Extrusionsanlage: Krauss Maffei Extrusion ZE25 mit Unterwassergranulierung im Technikum des KUZ.

Bild 2: Krauss Maffei Extrusion ZE25 mit Unterwassergranulierung im Technikum des KUZ. (Bild: KUZ)

Gelber Partikelschaum: Morphologie geschäumter Bauteile vor der Aufbereitung.
Morphologie geschäumter Bauteile vor der Aufbereitung. (Bild: KUZ)

Das Kunststoff-Zentrum in Leipzig (KUZ) nutzt das neu entwickelte Additiv Scona TPPET 4214 PA der BYK-Chemie für die reaktive Compoundierung von Post Consumer rPET. Das Anheben des Eigenschaftsniveaus ermöglicht das prozesssichere Verarbeiten des Polymers zu technischen Leichtbauteilen.

Wie lässt sich nicht kreislauffähiges rPET nutzen?

Weißer Partikelschaum: Morphologie geschäumter Bauteile nach der Aufbereitung.
Morphologie geschäumter Bauteile nach der Aufbereitung. (Bild: KUZ)

Post-Consumer-Abfälle aus Polyethylenterephthalat (PET) stammen beispielsweise aus Folien, Tiefziehtrays, Blister oder Chipkarten. Diese Produkte werden durch den Verbraucher den Sammlungen der Dualen Systeme zugeführt und gelangen von dort in die großtechnische Aufbereitung. Das Rezyklat (rPET), auch Flakes genannt, ist noch geringfügig kontaminiert. Thermomechanische und hydrolytische Abbaureaktionen führen zu stark schwankenden rheologischen Eigenschaften, wodurch ein Rückführen in die Flaschenproduktion nicht möglich ist. Dies trifft auch auf nicht mehr kreislauffähige Ein- oder Mehrwegflaschen zu. Um die Flakes für den Spritzgieß- und insbesondere den Schaumspritzgießprozess nutzbar zu machen, gilt es, das rheologische Niveau an das von Virgin Material anzugleichen. Ein „Upcycling“ gelingt durch reaktive Compoundierung mit Scona TPPET 4214 PA der BYK-Chemie.

Wie das Additiv wirkt

REM-Aufnahme des feinzelligen rPET-Schaums.
REM-Aufnahme des feinzelligen rPET-Schaums. (Bild: KUZ)

BYK-Chemie ist bekannt für eine breite Palette von Produkten, die auf funktionalisierten Polymeren basieren und unter dem Markennamen Scona erhältlich sind. Diese sind meist unpolare Polymere, die durch chemisches Pfropfen mit zusätzlichen funktionellen Monomeren modifiziert werden. Typischerweise werden ungesättigte Monomere wie Maleinsäureanhydrid (MSA), 2,3-Epoxypropylmethacrylat (GMA), Methacrylsäureanhydrid (AA), die zusätzliche funktionelle Gruppen enthalten, durch einen radikalischen Additionsmechanismus auf das Polymer aufgepfropft. Auf diese Weise können eine Vielzahl funktioneller Polymere mit völlig unterschiedlichen Eigenschaften entstehen. Auch die Länge des Polymers und die Menge des aufgepfropften Monomers sind während der Reaktion steuerbar. Das hier verwendete Produkt ist ein neuartiger leistungsstarker polymerer Modifikator auf Basis eines mit GMA funktionalisierten Polyethylenterephthalats (PET). Wegen seiner reaktiven Epoxidgruppen wirkt das Additiv als Viskositätserhöher in Polykondensationspolymeren. Das Anheben des Molekulargewichts steigert auch die Viskosität beim Einarbeiten in das Basispolymer. Auf diese Weise wird eine gute Verarbeitbarkeit bei der Extrusion, beim Thermoformen und auch beim Schaumspritzgießen erreicht. Da das Additiv PET-basiert ist, eignet es sich besonders gut für den Einsatz in PET-basierten Compounds. Gegenüber klassischen Kettenverlängerern wie beispielsweise Pyromellitsäuredianhydrid (PMDA) oder Tetraglycidyl-Diamino-Diphenyl-Methan (TGDDM) ist das entwickelte Additiv deutlich höhermolekular aufgebaut. Der Additivhersteller produziert auch Typen, die mit MSA oder AA gepfropft sind.

Mit diesen Parametern wurde compoundiert

Reaktive Prozesse wie sie üblicherweise bei der Polymerherstellung zum Einsatz kommen, können auch zur gezielten Polymermodifikation genutzt werden. Die Einarbeitung des Additivs erfolgt am KUZ durch einen gleichläufigen Doppelschneckenextruder des Typs (ZE) ZE25Ax47D-UTXi-UG (Schneckendurchmesser: 25 mm, L/D: 47, L: 1175 mm) von Krauss Maffei Extrusion (Bild 2).

Was ist der IV-Wert?

Die Polymerkettenlänge beziehungsweise das Molekulargewicht des Materials wird in der PET-verarbeitenden Industrie durch die intrinsische Viskosität IV in Deziliter pro Gramm (dl/g) charakterisiert. Der IV-Wert ist das entscheidende Qualitätskriterium für die Wareneingangs- und Produktionsüberwachung. Aus dessen Niveau und Konstanz leitet die Qualitätskontrolle wichtige Schlussfolgerungen für die Verarbeitbarkeit, die Kristallinität und die mechanischen Eigenschaften ab. Für die großtechnische Flaschenproduktion gilt beispielsweise ein IV-Wert von 0,8 dl/g als Richtwert für das Verarbeiten.

Für eine minimale thermomechanische Beanspruchung des Polymeren und der somit materialschonenden Aufbereitung sind die Schneckendorne ausschließlich mit Förderelementen bestückt. Dagegen zeigt ein vorgeschalteter Versuch mit fördernden Knetblöcken und einem Rückstauelement vor der Entgasungseinheit nachteilige Auswirkungen auf das Eigenschaftsniveau. Die Dosierung des Additivs beträgt 10 % und erfolgt gravimetrisch über den Haupteinzug des Zweischneckenextruders mittels Flexwall-Dosierer DDW-M-F40 von Brabender. Die 7 Heizzonen weisen eine Temperatur von 260 °C, der Einzugsbereich 40 °C auf. Die Granulatherstellung erfolgt mit einem Unterwassergranulator EWA10 von Econ unter Verwendung einer Einlochdüsenplatte.

ZE25Ax47D mit gezogenem Schneckenpaar, Probenentnahme bei 9,5, 19, 28,5 und 38D.
Bild 3: ZE25Ax47D mit gezogenem Schneckenpaar, Probenentnahme bei 9,5, 19, 28,5 und 38D. (Bild: KUZ)

So steuert die reaktive Compoundierung die Eigenschaften

Infolge der Zugabe des Viskositätserhöhers zeigt sich entlang der Compoundierstrecke ein signifikanter Anstieg der Schmelzeviskosität. Um Polymermaterial für Viskositätsmessungen zu erhalten, können die gefüllten Schnecken elektromotorisch aus dem Verfahrensteil herausgezogen werden (Ul-traglide-Funktion des ZE). Die 4-fache Probenentnahme erfolgt vom Einzug abwärts in einem Abstand von rund 9,5D. Der IV-Eingangswert der rPET-Flakes beträgt 0,64 dl/g und steigert sich entlang der Compoundierstrecke auf 0,79 dl/g (Bild 3). Bild 4 zeigt den Effekt der reaktiven Compoundierung auf die intrinsische Viskosität IV der reinen beziehungsweise mit Additiv compoundierten Flakes im Vergleich zum Virgin Material. Sowohl das Niveau als auch die Streuung des IV-Werts gleichen sich der Neuware an.

Grafik: Schlagzähigkeit und IV-Wert der rPET-Flakes und des aufbereiteten Compounds im Vergleich zu Virgin Material.
Bild 4: Schlagzähigkeit und IV-Wert der rPET-Flakes und des aufbereiteten Compounds im Vergleich zu Virgin Material. (Bild: KUZ)

Als Kennwert für die mechanischen Eigenschaften dient die Schlagzähigkeit, bestimmt durch den Schlagbiegeversuch Charpy nach DIN EN ISO 179. Zu diesem Zweck werden Vielzweckprüfkörper nach DIN EN ISO 3167 Typ A spritzgegossen und geprüft. Bild 3 zeigt, dass das niedrige Niveau der Schlagzähigkeit von reinen Flakes durch reaktive Compoundierung dem Niveau des Virgin Materials angeglichen werden kann.

Bessere Schaumstruktur der Leichtbauteile

Thermomechanische und hydrolytische Abbaureaktionen der rPET-Flakes haben nicht nur negative Auswirkungen auf die mechanischen Eigenschaften. Ein Absenken des IV-Werts bewirkt ungleichmäßige rheologische Eigenschaften der Schmelze, was wiederum in einer unzureichenden Schmelzestabilität resultiert. Im Spritzgieß- und insbesondere Schaumspritzgießprozess wirkt sich dies äußerst negativ aus. Auftreten kann beispielsweise eine unzureichende Schaumbildung mit großen Hohlräumen oder wenigen Blasen in Folge Blasenkoagulation, Delamination, eine unebene, blasige Oberfläche und Gelbverfärbung in Folge von Degradationsmechanismen (Bild 1).

Zitat

Mit der richtigen Additivierung erreicht der IV-Wert von rPET den von Neuware.

Die reaktive Compoundierung mit Scona TPPET 4214 PA bewirkt ein Angleichen des IV-Werts und somit eine verbesserte Schmelzestabilität, was ein Kollabieren beziehungsweise Zusammenwachsen der Zellen verhindert. Die geschäumten Bauteile aus aufbereitetem Compound weisen eine verbesserte Schaumstruktur und eine glatte Oberfläche ohne Gelbverfärbung auf. Der visuelle Eindruck erscheint stark verbessert. Es entsteht ein sehr feinzelliger Schaum wie in der Ausschnittsvergrößerung einer REM-Aufnahme (Bild 1, rechts) dargestellt. Die Blasengröße liegt im Bereich von circa 100 µm. Nicht kreislauffähiges rPET kann auf diese Weise zu technischen Leichtbauteilen im Spritzgieß- und Schaumspritzgießprozess verarbeitet werden.

Quelle: KUZ

Kunststoffrecycling: Der große Überblick

Mann mit Kreislaufsymbol auf dem T-Shirt
(Bild: Bits and Splits - stock.adobe.com)

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