Blick auf einen Monitor.  Das Lastmanagement-System zeigt über einen Dauermonitor im Büro der Betriebs-elektriker ständig den aktuellen Status der Anlage.

Bild 1: Das Lastmanagement-System zeigt über einen Dauermonitor im Büro der Betriebs-elektriker ständig den aktuellen Status der Anlage. (Bild: Martin Witzsch)

Kunststoffverarbeiter stehen jeden Montagmorgen vor der Herausforderung, die gesamte Produktion zügig hochzufahren, dabei aber möglichst wenig Lastspitzen zu erzeugen. Zumindest in dieser Hinsicht verläuft der Arbeitsbeginn von Uwe Hempel entspannt. Dem Leiter der Abteilung Betriebselektrik bei der Joma-Polytec in Bodelshausen (Landkreis Tübingen) genügt ein kurzer Blick auf den Monitor (Bild 1) im Büro, um zu sehen, dass das Lastmanagement zuverlässig arbeitet.

Energiehungrige Anlagen

Ein Blick in einen Ausschmelztank: Die Abdeckungen öffnen sich zum Beschicken automatisch.
Bild 2: Ein Blick in einen Ausschmelztank: Die Abdeckungen öffnen sich zum Beschicken automatisch. (Bild: Martin Witzsch)

Sein Arbeitgeber ist ein international tätiges Familienunternehmen, das sich auf Kunststofftechnik, Extrusion und Hydromechanik spezialisiert hat und 2021 mit einer Belegschaft von rund 475 Personen einen Umsatz von 80 Mio. Euro erwirtschaftete. Die wichtigsten Absatzmärkte sind Automobilbranche, Industrie sowie Bauwesen und Medizin. Eine eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung trägt dazu bei, dass das Unternehmen sich mit neuer Technik auf dem Markt behaupten kann. Die Fertigung umfasst über 70 Spritzgießmaschinen, 24 Extrusionslinien und die Großschmelzanlagen. Darin werden Komponenten um einen Kern aus einer Zinn-Wismut-Legierung gegossen, die anschließend in einem Ölbad ausgeschmolzen wird (Bild 2). So lassen sich nahtlose Hohlkörper in Formen produzieren, die mit normalen Spritzgießwerkzeugen nicht realisierbar sind. Entsprechend hoch ist der Energiebedarf. Die Maschinenabwärme ist so groß, dass damit der gesamte Firmensitz beheizt werden kann. Statt einer Heizungsanlage gibt es lediglich zwei 400-kW-Heizpatronen zur elektrischen Wärmeerzeugung an Wochenenden oder Feiertagen, an denen die Produktion ruht. Diese Defizit-Heizung hat aber einen Haken, der sich beim Hochfahren der Produktion zeigt: Während die elektrischen Heizpatronen weiterlaufen müssen, bis die Spritzgießmaschinen genügend Abwärme ins System einspeisen, verursachen die Spritzgießmaschinen die größten Einschaltspitzen. Zwar nimmt man die Maschinen anhand eines Einschaltprotokolls sukzessive in Betrieb. Das Verfahren bindet jedoch Kapazitäten und ist fehleranfällig. Denn die Belegschaft muss ständig die Verbräuche überwachen und sehr vorausschauend Geräte wegschalten, wenn eine zu hohe Lastspitze droht.

Vermeidbare Lastspitzen erkennen

Eine komfortablere Lösung war gefordert, die automatisch erkennt, wenn sich vermeidbare Lastspitzen abzeichnen. In so einem Betriebszustand sollten bestimmte Anlagenteile vorübergehend abgeschaltet werden, ohne die Produktion zu beeinflussen. Dafür boten sich neben den Heizpatronen die Heizungen der größeren Ausschmelztanks an. „Die Einschaltspitzen der Spritzgießmaschinen dauern eine halbe Stunde“, geht Uwe Hempel als Mitglied des Energiemanagement-Teams ins Detail. „Bei unseren großen Ausschmelztanks können wir bis zu fünf Temperiergeräte ohne Weiteres für eine Viertelstunde abschalten. Die 2.000-l-Ölbäder reagieren so träge, dass die Produktion trotz dieser Teilabschaltungen nicht beeinträchtigt wird.“ Bereits das Energiemanagement gemäß ISO 50001 war bei Joma-Polytec mit Janitza-Produkten realisiert worden, wobei mehr als 200 Messgeräte und die Software Gridvis Expert zum Einsatz kommen. „Wir sehen, welche Abteilung wie viel Strom verbraucht, wo man einsparen kann und wie die Lastgänge sind“, so Hempel. In der Agenda für die Zertifizierung hat das Unternehmen bestimmt, alle festinstallierten Geräte über 10 kW Leistung zu messen. „Das sind schon viele Messstellen, aber die kleinen UMG-Messgeräte sind sehr kostengünstig“, erläutert Hempel. „Und so haben wir einen schönen Überblick über den Maschinenpark.“ Denn mit Kennzahlen wie Materialverbrauch und Stromverbrauch lassen sich trotz des vielfältigen Maschinenparks Aussagen über die Effizienz einzelner Geräte treffen. „Auch wenn wir einen Versuch fahren, um noch mehr Energie einzusparen, müssen wir den Lastgang messen. Wie will man sonst nachvollziehen, ob ein Verfahren wirklich effizienter ist?“ Aufgrund dieser Erfahrungen bekam das Lastmanagement-System Emax von Janitza den Zuschlag.

Blick in die Trafostation in der Mehrere Displays hängen. Emax läuft auf dem Janitza UMG 508 auf dem Monitor rechts im Bild. Das UMG 96 RM liefert die Messungen für das Energiemanagement.
Bild 3: In der Trafostation: Emax läuft auf dem Janitza UMG 508 rechts im Bild. Das UMG 96 RM liefert die Messungen für das Energiemanagement. (Bild: Martin Witzsch)

Spitzenlastmanagement aus dem Messgerät

Die Emax-Software kann direkt auf kompatiblen Universalmessgeräten und Spannungsqualitätsanalysatoren wie dem UMG 508 (Bild 3) installiert werden, wo sie auf Basis der an einem Digitaleingang eingehenden Wirkleistungsimpulse und der Gesamtwirkleistung die notwendigen Größen zur Einhaltung eines vorgegebenen Maximalwertes ermittelt. Den Wert für die Gesamtwirkleistung kann das Messgerät dabei selbst errechnen oder per Modbus erhalten. Die Software berechnet innerhalb der eingestellten Messperiode kontinuierlich Mittelwert, Momentanwert, Trendwert und Korrekturleistung. Droht eine Überschreitung des mit dem Energieversorger vereinbarten Maximums für eine Messperiode (meist eine Viertelstunde), schaltet das System gemäß vordefinierter Regeln bestimmte Verbraucher vorübergehend ab und nach Abklingen der Spitze wieder zu. Die Software hält auf diese Weise das tariflich vereinbarte Leistungsmaximum für jede Messperiode ein und minimiert die Anzahl der Abschaltungen sowie dadurch bedingte Beeinträchtigungen des Betriebsablaufs. Vertriebsmitarbeiter Hans Marth von Janitza erläutert: „Wir bieten eigene I/O-Module an, die FBM-Feldbusmodule, die über Modbus RTU mit dem Messgerät kommunizieren. Damit lassen sich je nach Messgerät bis zu 64 Verbraucher sehr flexibel abschalten. Man kann sogar für einzelne Zeiträume unterschiedliche Abschaltprioritäten festlegen.“

Netzwerkverteiler: Über Netzwerkverteiler lässt sich jeder Punkt der Fertigung bequem anbinden.
Bild 4: Über Netzwerkverteiler lässt sich jeder Punkt der Fertigung bequem anbinden. (Bild: Martin Witzsch)

Vorhandene Strukturen nutzen

Die Programmiermöglichkeiten von Emax erfüllten alle Anforderungen von Joma-Polytec, aber es gab noch einige Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Ein Problem waren die räumlichen Gegebenheiten und die Produktionsausdehnung in Bodelshausen. Gemessen werden sollte an der Trafostation, an der Stirnseite des Gebäudes. Von dort laufen 2.500-A-Stromschienen gut 200 m durch die gesamte Anlage zu den Heizungen am anderen Ende des Baus. Uwe Hempel: „Wir wollten über die lange Strecke keine Busleitung legen, da wir bereits ein Netzwerk mit einer Glasfaserleitung und Netzwerkverteilern haben.“ (Bild 4). Die Lösung war rasch gefunden: An der Trafostation wurde ein UMG-508-Messgerät mit einer entsprechenden Netzwerkschnittstelle installiert. Die Anbindung im Anlagenfeld übernehmen zwei Wago-I/O-Module, mit denen sich die Heizungen ohne Eingriff in die Maschinensteuerung über zweistufige Schütze abschalten lassen. In der Emax-Software sind für die Heizpatronen und die Ölbäder drei Prioritätsstufen hinterlegt, die nacheinander abgeschaltet werden. Das Wiedereinschalten erfolgt zeitversetzt. Via Dauermonitor im Leitungsbüro kann die Belegschaft alle Vorgänge überwachen. „Alle Kollegen haben die Anzeige jederzeit im Blick und erkennen sofort, wenn es ein Problem gibt und wir eingreifen müssen“, sagt Elektroleiter Hempel. „Trends und Lastspitzen sind sehr gut zu erkennen. Selbst der Auditor der ISO 50001 war begeistert.“ Das Spitzenlastmanagement erfasst alle relevanten Vorgänge, ist aber trotzdem schlank gehalten. Gemessen wird nur in der Spritzerei. Die Extrusion mit ihrer gleichmäßigen Grundlast trägt nicht zu den Lastspitzen bei. Außerdem läuft Emax nur auf einem der beiden Trafos. Da diese gekoppelt sind, genügt es, die Werte zu duplizieren, um eine Übersicht über die gesamte Anlage zu erhalten.

Quelle: Janitza

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