Mann mit braunen Haaren und Brille in weißem Hemd und schwarzem Sakko

Carsten Großmann – Senior Expert Material- und Schadensanalyse am Kunststoff-Institut Lüdenscheid (Bild: Kunststoff-Institut Lüdenscheid)

Welche Analyseverfahren kommen aktuell zum Einsatz um PFAS nachzuweisen?

Carsten Großmann: Um diese Frage beantworten zu können, ist es wichtig, sich zunächst mit der Definition „PFAS“ auseinanderzusetzen: Bei PFAS handelt es sich um organische, fluorierte Verbindungen. Organische Verbindungen sind dadurch charakterisiert, dass eine Kohlenstoffkette zugegen ist, an denen Wasserstoffatome chemisch gebunden sind. Vor dem Kontext „PFAS“ werden entweder ein paar oder sämtliche Wasserstoffe durch Fluor ausgetauscht. Werden alle Wasserstoffatome durch Fluor ersetzt, so spricht man in der Chemie von „perfluorierten Verbindungen“; werden die Wasserstoffatome nur teilweise ersetzt, greift die Definition einer „polyfluorierten Verbindung“. Die Kohlenstoff-Fluor-Bindung ist extrem stabil und nur sehr schwer wieder aufzuspalten. Dies ist einer der Gründe für die große technische Bedeutung der Substanzklasse PFAS.
Einmal synthetisiert verbleiben diese Substanzen jedoch in der Umwelt und reichern sich an den verschiedensten Stellen der biologischen Wertschöpfungskette an. Dieser Umstand ist sehr wenig erstrebenswert, weswegen die Verbindungen derzeit allgegenwärtig diskutiert werden.
Die Anzahl der „Familienmitglieder der PFAS-Gruppe“ sprengt die Zehntausendermarke bei weitem, was praktisch bedeutet, dass es eine schier unvorstellbare Vielfalt dieser Substanzen gibt, die erstens analytisch sicher identifiziert werden müssen und weiterhin auch noch hinsichtlich der entsprechenden Konzentration sicher einzuschätzen sind. Da spielen Sie in der analytischen Champions League: Sehr empfindliche Analyseverfahren und teils sehr komplexe Probenvorbereitungsroutinen sind notwendig, um Qualifizierungs- und Quantifizierungsaufgaben zu lösen. Das Kunststoff-Institut Lüdenscheid verfügt einerseits über ein umfassendes Netzwerk und kompetente Partner, um die Anforderungen an eine zuverlässige Qualifizierung und eine Quantifizierung im Rahmen niedriger Nachweisgrenzen zu realisieren. Inhouse ist eine schnelle Vorabeinschätzung im Hinblick auf das grundsätzliche Vorhandensein von chemischen Kohlenstoff-Fluor-Bindungen möglich. Diese Analysen leisten einen Beitrag zu einer Vorabeinschätzung, bevor die Probe in den PFAS-Analysenloop im Champions-League-Spiel eingeschleust wird.

PFAScon 2024 in Lüdenscheid erleben

PFAS-Verbot: Fachtagung PFAScon 2024 in Lüdenscheid
(Bild: Dalle 3 / OpenAI)

Am 14. März 2024 öffnet das Kunststoff-Institut Lüdenscheid seine Türen für einen Fokustag rund um das Thema der per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) und der aktuellen Situation in Bezug auf den ECHA-Beschränkungsvorschlag. Die PFAScon 2024 wird als neues interaktives Format vor Ort in Lüdenscheid stattfinden aber auch in eingeschränktem Umfang online angeboten. Die Veranstaltung thematisiert die aktuelle Situation und verspricht eine facettenreiche Auseinandersetzung mit den Auswirkungen des möglichen Verbots auf die Kunststoffproduktion und beteiligte Wirtschaftszweige. Der PLASTVERARBEITER ist hierbei Medienpartner.

Informationen, wie das ausführliche Rahmenprogramm der Veranstaltung, sowie die Möglichkeit zur Anmeldung, finden Sie hier.

Sie möchten in Ihrem Vortrag die Kartographierung der Analysenlandschaft erläutern. Was verstehen Sie darunter?

Großmann: Wie eingangs erwähnt ist es sehr wichtig, das analytische Terrain, auf dem man sich bewegt, bestmöglich zu kennen. Nur somit können Pfade beschritten werden, die eine zuverlässige und sichere Abschätzung ermöglichen. Die „Kartographierung der Analysenlandschaft“ dient im aktuellen Vortrag gleichsam als Metapher und Leitbild: Durch eine leichtverständliche Beschreibung der analytischen Möglichkeiten und Grenzen sollen die Zuhörerinnen und Zuhörer des Vortrags eine „Landkarte“ bekommen, die das analytische Terrain skizziert und einfach beschreibt, welche Voraussetzungen notwendig sind, um das Gebiet bewandern zu können. Eben genauso wie eine Wanderkarte in den Alpen der Wanderin oder dem Wanderer Routen sowie das benötigte alpine Equipment auf einen Blick offenbart.

Was sollten zukünftige Analyseverfahren leisten können?

Großmann: Abseits der allgemeinen Anforderungen hinsichtlich Robustheit, der statistischen Sicherheit, Zuverlässigkeit und Richtigkeit, die an jede Analysemethode kommuniziert werden, ist eine besondere Anforderung in der Komplexität sowohl der Analyten durch ihre schiere Anzahl, sowie auch durch die Proben in den jeweiligen Anwendungsfeldern gegeben. Zukünftige Analysenmethoden sollten also in der Lage sein, durch die notwendigen Schritte der Probenaufarbeitung eine Vielzahl unterschiedlicher Matrices untersuchbar zu machen und gleichzeitig im Hinblick auf die geforderten Analyten in der Lage sein, korrekte und verlässliche Aussagen im Hinblick auf Qualifizierung und Quantifizierung der Analyten zu treffen.

Was Sie über PFAS wissen müssen

Übersichtsgrafik zu PFAS.
Wissenswertes zu PFAS finden Sie in unserem Übersichtsartikel. (Bild: Francesco Scatena – Stock.adobe.com)

Fluorpolymere und weitere fluorhaltige Substanzen sollen verboten werden. Eine ihrer herausragenden Eigenschaften – die Beständigkeit – könnte ihr Verbot bedeuten. Für Sie haben wir das Thema PFAS aus verschiedenen Blickwinkeln während der Widerspruchsfrist beleuchtet und halten Sie künftig zu PFAS-Alternativen auf dem Laufenden. Alles, was Sie zum Thema wissen sollten, erfahren Sie hier.

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Kunststoff-Institut Lüdenscheid für die mittelständische Wirtschaft NRW GmbH K.I.M.W.

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