Ein elastisches Material, das seine Farbe verändert, Strom leitet, sich 3D-drucken lässt und dazu noch biologisch abbaubar ist? Empa-Forscher aus dem Labor „Cellulose & Wood Materials“ in Dübendorf haben dafür ein Gemisch aus Hydroxpropyl-Cellulose (HPC), Wasser, Kohlenstoff-Nanoröhrchen und Cellulose-Nanofasern entwickelt.
Was genau ist HPC?
Der Ausgangsstoff HPC wird unter anderem als Hilfsstoff in Pharmazeutika, Kosmetikartikeln und Lebensmitteln eingesetzt. Eine Besonderheit des Materials ist, dass es nach Zugabe von Wasser Flüssigkristalle bildet. Diese Flüssigkristalle haben eine bemerkenswerte Eigenschaft: Je nach Kristallstruktur – die unter anderem abhängig ist von der HPC-Konzentration – schillern sie in den unterschiedlichsten Farben – obwohl sie eigentlich farb- beziehungsweise pigmentlos sind. Dieses Phänomen nennt sich strukturelle Färbung und ist aus der Natur bekannt: Pfauenfedern, Schmetterlingsflügel und die Haut des Chamäleons erhalten ihre bunte Färbung ganz oder teilweise nicht durch Farbstoffe, sondern durch mikroskopische Strukturen, die das einfallende (weiße) Tageslicht in seine Spektralfarben aufspalten und nur bestimmte Wellenlängen – sprich: Farben – reflektieren.
Die strukturelle Farbe von HPC verändert sich indes nicht nur mit der Konzentration, sondern auch mit der Temperatur. Um diese Eigenschaft besser ausnutzen zu können, setzten die Forschenden um Gustav Nyström der Mischung aus HPC und Wasser noch 0.1 Massenprozent Kohlenstoff-Nanoröhrchen zu. Dies macht die Flüssigkeit elektrisch leitfähig und ermöglicht es den Forschenden, die Temperatur – und somit die Farbe der Flüssigkristalle – durch das Anlegen einer elektrischen Spannung zu steuern. Bonus: Der Kohlenstoff fungiert als Breitbandabsorber, der die Farben intensiver macht. Mit einem weiteren Zusatz, eine kleine Menge an Cellulose-Nanofasern, gelang es Nyströms Team ausserdem, die Mischung 3D-druckbar zu machen, ohne Färbung und Leitfähigkeit zu beeinträchtigen.
Welche Anwendungen mit der 3D-gedruckten Cellulose möglich werden
Mittels 3D-Druck stellten die Forscher unterschiedliche Anwendungsbeispiele aus der Cellulosemischung her. Darunter etwa einen Dehnungssensor, der seine Farbe je nach mechanischer Verformung verändert, sowie ein einfaches Display aus sieben elektrisch gesteuerten Segmenten. „Wir haben in unserem Labor bereits unterschiedliche elektronische Komponenten auf der Basis von Cellulose entwickelt, etwa Batterien und Sensoren“, sagt Xavier Aeby, Co-Autor der Studie. „Das ist nun das erste Mal, dass wir auch ein Display auf Cellulose-Basis entwickeln konnten.“
In Zukunft könnte die Cellulose-basierte Tinte zahlreiche ganz unterschiedliche Anwendungen finden, etwa für Temperatur- und Verformungssensoren, zur Kontrolle der Lebensmittelqualität oder für die biomedizinische Diagnose. „Nachhaltige Materialien, die sich 3D-drucken lassen, sind von großem Interesse, unter anderem für Anwendungen in biologisch abbaubarer Elektronik und für das Internet der Dinge“, sagt Laborleiter Nyström. „Es gibt noch viele offene Fragen dazu, wie strukturelle Färbung überhaupt entsteht und wie sie sich durch unterschiedliche Zusatzstoffe oder durch Umwelteinflüsse verändern lässt.“
Quelle: Empa
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