Durch das Schäumen von Polymeren mit Holzanteil soll eine Dichtereduktion erreicht werden.

Durch das Schäumen von Polymeren mit Holzanteil soll eine Dichtereduktion erreicht werden. (Bild: TH Rosenheim)

Leichtbau, ressourcenschonende Fertigungstechnologien und der Einsatz nachwachsender Rohstoffe sind zentrale Themen der Kunststoffindustrie des 21. Jahrhunderts. Biocomposites aus thermoplastischen oder duroplastischen Matrizes mit Holzfasern wie Fichte werden seit Langem in der Industrie eingesetzt [1–5]. Vorteile dieser Materialkombinationen sind kurze Zy-kluszeiten und eine gute Ökobilanz. Potenzielle Wachstumsmärkte für Biocomposites sind vor allem der Bausektor, der Automobilsektor sowie kleine neue Elektroautohersteller [6]. Im Forschungsprojekt FoWoCo (Foamed Wood Composites) untersuchen die Firmen Tecnaro, Spritzguss Müller und Tramaco gemeinsam mit der Technischen Hochschule Rosenheim chemisch geschäumte Faserverbunde mit Biopolymeren und Holzfasern. Bei Wood-Plastic-Composites ist das hohe Gewicht der Verbunde oft ein Problem. Um dem entgegenzuwirken, untersucht die Projektgemeinschaft mit weiteren Partnern das Schäumen von Wood-Plastic-Composites mit Biopolymeren und chemischen Treibmitteln. Das Treibmittel Masterbatch hat ebenfalls ein Biopolymer als Träger. Dabei konnten grundlegende Zusammenhänge von Material, Verarbeitungsparametern und Werkstoffeigenschaften identifiziert und diese an einem Demonstratorbauteil umgesetzt werden. Das Verarbeiten von biobasierten und auch biologisch abbaubaren geschäumten Holzfaserverbunden wird so nicht nur wissenschaftlich untersucht, sondern auch industrienah umgesetzt. Ein Problem bei thermoplastischen Biocomposites mit Holzfasern ist die steigende Dichte bei steigendem Holzanteil. Eine Studie der Technischen Hochschule Rosenheim zeigt, dass Polypropylen mit einem Holzfaseranteil von 30 Gew.-% eine Dichte von circa 1,05 g/cm³ erreicht. Dies erscheint zunächst nicht intuitiv. Fichte beispielsweise hat eine Dichte im darrtrockenen Zustand von rund 0,4 g/cm³ und Thermoplaste wie Polypropylen haben eine Dichte von circa 0,9 g/cm³. Es zeigt sich allerdings, dass Leerräume im Holz oftmals mit Kunststoff gefüllt werden. So ist nicht die Gesamtdichte des Holzes inklusive Freiräume, das sogenannte Lumen relevant, sondern lediglich die Dichte der Zellwände, welche rund 1,5 g/cm³ beträgt [7]. Durch das Schäumen von Biocomposites mit Biopolymeren, Holzfasern und biobasiertem chemischem Treibmittel soll das Problem der steigenden Dichte umgangen werden.

So wurde die Dichte reduziert und die Mechanik angepasst

Im Rahmen des Forschungsprojekts wurden verschiedene Polymere auf Eignung untersucht. Dazu wurde zunächst ein Standard PP (Polypropylen Homopolymer) mit einen Bio-PP (biobasiertes Polypropylen) verglichen, um grundlegende Wirkmechanismen zu verstehen und Prozessparameter zu identifizieren. Die Dichte konnte mit einem chemischen Standardtreibmittel von Tramaco signifikant und prozesssicher reduziert werden. Eine Verringerung der Dichte geht mit einer Verringerung der spezifischen Zugfestigkeit und der spezifischen Schlagzähigkeit einher. Das Bio-PP weist eine hohe Schlagzähigkeit auf. Diese Eigenschaft macht es interessant für eventuelle Anwendungen mit hohen Anforderungen an Zähigkeit und Brucheigenschaften bei schlagartiger Beanspruchung. Je nach Anforderungen und Lastenheft lassen sich mit variablem Holz- und Treibmittelanteil die gewünschten Produkteigenschaften einstellen.

Demonstratorbauteile Halbschale und Vollmaterial; Halbschale PLA, Vollmaterial PBAT, Vollmaterial PBS.
Demonstratorbauteile Halbschale und Vollmaterial; Halbschale PLA, Vollmaterial PBAT, Vollmaterial PBS. (Bild: TH Rosenheim)

Diese Demonstratorbauteile wurden verwendet

Halbschale PLA-Rückseite, Vollmaterial PBAT-Schnitt, Vollmaterial PBS-Schnitt.
Halbschale PLA-Rückseite, Vollmaterial PBAT-Schnitt, Vollmaterial PBS-Schnitt. (Bild: TH Rosenheim)

Im Rahmen des Projekts wurden zwei Demonstratorbauteile entwickelt, welche einige spritzgusstechnische Herausforderungen für chemisch geschäumte Bauteile beinhalten. Das erste Bauteil besteht aus zwei Halbschalen mit Schnapp- und Rasthaken. Das zweite Bauteil aus Vollmaterial mit sehr hohen Wandstärken. Die Demonstratoren wurden als Tierspielzeug konzipiert und als Einsätze in einem Stammformwerkzeug umgesetzt. Es wurde ein Heißkanalsystem mit langlochförmiger Verschlussnadel verwendet. Diese Geometrie der Verschlussnadel ist beim Verarbeiten von holzfasergefüllten Polymeren vorteilhaft, da der Werkstoff weniger geschert wird und die Holzfasern schonend verarbeitet werden können.

Welche Materialkombinationen getestet wurden

Auf Grundlage der ersten Erkenntnisse und der analysierten Wirkzusammenhänge von thermoplastischem Polymer, Holzfaser und chemischem Treibmittel wurden am Demonstratorbauteil weitere Materialkombinationen untersucht. Dazu wurde ein chemisches Treibmittel auf Basis eines biobasierten Polyesters entwickelt und erfolgreich angewandt. Ein PLA (Polymilchsäure), PBS (Polybutylensuccinat) und ein PBAT (Polybutylen-adipatterephthalat) jeweils mit 30 Gew.-% Holzanteil wurden mit Erfolg getestet und mit dem biobasierten Treibmittel geschäumt. Das Material des Demonstratorbauteils ist somit vollständig biobasiert und auch biologisch abbaubar. Die Struktur des Schaumes wird durch die Wahl der Prozessparameter beeinflusst. Dabei sind vor allem die Massetemperatur, die Werkzeugtemperatur und die Einspritzgeschwindigkeit relevant. Wie auch bei den zu Grunde liegenden Untersuchungen lassen sich beim Demonstratorbauteil je nach Anforderungen und Lastenheft mit variablem Holz- und Treibmittelanteil die gewünschten Produkteigenschaften einstellen.

Vier Diagramme. Dichte unterschiedlicher Materialkombinationen; die mittlere Dichte konnte signifikant und prozesssicher reduziert werden.
Dichte unterschiedlicher Materialkombinationen; die mittlere Dichte konnte signifikant und prozesssicher reduziert werden. (Bild: TH Rosenheim)

Diese Ergebnisse wurden erzielt

Faserverbunde mit Biopolymeren und Holzfasern können chemisch geschäumt und so vielversprechende Produkteigenschaften erzielt werden. Es konnten sowohl biobasierte als auch biologisch abbaubare Polymere und Treibmittel erfolgreich getestet werden. Je nach Anwendung kann ein passendes Polymer, Treibmittel und der passende Holzanteil gewählt werden.

Blick ins Werkzeug. Stammformwerkzeug mit zwei Einsätzen für zwei Demonstratorbauteile.
Stammformwerkzeug mit zwei Einsätzen für zwei Demonstratorbauteile. (Bild: TH Rosenheim)

Dank

Die Projektpartner Tecnaro, Spritzguss Müller, Tramaco und die TH Rosenheim bedanken sich herzlich beim Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie beim Forschungszentrum Jülich für die Förderung.

Mikroskopieaufnahme. Polypropylen mit 20 Gew.-% Holzanteil; bei Biocomposites mit Holzfasern steigt die Dichte, da sich Leerräume im Holz mit Kunststoff füllen; der Dichteanstieg soll durch Schäumen reduziert werden.
Polypropylen mit 20 Gew.-% Holzanteil; bei Biocomposites mit Holzfasern steigt die Dichte, da sich Leerräume im Holz mit Kunststoff füllen; der Dichteanstieg soll durch Schäumen reduziert werden. (Bild: TH Rosenheim)

Literatur

[1]
Bledzki, A.K.; Faruk, O.; Sperber, V.E.: Cars from Bio-Fibres; Macromolecular Materials and Engineering; Volume 291; S. 449-457; 2006. https://doi.org/10.1002/mame.200600113
[2]
Müssig, J.: Industrial Applications of Natural Fibres: Structure, Properties and Technical Applications; JohnWiley & Sons; Chichester; United Kingdom; 2010. https://doi.org/10.1002/9780470660324
[3]
Salit, M.; Jawaid, M.; Yusoff, N.; Hoque, M.: Manufacturing of Natural Fibre Reinforced Polymer Composites; Springer International Publishing; Basel; Switzerland; 2015. https://doi.org/10.1007/978-3-319-07944-8
[4]
Wiedl, S.; Karlinger, P.; Schemme, M.; List, M.; Ruckdäschel, H.: Comparison of Melting Processes for WPC and the Resulting Differences in Thermal Damage, Emissions and Mechanics; Materials; Volume 15; 2022. https://doi.org/10.3390/ma15093393
[5]
Obermeier, F.; Karlinger, P.; Schemme, M.; Altstädt, V.: Thermoplastic Hybrid Composites with Wood Fibers: Bond Strength of Back-Injected Structures; Materials; Volume 15; 2022. https://doi.org/10.3390/ma15072473
[6]
Partanaen, A.; Carus, M.: Biocomposites, find the real alternative to plastic – An exami-nation of biocomposites in the market; Reinforced Plastics; Volume 63; S. 317-321; 2019
[7]
Obermeier, F.; Schumacher, M.; Barth, S.; Karlinger, P.; Michanickl, A.; Schemme, M.; Altstädt, V.: Verstärkung von Polypropylen mit Holzfasern durch Direkt-Compoundierung; Zeitschrift Kunststofftechnik / Journal of Plastics Technology; Volume 17; 2021; S. 87-111 (https://doi.org/10.3139/o999.02022021)

Quelle: Technische Hochschule Rosenheim

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