Die Kombination aus unterschiedlichen Technologien ist die Grundlage für jeden effizienten Prozess im Mehrkomponentenformenbau. So bilden Parameter wie Artikelgeometrie, Teilequalität, Effizienz und Ausbringungsmenge pro Jahr sowie das spätere Einsatzgebiet des Produktes die Anforderungen an das jeweils individuell erstellte Spritzgießwerkzeug und sind die Grundlage für dessen technische Auslegung. Diese Facetten zu kombinieren und aus jeder das Mögliche herauszuholen, war die Aufgabenstellung eines Werkzeugprojektes, das es im Jahr 2022 vom Werkzeugbauer Polar-Form, Lahr, umzusetzen galt. Ein aus drei Werkzeugen bestehendes Gesamtprojekt für einen australischen Kunststoffverarbeiter vereinte den klassischen Ein-Komponentenspritzguss, Zwei-Komponentenspritzguss sowie Montagespritzguss für die Fertigung einer Baugruppe, die in Förderanlagen beziehungsweise Transportsysteme eingesetzt wird. Hierbei werden die Achsen im Ein-Komponentenspritzguss und die Rollen im Zwei-Komponentenspritzguss vorgefertigt. Beide Bauteile werden in das dritte, nachgelagerte Werkzeug eingelegt und im Montage-spritzgussverfahren zu einer Baugruppe verbunden. Auf die besondere Technik des Werkzeuges für die 2K-Rollen wird nachfolgend näher eingegangen.
Das Vorhaben: Aus zwei mach eins
Die Zielsetzung bestand darin, einen bestehenden Artikel, welcher bisher mit zwei separaten Werkzeugen auf unterschiedlichen Spritzgießmaschinen hergestellt wurde, in einem vollautomatisierten Prozess durch ein 2K-Werkzeug anzufertigen. Hierdurch können nachgelagerte Prozesse eingespart, der Teilepreis gesenkt und durch einen vollautomatisierten Prozess die Ausbringungsmenge gesteigert werden. Der Werkzeugbauer aus Lahr hatte das Bestreben, das zu konstruierende Werkzeug mit einer einfachen Bau- und Funktionsweise zu realisieren. Durch geringen Verschleiß, eine hohe Standzeit sowie die einfache Austauschbarkeit der einzelnen formgebenden Elemente sollten außerdem ein kosteneffizienter und wartungsarmer Betrieb des Werkzeuges ermöglicht werden. Um den Projektinvest so gering wie möglich zu halten, war die Zielsetzung, eine kompakte und kleinstmögliche Baugröße des Werkzeugs zu erreichen, um es auf einer klassischen Standard-Spritzgussmaschine, einer Arburg 630S, prozesssicher betreiben zu können.
Die Lösung: Würfeltechnologie trifft Indexplatte
Die Lösung entwickelte sich in mehreren Engineering-Sitzungen zu einer Kombination aus Indexplatten- und Würfeltechnologie. Die Indexplattentechnologie sorgte für die geringe Aufbauhöhe des Werkzeuges, während die Würfeltechnologie für vier zykluszeitminimierende werkzeugseitige Stationen sorgt. So werden Position eins und drei zum aktiven Einspritzen der beiden Komponenten verwendet. Vorgespritzt wird ein POM, fertiggespritzt ein TPU beziehungsweise in einer weiteren Variante der Rolle ein TPE. Eine chemische Bindung zwischen der Vor- und den Fertigspritzkomponenten war nicht vollumfänglich gegeben, weswegen artikelseitig durch eine entsprechende geometrische Gestaltung des Vorspritzlings eine physikalische Verbindung geschaffen wurde. Beide Komponenten werden mit einem hydraulisch 24+24-fach Nadelverschlusssystem der Firma Mold-Masters, Baden-Baden, angusslos verarbeitet. Zwischen beiden Spritzstationen liegen mit den Würfelpositionen zwei und vier zykluszeitverkürzende Kühlstationen. Hier verweilen die Spritzlinge jeweils einen Spritzzyklus vor ihrem Weitertransport beziehungsweise dem Ausstoßen aus dem Werkzeug. Letzteres erfolgt mittels eines pneumatisch gesteuerten Abstreifrechens parallel zur hydraulischen Vorwärtsbewegung der Indexplatte und beansprucht somit keine zusätzliche Zykluszeit. Resultierend aus diesen Maßnahmen ließ sich eine Gesamtzykluszeit von unter 25 s erzielen, sodass 85.000 Rollen am Tag produziert werden können. Für die Drehbewegung des im Indexrahmen aufgehängten Würfels wurde eine Kombination aus hydraulisch mechanischer Lösung gewählt. Hintergrund für diese Entscheidung waren der spätere Einsatzort des Werkzeuges sowie die reduzierte Störungsanfälligkeit einer mechanischen Lösung. Ergänzt wird die Prozesssicherheit durch einen komplett durch Lichtschranken beziehungsweise Sensoren überwachten Werkzeugablauf, welcher auch nach einem ungeplanten Stopp einen sicheren Weiterbetrieb des Werkzeuges ermöglicht.
Quelle: Polar-Form