Schwarze Schale mit Schnitzel und Gemüse - der Schalenboden ist etwas aufgeklappt. Mit der neuentwickelten Verpackung lassen sich Fertiggerichte sehr leicht und appetitlich auf dem Teller anrichten.

Mit der neuentwickelten Verpackung lassen sich Fertiggerichte sehr leicht und appetitlich auf dem Teller anrichten. (Bild: Wittmann)

Fast jeder kennt das: Beim Öffnen der Verpackung sieht das Fertiggericht köstlich aus. Fleisch und Beilagen sind schön angerichtet. Doch nun kommt der knifflige Teil: Der Transfer auf einen Teller. Viele greifen zum Löffel, andere stürzen gar den Inhalt der Schale und schon leidet der Anblick und damit allzu oft der Appetit. Heiner Axmann, Geschäftsführer bei Heinrich Axmann, hatte die zündende Idee gegen dieses Dilemma. Er entwickelte eine Kunststoffschale, die sich mithilfe eines Aufreißmechanismus entlang des Verpackungsbodens öffnen lässt. Der Verpackungsrand klappt nach oben weg, die Mahlzeit gleitet bequem auf den Teller und sieht dort genauso appetitlich aus wie direkt nach dem Zubereiten und Befüllen der Verpackungsschale. „Unser Kunde hatte Einrichtungen wie Krankenhäuser, Seniorenheime oder Kindertagesstätten im Blick, die keine eigene Küche haben“, berichtet Heiner Axmann. „Jeder soll mit Genuss essen können. Noch dazu unterstützt das neue Konzept höchste Hygienestandards. Die Krankenschwester, die das Essen zubereitet, kommt mit den Speisen nicht in Berührung.“

Aus Erfahrung kreativ

Ein Mann mit Schutzhaube auf dem Kopf steht in einer Halle vor einer Spritzgießmaschine. Die steuerungstechnische Integration von Spritzgießmaschine und Roboter vereinfacht die Bedienung der Produktionszelle.
Die steuerungstechnische Integration von Spritzgießmaschine und Roboter vereinfacht die Bedienung der Produktionszelle. (Bild: Wittmann)

Gegründet 1932 und seither durchgehend in Familienbesitz, ist das Unternehmen spezialisiert auf die Entwicklung und Herstellung von Verpackungslösungen aus Kunststoff. Schalen und Kännchen für sowohl flüssige als auch feste Lebensmittel wie Feinkostsalate oder Kaffeesahne machen einen Großteil des Produktionsvolumens aus. Der umfangreiche Erfahrungsschatz führt immer wieder zu neuen kreativen Lösungen. So kam der Impuls zur Entwicklung einer am Boden zu öffnenden Fertigkostschale von einem Feinkostdeckel, der bereits im Jahr 1979 entwickelt wurde. Die Originalreißbrettzeichnung liegt noch heute im Büro von Heiner Axmann im Schrank. Mit der jüngsten Neuentwicklung ist dem Unternehmen ein Coup gelungen. „Unser Kunde ist noch im Start-up, hat aber bereits einen Großauftrag aus den USA in Aussicht. Die ersten Schalen im neuen Verpackungsdesign werden in einem Krankenhaus in New York zum Einsatz kommen.“ Der Kunde ist ein großes Cateringunternehmen, für das in Köln bereits eine große Stückzahl Schalen nach FDA-Standard produziert wurde. Das Serienwerkzeug ist avisiert. Die Spritzgießzelle dafür steht schon bereit. Gezielt für dieses neue Produkt investierte der Geschäftsführer in eine vollelektrische Spritzgießmaschine vom Typ Ecopower Xpress 300 mit 300 t Schließkraft und einen Hochgeschwindigkeitsroboter vom Typ Sonic. Spritzgießpartner Wittmann lieferte die Produktionszelle als vollständig integrierte  Gesamtlösung.

Stark variierende Wanddicken fordern Einspritzleistung

Mit der Fertigkostverpackung schlägt das Unternehmen Axmann auch in Sachen Spritzgießtechnik ein neues Kapitel auf. Die Ecopower Xpress ist die erste vollelektrische Spritzgießmaschine im Maschinenpark. „Lange Zeit war es nicht möglich, Dünnwandverpackungen im Hochleistungsspritzguss auf einer vollelektrischen Spritzgießmaschine zu produzieren“, erklärt Heiner Axmann. „Die Ecopower Xpress ist diesen Anforderungen aber gewachsen.“ Besonders hoch sind bei dieser Anwendung die Anforderungen an die Einspritzleistung. Um die Verpackung aufzureißen, besitzt die Schale an einer der Längsseiten zwei Laschen – zwei, weil bereits bei der Bauteilentwicklung an Linkshänder gedacht wurde. Ausgehend von diesen Laschen führen entlang des Verpackungsbodens im Abstand von etwa 5 mm zwei feine, extrem dünnwandige Linien – Sollbruchstellen, die  eine Art Aufreißfaden formen. An diesen Sollbruchstellen beträgt die Wanddicke gerade einmal 0,05 mm. Das ist nur ein Zehntel der Wanddicke des Bodens und der Randbereiche. Dennoch muss die Schale, die aus einem PP-Copolymer besteht, beim Einfüllen der heißen Mahlzeit stabil und dicht bleiben; 120 °C ist die Vorgabe. Angespritzt wird zentral am Verpackungsboden. „Unsere größte Herausforderung besteht darin, dass wir beim Einspritzen mit der Schmelze zweimal durch diese extrem dünnen Bereiche hindurch müssen, um die Kavität bis in die Randbereiche vollständig zu füllen“, verdeutlicht Betriebsleiter Andreas Brüggemann. „Hierfür brauchen wir eine sehr hohe Einspritzleitung bei äußerst kurzen Füllzeiten.“ „Die Ecopower Xpress ist hierfür prädestiniert”, sagt Andreas Hollweg, Leiter Vertrieb Spritzgießtechnik von Wittmann in Deutschland. „Die Spritzaggregate dieser Maschinenbaureihe sind für die hier benötigten hochdynamischen Einspritzgeschwindigkeiten ausgelegt.“ Ein weiterer Vorteil, der vor allem beim Herstellen von Lebensmittelverpackungen zum Tragen kommt, ist der serienmäßig gekapselte Kniehebel, der eine sehr saubere Produktion sicherstellt.

Die sehr hohe Stabilität des Sonic Hochgeschwindigkeitsroboters verkürzt selbst bei sehr schnellen Roboterbewegungen die Entnahmezeit.
Die sehr hohe Stabilität des Sonic Hochgeschwindigkeitsroboters verkürzt selbst bei sehr schnellen Roboterbewegungen die Entnahmezeit. (Bild: Wittmann)

Dauerproduktion rund um die Uhr

Derzeit ist die neue Hochleistungsproduktionszelle mit einem Werkzeug für die Herstellung von Glasklarschalen ausgelastet. Mit ihrem Facettendesign sind die Kunststoffschalen auf den ersten Blick nicht von Glasschalen zu unterscheiden. Gefüllt mit Grillsalaten der Marke Merl sind sie in den Kühlregalen von Supermärkten zu finden. Seit vielen Jahren produziert Heinrich Axmann bereits diese Verpackungen für die FMR Frische Manufaktur Rheinland. „Diese Grillsalatschalen stellen sehr ähnliche Anforderungen an den Dünnwandspritzguss wie die neu entwickelten Fertigkostschalen“, erklärt uns Brüggemann. „Mit diesem Produkt testen wir aus, wie weit wir mit der neuen Ecopower Xpress gehen können.“ Auch die Glasklarschalen haben eine Wanddicke von 0,5 mm und ein anspruchsvolles Design. Produziert wird in einem Zweifachwerkzeug mit einer Zykluszeit von 5,7 s. Die Füllzeit beträgt für das Gesamtschussgewicht von 44 g nicht einmal 0,1 s. „Die Maschine läuft rund um die Uhr mit höchster Leistung und einer durchgehend hohen Teilequalität“, berichtet Brüggemann. „Letzten Endes ist die Reproduzierfähigkeit der Maschine ausschlaggebend für ihren Einsatz im Spritzguss von Lebensmittelverpackungen.“

Zitat

Die vollelektrische Spritzgießmaschine benötigt über 30 % weniger Strom als die Hybridmaschine.

Stabile Roboterbewegungen für kurze Entnahmezeiten

Die Zielvorgabe für die neuen Aufreißschalen liegt bei einer Zykluszeit von unter 5 s. Das Gesamtschussgewicht wird 70 g betragen, und auch hier wird die Füllzeit bei maximal 0,1 s liegen. Zykluszeitbestimmend sind die Kühlzeit und die Entnahme. Aus diesem Grund ist die Spritzgießmaschine mit dem Roboter Sonic ausgerüstet. Der erstmalig auf der K 2019 präsentierte Hochgeschwindigkeitsroboter wurde von Wittmann gezielt für schnelllaufende Anwendungen in der Verpackungsindustrie entwickelt. „Seine Stärke ist die hohe Stabilität bei schnellsten Bewegungen“, macht Jörg Schröer, Gebietsverkaufsleiter von Wittmann, deutlich. „Genau das verkürzt die Entnahmezeit.“ Roboter dieses Herstellers genießen im Hause Axmann seit Jahrzehnten höchstes Vertrauen. Mehr als 30 Spritzgießmaschinen unterschiedlicher Marken umfasst der Maschinenpark. Sie alle sind mit Linearrobotern von Wittmann ausgerüstet. Mit der neuen integrierten Produktionszelle für die Dünnwandschalen wurde erstmals eine vollständig integrierte Gesamtlösung aus einer Hand gekauft. „Für uns hat das den großen Vorteil, dass wir die Gesamtanlage CE-konform geliefert bekamen“, berichtet Heiner Axmann. „Das hat uns sehr viel Zeit und Geld gespart.“ Ein weiterer Pluspunkt ist die einfachere Bedienung der Produktionszelle, wenn Maschine und Roboter gemeinsam auf dem zentralen Monitor der Maschinensteuerung kontrolliert werden können.

Schöpfen gemeinsam Effizienzpotenziale aus (v. l.): An-dreas Brüggemann (Betriebsleiter von Heinrich Axmann), Jörg Schröer (Gebietsverkaufsleiter bei Wittmann), Heiner Axmann (Geschäftsführer von Heinrich Axmann) und Andreas Hollweg (Leiter Vertrieb Spritzgießtechnik von Wittmann in Deutschland) im Produktionsbetrieb in Köln.
Schöpfen gemeinsam Effizienzpotenziale aus (v. l.): An-dreas Brüggemann (Betriebsleiter von Heinrich Axmann), Jörg Schröer (Gebietsverkaufsleiter bei Wittmann), Heiner Axmann (Geschäftsführer von Heinrich Axmann) und Andreas Hollweg (Leiter Vertrieb Spritzgießtechnik von Wittmann in Deutschland) im Produktionsbetrieb in Köln. (Bild: Wittmann)

Gleichstrom-Technologie im Blick

„Dünn, dünner, am dünnsten“, beantwortet Andreas Brüggemann die Frage nach den aktuellen Produktionstrends. Die Dünnwandanforderungen steigen weiter, vor allem aus Gründen der Materialeffizienz. Die Nachhaltigkeitsziele waren es auch, die den Ausschlag gaben, sich für eine vollständig elektrisch angetriebene Spritzgießmaschine zu entscheiden. „Energieeffizienz ist derzeit das wichtigste Kriterium, wenn wir in neue Maschinen und Technologien investieren“, sagt der Geschäftsführer. „Gerade bei Verpackungsmaschinen, von denen sehr schnelle Bewegungen und eine hohe Einspritzleistung abverlangt werden, trägt die Energieeffizienz maßgeblich dazu bei, die geforderten niedrigsten Stückkosten zu erreichen. Die modernen Maschinen zeigen den Verbrauchswert an, und so können wir sehr gut vergleichen. Gegenüber einer Hybridmaschine verbraucht die Ecopower Xpress mit demselben Werkzeug mehr als 30 Prozent weniger Strom.“ Als Mitglied im BVFE, dem Bundesverband zur Förderung der Energieeffizienz, ist es für Heiner Axmann eine Ehrensache, in allen Unternehmensbereichen penibelst auf niedrigste Energieverbräuche zu achten. Sehr viel ist im Haus bereits passiert. „Wir haben über die letzten Jahre unseren Energiebedarf um 1,5 Millionen Kilowattstunden gesenkt“, so Axmann. Zuletzt wurde die Photovoltaikanlage zur eigenen Energieerzeugung erweitert. Mit dem Spritzgießmaschinenhersteller ist Axmann schon im Gespräch, wie sich die auf der Fakuma 2023 in Friedrichshafen präsentierte DC-Technologie mit Batteriespeichertechnik im eigenen Betrieb nutzen lässt.

Quelle: Wittmann

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