3D-Drucker druckt orange-farbenes Bauteil

Im 3D-Druck kommen häufig noch Stützstrukturen zum Einsatz. (Bild: Gavin Allanwood - Unsplash)

Entwickelt werden die bioabbaubaren Stützstrukturen im Forschungsvorhaben Aqua Loes. Diese bestehen hauptsächlich aus Polyhydroxybutyrat-co-valerat (PHBV) und Kochsalz und lassen sich im Wasserbad vom Bauteil ablösen und über das Abwasser entsorgen, ohne dass Mikroplastik entsteht. Das vollständig aus biologischen Quellen stammende PHBV ist in natürlichen Gewässern, auch im Meer, biologisch abbaubar.

Wozu werden Stützstrukturen im 3D-Druck benötigt?

Will man komplexere, dreidimensionale Gegenstände drucken, benötigt man häufig sogenannte Support- oder Stützstrukturen. Sie bestehen aus Kunststoffen, die sich nach der Fertigstellung vom eigentlichen Bauteil entfernen lassen. Je nach Art des Stützkunststoffs kann sogar reines Wasser als Lösemittel dienen. Schlussendlich gelangen die Rückstände der Stützkunststoffe dann in Form von Mikroplastik über das Abwasser in den natürlichen Wasserkreislauf, da Kläranlagen sie nicht vollständig herausfiltern können.

Alles zum Thema Biokunststoffe

Eine Hand reißt einen Papierstreifen weg. Darunter steht das Wort "Biokunststoff"
Wissenswertes über Biokunststoffe finden Sie in unserem Übersichtsartikel. (Bild: thingamajiggs - stock.adobe.com)

Auf dem Weg zu einer klimaneutralen Zukunft müssen verschiedenste Rädchen ineinander greifen. Doch wie schaffen wir es, die Dekarbonisierung unserer Gesellschaft umzusetzen? Biokunststoffe sind ein wichtiger Hebel um diesem Ziel näher zu kommen. Doch was wird unter einem Biokunststoff eigentlich verstanden? Wo werden diese bereits eingesetzt? Und ist "Bio" wirklich gleich "Bio"? Wir geben die Antworten. Alles, was Sie zu dem Thema wissen sollten, erfahren Sie hier.

Um welches Material handelt es sich dabei genau?

3D-druck-Filament
Kunststofffilament aus 40 % PHBV, 20 % PEG und 40 % Kochsalz. (Bild: IKT, Universität Stuttgart)

Vor diesem Hintergrund entstand die Idee, einen neuen Werkstoff für Stützstrukturen auf der Basis des Biokunststoffs Polyhydroxybutyrat-co-valerat (PHBV) zu entwickeln. PHBV ist sogar in Meerwasser biologisch abbaubar und kann vollständig zu Wasser und CO2 verstoffwechselt werden. Da PHBV selbst zwar in Wasser abbaubar, jedoch nicht wasserlöslich ist, wollten die Forschenden die Ablösbarkeit des Stützwerkstoffs über die Compoundierung von Kochsalz erreichen. Die Stützpolymere sollten so im Wasser in kleine Fragmente zerfallen, die man aus der Flüssigkeit herausfiltern kann oder die bei Verbleib im Abwasser in überschaubaren Zeiträumen durch Mikroorganismen abgebaut werden. „Aufgrund der geringen Partikelgröße gehen wir von wenigen Monaten für den Abbau aus“, erklärt Projektleiter Professor Christian Bonten vom IKT.

Was bei Aqua Loes bisher erreicht wurde

Prüfstäbe aus 3d-Druck-Filament
Ein Stützkunststoff aus 40 % PHBV, 10 % PEG und 50 % hochfeinem Kochsalz (im Bild die drei Prüfstäbe rechts) hatte die besten Eigenschaften für den 3D-Druck. Das Compound ist in Meerwasser vollständig biologisch abbaubar. (Bild: IKT, Universität Stuttgart)

Im Vorhaben Aqua Loes konnte das Forscherteam die grundsätzliche Machbarkeit dieser Idee nachweisen. Dazu entwickelte und testete es über 30 verschiedene Rezepturen aus PHBV, Salz und anderen bioabbaubaren Polymeren. Im Ergebnis wies eine Rezeptur aus 40 % PHBV, 10 % Polyethylenglykol (PEG) und 50 % hochfeinem Kochsalz die besten Eigenschaften auf. Aus diesem Compound ließen sich auch filigrane Stützstrukturen ohne Abreißen des Filamentstranges drucken. Insbesondere in Kombination mit dem weit verbreiteten 3D-Druck-Polymer Polylactid (PLA) erreichte das Compound eine hohe Haftung und ermöglichte den Druck fehlerloser Bauteile. Die hohe Haftung ging allerdings etwas zu Lasten einer vollständig rückstandsfreien Ablösbarkeit. Der Ablöseprozess benötigte in einem Leitungswasserbad bei Raumtemperatur 24 Stunden, zudem war geringfügiger Einsatz von Werkzeug nötig. Im Vergleich dazu brauchen herkömmliche Stützpolymere wie Butenediol Vinyl Alkohol Copolymer (BVOH) nur etwa 4 bis 6 Stunden zur Auflösung. Um die Ablösezeit ihres entwickelten Compounds weiter zu verkürzen, testeten die Forschenden erfolgreich die Option, das Bauteil in einem haushaltsüblichen Geschirrspüler zu spülen. Da das neue Polymer auf den Hobbybereich zielt, ist diese Methode in der Praxis gut umsetzbar, wäre aber auch mit einem vollständigen Verbleib der Stützpolymere im Abwasser verbunden.

Noch ist das bioabbaubare Stützpolymer nicht marktreif. Es bedarf insbesondere noch Verbesserungen bei der Ablösbarkeit und -dauer sowie der Kombinationsfähigkeit mit weiteren 3D-Druckmaterialien.

Das IKT-Team sucht aktuell interessierte Industriepartner, um den Ansatz gemeinsam weiter zu entwickeln. Die Universität Stuttgart hat bereits ein Patent auf 3D-Druck-Supportmaterial aus PHBV, Salz und weiteren Polymeren, Weichmachern und Hilfsmitteln angemeldet.

Das Vorhaben Aqua Loes wurde vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über den Projektträger Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) gefördert. Der Abschlussbericht steht in der FNR-Projektdatenbank unter dem Förderkennzeichen 22039518 zur Verfügung.

Was ist PHBV?

Der Biokunststoff Polyhydroxybutyrat-co-valerat (PHBV) wird biotechnologisch gewonnen: Bestimmte Bakterienstämme produzieren aus pflanzlichen Rohstoffen wie Zucker oder Stärke oder aus Rest- und Abfallstoffen PHBV als Speicherstoff. Dieses kann direkt aus den Bakterien extrahiert werden. Noch im Forschungsstadium befindet sich der Ansatz, genetisch veränderte Cyanobakterien zur PHBV-Produktion zu nutzen. Dies hätte den Vorteil, dass keine Anbauflächen erforderlich wären, denn Cyanobakterien ernähren sich von Wasser, CO2 und Sonnenlicht.

Quelle: IKT, FNR

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