Möbeldübel, kleine, weiße Kunststoffteile

Die Möbeldübel aus PA 6.6 werden in den speziell entwickelten Transportbehältern konditioniert. (Bild: Redaktion)

Um diese Mengen mit den vorhandenen 29 Spritzgießmaschinen herzustellen, arbeitet die Firma Tecnoplast mit Sitz in Höchst an sieben Tagen pro Woche in vier Schichten. Die Maschinen von Engel, Fanuc und Wittmann kommen mit Schließkräfte von 50 bis 300 t aus. Die Massenkleinteile, die in 16, 32 und 64-kavitätigen Werkzeugen mit Heißkanal über Unterverteiler hergestellt werden, sind werkzeugfallend. Sind rechte und linke Teile notwendig, so werden diese in Etagenwerkzeugen hergestellt, sodass diese sicher sortenrein im richtigen Transportbehälter fallen.

Die eingesetzten Stapelboxen sind grau, sodass sie sich beim ersten Blick nicht von allen anderen Kisten unterscheiden. Beim zweiten Blick jedoch, erkennt man Löcher und diverse Stege. Hierzu erklärt Frank Böhler, Projektleiter und Partner der Tecnoplast: „Viele der von uns hergestellten Möbeldübel werden aus PA 6.6 gefertigt, das konditioniert werden muss, um die Schlagzähigkeit des Werkstoffs zu erhöhen. Diese ist bei diesen Teilen, die mit einer Geschwindigkeit von 2 G montiert werden, besonders wichtig. Damit die Teile nicht noch einmal umgefüllt werden müssen, stellt uns unser Kunde diese speziell entwickelten Umlaufkisten zur Verfügung, sodass die auf die Palette gestapelte Ware, so wie sie ist in die Kammer geschoben werden kann.“ Um beim Rücktransport Volumen zu sparen, können die Transportbehälter um 180° gedreht ineinandergestapelt werden, sodass die Stapelhöhe halbiert wird.

Kaum Produktionsabfall

Förderband mit Angüssen, die in die Mühle gefördert werden und von dort ins Dosiergerät auf der Spritzgießmaschine
Die Angüsse werden direkt an der Maschine zerkleinert und der Neuware zugemischt. (Bild: Redaktion)

Was in dieser Spritzgießfertigung auffällt, ist, dass bei allen Produkten beim Entformen das Auswerfen so erfolgt, dass Teile und Angüsse voneinander getrennt werden. Und das hat seinen guten Grund, denn die Angüsse werden unmittelbar in den Prozess zurückgeführt. „Das werkstoffliche Recycling ist bei uns oberstes Gebot, da es die hergestellten Produkte erlauben“, wie der passionierte Kunststofftechniker Böhler ausführt. Ein Förderband führt die Angüsse der Mühle zu und von dort geht das Mahlgut direkt in das Dosieraggregat auf der Maschine zurück. An dessen Schauglas ist deutlich zu erkennen, dass der Neuware Mahlgut beigemischt ist. Die Ergebnisse der permanent begleitend durchgeführten Qualitätsprüfungen geben diesem Vorgehen recht, denn die engen Maßtoleranzen werden eingehalten. „Die Qualitätsanforderungen an die Bauteile sind sehr hoch. Häufig wird ein Bauteil mit verschiedenen Lehren geprüft. Die Kleinteile werden in der Möbelproduktion vollautomatisiert zugeführt und zu Baugruppen wie Führungsschienen montiert werden, da darf nichts verhaken oder verklemmen“, berichtet Böhler.

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Die Bohrungen in den Wippen müssen maßhaltig sein, damit deren automatische Montage störungsfrei funktioniert.
Die Bohrungen in den Wippen müssen maßhaltig sein, damit deren automatische Montage störungsfrei funktioniert. (Bild: Redaktion)

Doch das werkstoffliche Recycling ist in Höchst nur ein Punkt, um das Unternehmen nachhaltiger zu machen. In den letzten 2 Jahren hat der Kunststoffverarbeiter rund 4 Mio. Euro in neue, energieeffiziente, vollelektrische Spritzgießmaschinen und die Infrastruktur der Produktion investiert. So wurde beispielsweise die Spritzgießfertigung klimatisiert und in diesem Zuge die Kaltwasseraufbereitung erneuert. Diese Maßnahme sorgt nun dafür, dass der Kunststoffverarbeiter für die Wasseraufbereitung rund 40 % weniger Energie benötigt. Weiterhin wurde in energieeffiziente Vakuumpumpen für die zentrale Materialversorgung investiert. Die Spritzgießmaschinen sind über ein MDS (Maschinendatenerfassungssystem) miteinander verbunden, in welchem über das ERP-System digital übermittelte Aufträge direkt mittels drag and drop in das PPS (Produktionsplanungssystem) eingespielt werden. Lediglich das Masterbatch wird noch an den Maschinen zugeführt. Um die interne Materiallogistik zu vereinfachen und die Mitarbeiter zu entlasten, wurden die Oktabins mit dem Neuwarengranulat in der Nähe des Wareneingangs platziert. „Dies hat die Förderwege nur geringfügig verlängert, sorgt aber für mehr Platz in der Produktion und verringert den Handlingsaufwand“, sagt Frank Böhler.

Kunststoffrecycling: Der große Überblick

Mann mit Kreislaufsymbol auf dem T-Shirt
(Bild: Bits and Splits - stock.adobe.com)

Sie wollen alles zum Thema Kunststoffrecycling wissen? Klar ist, Nachhaltigkeit hört nicht beim eigentlichen Produkt auf: Es gilt Produkte entsprechend ihrer Materialausprägung wiederzuverwerten und Kreisläufe zu schließen. Doch welche Verfahren beim Recycling von Kunststoffen sind überhaupt im Einsatz? Gibt es Grenzen bei der Wiederverwertung? Und was ist eigentlich Down- und Upcycling? Alles was man dazu wissen sollte, erfahren Sie hier.

Einfacher Tausch

Formeinsatz aus Metall in einer Kunststoffkiste
Die Formeinsätze und das Auswerferpaket werden in einer speziell entwickelten Verpackung gelagert. (Bild: Redaktion)

Erfahrung und Wissen steckt in einem selbst entwickelten Werkzeugsystem mit in der Spritzgießmaschine auswechselbaren Formeinsätzen, die samt Auswerferpaket schnell umgerüstet werden können. Diese setzt Tecnoplast seit vielen Jahren bei 2- bis 8-fachen Werkzeugen ein. Durch diesen Aufbau werden die Formkosten reduziert, denn der Basisaufbau ist bereits vorhanden. Für eine einfache, verkantungsfreie Montage sorgt eine leichte „Entformungsschräge“ an den seitlichen Kanten des Einsatzes, sodass ein schneller Wechsel möglich ist. Dass sich dieser Werkzeugaufbau bewährt, zeigt die hohe Zahl von 300 der 500 aktiven Werkzeuge des Unternehmens, die mit dieser Technik ausgestattet sind. Der eigene Werkzeugbau wurde bereits im Jahr 2009 aufgegeben, da sich die erforderliche Investition in neue Werkzeugmaschinen nicht wirtschaftlich abbilden ließ.

Da sich, vor allem bei kleinen Stückzahlen, eine Automatisation der Platzierung von Einlegeteilen nicht rechnet, die Lohnkosten in Österreich für diese manuelle Tätigkeit zu hoch sind, hat das Unternehmen seit 2006 mit slowakischen Partnern zusammengearbeitet und 2021 ein Tochterunternehmen mit Sitz in Trstice gegründet. Dort fertigen derzeit 10 Mitarbeiter auf weiteren 15 Spritzgießmaschinen Kleinserien von 2K-, Kunststoff-Metall- sowie TPE-Bauteilen. Mit den langjährigen Partnern werden weiterhin die im Metallspritzguss (MIM) hergestellten Komponenten und Baugruppen wärmebehandelt und auch zerspanend nachbearbeitet.

Dieses Verfahren wird beispielsweise für die Produktion von Verriegelungen eingesetzt, die für die Funktionsprüfung der zahlreichen Stecker an Kabelbäumen für die Automobilindustrie benötigt werden. „Hierbei handelt es sich um relativ kleine, filigrane Bauteile, aus mehreren Komponenten, die zuvor aus dem Vollen gefräst wurden. Mit dieser Technologie werden 20 bis 30 % Kosten eingespart“, sagt Böhler. Das nichtrostende Material wird in Form von Pulver in POM eingebettet und wird dadurch spritzgießbar. Um ein metallisches Bauteil zu erhalten, wird der erzeugte Grünling vom Polymer entbindert und gesintert. „Der Werkstoff ist sehr abrasiv, sodass nach 200.000 bis 300.000 Schuss der Formeinsatz erneuert werden muss. Die Beständigkeit des MIM-Bauteils ist jedoch 4-mal höher, als die des gefrästen Bauteils, sodass sich dennoch ein erheblicher Kostenvorteil für den Anwender ergibt“, führt der Projektleiter aus.

Mit Metall gefülltes Granulat – Grünling – Fertigteil, entbindert und gesintert. Die Fertigteile können in einer Toleranzbreite von +/- 0,3 bis 0,5 % vom Nennmaß ohne Nachbearbeitung hergestellt werden.
Mit Metall gefülltes Granulat – Grünling – Fertigteil, entbindert und gesintert. Die Fertigteile können in einer Toleranzbreite von +/- 0,3 bis 0,5 % vom Nennmaß ohne Nachbearbeitung hergestellt werden. (Bild: Redaktion)

Nachwuchs ein wichtiges Thema

Kunstwerk Frau mit blonden Haaren
Das Kunstwerk wurde von Schülern der Mittelschule Höchst aus Granulat angefertigt. (Bild: Redaktion)

Frank Böhler ist sozusagen im väterlichen Spritzgussbetrieb aufgewachsen. Mit 9 Jahren hatte er die erste Begegnung mit dem Wertstoff Kunststoff und er brennt seitdem regelrecht dafür. Der studierte Kunststofftechniker setzt sich seit Jahren für die Ausbildung von jungen Menschen zum Kunststoffformgeber ein und ist als Innungsmeister in der Branche engagiert. Derzeit werden beim Höchster Unternehmen 4 junge Männer zum Kunststoffformgeber ausgebildet, einer im ersten, einer im zweiten und einer im dritten Lehrjahr. „Ich kann nicht über Fachkräftemangel klagen, wenn ich keine jungen Menschen zu Fachkräften ausbilde“, so Böhlers Einstellung zu diesem Thema. Das Unternehmen hat in seiner langjährigen Geschichte mehr als 40 junge Menschen zu Kunststoffformgebern ausgebildet und weitere sollen folgen. Doch nicht nur im eigenen Haus bringt Tecnoplast junge Menschen mit Kunststoff in Berührungen. So wurde beispielsweise mit der Mittelschule Höchst ein Kunstprojekt umgesetzt. Der Kunststoffverarbeiter stellte den Schülern Granulat zur Verfügung, das die Schüler zu Kunstwerken verarbeiteten. Das Kunstprojekt verfolgte das Ziel, die Schüler mit dem Werkstoff Kunststoff in Kontakt zu bringen und zu zeigen, dass es sich um ein Material mit Mehrwert handelt. Drei der entstandenen Kunstwerke hängen in den Räumlichkeiten des Kunststoffverarbeiters. Sie erhalten auf diese Weise ein entsprechendes Publikum und die Leistung der Schüler wird wertgeschätzt.

Frank Böhler hat neben den Maschinen in seiner Produktion auch die Kunststoffbranche im Blick. Mann vor gründer Spritzgießmaschine.
Frank Böhler hat neben den Maschinen in seiner Produktion auch die Kunststoffbranche im Blick. (Bild: Redaktion)

Frank Böhler hat im Rahmen einer von langer Hand vorbereiteten Nachfolgeregelung zum 1. September 2023 51 % seiner Firmenanteile an seinen langjährigen Geschäftsführer Daniel Zerlauth übergeben. Ende 2025 wird er das Unternehmen verlassen und Zerlauth die weiteren Anteile übernehmen. „Ich bin Techniker durch und durch und hab nicht immer alle Entscheidungen nach kaufmännischen Gesichtspunkten getroffen und das war gut so“, resümiert er seine 33 Jahre als Firmeninhaber. Er will auch nach seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen die ihm so wichtige Kunststoffbranche unterstützen, um deren in Mitleidenschaft gezogene Ansehen wieder aufzubessern.

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