Eine Hand hält ein Papier in die Höhe auf dem drei grüne Pfeile im Kreislauf zu sehen sind. Projektziel: PLA im Kreislauf führen.

Projektziel: PLA im Kreislauf führen. (Bild: Namong Productions – stock.adobe.com)

Der Biokunststoff Polymilchsäure (PLA) zählt zu den chemisch neuartigen Biokunststoffen. Dieser ist bis zu 100 % biobasiert, marktverfügbar und gemessen an der globalen Produktionskapazität im Jahre 2023 der mengenmäßig stärkste Biokunststoff (Institute for Bioplastics and Biocomposites (IfBB)). Auch zukünftig soll sich dieser Trend fortsetzen. Bis 2027 wird PLA innerhalb der Biokunststoffe eine globale Produktionskapazität von knapp 38 % prognostiziert (European Bioplastics e. V., 2023). Des Weiteren soll PLA das beste Preis-Leistungs-Verhältnis aufweisen und ist bereits hinsichtlich der Verarbeitungseigenschaften sehr gut erforscht. Jedoch werden aktuell Produkte aus PLA auch aus wirtschaftlichen Gründen nicht recycelt. Da PLA keinen direkten fossilen Pendant-Kunststoff hat, kann PLA nicht oder nur geringfügig in bestehende Recy-clingprozesse integriert werden. Weiterhin sind derzeit keine Sortieranlagen etabliert, um PLA zu sortieren, da der Materialstrom nach wie vor zu gering ist (Spierling et al., 2018). Um ein Recycling für PLA zu fördern, ist es notwendig, dass ausreichend Material auf dem Markt vorhanden ist. Hier setzt das Verbundvorhaben „Entwicklung von kreislauffähigen PLA-Blend-basierten Lebensmittelverpackungen” (PLA2Scale) an, gefördert durch: Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages, Projektträger Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR).  Die Anwendungsgebiete für Lebensmittelverpackungen aus PLA sind auch aufgrund der Gasbarriereeigenschaften eingeschränkt (Detzel et al., 2018). Sollten die Anwendungsgebiete erweitert werden, könnte der Materialstrom des Biokunststoffs ausreichend hoch und dadurch ein Sortieren und (mechanisches) Recycling auch wirtschaftlich interessant werden.

Alles zum Thema Biokunststoffe

Eine Hand reißt einen Papierstreifen weg. Darunter steht das Wort "Biokunststoff"
Wissenswertes über Biokunststoffe finden Sie in unserem Übersichtsartikel. (Bild: thingamajiggs - stock.adobe.com)

Auf dem Weg zu einer klimaneutralen Zukunft müssen verschiedenste Rädchen ineinander greifen. Doch wie schaffen wir es, die Dekarbonisierung unserer Gesellschaft umzusetzen? Biokunststoffe sind ein wichtiger Hebel um diesem Ziel näher zu kommen. Doch was wird unter einem Biokunststoff eigentlich verstanden? Wo werden diese bereits eingesetzt? Und ist "Bio" wirklich gleich "Bio"? Wir geben die Antworten. Alles, was Sie zu dem Thema wissen sollten, erfahren Sie hier.

Dieses Ziel verfolgt das Projekt

Im Projekt PLA2Scale soll ein Beitrag geleistet werden, dass der PLA-Stoffstrom durch substituierte Verpackungsmaterialien signifikant erhöht wird, um den Anreizeffekt für Sortier- und Recyclingunternehmen zu stärken, PLA als neuen Stoffstrom neben den konventionellen Kunststoffen zu recyceln. Als Gesamtziel gilt es ,unter Berücksichtigung der ökologischen Gestaltung eine Stoffstrom erhöhende Masse an recycelbaren, PLA-basierten Lebensmittelverpackungen in den Markt zu bringen. Unter einer ökologischen Gestaltung wird in dem Kontext ein materialeffizienter Einsatz und für das Packgut optimaler Produktschutz verstanden. Um einen Anstieg dieses Stoffstroms zu erzielen, werden im Projekt PLA2Scale drei Forschungsansätze verfolgt, welche in Bild 1 zusammengefasst sind. Zum einen soll durch PLA-Stärkeblends die Sauerstoffbarriere erhöht werden, um auch für sensiblere Lebensmittel wie Convenience-Produkte sowie Käse- und Wurstaufschnitt geeignet zu sein. Zum anderen soll die Gasbarriere durch PLA-Faserstoff-Biocomposite erniedrigt werden. Hierbei werden verschiedene Fasern eingesetzt, um gezielt Inkompatibilitäten zu erzeugen, die für den Gastransfer notwendig sind. Damit können auch stark respirierende Lebensmittel wie frisches Obst und Gemüse entsprechend verpackt werden. Durch diese beiden Ansätze sollen die Anwendungsmöglichkeiten von PLA oder auch PLA-Blends für marktrelevante Lebensmittelkategorien erweitert werden. Nicht nur die Funktion des Biokunststoffs kann durch PLA-Blends und Faserintegration angepasst werden. Auch der Preis kann im Vergleich zum reinen Biopolymer gesenkt werden. Parallel zur Entwicklung der Blends und Biocomposites soll PLA für die Anwendung als spritzgegossene Lager- und Transportbehältnisse mittels biobasierter Additivierung entwickelt und optimiert werden.

Schematische Darstellung der Ziele der Compoundierung von PLA im Projekt.
Bild 1: Schematische Darstellung der Ziele der Compoundierung von PLA im Projekt. (Bild: Hochschule Albstadt-Sigmaringen)

Dieses Konsortium forscht gemeinsam

Um sowohl PLA für Spritzguss als auch innovativen PLA-Blend- und Biocomposite-Folien zu entwickeln, arbeitet das Institut für Biokunststoffe und Bioverbundwerkstoffe (IfBB) der Hochschule Hannover und das Sustainable Packaging Institute (SPI) der Hochschule Albstadt-Sigmaringen in einem Konsortium gemeinsam mit zehn Industriepartnern und zwei Verbänden von der Rohstoffauswahl bis zum Upscaling auf industriellem Maßstab an den neuen Lebensmittelverpackungen. Seit Projektbeginn im November 2022 arbeitet das IfBB der Hochschule Hannover an der Materialentwicklung und Verarbeitung verschiedener PLA-Typen und Additiven, um deren Eignung für die Anwendung für Flachfolien, das Thermoformen und das Spritzgießen zu bestimmen und mit den Anforderungen der jeweiligen Verpackungen abzugleichen. Durch die verschiedenen Anwendungs- und Eigenschaftsspektren der herzustellenden Materialien, wie beispielsweise dünne Folien, transparente Schalen und stabile Transportbehälter  wurden zunächst acht verschiedene PLA-Typen besorgt und ihre physikalischen, rheologischen und thermischen   Eigenschaften bestimmt. Da die evaluierten Eigenschaften der Rohmaterialien für die Endanwendung oftmals nicht ausreichend sind, wurden verschiedenste, vorwiegend biobasierte Additive wie Schlagzähigkeitsmodifikatoren und thermische Stabilisatoren beschafft. Diese wurden je nach Anwendungsgebiet zu unterschiedlichen Gewichtsanteilen mit ausgewählten PLA-Matrices compoundiert, zu Prüfkörpern spritzgegossen und werden mechanisch, thermisch und optisch geprüft. Die Ergebnisse der ersten Prüfung zeigen, dass mit den hergestellten Biopolymer-Additiv-Compounds hinsichtlich der mechanischen Eigenschaften alle im Projekt zu realisierenden Endanwendungen abgedeckt werden können.

Welche Rohstoffe für Composite und Blends bisher getestet wurden

Compoundierte hellbraune spritzgegossene Scheibe aus PLA-Erbsenfaser.
Bild 2: Compoundierte spritzgegossene Scheibe aus PLA-Erbsenfaser (15 %), welche durch eine Heißpresse auf eine Stärke von circa 100 μm gepresst wurde, Durchmesser rund 115 mm. (Bild: Hochschule Albstadt-Sigmaringen)

Parallel erarbeitet das Sustainable Packaging Institute (SPI) der Hochschule Albstadt-Sigmaringen an der Rohstoffauswahl der Blend- und Biocompositepartner, welche vorrangig aus Rest- und Nebenströmen kommen sollen. Dafür wurden bisher 13 Faserprodukte für die Entwicklung der PLA-Faser-Biocomposite untersucht und drei stärkehaltige Nebenstromprodukte für die PLA-Stärkeblends erprobt. Für aufbauende Compoun-dierversuche mit PLA wurden Apfelfasern und Nebenströme der holzverarbeitenden Industrie getestet und spritzgegossene Prüfkörper-Scheiben hergestellt (Bild 2). Als finales Entscheidungskriterium, welcher Biocompositepartner, in welcher Konzentration und welche notwendigen Additive geeignet sind, dienen Gaspermeationsmessungen der Prüfkörper. Für respirierende Lebensmittel wie frisches Obst, Gemüse und Frischsalate bedarf es einer Wasserdampfdurchlässigkeit >10.000 g/m²d, um diese Produkte adäquat zu verpacken (Detzel et al., 2018). Für PLA-Blends mit stärkehaltigen Blendpartnern werden derzeit kartoffelbasierte Rohstoffe untersucht, welche in Form von thermoplastischer Stärke in PLA eincompoundiert werden. Beide Ansätze, PLA-Faser Biocomposite und PLA-Stärkeblend sollen zu Folien und zu thermogeformten Schalen im Pilot- und Industriemaßstab weiterverarbeitet werden, welche gegen Ende des Projektes für Abpack- und Lagerversuche von Lebensmitteln genutzt werden, um die Machbarkeit dieser Systeme aufzuzeigen.

Ökobilanzierung inklusive

Neben der technischen Entwicklung wird im Projekt die Ökobilanz der Rohstoffe, der Prozesse und der entwickelten Packmittel evaluiert. Am Projektende soll das Substitutionspotenzial der entwickelten Packmittel berechnet werden, um Aussagen darüber treffen zu können, wie viele petrochemische Kunststoffverpackungen ersetzt werden können und wie sich das auf die Ökobilanz auswirkt. Das Potenzial des Projektes PLA2Scale ist groß. Sollte es in Zukunft gelingen, PLA in ausreichender Menge am Markt zu etablieren und somit eine Sortierung und ein tragfähiges Recycling aufzubauen, hätte das auch große Effekte vor allem auf das Treibhausgas-Potenzial, welches von verschiedenen End-of-Life-Optionen für PLA das höchste Potenzial zeigte (Spierling et al., 2018).

Quelle: Hochschule Albstadt-Sigmaringen, IfBB

Fördermittelgeber:

  • Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.
  • FNR: Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V.

 

Referenzen

- Detzel A., Bodrogi, F., Kauertz, B., Bick, C., Welle, F., Schmid, M., Schmitz, K., Müller, K., Käb, H.: Biobasierte Kunststoffe als Verpackung von Lebensmitteln, BMEL, FNR. Endbericht. 2018. S. 1-122.
- European Bioplastics e.V., 2023 (online Zugriff), Bioplastics market data, https://www.european-bioplastics.org/market/#iLightbox[gallery_image_1]/1
- IfBB - Institute for Bioplastics and Biocomposites (ed.): Biopolymers – Facts and statistics 2022, Hanover 2023
- Lim, L.-T., Auras, R., Rubino, M.: Processing technologies for poly(lactid acid). Progress in Polymer
- Science, 33, 2008, p. 820-852.
- Spierling, S., Röttger, C., Venkateshwaran, V., Mudersbach, M., Herrmann, C., Endres, H.-J. Bio-based Plastics – A Building Block for the Circular Economy?, Procedia CIRP, 69, 2018, p. 573-578.

Weitere Autoren

· Manuel Hogg, stellvertrende Labor- und Technikumsleitung am SPI; technischer Mitarbeiter, Fakultät Life Sciences, Hochschule Albstadt-Sigmaringen
· Marie Tiemann, wissenschaftliche Mitarbeiterin am IfBB – Institut für Biokunststoffe und Bioverbundwerkstoffe, Hochschule Hannover

· Dr. Stephen Kroll, stellv. Institutsleitung am IfBB – Institut für Biokunststoffe und Bioverbundwerkstoffe, Hochschule Hannover
· Prof. Dr-Ing. Andrea Siebert-Raths, Institutsleiterin des IfBB – Institut für Biokunststoffe und Bioverbundwerkstoffe, Hochschule Hannover
· Prof. Dr. Markus Schmid, Institutsleiter, Sustainable Packaging Institute SPI, Fakultät Life Sciences, Hochschule Albstadt-Sigmaringen

 

 

 

 

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