Portraitfoto Guido Frohnhaus vor einer Spritzgießmaschine

Guido Frohnhaus, Geschäftsführer Technik bei Arburg (Bild: Arburg)

Was würde aus Ihrer Sicht das PFAS-Verbot für die Kunststoffindustrie bedeuten?

Guido Frohnhaus: Das PFAS-Verbot würde sich sehr stark auf die gesamte Kunststoffindustrie auswirken. Betroffen wären alle: von den Material- über die Produkt- und Komponenten- bis hin zu den Maschinenherstellern. Bei den Kunststoffverarbeitungsmaschinen geht es beispielsweise um Dichtungen, Gleit- und Kugellager, Linearführungen und Schmierstoffe. Daher kann das Verbot für alle Maschinenbauer in Europa zu einem brisanten und teuren Problem werden, das nicht im Handumdrehen gelöst werden kann. Und da es sich auf Europa bezieht, trägt es auch nicht zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit bei.

In Kunststoffverarbeitungsmaschinen werden Komponenten aus Fluorpolymeren eingesetzt. Könnten Sie diese bei einem möglichen PFAS-Verbot durch Komponenten aus alternativen Werkstoffen ersetzen?

Frohnhaus: Die Gruppe der PFAS beinhaltet rund 10.000 chemische Elemente und Verbindungen, aus denen Kunststoffe wie PTFE entstehen. Diese lassen sich nicht einfach schnell mal durch alternative Werkstoffe ersetzen. Im Hinblick auf deren besonderen Eigenschaften wie Chemikalien- und Hitzebeständigkeit, geringe Reibungswiderstände und hoher Verschleißwiderstand ist die Auswahl und der Einsatz von Alternativen eine große Herausforderung für alle Beteiligten. Neue Werkstoffe müssen im Vorfeld sehr intensiv und lange getestet werden, damit sichergestellt ist, dass es in Sachen Qualität keine Einbußen gibt.

Wir beschäftigen uns mit diesem Thema bereits seit einiger Zeit sehr intensiv und rüsten zum Beispiel unsere Versuchs- und Analysemöglichkeiten auf, um alternative Werkstoffe frühestmöglich testen zu können. Insbesondere für die Themen Dichtungen und Schmierstoffe haben wir eine Taskforce installiert, sind in engem Austausch mit unseren Dichtungslieferanten und holen dabei auch unsere Schmierstofflieferanten mit ins Boot.

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Was Sie über PFAS wissen müssen

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Fluorpolymere und weitere fluorhaltige Substanzen sollen verboten werden. Eine ihrer herausragenden Eigenschaften – die Beständigkeit – könnte ihr Verbot bedeuten. Für Sie haben wir das Thema PFAS aus verschiedenen Blickwinkeln während der Widerspruchsfrist beleuchtet und halten Sie künftig zu PFAS-Alternativen auf dem Laufenden. Alles, was Sie zum Thema wissen sollten, erfahren Sie hier.

Engagieren Sie sich an dem Einspruchsverfahren?

Frohnhaus: Wie bereits angesprochen beschäftigen wir uns zusammen mit unseren Partnern sehr intensiv mit dem Thema und sind auch in engem Austausch mit dem Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) und auch mit dem Verband der Europäischen chemischen Industrie (CEFIC). Aus unserer Sicht ist es wichtig, dass es Einsprüche auf allen Ebenen gibt, um deutlich und nachhaltig auf die Tragweite eines solchen Verbots aufmerksam zu machen. Stand Mitte Juni haben wir noch nicht final festgelegt, in welcher Art und Weise wir uns engagieren – aber wir werden auf jeden Fall aktiv!

Dass wir uns als Gesellschaft und Industrie mit den Thema PFAS beziehungsweise Ewigkeitschemikalien auseinandersetzen müssen, ist klar und steht nicht zur Diskussion. Sogenannte Ewigkeitschemikalien sind zum Beispiel auch in Make-up, Kleidung, Backpapier und Pfannen zu finden – also in Verbrauchsgütern, die noch sehr viel dichter mit dem menschlichen Körper oder Nahrungsmitteln in Berührung kommen oder als Abfall millionenfach in der Umwelt landen. Meines Erachtens müsste man hier primär ansetzen, Industrieprodukte könnten dann im zweiten oder dritten Schritt betrachtet werden.

Generell gilt es einen Plan und Strategien zu entwickeln, die mittelfristig und nachhaltig wirken, und nicht einen Schnellschuss umzusetzen, der besonderes der europäischen Industrie auf die Füße fällt.

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