Sieben liegende Glasröhrchen, die mit verschiedenstfarbigen Granulaten gefüllt sind.

Was ist bei der Additivierung von Rezyklaten zu beachten? Der PLASTVERARBEITER hat nachgefragt. (Bild: amstockphoto - stock.adobe.com)

Die Kreislaufwirtschaft ist in Bewegung: Jüngst veröffentlichte beispielsweise die Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR) neue Rekordzahlen für das Kunststoffrecycling von Verpackungen. Demnach wurde im Jahr 2021 eine werkstoffliche Recyclingquote von 65,5 % erreicht. Seitdem Einführen des Verpackungsgesetzes 2019 stieg diese um ganze 55 %. Klar ist dabei: Recyclingfähigkeit und Materialeinsparung sind insbesondere beim Verpackungsdesign entscheidende Faktoren für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft. Was aber, wenn es sich um Recyclingmaterial aus Quellen technischer Kunststoffe handelt? Denn auch in Bauteilen für komplexere technische Anwendungen steigt der Anteil von Rezyklaten. In unserer Trendabfrage wollten wir deshalb unter anderem wissen, was Kunststoffverarbeiter bei der Additivierung von Rezyklaten technischer Kunststoffe beachten müssen?

Warum Rezyklat- und Farbeigenschaften schwanken

Kleine Masterbatches in verschiedenen Grüntönen.
Mit der Masterbatchserie Fibarec hat Finke eine Produktlinie entwickelt, die der steigenden Nachfrage nach nachhaltigen Einfärbesystemen für Kunststoffe gerecht wird. (Bild: Finke)

„Grundsätzlich ist bei der Additivierung von Rezyklaten bei technischen Kunststoffen oder Standardkunststoffen wie Polyolefinen kein Unterschied, es gibt lediglich weniger publizierte Daten“, wie es vom Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF, Darmstadt, heißt. „Beim Einsatz von Kunststoffen werden die Stabilisatoren wie Antioxidantien (aber auch Lichtschutzmittel) verbraucht, das heißt, beim Rezyklat muss mindestens das verbrauchte Additiv ersetzt werden.“ Nicht nur die Rezyklateigenschaften können schwanken, auch die Farbe wird beeinträchtigt. Um etwa einen gewünschten Farbton zu erreichen, kommen dann Prozessstabilisatoren zum Einsatz, weiß der für seine Pigmentpräparationen für die kunststoffverarbeitende Industrie bekannte Wuppertaler Hersteller Finke. Die Stabilisatoren werden in das entsprechende Masterbatch eingearbeitet und bei Bedarf entsprechend dosiert. Mit dem hauseigenen Fibarec-System ist es so beispielsweise möglich, ein Kunststoffkonzentrat mit recyceltem Träger zum Einfärben von Rezyklaten zu nutzen und das Produkt somit als „aus 100 % recyceltem Kunststoff“ zu deklarieren. Technischen Kunststoffe weisen ein besonderes Eigenschaftsprofil aus, um entsprechende mechanische Kennwerte zu erzielen. „Jeder Verarbeitungsschritt bedeutet eine Belastung für das Polymer, wodurch diese Eigenschaften zu einem bestimmten Teil reduziert werden“, heißt es von Seiten der AF-Color, Anbieter technischer Masterbatches aus Niederzissen und Zweigniederlassung der Akro-Plastic. Lifocolor, Hersteller von Farbmasterbatches aus Lichtenfels, gibt ebenfalls zu bedenken, dass technische Kunststoffe empfindlicher als Polyolefine auf einen Abbau bei der Verarbeitung reagieren. „Es kann daher notwendig sein, die Rezyklate entsprechend mit Additiven zu stabilisieren, um einen weiteren Abbau zu verhindern.“ Zugleich wird ergänzt: „Auch die Entformung kann bei Rezyklaten ein Thema sein. Hier kommen dann entsprechende Entformungshilfen zum Einsatz“. Insbesondere Rezyklate weisen eine Vorschädigung etwa durch Oxidation auf. Diese beeinflussen dann das Alterungsverhalten des Rezyklats, wie das Fraunhofer LBF erläutert. „Bei Polykondensationspolymeren wie Polyestern und Polyamiden ist die Hauptschädigung ein Molekulargewichtsabbau, beispielsweise durch Hydrolyse und damit eine Verschlechterung der mechanischen Eigenschaften, die häufig mit dem Molekulargewicht korrelieren“. Antioxidantien helfen dabei, das Eigenschaftsprofil des Polymers zu erhalten respektive zu modifizieren. „Vernetzer und Kettenverlängerer könnten bei bestimmten Polymeren gegebenenfalls einen bestimmen Anteil dieser Eigenschaften wiederherstellen“, wie AF-Color ergänzt. Die Eigenschaften der derzeit industriell zur Verfügung stehenden Polymere seien jedoch insgesamt nur sehr eingeschränkt rezyklierfähig, so das Unternehmen. Das Fraunhofer-Institut entwickelt deshalb sogenannte Repair-Moleküle, die das ursprüngliche Eigenschaftsbild wiederherstellen können.

Erst analysieren, dann dosieren

Doch wann beeinflusst der Rezyklatanteil die Additiv- und Masterbatch-Dosierung? „Immer“, sagt etwa Lifocolor. „Bei Einfärbungen und Farbmasterbatches kommt es primär auf die Eigenfarbe des Rezyklats an. Diese muss immer überfärbt werden.“ Hier gebe es demnach kein Verfahren, das Farbmittel aus Rezyklaten „herauszieht“, zumindest nicht im mechanischen Recycling, wie es heißt. Das bestätigt auch der Hersteller von Masterbatches und Compounds Treffert, Bingen: „Ein beeinflussender Faktor auf die Farbmasterbatch-Dosierung ist die Eigenfarbe und deren chargenübergreifende Konstanz. Je nach Größe der Schwankungen muss die Dosierung bzw. Farbrezeptur angepasst werden.“ Insbesondere Rezyklate reextrudierter Gemische verschiedenfarbiger Mahlgüter weisen laut AF-Color einen sehr hohen Eigenfarbanteil auf, die dann entsprechend überfärbt werden müssten. „Je nach gewünschter Farbzielstellung sind hierdurch die Möglichkeiten natürlich begrenzt“, berichtet das Unternehmen. „Bei Farben im intensiven Buntbereich kann durch erhöhte Dosiermengen dieser Herausforderung bis zu einem gewissen Grad begegnet werden. Hierbei muss die Wirtschaftlichkeit, aber auch die Nachhaltigkeit im Sinne des Ressourcen- und Energieeinsatzes jedoch sehr sorgfältig bewertet werden.“

Gerät/Vorrichtung aus der fünf lilane Farbstrahlen in eine Becken laufen.
Lifocolor hat seine Bio-C-Masterbatches erstmalig mit bioverträglichen Farbmitteln auf Pflanzenbasis ausgerüstet. (Bild: Lifocolor)

Das Zumischen von Altkunststoffen in Neuware beeinflusst die Farbeigenschaften sowie auch das Alterungsverhalten des Materials. Es sei denn, es handelt sich um nahezu ungeschädigte Produktionsabfälle, wie das Fraunhofer LBF verrät. So könnten schon wenige Prozente eines stark geschädigten Kunststoffs eine Neuware durch eine Beschleunigung der Oxidation, also des Alterungsverhaltens, „vergiften“. Was also ist notwendig, um dem entgegenzuwirken? „Es ist notwendig, dass man den Zustand des jeweiligen Rezyklats analysiert und die notwendigen Additive darauf abstimmt. Je höher die Konzentration des Rezyklats, desto höher ist normalerweise auch die notwendige Additivdosierung“, erläutert das Institut und ergänzt zugleich: „Speziell entwickelte Additivsysteme für Rezyklate haben gegenüber den üblichen Neuwarestabilisatoren in der Regel auch Kosten-/Nutzen-Vorteile.“ Hellere r-Polymerfraktionen seien hier tendenziell einfacher einzufärben, berichtet Lifocolor. „Eine solche Ausgangsbasis ist per se vielfältiger und wirtschaftlicher, jedoch aufgrund des Herstellaufwandes meist schlechter verfügbar und womöglich preisintensiver.“ Ein helleres r-Type ermögliche aber, einen hohen oder vollständigen Rezyklat-Anteil im Endartikel zu erreichen – abhängig von der Farbvorstellung. „Damit bleiben die Masterbatch-Dosierungen moderater, auch unter fünf Prozent Zugaben.“ Bei dunkleren bis sehr dunklen Rezyklaten ist der Aufwand hingegen deutlich höher. Entsprechend hoch sind je nach Farbvorstellung die Dosierungen. „Um Wirtschaftlichkeit und Farbergebnis zu optimieren, wird mit Zugaben von Virgin-Rohstoffen – von 20 bis 70 Prozent – gearbeitet. Diese Kompromisse müssen von Verarbeitern und Markenherstellern eingegangen werden, es sei denn, man ist zu einem entsprechend starken Bekenntnis für die Kreislaufwirtschaft bereit“, erläutert Lifocolor. Bei Additiven falle die Dosierung nicht ins Gewicht, da Additive farblos sind, sie besitzen schlicht keine farbgebende Wirkung.

Kleine pinke Farbgranulate rieseln aus zwei Handinnenflächen.
Die 100 % natürlichen, veganen Farbmittel, die Lifocolor einsetzt, werden umweltschonend gewonnen. (Bild: Lifocolor)

Biobasierte Lösungen auf dem Vormarsch

Neben einem vermehrten Einsatz von Rezyklaten werden aber auch biobasierte Polymere immer häufiger in Kunststoffprodukte verschiedenster Anwendungen eingesetzt. Welche Additive und auch Farbbatches, die auf Biopolymeren aufbauen, sind derzeit im Umlauf? Ein Unternehmen, welches Erfahrung im Einfärben von Biopolymeren vorweisen kann, ist Treffert. „In unserem Farbmittel-Portfolio befinden sich Biofarbmittel, die auf 100 Prozent natürlichen Rohstoffen basieren. Wir bieten Farbmasterbatches auf Basis verschiedener Biopolymere wie PLA, PA11 und ähnliche an.“ Das Bingener Unternehmen entwickelt Farbkonzentrate individuell angepasst auf die jeweilige Anwendung. „Bei Bedarf lassen sich diese auch mit Funktionen wie Lasermarkierbarkeit, Lasertransparenz und Laserabsorption ausstatten.“ Der Schwerpunkt der Produkte liege dem Unternehmen zufolge auf technischen Teilen und Artikel mit Mehrfachnutzung. Dennoch können die Anforderungen an die Norm DIN EN 13432 (Kompostierbarkeit) bei der Produkterstellung berücksichtigt werden.

Rechts ein dunkelbraunes Rechteck mit darunter liegenden braunen Farbgranulaten. Links ein blaues Rechteck mit darunter liegenden blauen Farbgranulaten. Dazwischen ein Pfeil von links nach rechts.
PP-Rezyklat mit farbstarker, dunkler Eigenfarbe (links). AF-Color PP blau Perlmutt mit Masterbatch-Dosage von 10 % (rechts). (Bild: AF-Color)

Bioadditive, also Additive aus nachwachsenden Rohstoffen, sind ein Kernthema des Bereichs Kunststoffe des Fraunhofer LBF. „Wir haben heute Antioxidantien aus nachwachsenden Rohstoffen entwickelt, die leistungsgleich den petrobasierten Standard-Antioxidantien in Polyolefinen sind.“ Aktuell arbeite man an der Entwicklung von Lichtstabilisatoren aus nachwachsenden Rohstoffen. Viel Forschungs- und Entwicklungsarbeit in den Ausbau von Produkten für Biopolymer-Kreisläufe investiert auch Lifocolor. „Für jede Art von Biomasse-Kunststoffen, ob biobasiert und/oder bioabbaubar, können wir passende Masterbatches mit geeignetem Träger entwickeln. Im Zuge unseres neuen Ewigkeitsfarben-Konzeptes und hinsichtlich der hohen Anforderungen an Farbkonzentrate für Biopolymere haben wir 2022 eine weitere Entwicklungsstufe genommen. Wir haben unsere Bio-C-Masterbatches (C für compostable) erstmalig mit bioverträglichen Farbmitteln auf Pflanzenbasis ausgerüstet.“ Die pflanzenbasierten Masterbatches lassen sich bis circa 240 °C im Extrusions- und Spritzgussverfahren verarbeiten, eine Zulassung für den Lebensmittelkontakt wird erwartet. „Sie eignen sich ideal für biobasierte, biologisch abbaubare PLAs, PLA Blends, PHAs und PHA Blends. Prinzipiell sind sie jedoch auch für andere Biopolymere wie biobasierte Bio-PEs entwickelbar.“ In den Reihen der Fibaplast-Serie von Finke gibt es ebenfalls bereits vielfältige Masterbatches auf PLA-Basis. „Es sind jedoch auch andere Trägerpolymere möglich, wie zum Beispiel biobasiertes PBAT oder stärkebasierte Systeme.“ Auch Finke könne diese anwenderflexibel anpassen. AF-Color deckt dieses Themenfeld mit den Produktportfolios AF-Circarbon, AF-Circolor und AF-Circomplex ab, die auf massebilanzierten Polymeren basieren. Die Masterbatches sind nach ISCC Plus und in naher Zukunft auch nach Redcert2 zertifiziert. „Ferner bietet unser Portfolio AF-Eco Farbkonzentrate auf Basis bioabbaubarer Polymere. Diese Produkte entsprechen der DIN EN 13432 und tragen das TÜV-Siegel ‚Ok compost‘ bzw. ‚Ok home compostable‘.“

Energie einsparen – aber wie?

Nachhaltigkeit geht zugleich auch immer mit Effizienz einher. Diese Themen rücken insbesondere jetzt, in Zeiten zum Teil weiterhin volatiler Lieferketten und enormen Energiepreisen, stärker in den Fokus. Wir wollten deshalb von den befragten Unternehmen wissen, inwiefern ihre Produkte Kunststoffverarbeiter dabei unterstützen können, bei der Produktion Energie einzusparen? „Der Einsatz von Masterbatch bei der Kunststoff-einfärbung bietet per se großes Energiesparpotenzial, besonders im Vergleich zu Compounds“, erklärt etwa Lifocolor. „Der Energieaufwand zur Herstellung von Compounds ist um ein Vielfaches höher, da man eine größere Menge produzieren muss und dann Faktoren und Kosten rund um Rohstoffmengen, Maschineneinsatz oder Transport ins Gewicht fallen.“ Auch im Hinblick auf den CO2-Fußabdruck habe Masterbatch eine bessere Bilanz. Vor dem Hintergrund, bis 2050 das Ziel der Netto-Null-Emissionen zu erreichen, agiert der Hersteller aus Lichtenfels nach wissenschaftsbasierten Zielen und prüfbaren Vorgaben der Science Based Target Initiative (SBTi). „Ausgehend von Daten aus dem Basisjahr 2019 reduzieren wir Emissionen bis 2050 etappenweise um 90 Prozent. Damit wird unser Masterbatch nicht nur ein weiterer Energiesparer, sondern auch in jeder Hinsicht ein umweltbewusstes Produkt für die Kunststoffverarbeiter bleiben.“ AF-Color bietet mit seiner Produktreihe PA (Processing Aid) Produkte an, die eine Verarbeitung bei reduziertem Temperaturprofil ermöglichen. Somit ist hier das Fließverhalten trotz des geringeren Energieeintrags gewährleistet. Im Zusammenhang mit der Frage des Energieeinsparens sind nach Meinung des Fraunhofer LBF auch Produkte hilfreich, welche die Verarbeitungstemperaturen von Kunststoffen substanziell senken. Hier werden etwa Produkte auf der Basis von Titanaten und Zirkonaten der Firma Kenrich, die über Farrl aus Neu-Isenburg vertrieben werden, erwähnt. Das Institut selbst entwickelt Rezyklatstabilisatoren, die die Verarbeitungsstabilität von Rezyklaten gewährleisten. „Durch Reduzierung von Ausfallzeiten und Produktionsproblemen führt dies sicherlich auch zu Energieeinsparungen.“ Ob ein Verarbeiter nun ein Masterbatch auf Rezyklatbasis oder Virgin-Basis verwendet, mache schlichtweg keinen Unterschied, wie etwa Finke erklärt. „Die Verwendung hilft jedoch dabei, den CO2-Fußabdruck zu reduzieren und fossile Ressourcen einzusparen.“

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