Offshore-Windpark

Die Forschungspartner sehen für Faserverbundwerkstoffe eine ökonomische und ökologische Recyclinglösung in Sicht. (Bild: Fraunhofer IWES/Gerrit Wolken-Möhlmann)

Nach 20 bis 30 Jahre haben Windenergieanlagen ihre Lebensdauer erreicht. Anschließend werden sie abgebaut und dem Recyclingverfahren zugeführt. Allerdings ist das Recycling der Faserverbundwerkstoffe, insbesondere aus dickwandigen Rotorblattteilen, bislang unzureichend. Stand der Technik ist die thermische oder mechanische Verwertung. Für einen nachhaltigen und ganzheitlichen Recyclingprozess bündelt ein Forschungskonsortium unter der Leitung des Fraunhofer IFAM ihr Know-how, um die eingesetzten Fasern durch Pyrolyse zurückzugewinnen. Eine anschließende Oberflächenbehandlung und Qualitätsprüfung der Rezyklate ermöglichen die erneute industrielle Anwendung.

Windenergieanlagen lassen sich bereits heute zu sehr großen Teilen sauber recyceln. Bei den Rotorblättern steht das Recycling jedoch erst am Anfang. Aufgrund der Nutzungsdauer von rund 20 Jahren sind in den kommenden Jahren und Jahrzehnten steigende Rotorblattmengen zu erwarten. Im Jahr 2000 wurden beispielsweise circa 6.000 Windenergieanlagen in Deutschland errichtet, die jetzt einem nachhaltigen Recyclingverfahren zugeführt werden müssen. Insgesamt waren nach Angaben des Bundesverbands Windenergie im Jahr 2022 allein in Deutschland etwa 30.000 Windenergieanlagen an Land und auf See mit einer Leistung von 65 GW im Einsatz.

Da die Windenergie die wichtigste Säule für eine klimaneutrale Stromversorgung ist, hat sich die Bundesregierung zum Ziel gesetzt, den Ausbau bis 2030 mit größeren und moderneren Anlagen weiter zu steigern. Die Offshore-Rotorblätter werden länger, der Anteil an eingesetzten Kohlenstofffasern wird weiter steigen – und somit auch die Abfallmengen. Zudem ist für die Zukunft zu erwarten, dass der bestehende Materialmix in den Rotorblättern zunimmt und zum Recycling genaue Kenntnisse über den Aufbau der Komponenten noch wichtiger werden. Dies unterstreicht die Dringlichkeit, insbesondere für das Recycling der dickwandigen Faserverbundwerkstoffe in den Rotorblättern, nachhaltige Aufbereitungsverfahren zu entwickeln.

Ökonomische und ökologische Recyclinglösung für Faserverbundwerkstoffe in Sicht

Rotorblätter der jetzt zum Recycling anstehenden Windenergieanlagen setzen sich mit über 85 Gewichtsprozent aus glas- und kohlefaserverstärkten Duroplasten (GFK/CFK) zusammen. Ein großer Anteil dieser Materialien befindet sich im Flansch- und Wurzelbereich sowie innerhalb der faserverstärkten Gurte als dickwandige Laminate mit Wandstärken von bis zu 150 mm. Die Erforschung des hochwertigen stofflichen Faserrecyclings als Endlosfaser ist nicht zuletzt wegen des Energiebedarfs zur Kohlenstofffaserproduktion von besonderer Bedeutung. Hier setzt das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderte Projekt "Pyrolyse dickwandiger Faserverbundwerkstoffe als Schlüsselinnovation im Recyclingprozess für Rotorblätter von Windenergieanlagen" – kurz "Re Sort" – an. Ziel des Projektteams ist das vollständige Recycling mittels Pyrolyse.

Das sind die Projektpartner

  • Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM
  • Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme IWES
  • Fraunhofer-Institut für Holzforschung Wilhelm-Klauditz-Institut WKI
  • Nordex
  • Bioprodukt Uthlede
  • Institut für Energie und Kreislaufwirtschaft an der Hochschule Bremen
  • ETW Energietechnik
  • Fricke und Mallah Microwave Technology
  • Plasmatreat

Voraussetzung für eine hochwertige Verwertung der Faserverbundwerkstoffe ist die Trennung der Fasern von der zumeist duroplastischen Matrix. Die Pyrolyse ist für diesen Prozess zwar ein geeignetes Verfahren, konnte sich aber bislang nicht durchsetzen. Innerhalb des Projekts untersuchen und entwickeln die Projektpartner daher Pyrolysetechnologien, die das Recycling von dickwandigen Faserverbundstrukturen wirtschaftlich ermöglichen und sich von den heute üblichen Verwertungsverfahren für Faserverbundwerkstoffe technisch unterscheiden. Dabei werden sowohl eine quasikontinuierliche Batch- als auch die Mikrowellen-Pyrolyse betrachtet.

Bei der Batch-Pyrolyse, die innerhalb des Vorhabens entwickelt wird, handelt es sich um einen Pyrolyseprozess, in dem die duroplastische Matrix dicker Faserverbundbauteile durch externe Erhitzung in ölige und vor allem gasförmige Kohlenwasserstoffverbindungen langsam zersetzt wird. Bei der Mikrowellenpyrolyse erfolgt die Energiezufuhr durch die Absorption von Mikrowellenstrahlung, sodass es zu einer inneren schnellen Wärmeentwicklung kommt. Die quasikontinuierliche Batch-Pyrolyse als auch die Mikrowellenpyrolyse erlauben die Abscheidung von Pyrolysegasen beziehungsweise -ölen. Die geplante Durchlauf-Mikrowellenpyrolyse ermöglicht zudem den Erhalt und die Wiederverwendung der Fasern in ihrer gesamten Länge.

Die ganzheitliche Verwertung der gewonnenen Recyclingprodukte ist wichtig

In einem nächsten Schritt werden die Oberflächen der zurückgewonnenen Rezyklatfasern mittels atmosphärischer Plasmen und nasschemischer Beschichtungen aufbereitet, um einer erneuten industriellen Anwendung zugeführt werden zu können. Anhand von Festigkeitsuntersuchungen lässt sich schließlich entscheiden, ob die Rezyklatfasern erneut in der Windenergie oder beispielsweise im Automobilbau oder im Sportartikelbereich Einsatz finden.

Die in der Batch- und Mikrowellenpyrolyse gewonnenen Pyrolyseöle und Pyrolysegase werden bezüglich der Nutzbarkeit als Rohstoff für die Polymersynthese (Pyrolyseöle) oder als Energiequelle zur energetischen Nutzung in Blockheizkraftwerken (BHKW) (Pyrolysegase) bewertet.

Sowohl die quasikontinuierliche Batch-Pyrolyse als auch die Durchlauf-Mikrowellenpyrolyse versprechen einen wirtschaftlichen Betrieb und eine maßgebliche Verringerung des ökologischen Fußabdrucks bei der Entsorgung von Windenergieanlagen. Daher stehen die Chancen für eine technische Umsetzung und Verwertung der Projektergebnisse sehr gut, sodass mit diesem Projekt ein entscheidender Beitrag zum Erreichen der Nachhaltigkeits- und Klimaziele der Bundesregierung geleistet werden kann.

Förderung

Das Projekt wird unter dem Förderkennzeichen 03EE3075A-F vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert. Träger des Projektes ist Projektträger Jülich (PtJ).

Quelle: Fraunhofer IFAM

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(Bild: Bits and Splits - stock.adobe.com)

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