Hand zeigt auf Trendkurve

Die Preisentwicklung bei Energie und Rohstoffen setzt Unternehmen der deutshcne Galvanotechnik merklich zu. (Bild: Namning - stock.adobe.com)

In der Galvanotechnik wird die Oberfläche eines Grundmaterials mit Hilfe spezieller Verfahren verändert, um definierte Eigenschaften für viele Anwendungsbereiche zu schaffen und somit Qualität und Einsatzfähigkeit eines Produktes zu beeinflussen oder sogar erst zu schaffen. Die Galvanotechnik als Schlüsseltechnologie trägt entscheidend zur Lieferfähigkeit und zum Erfolg des Produzierenden Gewerbes bei. Diese aber sind nun in ernsthafter Gefahr, denn insbesondere die Galvaniken, die überwiegend den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) zuzuordnen und vielfach familiengeführt sind, stehen mit dem Rücken zur Wand.

Insbesondere KMUs haben mit Kostensteigerungen zu kämpfen

Der HWWI-Rohstoffpreisindex (Quelle: Hamburgisches Welt Wirtschafts Institut) stieg im März im Vergleich zum Vormonat um durchschnittlich 32 %. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine führte zu Preissteigerungen in nahezu allen Rohstoffsegmenten. Die Gaspreise reagierten im März besonders stark. Während die Preise für amerikanisches Erdgas im März um durchschnittlich 11,61 % gegenüber dem Vormonat stiegen, erhöhten sich die Preise für europäisches Erdgas um 72,9 %. Als wichtigster Akteur auf dem europäischen Gasmarkt liefert Russland rund 40 % des Gasbedarfs der EU, und etwa ein Drittel dieser Lieferungen erfolgt über die Ukraine. Die Kämpfe in der Ukraine schüren die Befürchtung, dass die russischen Gaslieferungen eingestellt werden könnten.

So exorbitant stiegen die Preise für Strom und Industriemetalle

Die hohen Preissteigerungen für Erdgas führen aufgrund der Abhängigkeit der Stromerzeugung vom Erdgas auch zu einem existenzgefährdenden höheren Strompreis. Strom ist verfahrensbedingt der wichtigste Produktionsfaktor in der energieintensiven Galvanotechnik. Laut Statistischem Bundesamt stieg der Strompreis für industrielle Abnehmer im Februar 2022 im Vergleich zu Februar 2021 um 66,2 %.

Der russische Einmarsch in der Ukraine löste aber auch auf den Märkten für Industriemetalle, neben Strom eines der wichtigsten Segmente der Galvanotechnik, einen Preisschock aus. Die Preise für Nichteisenmetalle, vor allem für Zink und Nickel, steigen seit Februar auf Rekordhöhen.  

Dem Statistischen Bundesamt zufolge stiegen die Erzeugerpreise gewerblicher Produkte im Februar 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 25,9 %. Preistreiber sind die Vorleistungsgüter mit einer Preissteigerung von 21 % und hier insbesondere die Metalle mit einem Plus von 36,2 %. Hier stiegen die Preise für Roheisen, Stahl und Ferrolegierungen um 49,2 %, Nichteisenmetalle und deren Halbzeug kosteten 28,1 % mehr.

Der Nickelpreis ist im März durchschnittlich um 56,31 % gegenüber dem Vormonat angestiegen. Da Russland nach Indonesien und den Philippinen das wichtigste Produktionsland für Nickel ist, ließen Befürchtungen über mögliche Versorgungsengpässe bei dem Metall die Preise steigen. Der historische Nickel-Höchstpreis von 100.000 US-Dollar hat sich zwischenzeitlich wieder stabilisiert, wenngleich auf hohem Niveau. Allerdings sind im Beschaffungsprozess neuerdings extreme Aufschläge für Handlings-Kosten von stellenweise 1.000 % und mehr feststellbar.

Wichtige Komponenten aus der Ukraine fallen weg

Die Kostensteigerung können von den KMU in der Galvanotechnik nicht mehr aufgefangen werden. Doch nicht nur die Beschaffungsseite insbesondere der Betreiber von Galvaniken bereitet Sorgen, auch der Absatzmarkt ist vielfach vom Ukraine-Krieg betroffen. So ist die Automobilindustrie nach wie vor der größte Absatzmarkt der Galvanotechnik. Deren Hersteller beziehen wesentliche Komponenten aus der Ukraine, zum Beispiel Kabelbäume. Diese Komponenten fallen derzeit aus, ausreichende Ersatzlieferanten gibt es nicht, so dass dadurch neben der immer noch nicht behobenen Halbeiter-Krise bei vielen Automobilisten die Bänder wieder stillstehen oder zumindest gedrosselt laufen. Reduzierte oder stornierte Abrufe wirken sich in der gesamten Lieferkette aus, so dass letztlich Absatz und Umsatz vieler Galvaniken einbrechen und die Ertragssituation in gefährliche Schieflage gerät.

Warum die Versorgungssituation derzeit so fragil ist

Neben der zunehmenden Gefahr weiter steigender Energie- und Rohstoffpreise ist die Versorgungslage das nächste Problem. Zum einen bereitet die Bundesnetzagentur offenkundig einen alle treffenden Abschaltplan aufgrund der potenziellen Gasmangellage vor. Dabei wird jedoch übersehen, dass die Galvanotechnik als Schlüsseltechnologie der Energiewende und des Klimawandels mit zur Reduzierung der Abhängigkeit von russischem Gas beiträgt.

Zum anderen ist die Versorgungssituation generell sehr fragil. Beispiel Chromsäure: Kasachstan ist aktuell mehr oder weniger der einzige Exporteur von Chromsäure, die USA, Türkei und Südafrika treten derzeit kaum mit entsprechenden Angeboten in Erscheinung. Dem Transportweg aus Kasachstan kommt somit entscheidende Bedeutung zu, denn außer auf dem Landweg (Schiene) durch Russland gibt es keine alternativen Routen.

Ähnlich verhält es sich im Bereich der Anlagen- und Komponentenlieferanten. Baugruppen der Steuerungs- und Automatisierungstechnik sind, wenn überhaupt, nur zu extrem hohen Preisen verfügbar. Gleiches gilt aufgrund der hohen Nachfrage aus der Elektromobilität für PVDF-Kunststoffe. Die Beispiele lassen sich vielfältig fortsetzen.

So fährt die gesamte Galvanotechnik aktuell auf Sicht, eine Planung über wenige Wochen oder gar Monate im Voraus ist gegenwärtig nicht möglich. Die Aufrechterhaltung der Versorgungslage hat oberste Priorität, wobei diese sich zunehmend schwierig gestaltet.

Welche Maßnahmen ergriffen werden müssten

Die gegenwärtigen Kostenentwicklungen im Energie- und Rohstoffbereich, deren Ende nicht absehbar ist, zwingt in erster Linie die Betreiber von Industrie- und Lohngalvaniken zum Handeln. Temporäre Material- oder Energie-Teuerungszuschläge könnten eine Lösung sein, den starken Verwerfungen auf den Rohstoffmärkten zu begegnen.

Quelle: ZVO

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