Ein Mann mit blauer Hose, T-Shirt und Kappe steht vor einem sehr großen schwarzen Ballon, der fast bis zur Decke der Halle reicht.

Blasfolienanlage in der Produktion. (Bild: Polifilm)

Das vom Bundesministerium für Forschung und Entwicklung (BMBF) geförderte Projekt Rubio hat die inhaltliche Ausrichtung, den Biokunststoff Polybutylensuccinat (PBS) und seine vollständige Wertschöpfungskette vom Rohstoff bis zum Recycling so weiterzuentwickeln, dass neue, rundum einsatzfähige PBS-Typen entstehen, die den Markt für Biokunststoffe beleben und ihm neuen Schwung verleihen. Dazu hat sich ein ost- und mitteldeutsches Konsortium aus starken Unternehmen und Forschungseinrichtungen zusammengeschlossen, um nach erfolgreichem Projektverlauf die Region zu stärken und sie überregional bekannt zu machen für ihre Kompetenz rund um nachhaltige Kunststoffwirtschaft sowie als Produktionsstandort. Detaillierte Informationen zu dem Projekt wurden im Plastverarbeiter 10/2022 veröffentlicht und können dort nachgelesen werden.

Folienblasanlage mit mehreren orangenen Geräten auf grauen Kästen.
7-Schicht Folienblasanlage im Technikum Polifilm. (Bild: Polifilm)

Wie weit ist die Entwicklung von Folien aus PBS?

Die Polifilm Extrusion, Teil der international agierenden Polifilm Gruppe, ist im Projekt Rubio Teil des Konsortiums im Verbundprojekt 4, Verarbeitung. Als ein Hersteller von Extrusionsfolien auf PE- und PP-Basis bietet das Unternehmen umfangreiche und anwendungsspezifische Lösungen. Von der (Agrar-)Stretchfolie über Schutz-, Etiketten-, Verpackungs- und Kaschierfolien bis zur wasserdampf-variablen Baufolie. Die Themen Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung stehen dabei verstärkt im Fokus. Der Folienhersteller bietet Folien mit Regeneratanteil bereits seit mehreren Jahren an und will den Anteil von Regeneraten in seinen Folienprodukten in den nächsten Jahren auf über 30 % ausbauen. Erdölbasierte Folienmaterialien werden zudem bereits in ausgewählte Anwendungen durch sogenannte Green PE erfolgreich substituiert. Dabei handelt es sich um Polyethylene, welche nicht aus fossilen, sondern nachwachsenden Rohstoffquellen wie Zuckerrohr hergestellt werden.

Alles zum Thema Biokunststoffe

Eine Hand reißt einen Papierstreifen weg. Darunter steht das Wort "Biokunststoff"
Wissenswertes über Biokunststoffe finden Sie in unserem Übersichtsartikel. (Bild: thingamajiggs - stock.adobe.com)

Auf dem Weg zu einer klimaneutralen Zukunft müssen verschiedenste Rädchen ineinander greifen. Doch wie schaffen wir es, die Dekarbonisierung unserer Gesellschaft umzusetzen? Biokunststoffe sind ein wichtiger Hebel um diesem Ziel näher zu kommen. Doch was wird unter einem Biokunststoff eigentlich verstanden? Wo werden diese bereits eingesetzt? Und ist "Bio" wirklich gleich "Bio"? Wir geben die Antworten. Alles, was Sie zu dem Thema wissen sollten, erfahren Sie hier.

Was ist PBS?

PBS (Polybutylensuccinat) ist ein Biopolymer aus der Gruppe der Biopolyester und wird durch die Reaktion von Bernsteinsäure und 1,4-Butandiol hergestellt. Die Ausgangsstoffe werden durch im Rubio-Projekt mitwirkende Kooperationspartner fossilfrei hergestellt. Derzeit wird PBS sowie die modifizierte Comonomer-Variante PBSA (Polybutylensuccinat-Co-Adipat) angeboten. Beide Varianten sind zudem nach DIN 13432 biologisch abbaubar.

Biopolymere, wie sie in dem Projektkonsortium Rubio entwickelt werden, gehen dabei noch einen Schritt weiter. Der Rohstoff wird vollständig aus nachwachsenden und biologischen Reststoffen hergestellt und führt so zu einem 100 % biobasierten Material, das zudem biologisch abbaubar ist. Die pflanzlichen Rohstoffe stehen nicht mit der Wertschöpfungskette von Lebensmitteln in Konkurrenz. Diese neuartigen Materialien werden durch die im Projektbündnis beteiligten, kunststoffverarbeitenden Unternehmen zu Produkten weiterentwickelt und verarbeitet. Polifilm prüft dabei die Verarbeitung in diversen Folienanwendungen.

Thomas Büsse zum Projekt Rubio

Mann mit kariertem Hemd und kurzem grauen Haaren.
(Bild: Fraunhofer IAP)

„Die Optimierung und Weiterentwicklung von Kunststoffen hinsichtlich ihrer Rohstoffbasis, weg von fossilen Rohstoffen, hin zu pflanzlichen Wertstoffen sowie die Nutzung von biologischer Abbaubarkeit bei Eintrag von Kunststoffen in die Umwelt kann einen Beitrag dazu leisten, den ökologischen Fußabdruck der Materialien zu verringern und die Zunahme der Kunststoffmenge in der Umwelt zu verlangsamen. Dadurch kann die Kunststoffindustrie nachhaltiger gestaltet und Nachteile aufgrund eines Imageverlustes von Kunststoff (‚Plastik‘) verringert werden.“

Wie lassen sich PBS-Folien verarbeiten?

Tabelle mit Zeile Trübung und Haze in Prozent.
Tabelle 1: Optische Kennwerte der verglichenen Folientypen. (Bild: Polifilm)

Der Folienhersteller am Standort in Weißandt-Gölzau verfügt über ein Technikum mit Folienblas- und Castanlagen, die für Folienmuster oder für die Forschung und Entwicklung genutzt werden. Es können einfache Monofolien oder auch bis zu 7-Schicht Coexfolien hergestellt werden. Die neuartigen PBS-Materialien wurden zunächst umfangreich als Monofolie auf Extrusionscast- und Blasanlagen getestet. Das Material lässt sich dabei gut verarbeiten, die ermittelten Verarbeitungseigenschaften entsprechen denen von PE-LD (MFI 4 g/10min, Dichte 0,928 g/cm³). Vorrangig wurde das Verarbeiten auf Blasanlagen untersucht und bewertet. Zum Bewerten des Verarbeitungsbereiches wurde das Aufblasverhältnis sukzessive gesteigert. Das Aufblasverhältnis (BUR, Blow-up Ratio) beschreibt das Verhältnis des Blasendurchmessers zum Durchmesser der Foliendüse. Je höher das Aufblasverhältnis, desto größer ist der Einfluss auf die Zugfestigkeit in Querrichtung.

Das Aufblasverhältnis konnte in weiten Bereichen von 2,3 BUR bis zum maximalen Aufblasverhältnis der Versuchsanlage von 4,6 BUR gesteigert werden. Die Blasenstabilität war durchweg positiv zu bewerten. Die optische Bewertung der so hergestellten Folien liefert für das PBS eine geringfügig höhere Opazität im Vergleich zum PE-LD. Die Haze- und Trübungswerte nehmen vom PBSA zum PBS im Vergleich zum PE-LD zu. Die Folien zeigen eine ausreichende Kontakttransparenz.

Drei rote Farbtöne nebeneinander angeordnet.
Die Opazität der Folienmuster wurde auf einem roten Untergrund beurteilt. (Bild: Polifilm)

Wie steht es um die Siegelfähigkeit von PBS?

Tabelle mit den Zeilen Suerstoff und Wasserdamofdurchlässigkeit.
Tabelle 2: Barriereeigenschaften von bioabbaubaren Folien. (Bild: Polifilm)

Folien für den Verpackungsbereich werden häufig mit anderen Materialschichten oder mit sich selbst kaschiert oder verschweißt. Damit stellt die Siegelnahtfestigkeit eine charakteristische Eigenschaft von Verpackungen dar. Zum Bewerten der Siegelnahtfestigkeit wurden umfangreiche Laboruntersuchungen zum Verschweißen von Folien aus PBS durchgeführt. Zum Einsatz kam eine Hot Tack Prüfeinrichtung, die unmittelbar nach dem Schweißprozess eine mechanische Siegelnahtprüfung durchführt. Als Ergebnis aus diesen Messungen kann eine Siegelkurve erstellt werden. Im Vergleich zum Referenzmaterial (PE-LD) liefert das PBS bei gleicher Siegeltemperatur und -zeit (2 s) eine höhere Siegelnahtfestigkeit. Das PBSA liefert durchgängig auch höhere Festigkeitswerte bei geringeren Temperaturen. Die Siegelperformance der untersuchten PBS-Materialien ist mit denen von PE-LD konkurrenzfähig und übertrifft diese sogar.

Zitat

Die PBS-Folien lassen sich gut siegeln und besitzen eine hohe Siegelnahtfestigkeit.

Mit der DSC kann das Aufschmelzverhalten von Polymeren untersucht werden. Die Schmelztemperaturen von PBS und PBSA unterscheiden sich um circa 25 °C und liegen für das PBSA deutlich unter 100 °C, was den niedrigen Siegelbeginn erklärt. Aus den Aufschmelzkurven lässt sich zudem der Kristallisationsgrad berechnen. Mit der Annahme der Schmelzenthalpie von 100-prozentigem kristallinen Material (PBS: 110,3 J/g, PBSA: 135 J/g) ergeben sich Kristallinitäten von PBSA 22,4% und PBS 44,6 %. Für PE-LD werden Werte um die 35 % erhalten.

Grafik mit einer roten, blauen und schwarzen Kurve.
Die Siegelperformance von Folien aus Polybutylensuccinat liegt über der von LDPE-Folien. (Bild: Polifilm)

An den Folien wurden umfangreiche mechanische Untersuchungen durchgeführt. Dafür wurden Mono-Folien mit unterschiedlichen Aufblasverhältnissen ausgewählt. Die Folien konnten mit einer standardisierten Schichtstärke von 50 µm hergestellt werden. Durch die Variation des Aufblasverhältnisses wird die Folienperformance vorrangig quer (TD) zur Verarbeitungsrichtung beeinflusst. Im Netzdiagramm werden daher nur Daten quer zur Verarbeitungsrichtung verglichen. Die gesammelten Materialdaten sind vielversprechend und erlauben eine Übertragung auf ausgewählte coextrudierte Rezepturbeispiele.

Grafik mit einer grünen, blauen, orangenen und dunkelgrünen Linienformen.
Mechanische Materialeigenschaften in Abhängigkeit zum Aufblasverhältnis (BUR). (Bild: Polifilm)

Applikationsbeispiel: Versandtaschenfolie

Grüne Tasche mit schwarzen Henkeln.
Labormuster einer Versandtaschenfolie aus PBS. (Bild: Polifilm)

Im Produktsegment Verpackungsfolien nehmen Folien zur Konfektion von Versandtaschen einen wichtigen Platz ein. Diese Art der Verpackung wird als Versand- und Dokumententasche oder als Online-Versandtasche, aber auch als Retourenbeutel für interne Logistikprozesse genutzt. Gerade der E-Commerce-Bereich greift häufig auf dieses Versandbehältnis zurück, wenn kleinteilige Artikel oder Kleidung versendet werden. Denn im Gegensatz zu Kartonverpackungen punkten die Lösungen mit einem geringeren Gewicht und Volumen und somit mit einer verbesserten Umweltbilanz in puncto CO2-Emissionen auf dem Transportweg.

Welche Forderungen werden an eine Versandtaschenfolie gestellt?

Die Ansprüche an ein solches Produkt sind trotzdem vielfältig. In erster Linie dient die Folie dem Schutz des Verpackungsgutes, weiterhin soll die Sicht auf das Produkt verhindert werden. Die Folien müssen zudem verschweißbar sein und eine ausreichende Oberflächenenergie aufweisen. Die Anforderungen für eine Versandtasche wurden im Detail erfasst und auf den Einsatz von einer kommerziellen PBS-Type übertragen. Die Folien wurden als coextrudierte 3-Schichtfolien auf einer Blasfolienanlage mit einem Grünmasterbatch (Trägermaterial ebenfalls PBS) in den Außenschichten hergestellt. Die Farbgebung soll auf die Verwendung von nachhaltigen und ressourcenschonenden Materialien hinweisen und so die Ziele im Gemeinschaftsprojekt Rubio verdeutlichen.

Die Eigenschaften der PBS-Folientaschen

Die Folientaschen sind blickdicht und besitzen eine sehr gute Siegeleigenschaft. Im Gegensatz zu einer reinen PE-Folie bieten die PBS-Versandtaschen bereits eine Oberflächenenergie, die ausreichend hoch ist, dass Etiketten und Warenkleber direkt appliziert werden können. Die PBS-Materialien liefern über einen Zeitraum von neun Wochen eine ausreichend hohe und stabile Oberflächenenergie. PE-LD erreicht nur mittels einer Corona-Behandlung vergleichbare Werte, die aber bereits nach zwei Wochen stark abfallen. Unbehandeltes PE-LD liefert eine unzureichende Oberflächenenergie von <36 mN/m. Das Verbundprojekt 2 „Synthese“ im Rubio-Bündnis, bestehend aus Chemikerinnen und Chemikern des Fraunhofer IAP und PAZ, die in enger Abstimmung mit den Verarbeitern aus Verbundprojekt 4 derzeit daran arbeiten, eine geeignete PBS-Type zu synthetisieren und Polifilm zur Verfügung zu stellen. Im Verarbeitungstechnikum Biopolymere in Schwarzheide wurden bereits erste erfolgversprechende Verarbeitungsversuche im kleinen Maßstab durchgeführt und Optimierungen laufen.

Grafik mit einer schwarzen, orangenen und blauen gepunkteten Linie.
Oberflächenenergie über mehrwöchige Lagerung. Die Aktivierung der PE-Folien fällt ab, das Biopolymer besitzt von Haus aus eine für die Bedruckung ausreichende Oberflächenenergie. (Bild: Polifilm)

Ist aus PBS eine Barrierefolie herstellbar?

Derzeitige kommerziell verfügbare PBS-Materialien werden mit Lebensmittelzulassung angeboten und dienen als Ausgangsmaterial für die Eignungsprüfung für Folien für den Lebensmittelbereich, bis die Verbundpartner im Projekt eigene PBS-Materialien anbieten. Gerade für die Verpackung von Lebensmitteln spielt die Barriereeigenschaft des verwendeten Polymers eine entscheidende Rolle. Daher wurden die Durchlässigkeitswerte für Sauerstoff und Wasserdampf für eine 50 µm Monoblasfolie ermittelt. Wie die ersten Untersuchungen zeigen, ist die Sauerstoffbarriere und WDD-Barriere nicht ausreichend. Für den Einsatz als Lebensmittelverpackungsfolie müssen Barriereschichten in einen Mehrschichtverbund implementiert werden. Dafür werden derzeit geeignete Materialien gescreent und in den nächsten Monaten systematisch getestet und bewertet.

Quelle: Polifilm und Fraunhofer IAP

Kunststoffrecycling: Der große Überblick

Mann mit Kreislaufsymbol auf dem T-Shirt
(Bild: Bits and Splits - stock.adobe.com)

Sie wollen alles zum Thema Kunststoffrecycling wissen? Klar ist, Nachhaltigkeit hört nicht beim eigentlichen Produkt auf: Es gilt Produkte entsprechend ihrer Materialausprägung wiederzuverwerten und Kreisläufe zu schließen. Doch welche Verfahren beim Recycling von Kunststoffen sind überhaupt im Einsatz? Gibt es Grenzen bei der Wiederverwertung? Und was ist eigentlich Down- und Upcycling? Alles was man dazu wissen sollte, erfahren Sie hier.

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