Füllsimulation eines Autobauteils

Füllsimulation eines automobilen Bauteils aus Biokunststoff: Die Faserorientierung im Bauteil wirkt sich auf die Lastverteilung und Festigkeit aus. (Bild: Fraunhofer LBF)

Im Projekt Cooperate (kurz für CO2-neutrale, lebensdaueroptimierte, kurzfaserverstärkte Thermoplaste für dynamische Applikationen) widmen sich das Fraunhofer LBF und Partner der Reduktion von CO2-Emissionen beim Design von mechanisch und dynamisch stark beanspruchten Leichtbau-Bauteilen im Fahrzeugbereich. Dazu gehören etwa lasttragende Kunststoffbauteile wie Motorlager oder Koppelstangen als Teil des Fahrwerks. Ziel ist es, den CO2-Anteil in Fahrzeugbauteilen und in industriellen Anwendungen um bis zu 50 % zu reduzieren.

Alles zum Thema Biokunststoffe

Eine Hand reißt einen Papierstreifen weg. Darunter steht das Wort "Biokunststoff"
Wissenswertes über Biokunststoffe finden Sie in unserem Übersichtsartikel. (Bild: thingamajiggs - stock.adobe.com)

Auf dem Weg zu einer klimaneutralen Zukunft müssen verschiedenste Rädchen ineinander greifen. Doch wie schaffen wir es, die Dekarbonisierung unserer Gesellschaft umzusetzen? Biokunststoffe sind ein wichtiger Hebel um diesem Ziel näher zu kommen. Doch was wird unter einem Biokunststoff eigentlich verstanden? Wo werden diese bereits eingesetzt? Und ist "Bio" wirklich gleich "Bio"? Wir geben die Antworten. Alles, was Sie zu dem Thema wissen sollten, erfahren Sie hier.

Wie genau soll der CO₂-Anteil in Bauteilen reduziert werden?

Zugprüfung an Materialproben aus Biokunststoffen
Zugprüfung an Materialproben – die experimentelle, mechanische Charakterisierung liefert wichtige Daten für die Modellbildung für die Bauteilsimulation. (Bild: Fraunhofer LBF)

Um den CO2-Bedarf bei der Produktion von Kunststoffbauteilen zu verringern, kombinieren die Projektpartner zwei Ansätze: Zum einen substituieren sie erdölbasierte durch biobasierte Kunststoffe bzw. faserverstärkte Biopolymere, welche aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen werden, die zum Beispiel als Nebenprodukte in der Landwirtschaft entstehen. Im Projekt wird aus Leinöl gewonnenes Biopolyamid für langlebige, schwingungsbelastete Leichtbau-Bauteile optimiert. Zum anderen senken die Forscher die Treibhausgasemissionen durch eine werkstoffgerechte Auslegung und Verringerung des Materialeinsatzes. Hierfür entwickeln die Partner verbesserte Methoden zur materialsparenden Auslegung von Bauteilen. Dabei wird unter anderem die Beanspruchbarkeit des Werkstoffs berücksichtigt. Angestrebt ist eine Materialreduktion von 20 bis 30 %. Dies wiederum führt zu einer Verringerung der Prozessenergie, die zum Aufheizen und Aufschmelzen der Werkstoffe benötigt wird.

„Klimaschonende Substitute können über die gesamte Lebensdauer über 50 Prozent CO2-Emissionen einsparen. Wir konzentrieren uns auf das Matrixmaterial im Komposit und halbieren dort die Emissionen gegenüber konventionellem Kunststoff mit 9 Kilogramm CO2 pro Kilogramm auf 4,5 Kilogramm CO2 pro kg Produktgewicht“, sagt Georg Stoll, Projektleiter und Wissenschaftler am Fraunhofer LBF in Darmstadt. „Durch die Gewichteinsparung im Fahrzeugbereich lässt sich außerdem der Verbrauch an Antriebsenergie senken, was wiederum den CO2-Fußabdruck mindert.“

Wer partizipiert am Projekt?

An der Optimierung des Designprozesses und der Substitution fossiler Werkstoffe arbeitet das Fraunhofer LBF gemeinsam mit der Boge Elastmetall, einem Hersteller von Schwingungssystemen und Kunstoffbauteilen aus dem Automobilsektor, Tecnaro, welche aus nachwachsenden Rohstoffen Biokunststoffe und Biokomposite entwickelt, und dem Lehrstuhl für Carbon Composites (LCC) der Technischen Universität München. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz BMWK fördert das Vorhaben.

Wie die Produktentwicklung nachhaltiger werden soll

Simulation Faserverteilung innerhalb eines automobilen Bauteils
Repräsentative Volumenelemente mit entsprechender Faserverteilung werden als mikromechanisches Modell eingesetzt, um die lokalen Kompositeigenschaften abzuschätzen (Bild: Fraunhofer LBF)

Im Projekt entstehen zudem neue Berechnungsmethoden, welche die Einflüsse der Herstellung auf das quasistatische und zyklische Verhalten der Werkstoffe berücksichtigen. Mit den erweiterten Simulationsmethoden lassen sich je nach Anordnung der Fasern im Bauteil beispielsweise Materialeigenschaften wie Steifigkeit und Festigkeit abschätzen.

„Wir simulieren sowohl den Herstellungsprozess als auch das Bauteilverhalten. Dadurch erkennen wir bereits im virtuellen Entwurfs- und Entwicklungsprozess, wie das Bauteil optimalerweise konstruiert werden muss, um weniger Material zu verbrauchen“, wie es aus dem Forscherteam heißt. Die erforderlichen Modelle für die Beschreibung des Materialverhaltens im fertigen Bauteil werden am Fraunhofer LBF und am LCC an der TU München entwickelt, basierend auf experimentell ermittelten Daten vom Fraunhofer LBF und bereitgestellter Daten der Boge Elastmetall.

Aus dem Biokunststoff werden derzeit im Spritzgießprozess Proben-Geometrien hergestellt und auf Prüfständen am Fraunhofer LBF charakterisiert. Die Versuche liefern wichtige Erkenntnisse zum Einfluss von Temperatur, Feuchtigkeit und Kerbradien in der Bauteilgeometrie auf die Steifigkeit und Betriebsfestigkeit des Materials. Dabei wird auch das akustische und Vibrationsverhalten berücksichtigt, um ungewollte Vibrationen und störenden Schall effektiv mindern oder vollständig unterdrücken zu können. Schließlich sollen auch zukünftige Kunststoff-Armaturen oder Türverkleidungen nicht klappern oder Geräusche von Motoren für die Fahrzeuginsassen möglichst nicht wahrnehmbar sein. Getestet wird am Prototyp einer Koppelstange, deren Form im Lauf des Projekts verschlankt werden soll, um eine Materialreduktion zu erzielen.

„Biobasierte Kunststoffe werden zunehmend leistungsfähiger und erreichen heutzutage fast vergleichbare Eigenschaften wie ihre über viele Jahrzehnte hoch optimierten, fossilen Pendants. Ein nachhaltiges Bauteil zu designen, das die gleichen Lasten bei weniger Gewicht tragen kann als ein Bauteil aus treibhausgasintensiven Werkstoffen, ist dennoch eine große Herausforderung“.

Quelle: Fraunhofer LBF

Kunststoffrecycling: Der große Überblick

Mann mit Kreislaufsymbol auf dem T-Shirt
(Bild: Bits and Splits - stock.adobe.com)

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