Herr Stolze, stellen Sie sich bitte unseren Lesern vor.
Mein Name ist Justin Stolze, ich bin 23 Jahre alt, komme gebürtig aus der Nähe von Trier und studiere an der Hochschule Fulda Lebensmitteltechnologie im 6. Semester. Neben meinem Studium habe ich mich bis zu diesem Semester als Vorstand im Fachschaftsrat Lebensmitteltechnologie engagiert, wobei ich das Amt aufgrund der anstehenden Praxisphase nun an die jüngeren Semester abgegeben habe.
Sie studieren Lebensmitteltechnologie. Ein Modul des Studiums hat die Haltbarmachung und Verpackung zum Thema. Welche Verpackungsmaterialien werden derzeit favorisiert?
Stolze: Die Antwort darauf ist gar nicht so einfach, wie man vielleicht denkt. Die Verpackung muss selbstverständlich in jedem Fall auf das zu verpackende Produkt abgestimmt werden, weil die Haltbarkeit des Lebensmittels von sehr unterschiedlichen Faktoren abhängig ist. Nimmt man zum Beispiel Fleisch, spielt unter anderem die Sauerstoffkonzentration in der Verpackung eine große Rolle, da Sauerstoff zu einer bräunlichen Verfärbung des Myoglobins im Fleisch führen kann. Sieht man als Kunde im Laden eine Packung Fleisch, die bräunlich verfärbt ist, kauft man natürlich eine andere! Bestimmte Verpackungsarten haben sich als besonders geeignet für die entsprechenden Lebensmittel hervorgetan, wobei die Verpackung natürlich nur ein Teil der Lösung ist. Momentan sehr relevant sind zum Beispiel aktive Verpackungskonzepte, wie zum Beispiel Sauerstoffscavenger, welche den freien Sauerstoff in der Verpackung binden, oder Materialien, die überschüssige Feuchtigkeit absorbieren können. Das kennt man zum Beispiel von den kleinen Silikattütchen, die manchmal bei bestimmten Produkten beiliegen die nicht feucht werden dürfen, es gibt aber auch Konzepte, bei denen eine Scavengerschicht in Verbundverpackungen aus Kunststoff integriert wird. Beide Konzepte tragen unabhängig von der gewählten Verpackung zur Haltbarkeit des Lebensmittels bei.
Kunststoffverpackungen erhöhen die Haltbarkeit von Lebensmitteln. Wird dies bei der Auswahl der Verpackung für ein Lebensmittel berücksichtigt?
Stolze: Auf jeden Fall. Kunststoffverpackungen sind, trotz der wachsenden Bedenken bezüglich Recyclingfähigkeit, in vielen Fällen immer noch das favorisierte Verpackungsmaterial, da es im Vergleich zu beispielsweise Glas, Papier/Pappe oder Metall sehr viele Vorteile bietet. Meiner Meinung nach sollte vermehrt darauf geachtet werden, die Menge an benötigtem Verpackungsmaterial zu reduzieren, anstatt Kunststoffverpackungen ohne ausreichende Abwägung der Vor- und Nachteile durch beispielsweise Papierverpackungen zu ersetzen.
Welche Verpackungen bevorzugen Sie bei Ihrem Einkauf von Lebensmitteln?
Stolze: Auch hier kommt es natürlich auf das Produkt an. Wenn es Sinn macht bevorzuge ich Papier- oder Pappverpackungen, da diese sich im Gegensatz zu Kunststoff besser recyclen lassen und durch ein meist geringes Eigengewicht gut transportierbar sind. Da muss man als Student ohne eigenes Auto natürlich drauf achten! In vielen Fällen lassen sich Kunststoffverpackungen jedoch einfach nicht ersetzen, da kaufe ich dann eben auch Lebensmittel in Kunststoffverpackungen.
Fühlen Sie sich in Bezug auf das Recycling von Kunststoffverpackungsabfällen ausreichend informiert?
Einerseits Ja, andererseits Nein. Die rechtlichen Aspekte der Abfallwirtschaft von Verpackungen wurden uns vorgestellt, über die genaue technische Umsetzung des Recyclings von Kunststoff wurde allerdings nur sehr wenig berichtet, wobei dies sehr wahrscheinlich auch den Rahmen des Moduls gesprengt hätte. Persönlich denke ich, dass dieser Aspekt in anderen Studiengängen vielleicht besser aufgehoben ist, die sich speziell mit Abfallwirtschaft beschäftigen. Cool wäre auch die Möglichkeit, sich in unserem Studium vielleicht mehr in diese Richtung zu spezialisieren, mein Fokus liegt allerdings in anderen Bereichen.
Kunststoffrecycling: Der große Überblick
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Welche Art von Verpackungen wünschen Sie sich aus Sicht des Lebensmitteltechnologen?
Stolze: Ich denke, dies kann man aus verschiedenen Perspektiven betrachten, da man als Lebensmitteltechnologe Einfluss auf verschiedene Bereiche der Wertschöpfungskette von Lebensmitteln hat. Aus rein technologischer Sicht wünsche ich mir beispielsweise Verpackungen mit möglichst geringer Gasdurchlässigkeit, welche die von mir produzierten Produkte sehr lange frisch halten. Betrachtet man das Thema aus ökonomischer Sicht, ständen möglichst geringe Produktionskosten und ein geringes Gewicht im Fokus, um die Transportkosten gering zu halten. Aus Sicht der Nachhaltigkeit, welche erfreulicherweise in letzter Zeit eine immer wichtigere Rolle spielt, ist unter anderem natürlich die Recyclingfähigkeit und die für die Herstellung benötigte Energie sehr relevant.
Eine Verpackung, die diese Aspekte vereint, wäre dementsprechend sehr wünschenswert. Meiner Meinung nach sind Kunststoffverpackungen trotz aller Kritik aus ökonomischer und technologischer Sicht wahrscheinlich die passendste Wahl. Mit weiterer Forschung lässt sich hoffentlich aus der ökologische Aspekt bedienen, zum Beispiel durch Kunststoffe, die aus Stärke hergestellt werden. Auf diesem Gebiet gibt es sogar schon erste Erfolge!
Wie könnte Ihrer Meinung nach die Verpackung der Zukunft aussehen?
Stolze: Die Vorstellung, den Kunststoff vollkommen aus der Verpackungsindustrie zu verbannen, ist meiner Meinung nach einfach unrealistisch. Wie bereits erwähnt lassen mich die kürzlichen Erfolge bezüglich Kunststoffen aus nachhaltigen/erneuerbaren Quellen hoffen, dass eine Lösung gefunden werden kann, die die größten Nachteile von Kunststoff, wie die mangelhafte biologische Abbaubarkeit und die Herstellung aus fossilen Brennstoffen ausgleichen kann. Außerdem denke ich, dass die bereits beschriebenen aktiven Verpackungskonzepte auch in Zukunft eine immer wichtigere Rolle spielen werden, da hier je nach Konzept einiges an Verpackungsmaterial eingespart werden kann. Die Vermeidung von unnötig anfallendem Abfall bleibt natürlich oberste Priorität.
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