Adina Rauscher

Erstautorin der Studie, Adina Rauscher. Die Veröffentlichung untersucht das Verhalten von konventionellen und bioabbaubaren Kunststoffen im Erdreich. (Bild: UBT / Chr. Wißler)

Biologisch abbaubare Mikroplastik-Partikel in Böden können zu einem verstärkten Anstieg von CO₂-Emissionen in die Erdatmosphäre führen. Das zumindest zeigt eine interdisziplinäre, in „Applied Soil Ecology“ veröffentlichte Studie des Sonderforschungsbereichs 1357 „Mikroplastik“ an der Universität Bayreuth. Ein Team aus den Bereichen Bodenökologie und ökologische Mikrobiologie verglich darin erstmals in systematischer Form die Auswirkungen eines herkömmlichen und eines bioabbaubaren Kunststoffs in unterschiedlichen Böden. Auch die Folgen für die mikrobielle Biomasse in den Böden, insbesondere für Bakterien und Pilze, werden analysiert.

Alles zum Thema Biokunststoffe

Eine Hand reißt einen Papierstreifen weg. Darunter steht das Wort "Biokunststoff"
Wissenswertes über Biokunststoffe finden Sie in unserem Übersichtsartikel. (Bild: thingamajiggs - stock.adobe.com)

Auf dem Weg zu einer klimaneutralen Zukunft müssen verschiedenste Rädchen ineinander greifen. Doch wie schaffen wir es, die Dekarbonisierung unserer Gesellschaft umzusetzen? Biokunststoffe sind ein wichtiger Hebel um diesem Ziel näher zu kommen. Doch was wird unter einem Biokunststoff eigentlich verstanden? Wo werden diese bereits eingesetzt? Und ist "Bio" wirklich gleich "Bio"? Wir geben die Antworten. Alles, was Sie zu dem Thema wissen sollten, erfahren Sie hier.

Welche Kunststoffe wurden in der Studie betrachtet?

Respicond-Anlage
Das freigesetzte CO₂ wird in einer Respicond-Anlage gemessen (Bild: UBT / Chr. Wißler)

Für ihre Studie haben die Bayreuther Wissenschaftler den Kunststoff LDPE (Polyethylen niedriger Dichte), ein konventioneller, nicht biologisch abbaubarer Kunststoff sowie PBAT (Polybutylenadipat-terephthalat), ein bioabbaubarer Kunststoff, der etwa für Lebensmittelverpackungen, Bioabfallbeutel und Mulchfolien verwendet wird, analysiert.

Partikel aus drei verschiedenen Größenbereichen (50 bis 200 µm, 200 bis 500 µm und 0,63 bis 1,2 mm) wurden in verschieden hohen Konzentrationen einem sandigen Lehmboden einerseits und einem lehmigen Boden andererseits zugesetzt. Über vier Wochen lang wurden die aus den Böden freigesetzten CO₂-Mengen gemessen.

Ein Zusammenhang zwischen LDPE und den CO₂-Emissionen des Bodens ließ sich im Verlauf der Forschungsarbeiten nicht erkennen. Hingegen sind die Auswirkungen von PBAT signifikant. „Je kleiner die biologisch abbaubaren Mikroplastik-Partikel sind und je höher ihre Konzentration im Boden ist, desto mehr CO₂ entweicht aus dem Boden in die Erdatmosphäre. Wir konnten – abhängig von der Größe der Partikel, ihrer Konzentration im Boden und der Bodenbeschaffenheit – Anstiege der CO₂-Emissionen um 13 bis 57 Prozent beobachten. Dabei setzten sandige Lehmböden mehr CO₂ frei als reine Lehmböden“, berichtet die Erstautorin der Studie, die Bayreuther Master-Studentin Adina Rauscher.

Erste Forschungsergebnisse zu diesem Thema, die entscheidende Anstöße für weitere Analysen gaben, hat sie in ihrer Bachelor-Arbeit erzielt. Hierfür wurde sie, in Verbindung mit ihren anderen Studienleistungen, von der Studienstiftung des deutschen Volkes mit einem Max-Weber-Stipendium ausgezeichnet.

Welche Rolle spielen Mikroorganismen für den CO₂-Ausstoß

Kali-Lauge
Die CO₂-Emissionen werden über die Absorption der CO₂-Moleküle in Kali-Lauge gemessen. Diese ermöglicht eine genaue Berechnung der CO₂-Produktion. (Bild: UBT / Chr. Wißler)

Wie das Bayreuther Forschungsteam herausgefunden hat, geht der Anstieg der CO₂-Emissionen mit einem Zuwachs der mikrobiellen Biomasse einher: Gelangen kleine, biologisch abbaubare PBAT-Partikel in hoher Konzentration in den Boden, wächst die Menge der Bakterien und Pilze, die hier den Hauptanteil der mikrobiellen Biomasse ausmachen. Auch die biologische Zusammensetzung der Biomasse kann sich dabei verändern.

„Das Anwachsen der Biomasse wird wesentlich dadurch verursacht, dass Mikroorganismen im Boden die Mikroplastik-Partikel allmählich zersetzen und sich von dabei entstehenden Zerfallsprodukten ernähren. Die CO₂-Emissionen stehen mit diesen Prozessen in einem engen Zusammenhang. Ein Beleg dafür sind die Unterschiede zwischen reinen Lehmböden und sandigen Lehmböden. In sandigen Lehmböden sind die Mikroplastik-Partikel für Mikroorganismen viel leichter zugänglich und werden daher schneller abgebaut. Umso mehr CO₂ wird dabei freigesetzt“, erklärt Co-Autorin Dr. Nele Meyer, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Bodenökologie der Universität Bayreuth.

„Der weltweite Eintrag von Kunststoffen in die Böden ist besorgniserregend. Noch immer wissen wir zu wenig darüber, welche Folgen sich daraus für Mikroorganismen und terrestrische Ökosysteme ergeben. Unsere Studie bietet dafür wichtige Anhaltspunkte. Unsere Forschungsergebnisse zu den Emissionen des Treibhausgases CO₂ zeigen, dass sich hohe Konzentrationen von Mikroplastik-Partikeln in den Böden langfristig sogar auf das KIima auswirken könnten. Es sind ausgerechnet die biologisch abbaubaren Partikel, die sich in unserer Studie in dieser Hinsicht als problematisch erwiesen haben“, sagt Prof. Dr. Eva Lehndorff, Inhaberin des Lehrstuhls für Bodenökologie an der Universität Bayreuth.

Quelle: Uni Bayreuth

Sie möchten gerne weiterlesen?