Portraitfoto Joachim Oberbauer

Joachim Oberbauer, Vertriebsleiter Folienextrusion bei Hosokawa Alpine, im VDMA Interview. (Bild: Hosokawa Alpine)

Herr Oberbauer, welchen Beitrag leistet Ihr Unternehmen zur Kreislaufwirtschaft?
Joachim Oberbauer: Wir sind der Pionier der MDO-Technologie in der Blasfolienwelt. Sie basiert auf monoaxialem Folienrecken und eröffnet die Möglichkeit, Eigenschaften des Endprodukts zu verbessern. Mit der Weiterentwicklung der MDO-Technologie ist es uns gelungen, einen wesentlichen Schritt für die Herstellung nachhaltiger Verpackungen aus Blasfolie zu tun. Mit dieser Weiterentwicklung sind so genannte Full-PE-Lösungen oder Monomateriallösungen möglich geworden. Damit trägt diese Technologie maßgeblich zu Recycelbarkeit von Kunststoffen bei.

Wie funktioniert das?
Oberbauer: Full-PE-Lösungen sind im Bereich Blasfolien heute das Thema. Diese Folien bestehen idealerweise nur aus einem Rohstoff, nämlich aus Polyethylen. Die Blasfolienwelt kann mithilfe unserer MDO-Technologie Verpackungen herstellen, die zum Beispiel Materialien wie PET ersetzen können. Ein ganz normaler Standbeutel, den man tausendfach in jedem Supermarkt sieht, besteht typischerweise aus verschiedenen Kunststoffen. Zum Beispiel PET, das laminiert ist gegen eine Innenschicht aus PE-Blasfolie. Solch ein Verbund ist nicht recycelfähig. Diese PET- und Polyethylen-Verbunde kann man zwar zerkleinern, aber man kann sie nicht mehr in gleichwertigen Anwendungen einsetzen. Durch den Einsatz der MDO-Technologie kann man zum Beispiel das PET durch Polyethylen ersetzen. Die Blasfolie wird noch einmal gereckt, wodurch man sie mechanisch und optisch verändern kann. Die PE-Folie erhält dadurch verbesserte Eigenschaften, die früher zum Beispiel durch die PET-Folie abgedeckt wurden. Damit lässt sich ein Produkt nur aus Polyethylen herstellen. Ein solches Monomaterial-Produkt lässt sich recyceln und kann wieder für die Herstellung von Folie genutzt werden.

Die Way2K-Interviewreihe:

Hand mit Recyclingzeichen in der Hand
(Bild: Ourteam - stock.adobe.com)

Bis zur K-Messe 2022 sind es zwar noch einige Monate, nichtsdestotrotz können Sie die verbleibende Zeit investieren und einen Blick in die bisherigen Interviews aus der Way2K-Reihe des VDMA werfen. Hier gelangen Sie zur Übersicht.

Nimmt die Nachfrage nach solchen Lösungen zu?
Oberbauer: Diese MDO-Technologie, die als Ergänzung zur Blasfolienanlage eine Full-PE-Lösung ermöglicht, kommt immer mehr auf den Markt. Sie gewinnt in der Kreislaufwirtschaft mehr und mehr an Bedeutung. Bei uns geht es mittlerweile in sehr vielen Projekten um den Einsatz der MDO-Technologie. Es zahlt sich jetzt aus, dass wir uns schon seit langem mit dieser Technologie beschäftigt und sie perfektioniert haben, auch als die Kreislaufwirtschaft noch gar nicht in aller Munde war. Das Potenzial ist groß. Letztendlich hängt es aber von den politischen Strömungen, dem gesellschaftlichen Druck und der Verfügbarkeit guten Materials ab. Wir können die Welt alleine nicht ändern. Wir können nur maschinenbautechnisch Produkte anbieten, die das alles auch bewerkstelligen können. Da sehen wir uns in der Pflicht.

Wo sehen Sie beim Einsatz von Rezyklaten maschinenbauseitig Herausforderungen?
Oberbauer: Die Integration von Rezyklaten in neue Produkte ist eine große Herausforderung, wenn man am Ende wieder qualitativ hochwertige Neuprodukte haben will. Entscheidend ist die Reinheit des Granulats. Jeder Störstoff in diesem Granulat ist besonders bei den dünnen Folien von 20 bis 30 µm, die wir mit unseren Anlagen herstellen, ein mögliches Problem. Die Qualität des Rezyklats ist nicht immer gegeben. Oft weiß man auch als Käufer, als Folienhersteller, nicht genau, was man bekommt. Wenn wir als Maschinenbauer wissen, dass ein Kunde Rezyklate einsetzt, dann legen wir unsere Maschinen entsprechend aus. Wenn das Eingangsmaterial nicht rein ist, dann sind das alles Mögliche Störgrößen für die Produktion, für die mechanischen Eigenschaften und die Qualität des Produkts. Unsere Komponenten sind jedoch optimal aufeinander abgestimmt und wir können sie so auslegen, dass sie mit diesen Materialschwankungen sehr gut zurechtkommen.

Kunststoffrecycling: Der große Überblick

Mann mit Kreislaufsymbol auf dem T-Shirt
(Bild: Bits and Splits - stock.adobe.com)

Sie wollen alles zum Thema Kunststoffrecycling wissen? Klar ist, Nachhaltigkeit hört nicht beim eigentlichen Produkt auf: Es gilt Produkte entsprechend ihrer Materialausprägung wiederzuverwerten und Kreisläufe zu schließen. Doch welche Verfahren beim Recycling von Kunststoffen sind überhaupt im Einsatz? Gibt es Grenzen bei der Wiederverwertung? Und was ist eigentlich Down- und Upcycling? Alles was man dazu wissen sollte, erfahren Sie hier.

Wie groß ist das internationale Interesse am Einsatz von Rezyklaten?
Oberbauer: Weltweit ist die Tendenz steigend. Aber es gibt noch große regionale Unterschiede. Europa ist schon recht weit, Asien dagegen noch zurück. Aber wir sehen in Kundengesprächen weltweit, dass der Rezyklateinsatz immer häufiger gewünscht wird. Der indische Markt, zum Beispiel, ist sicher noch weniger entwickelt in dieser Hinsicht, aber dort ist es das Ziel, bis 2030 ein jährliches Wachstum im Recyclingmarkt von sieben Prozent zu erzielen. Aber auch der APAC-Raum hat ehrgeizige Ziele. Dort hat man sich zum Ziel gesetzt,
bis 2025 zum führenden Markt zu werden im Einsatz von Rezyklaten. Ich denke, es geht weltweit in die richtige Richtung.

Die Kreislaufwirtschaft ist noch jung. Was muss geschehen, damit Kunststoff in großen Mengen im Kreislauf geführt werden kann?
Oberbauer: Die Idee ist zwar jung, aber es ist bemerkenswert, wie viele Entwicklungen und auch Anwendungen es inzwischen gibt. Mittlerweile werden schon Standbodenbeutel hergestellt, die zu 80 % aus Rezyklat bestehen. Bei einfachen Tragetaschen wird schon bis zu 100 % Rezyklat eingesetzt. Alles läuft in die richtige Richtung. Noch fließt erst ein kleiner Teil des Kunststoffabfalls in die Kreislaufwirtschaft ein. Damit das mehr wird, muss an vielen Schrauben gedreht werden: Es müssen Sammelsysteme eingeführt oder verbessert werden. Die Rohstoffhersteller müssen weiterhin entsprechende Materialien entwickeln. Es müssen Produkte so designt werden, dass sie idealerweise aus einer Kunststoffklasse hergestellt werden können. Die Maschinenbauer müssen Maschinen so aufbauen und präparieren, dass sie Rezyklate gut verarbeiten können. Die großen Brands müssen Vorgaben hinsichtlich des Designs und der Wiederverwertbarkeit ihrer Verpackungen machen. Die Gesellschaft, der Endverbraucher müssen für die Sache gewonnen werden. Wir arbeiten da heute schon sehr eng mit Partnern aus der ganzen Wertschöpfungskette zusammen. Es gehören viele dazu, aber der Haupttreiber muss die Politik sein. Ohne politischen Druck, ohne Vorgaben und
auch ohne politische Anreize wird es nicht gehen.

Quelle: VDMA

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