowie die digitale Maschinensprache. Diese Entwicklungen haben erhebliche Mehrwerte für die Verarbeiter. Sie können Maschinen präziser kalibrieren und die Steuerung so einsetzen, dass Fehler beispielsweise beim Spritzgießen vermieden und notwendige Anpassungen automatisch erfolgen. Das spart Zeit, Material und damit auch Geld.  

Seit den Ursprüngen von Automatisierung und Digitalisierung gibt es aber auch die Sorgen, dass Kontrolle über Prozesse und auch Arbeitsplätze verloren gehen. Wie sehen sie das?
Bühler: Ich kann die Sorge nachvollziehen, teile sie aber nicht, im Gegenteil. Digitalisierung ermöglicht mehr und bessere Kontrolle und Beherrschbarkeit von Komplexität. Davon haben wir eine ganze Menge. Wir werden entlang der skizzierten Schritte besser, weil wir die Innovations- und Leistungsfähigkeit unserer Branche stärken, und dabei zeitglich Kapital, Ressourcen und die Umwelt schonen. Auch hat die Digitalisierung bislang in allen Branchen zu mehr Wertschöpfung und mehr Arbeitsplätzen, vor allem aber auch zu anspruchsvolleren Aufgaben geführt. Und natürlich zu neuen Akteuren. Unternehmen wie Simcon, Cirplus, S1Seven oder die Initiative R-Cycle spielen hier eine sehr wichtige Rolle.

Kommunikation spielt da sicher eine wichtige Rolle. Hat sich ihre eigene Arbeitswelt auch durch KI verändert und wie können Sie Menschen besser mitnehmen?
Bühler:
Ja, wir müssen die Menschen gut mitnehmen, denn es gibt viele unterschiedliche Zugänge zu dem Thema und nicht jeder erkennt gleich dessen Möglichkeiten. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich 2009 mein erstes internationales Team leitete und wir damals begannen mit Videokonferenzen zu arbeiten. Seit dem ist viel passiert und spätestens seit der Pandemieerfahrung gehört der virtuelle Austausch zum Alltag sehr vieler Menschen. Bei all den Nachteilen, die wir erfahren haben, war die Pandemie der beste Beschleuniger dieses digitalen Wandels. Heute nutzen wir bei uns im Verband intensiv Künstliche Intelligenz bei der Analyse von Informationen oder auch bei Visualisierung von Daten und Konzepten, die wir unseren Zielgruppen in der politischen Arbeit und auch in den Medien und bei Veranstaltungen nutzen.

Sie möchten gerne weiterlesen?

Unternehmen

Plastics Europe Deutschland e.V.

Mainzer Landstraße 55
60329 Frankfurt
Germany