Puzzleteile auf dem Wörter wie Gas, Öl, Preise, Effizienz, Kosten stehen.

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Gestiegene Energiekosten sowie Rohstoffpreise und deren Verfügbarkeit beeinflussen unmittelbar die Kunststoffindustrie. Das gilt für das Compoundieren von Kunststoffen, aber auch deren weiteres Verarbeiten wie dem Spritzgießen oder der Extrusion. Die noch immer volatilen Lieferketten infolge der inzwischen abflauenden Corona-Pandemie sowie die Turbulenzen auf dem Energiemarkt, verursacht durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, treiben die Transformation hin zu einer energieeffizienteren, ressourcenschonenderen Produktion voran. Insbesondere der Compoundierungsprozess ist energieintensiv – doch wie stellen sich Compoundierbetriebe dieser Herausforderung? Eine Möglichkeit besteht darin, energieeffizientere Prozesse zu implementieren, um die Kosten zu senken. Ebenso können auch alternative Rohstoffquellen oder Recyclingmaterialien sowohl Kosten als auch den CO2-Fußabdruck der eigenen Produkte reduzieren. Eine enge Zusammenarbeit mit Lieferanten und Anwendern kann auch dazu beitragen, die Verfügbarkeit von Rohstoffen und die Preisstabilität sicherzustellen. Wir wollten es genauer wissen und haben uns in der Branche umgehört: In unserer Trendabfrage gehen wir der Frage nach, wie sich die gestiegenen Energiekosten sowie die Preise für Rohstoffe und deren Verfügbarkeit auf deren Produktion auswirken.

Rohstoff- und Energieversorgung sicherstellen

Frau mit Brille und braunen Haaren. Dr. Monika Hofmann, Director EMEA bei Kraiburg TPE.
Dr. Monika Hofmann, Director EMEA bei Kraiburg TPE. (Bild: Redaktion)

Ein Unternehmen, welches sich umfassend mit der Thematik des Energiemanagements befasst, ist Kraiburg TPE. Kontinuierlich Verbesserungsmaßnahmen identifizieren und umsetzen ist hier die Zielvorgabe, wie Dr. Monika Hofmann, Director EMEA bei Kraiburg TPE, betont. „Wir sparen Energie, wo wir können. Darüber hinaus betreiben wir Energie- und Klimaprogramme. Hier stehen Einsparungen deutlich vor Kompensation, um Spielräume bestmöglich zu nutzen.“ Die Rohstoffverfügbarkeit stelle aber auch das Unternehmen aus Waldkraiburg vor globale Herausforderungen. „Intern wurden Prozesse auf den Prüfstand gestellt, um die veränderte Marktsituation bestmöglich abzufedern. Dies ist uns in vielerlei Hinsichten gelungen, zum Beispiel wurden Produktionsabläufe weiter optimiert. Im Einkauf werden Einsparungsprogramme durchgeführt, um unsere Multiple-Sourcing-Strategie kontinuierlich auszubauen. Auch die Digitalisierung wird vorangetrieben, um unsere eigene Produktionseffizienz zu steigern. Nichtsdestotrotz haben die geopolitischen Auswirkungen eine Preisanpassung an einigen Stellen unausweichlich gemacht“, wie Frau Hofmann ausführt.

Mann mit kurzen grauen Haaren. Ian Mills, Geschäftsführer, Mocom.
Ian Mills, Geschäftsführer, Mocom. (Bild: Mocom)

Den eigenen Energieverbrauch senken möchte auch Mocom. Die Hamburger entwickeln und produzieren Hochleistungskunststoffe und technische Compoundlösungen. Aus Kostensicht sei die Ressource Strom ein „großes Problem“, wie der CEO Ian Mills berichtet. Deshalb geht das Unternehmen verschiedenen Projekten nach, um den Energieverbrauch an seinen deutschen Standorten nachhaltig zu senken. Beispielhaft führt Mills hier den Austausch bestehender Transformatoren an und ergänzt zugleich: „Wir prüfen auch betriebliche Maßnahmen, um sicherzustellen, dass unsere Teams wissen, wie sie im Rahmen unseres Operational Excellence-Programms zur Senkung des Energieverbrauchs im Tagesgeschäft beitragen können. Das Unternehmen selbst erfüllt bereits die Anforderungen der Norm ISO 50001. „Im Rahmen dieser Norm haben wir Initiativen zur Energieeinsparung als Teil unseres normalen Geschäftsbetriebs ergriffen, aber wir wollen unsere Ambitionen in Bezug auf die erreichbaren Einsparungen und die Geschwindigkeit der Umsetzung erhöhen“, so Mills. Ein nicht zu unterschätzender Faktor seien auch die hohen Materialkosten. Deren Auswirkungen auf die eigenen Produkte versuche man weitestgehend gering zu halten. „Das ist nicht einfach, und die hohen Preise wirken sich unweigerlich auf die Marktnachfrage aus. In Europa ist die Wettbewerbsfähigkeit insbesondere aufgrund der hohen Energiekosten ein Problem, und wir als Industrie müssen Lösungen finden.“

Frau mit längeren braunen Haaren und Brille. Dr. Marieluise Lang,  Geschäftsführerin, Poracomp.
Dr. Marieluise Lang, Geschäftsführerin, Poracomp. (Bild: Redaktion)

Auf nachhaltigere Kunststoffcompounds hat sich Poracomp aus Schlüsselfeld fokussiert. Statt mineralischer Füllstoffe wie Talkum und Kreide werden dort sogenannte Leichtzuschlagstoffe auf Basis von Recyclingglas verwendet. Deren Geschäftsführerin Dr. Marieluise Lang sieht die Energiekosten neben den Rohstoffen als die Haupttreiber bei den eigenen Produkten. „Wir konnten aber immerhin große Teile für 2023 absichern, sodass wir bei dem Thema Energie für nächstes Jahr kalkulieren können. Die gestiegenen Rohstoffpreise sind schmerzhaft und wir müssen diese an unsere Kunden weitergeben. Die generelle Verfügbarkeit von Rohstoffen hat sich aber mittlerweile wieder gebessert. Hier hoffen wir, dass es so bleibt, haben aber für unsere Hauptrohstoffe Alternativen aufgebaut und versuchen uns breiter aufzustellen, wo es möglich ist.“

Mann mit kurzen braunen Haaren und Brille. Alexander Heinz, Anwendungstechniker bei Allod.
Alexander Heinz, Anwendungstechniker bei Allod. (Bild: Allod)

In Burgbernheim nutzt Allod, Entwicklungspartner für maßgeschneiderte thermoplastische Compounds, für seine Produktionsprozesse ausschließlich elektrische Energie. Zu einem nicht unerheblichen Teil wird der Strombedarf bereits seit drei Jahren mit auf den Werkshallen installierten Photovoltaik-Anlagen gedeckt. Eine geplante Freiflächenanlage sei bereits genehmigt, bestätigt Alexander Heinz, Anwendungstechniker bei Allod. „Die Mehrkosten durch die erhöhten Rohstoffpreise versuchen wir durch Optimierungen in den Produktionsabläufen und langfristige Planung bei der Rohstoffbeschaffung zu kompensieren.“

Wie kann die Digitalisierung helfen?

Man mit kurzen braunen Haaren und Bart. Werner Schwarz, Geschäftsführer, Aisemo.
Werner Schwarz, Geschäftsführer, Aisemo. (Bild: Aisemo)

Mit steigenden Betriebskosten und Rohstoffpreisen sieht sich auch Werner Schwarz, Geschäftsführer des Start-ups Aisemo, Weibern, Österreich, konfrontiert. „Betriebskosten und Rohstoffpreise sind stark angestiegen. Besonders Kunststoffverarbeiter mit niedrigem Digitalisierungsgrad kämpfen mit den Kostensteigerungen. Es fällt ihnen schwer, den Überblick über die Produktion und den Energieverbrauch zu behalten. Die Entscheidungsgrundlage für notwendige Optimierungen fehlt.“ Kann also die Digitalisierung der Produktion ein möglicher Hebel sein, auch hier effizienter zu sein - nicht nur im Energieverbrauch? Mit der Digitalisierungslösung Aisemo Analytics will das Unternehmen gegensteuern. Schwarz geht ins Detail: „Das System ist in kurzer Zeit installiert und startklar, um aussagekräftige Produktionsdaten zu erfassen. Die KI-analysierten Daten schaffen Transparenz über den Status jeder Maschine. Sie unterstützen Spritzgießer dabei, Einsparpotenziale aufzudecken und Lösungen zu entwickeln.“

Mann mit kurzen braunen Haaren, Bart und Brille. Enlzye-Geschäftsführer Henning Wilms.
Enlzye-Geschäftsführer Henning Wilms. (Bild: Enlyze)

Die Möglichkeiten der Digitalisierung für die Kunststoffindustrie nutzt auch Enlyze. Das Kölner Start-up hilft Industrieunternehmen, basierend auf Maschinendaten, die Produktivität des Shopfloors zu steigern. Die gestiegenen Energie- und Ressourcenkosten im Kreise der anwendenden Betriebe sei auch hier ein Thema, wie der Geschäftsführer Henning Wilms betont. „Unsere Erkenntnis dabei ist, dass eine stabile und replizierbare Produktion mit geringen Ausschussquoten gleichzeitig auch die energieeffizienteste Produktion ist.“ Mit der unternehmenseigenen IIoT-Platform für Maschinendaten sei man in der Lage, wichtige KPIs wie Ausschuss und Strom- und Gasverbrauch pro Kilogramm Gutmenge stets live zu kalkulieren und zu überwachen, so Wilms. „So lassen sich Abweichungen frühzeitig erkennen und es kann gegengesteuert werden.“ Er ergänzt: „Außerdem behalten unsere Kunden so einen Überblick, welche Produkte gerade Geld verdienen oder verlieren und wo die größten Verluste in der Fertigung sind.“

Maschinen und Prozesse effizienter auslegen

Um die schiere Vielfalt an Materialien verarbeiten zu können, braucht es auch die dafür notwendigen Maschinen. Technologisch entwickeln sich diese ständig weiter – auch hinsichtlich ihres Energieeinsparpotenzials. In unserer Trendabfrage haben wir auch maschinenbauende Unternehmen befragt, wie ihre Technologie Anwendern dazu verhilft, energieeffizienter zu produzieren. Beispiele, wie das funktionieren kann, liefert der Hersteller von Extrusionsanlagen, Bausano, Rivarolo Canavese, Italien. Mit der Digital Extruder Control und dem Smart Energy System hat man hier zwei Hebel, um den Energieverbrauch im Verarbeitungsprozess zu optimieren. Massimiliano Fenili, Technical Manager von Bausano, führt das näher aus: „Der erste besteht aus einem 4.0-Kontrollsystem, das durch die Überwachung des Verbrauchs in jeder Phase des Prozesses die Ergreifung geeigneter Effizienzmaßnahmen zur Optimierung der Leistung ermöglicht. Der zweite ist das derzeit zum Patent angemeldete Zylinder-Induktionsheizsystem, bei dem die Erwärmung berührungslos durch ein elektromagnetisches Wechselfeld erfolgt, was eine Energieeinsparung von bis zu 35 % ermöglicht.“ Damit das Endprodukt den Qualitätsansprüchen entspricht, braucht es jedoch weitere Stellschrauben. HB-Therm, St. Gallen, Schweiz, bietet mit seiner neuen Gerätegeneration Series 6 ein Werkzeug, um etwa den energieintensiven Temperierprozess beim Spritzgießen ressourcenschonender zu gestalten. Eine der wichtigsten Maßnahmen zur Senkung des Energieverbrauchs von Temperiergeräten und damit der Spritzteilproduktion insgesamt ist die Drehzahlregelung der Pumpen im Medienkreislauf. Die Thermo-6-Temperiergeräte bieten eine Direct Drive-Pumpe. Dabei verschmelzen Motor und Magnetkupplung. Die Drehmomentübertragung erfolgt von der Motorwicklung durch den Spalttopf direkt auf den Innenrotor. Im Vergleich zur Peripheralradpumpe mit Magnetkupplung weist diese Pumpe einen um bis zu 20 % höheren Wirkungsgrad auf, da aufgrund eines nichtleitenden Kunststoff-Spalttopfs die sonst typischen Wirbelstromverluste vermieden werden. Die Heizung der Geräte besteht aus Edelstahlrohren. Die Heizwendel werden um diese Rohre gewickelt und haben daher keinen direkten Kontakt mit dem Wärmeträger. Durch den indirekten Kontakt und die hohe Strömungsgeschwindigkeit entstehen weniger Ablagerungen in der Heizung. Das wirkt sich positiv auf die Wärmeverteilung und die Energieeffizienz aus. Als weiteres Rädchen im Energiemanagement der Geräte fügt sich die sogenannte Bypass-Kühlung ein. Diese regelt mittels Proportionalventil die Menge des Mediums, die den Plattenwärmetauscher durchfließt. Schädliche Druckschläge lassen sich damit verhindern. Die integrierten Kühlwasser- und Rücklauffilter schützen den Hydraulikkreis vor losen Partikeln, die zu Verstopfungen führen können.

Beim Thermomanagement spielt die Musik

Temperierlösungen bietet auch Regloplas an, ebenfalls im Schweizer St. Gallen beheimatet. Mit seinen Geräten der Emold Serie bedient das Unternehmen die wichtigen Kernthemen energieeffiziente Temperierung und Digitalisierung in der Smart Factory. Bis zu 74 % Energie lasse sich mit dieser Technologie einsparen, wie es heißt. „Punktgenaues Thermomanagement spielt eine Schlüsselrolle in der kunststoffverarbeitenden Industrie“, sagt Ralf Radke, Geschäftsbereichsleiter Temperiertechnik der Technotrans Solutions. Die Themen Energieeffizienz, Ressourcenschonung und damit auch die Reduzierung des CO2-Fußabdrucks sind auch beim Hersteller von Kühl- und Temperiertechnik mit Sitz in Meinerzhagen von Bedeutung. Das verdeutlicht etwa die drehzahlgeregelte Temperiergeräte-Serie Eco.Line. „Im Vergleich zu herkömmlicher Technologie mit ungeregelten Peripheralradpumpen ermöglichen unsere Lösungen eine jährliche Stromersparnis von bis zu 92 %“, berichtet Radke und ergänzt: „Jüngst haben wir auch eine mehrstufige Hochtemperaturwärmepumpe realisiert, die in einer Upcycling-Anwendung die Abwärme des Kühlprozesses auf eine Temperatur von bis zu 150 °C anhebt.“ Das ermögliche enorme Einsparpotenziale und mache den Einsatz fossiler Brennstoffe überflüssig.

Mann mit kurzen braunen Haaren. Markus Fischer, Geschäftsführer, Frigel.
Markus Fischer, Geschäftsführer, Frigel. (Bild: Redaktion)

„Für effiziente und nachhaltige Kühllösungen empfehlen wir unsere 3DK Adiabatischen Kühler/Freikühler, welche jedem Betrieb erhebliche Wasser- und Energieeinsparungen bringen“, sagt Markus Fischer, Geschäftsführer, Frigel. Die neueste Entwicklung aus Rheinfelden ist das Temperiergerät Synchro mit integrierter Kühlung. Dieses, so Fischer, reduziere die Zykluszeit um bis zu 30 %.

Mann auf einem feststehenden Fahrrad auf einem Messestand. Michael Wittmann, Geschäftsführer Wittmann Gruppe.
Michael Wittmann, Geschäftsführer Wittmann Gruppe. (Bild: Redaktion)

Energieeinsparpotenziale, insbesondere bei der Werkzeugtemperierung, sieht auch Michael Wittmann, Geschäftsführer der Wittmann Gruppe, Kottingbrunn, Österreich. In einem ersten Schritt müsse demnach die Anzahl an Temperiergeräten auf das notwendige Minimum reduziert werden. Er verweist auf die unternehmenseigenen Durchflussregler zur Aufteilung der Kühlwasserversorgung auf mehrere parallele Temperierkanäle im Werkzeug. Mit den Water Flow Controllern (WFC-Serie) lassen sich zusätzlich auch die individuellen Kühlkreise überwachen. „Damit wird zusätzlich zur Energie- und Kostenersparnis auch eine wesentliche Erhöhung der Prozesssicherheit erreicht, da etwaige Blockagen von Kühlkanälen frühzeitig erkannt werden können“, so Wittmann. Energie lässt sich auch mit den Temperiergeräten der Serie Tempro Plus einsparen. Über die Option Speed Drive werden drehzahlgeregelte Pumpen bereitgestellt, die zusätzlich über Synchronmotoren der Energieeffizienzklasse IE4 verfügen. „Damit lassen sich bei gleichen Arbeitsbedingungen Energieeinsparungen bis 30 % gegenüber Pumpen mit Asynchronmotor und fixer Drehzahl erzielen.“ Maximale Energieeffizienz lasse sich jedoch durch eine Kombination von drehzahlgeregelten Pumpen (Speed Drive) und intelligenten Durchflussverteilern (Flowcon Plus) erzielen. Einsparungen bis 50 % gegenüber konventionellen Temperiersystemen sollen hier möglich sein.

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