Post Industrial Material aus Automobilen.

Bislang gelangen nur verchromte Bauteile aus der Produktion in den Recyclingprozess. Aufgrund kommender EU-Verordnungen könnten in Zukunft auch die Automobilhersteller gezwungen sein, eine gezielte Rückführung der Bauteile aus ihren gebrauchten Fahrzeugen einzuleiten. (Bild: BIA)

Mit dem Vorschlag zur Zirkularität in der Automobilindustrie vom 13. Juli 2023 hat die EU-Kommission Vorgaben für das Recyceln von Metall und Kunststoff im Automobilsektor festgelegt. So sollen ab dem Jahr 2030 25 % aller Kunststoffe und 20 % aller Metalle für Neufahrzeuge aus den verschrotteten Altfahrzeugen stammen. Danach sollen diese Quoten weiter auf 30 % angehoben werden. Erfüllt ein Hersteller diese Forderung nicht, soll es keine Zulassung für dieses Fahrzeug geben. Diese Zwangsmaßnahmen sind nötig geworden, da sich die Automobilhersteller laut EU-Kommission allzu oft ihrer Verantwortung beim Recycling von Altfahrzeugen entziehen und diese lieber in Nicht-EU-Länder exportieren, wo die im Fahrzeug enthaltenen Materialien und Rohstoffe im besten Falle entweder auf Deponien verloren gehen oder unkontrolliert in die Umwelt gelangen. Gleichzeitig muss Europa Rohstoffe importieren oder Neumaterial herstellen, um die verloren gegangenen Ressourcen wieder zu erneuern.

Hohe Kosten erschweren Recycling

Doch warum wird heute in der Regel Neumaterial eingesetzt? Immer dann, wenn es aus technischen oder kommerziellen Gründen einfacher ist, Neumaterial einzusetzen, besteht die Gefahr, dass gebrauchte Produkte als Müll entsorgt und verbrannt oder deponiert werden. Das Recycling von Fahrzeugen erfordert eine relativ aufwendige, teilweise manuelle Zerlegung und Sortierung von Altfahrzeugen, die in Europa aufgrund der Lohnkosten dem Wert der zurückgewonnenen Materialien gegenüberstehen. Damit ist das Schreddern und Verhütten des Gesamtfahrzeugs oft deutlich günstiger als eine Zerlegung und Wiederverwertung der einzelnen Materialien. Dies ist besonders schmerzlich, da die Zusammensetzung der Baugruppen und Einzelteile im Internationalen Material Daten System (IMDS) schon seit 2001 hinterlegt wird und somit eine genaue Informationsbasis für die Sortierung der Materialien besteht. Oft gibt es aber auch technische Gründe für den bevorzugten Einsatz von Neumaterialien. So müssen Kunststoffe, die im Dekorbereich eingesetzt werden, eine hohe Reinheit besitzen, damit eine fehlerfreie Optik oder die benötigten technischen Eigenschaften erzielt werden können. Um diese Reinheit beim Sortierprozess zu erzielen, hätten die bei der Herstellung der Fahrzeuge eingesetzten Materialien sehr ähnlich, wenn nicht sogar gleich sein müssen. Daher kann beim Recycling der meisten Kunststoffe im Fahrzeug kaum die Qualität des Ausgangsmaterials wieder erreicht werden. Das chemische Recyceln kann dieses Problem bedingt lösen, ist jedoch sehr energieintensiv und benötigt die Neuproduktion der Kunststoffe aus den Monomeren.

Ausschnitt eines Bauteils aus Rezyklatkunststoff.
Galvanokunststoffe mit Rezyklatanteilen besitzen die gleichen Haftungseigenschaften wie Neumaterial. Sie erfüllen die Anforderungen der Automobilindustrie und können so dabei helfen, Recyclingquoten in Neufahrzeugen zu erreichen. (Bild: BIA)

Energieeffizienter Wiederverwertungsprozess

Genau diese Nachteile des Recyclings können verchromte Kunststoffe kompensieren. Ein typisches Bauteil aus verchromtem Kunststoff besteht zu circa 75 % aus Kunststoff und 25 % aus Metall, das wiederum zu 66 % aus Kupfer, 33 % aus Nickel und maximal 1 % aus Chrom besteht. Am Ende der Nutzungsdauer sind diese Rohstoffe bei verchromten Kunststoffen im Gegensatz zu lackierten, PVD-beschichteten oder folierten Kunststoffen als Wertstoffe noch vollständig erhalten und stehen als zusätzliche Wertschöpfung des Recyclingprozesses den Kosten des Recyclings entgegen. Auf das Gewicht des Schrottmaterials bezogen besitzt ein galvanisiertes Kunststoffbauteil einen 2,5- bis 3-fach höheren Wert in Bezug auf die Rohstoffkosten als ein lackiertes Bauteil. Aus diesem Grund sind verchromte Kunststoffabfälle aus der Produktion der Bauteile schon immer recycelt worden. Da man die Kunststoffe allerdings nicht sauber vom Metall trennen konnte, wurden nur die Metalle wiederaufbereitet und die Kunststoffe in der Regel thermisch verwertet. BIA hat mit Partnern ein Verfahren zur Trennung, Reinigung und Wiederverwertung sowohl der Metalle als auch der Kunststoffe entwickelt. Dabei werden die metallbeschichteten Kunststoffbauteile in einem wenig Energie benötigenden, mechanischen Prozess zerkleinert, wobei das Metall sich von der Kunststoffoberfläche ablöst. Die Metallschicht wird aufgrund des Nickels einfach per Magnetabscheidung vom Kunststoff getrennt und wiederaufbereitet. Der Kunststoff kann zu 100 % wiederverwertet werden und in die Herstellung neuer Bauteile einfließen.

Verchromtes Kunststoffbauteil eines Fahrzeugs
Aus Alt mach Neu: Verchromte Kunststoffbauteile aus Fahrzeugen lassen sich gut in ihre Bestandteile, Metalle und Kunststoff trennen. Aufbereitet können diese dann wieder für Bauteile in neuen Fahrzeugen verwendet werden. (Bild: BIA)

Bis zu 50 % Rezyklat in Bauteilen

Ein weiterer Vorteil galvanisierter Kunststoffe liegt auf der Hand: Verchromte Kunststoffe sind bei der Demontage von Fahrzeugen einfach erkennbar und daher gut aussortierbar. Hinzu kommt, dass sämtliche Kunststoffe, welche sich zum Galvanisieren eignen, Galvanotypen von ABS- oder PC/ABS-Kunststoffe sind. Sie sind in ihren Eigenschaften kompatibel zu-einander und lassen sich vollständig mischen. Daher können die Rezyklate mit bis zu 50 % Anteil mit Neumaterial gemischt und wieder verarbeitet werden, ohne dass es Probleme mit den Eigenschaften der neuen Bauteile gibt. BIA hat dazu neue Kunststofftypen entwickelt, die unter dem Namen Remap (remap.biz) und einer entsprechenden Typenbezeichnung als ABS- oder PC/ABS-Blends verwendet werden. Die Qualifizierungen bei Automobilherstellern sind angelaufen und teilweise schon erfolgreich abgeschlossen. Es lassen sich alle Vorteile echtmetallbeschichteter Kunststoffe darstellen. Während das Recycling der Post-Industrial-Abfälle (Hersteller) bereits angelaufen ist, muss noch der Post-Consumer-Kreislauf geschlossen werden, damit genügend Material zur Aufbereitung zurückfließt, um die Zielvorgabe von mindestens 30 % Rezyklatanteil in den Neuprodukten erreichen zu können.
BIA garantiert schon heute die Rücknahme seiner galvanisierten Bauteile innerhalb der gesamten Lieferkette. Jetzt ist die Initiative der Automobilhersteller gefragt. Diese müssen mit ihren Partnern unter den Automobilverwertern Wege zum Zerlegen der Altfahrzeuge entwickeln und die entsprechenden Bauteile an die Erzeuger zurückführen.

Quelle: BIA

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