Zeichnung: Eine Frau steht rechts und ein Mann lins. Dazwischen drei Blätter als Kreislauf. Hintergrund grün mit Pflanzen und Blättern.

Verpackungen weiterdenken: Warum nicht biobasierte und biologisch abbaubare Textilien verwenden? (Bild: VectorMine - stock.adobe.com)

Die meisten Textilien für Lebensmittelverpackungen am Markt bestehen aus Polyethylen (PE) oder Polypropylen (PP), biobasierte und biologisch abbaubare Materialien sind hier derzeit noch die Ausnahme. Bei den Biopolymeren sind Polyhydroxyalkanoate (PHA), Polybutylen-Succinate (PBS), Cellulose, Stärke und Polymilchsäure (PLA) neben Drop-in-Lösungen wie Bio-PE oder Bio-Polyethylenterephthalat (PET) vielversprechende Kandidaten für die Textilherstellung. Unter den genannten Biopolymeren ist PLA ein vielversprechendes Material für Textilien aufgrund seiner glatten Oberfläche, geringen Wasseraufnahme und sehr guten mechanischen Eigenschaften, die denen von PET-Fasern ähnlich sind [1,2]. Aus diesem Grund hat sich das BIOnTOP-Team für die Beforschung und Entwicklung von Verpackungstextilien auf der Basis von PLA entschieden. Vliesstoffe aus PLA können als Teebeutel verwendet werden, wobei der Teebeutel mit dem Teeinhalt industriell kompostiert werden kann. Beispielsweise wurden pyramidenförmige Teebeutel aus PLA von der Coats Group unter dem Namen RecLID Teabag auf den Markt gebracht [3]. Diese Teebeutel sind sowohl biobasiert und unter industriellen Kompostierungsbedingungen biologisch abbaubar als auch siegelfähig. Dieser Ansatz könnte papierbasierte Teebeutel ersetzen, die in der Regel mit nicht biobasierten und nicht biologisch abbaubaren Materialien funktionalisiert sind. Beispielsweise werden papierbasierte Teebeutel mit 20 bis 30 % PP-Fasern verstärkt [4], um sie siegelfähig zu machen und die Nassfestigkeit zu erhöhen. Des Weiteren wird bei den meisten Teebeuteln eine Sekundärverpackung verwendet. Diese Sekundärverpackung ist entweder papierbasiert oder aus Kunststoff und dient der Kommunikation durch die bedruckbare Oberfläche, aber auch dem Produktschutz. Mit geeigneten Sekundärverpackungen können Duftstoffe aus dem Teeinhalt weniger schnell entweichen und das Teearoma bleibt länger erhalten. Hinsichtlich einer Weiterentwicklung von Textilien für Teebeutel-Anwendungen werden im Projekt BIOnTOP zwei Hauptziele verfolgt. Zum einen besteht das Ziel in der Entwicklung einer Beschichtung, welche wasserlöslich ist und die Aromen des Teeinhaltes ausreichend schützt. Zum anderen verfolgt das BIOnTOP-Team das Ziel, gemischte PLA-basierte Fasern zu entwickeln, damit die Teebeutel heimkompostierbar sind.

Warum sich Alginat als Beschichtung eignet

Grafik mit grünem und blauem vertikalen Balken.
Bild 1: Sauerstoffpermeabilität von PLA/PBSA-Folien ohne (grün) und mit (blau) Alginatbeschichtung. (Bild: Hochschule Albstadt-Sigmaringen)

Das BIOnTOP-Team am „Sustainable Packaging Institute SPI“ der Hochschule Albstadt-Sigmaringen hat eine auf Alginat basierte Beschichtung auf PLA-Teebeuteln entwickelt. Unter den biobasierten und bioabbaubaren Materialien bietet das polare Polysaccharid Alginat sehr hohe Sauerstoffbarriereeigenschaften bei Gießfolien [5] und als Beschichtung auf Folien (Bild 1). Da polare Sauerstoffbarriereschichten meist auch eine hervorragende Aromabarriere aufweisen, sind Alginatbeschichtungen potenziell geeignet, um als Aromabarriere auf Teebeuteln zu fungieren.

Um herauszufinden, ob Alginat als Aromabarriere nützlich ist, wurde PLA-Gewebe mit einer Alginat-Wasserlösung beschichtet, mit Teeinhalt (Earl grey yin zhen tea von Dammann Frères, [6]) befüllt und mittels eines Ultraschallsiegelgerätes verschlossen (Bild 2).

Zwei nebeneinanderliegende Teebeutel mit Inhalt
Bild 2: Teebeutel aus PLA-Gewebe ohne (links) und mit Alginatbeschichtung (rechts), befüllt mit Tee und versiegelt. (Bild: Hochschule Albstadt-Sigmaringen)
Mikroskopische Aufnahme: Brauntöne in Gitterform.
Bild 3: Mikroskopische Aufnahme des PLA-Gewebes ohne (links) und mit (rechts) Alginatbeschichtung zur Aromabarriere. (Bild: Hochschule Albstadt-Sigmaringen)

Mikroskopische Aufnahmen zeigen, dass die Alginatschicht die Lücken zwischen den PLA-Fasern ausfüllen (Bild 3). Das Team der Forschergruppe „Biopolymer Processing and Functionalization“ des Sustainable Packagaging Institutes SPI an der Forschungsfabrik Sigmaringen beobachtete ein schnelles Auflösen der Alginatbeschichtung und direkt einen Übergang der Farb- und Geruchsstoffe aus dem Teebeutel in das umgebende heiße Wasser. Optisch waren keine Unterschiede des aufgebrühten Tees feststellbar.
Die sensorischen Tests, welche Geruchs- und Geschmackswahrnehmungen der Panelisten abfragten, wurden mit dem Tee im Teebeutel, also im trockenen Zustand und dem aufgebrühten Tee durchgeführt. Durch das geschulte Sensorikpanel (acht Personen, geschult nach DIN EN ISO 8586:2014-05) wurde der Tee evaluiert, welcher entweder aus dem Original PLA-Teebeutel mit Sekundärverpackung (versiegelte laut Hersteller aus PLA hergestellte Verpackung [6]) im Vergleich zum neu entwickelten PLA-Teebeutel mit Alginatbeschichtung (ohne Sekundärverpackung) aufgebrüht wurde. Die Aromabarriereeigenschaften der Sekundärverpackung von Dammann Frères [6] wurden indirekt anhand der Sauerstoffpermeation abgeschätzt. Der Messwert betrug 41 (cm³/m² d bar) (50 % relative Feuchte, 23 °C) bei einer Schichtdicke von circa 43 μm.

Was die sensorische Analyse aussagt

Die sensorischen Tests als auch die Schulung der Panelisten wurden mithilfe der Sensorik-Expertinnen Isabelle Zimmermann und Prof. Dr. Andrea Maier-Nöth der Hochschule Albstadt-Sigmaringen durchgeführt. Das trainierte Sensorikpanel untersuchte für den Schwarztee typische Aromen und charakteristische Eigenschaften wie bitter, grasig, süß, Zitrone, braune Gewürze, Bergamotte und ein Indikator für die Alginatbeschichtung mit dem Attribut „Alge“. Des Weiteren wurden das adstringierende Mundgefühl und der Geruch beurteilt. Zuerst wurde der Tee in der Originalverpackung als auch in dem neuen alginatbeschichteten PLA-Gewebe gebrüht. Die Ergebnisse der Sensorikanalyse, in welcher Geschmack und Geruch getestet wurde, sind in Bild 4 dargestellt. Zusammenfassend zeigt die sensorische Analyse, dass der aufgebrühte Tee in Geruch und Geschmack keinen signifikanten Unterschied zur Originalverpackung (PLA-Teebeutel mit versiegelter Sekundärverpackung) aufweist. Besonders erfreulich war zudem, dass die Alginatbeschichtung keinen Einfluss auf die sensorische Wahrnehmung des Tees hatte.

Zeichnung wie ein Spinnenetz und Kurven darin eingezeichnet.
Bild 4: Profilanalyse der sensorischen Beurteilung durch ein trainiertes Panel (acht Personen) von aufgebrühtem Tee in der Originalverpackung (PLA-Teebeutel mit Sekundärverpackung[6]) im Vergleich zum PLA-Teebeutel mit Alginat-Aromaschutzbarriereschicht ohne Sekundärverpackung. (Bild: Hochschule Albstadt-Sigmaringen)

Parallel zur Entwicklung der Alginatbeschichtung wurden von den BIOnTOP-Partnern an der Universität Pisa Fasern aus PLA-Blends entwickelt und getestet, die sich für den Einsatz in Textilien eignen und verbesserte biologische Abbaubarkeitseigenschaften aufweisen. Neben PLA/Polybutylen-Succinate-Koadipat (PBSA)- Blends wurden auch PLA/Polycaprolacton (PCL)-Blends evaluiert. Obwohl eine endgültige Formulierung für Teebeuteltextilien noch aussteht, konnten Formulierungen entwickelt werden, die in Bioabbaubarkeitstests eine Heimkompostierbarkeit in weniger als einem Jahr zeigten, was beim BIOnTOP-Partner OWS in Belgien untersucht wurde. Das angestrebte finale Ziel der neuen innovativen Teebeutel ist, eine vollständige Heimkompostierbarkeit zu erreichen und mittels der Alginatbeschichtung die Qualität des Tees sicherzustellen.

Sinngemäße Anwendungsgebiete ausloten

Dieses Entwicklungsziel deckt sich mit den Absichten der Europäischen Kommission. Vertreter der Europäischen Kommission haben auf der European Bioplastics Konferenz im Dezember 2022 wiederholt darauf hingewiesen, dass zuerst geprüft werden muss, in welchen Anwendungsgebieten biologisch abbaubare Verpackungen auch wirklich Sinn ergeben. Damit soll verhindert werden, dass Produkte wie Verpackungen (unvorsichtig) in die Umwelt gelangen („Littering“ Problematik). Auch wenn die primären Ziele der Europäischen Kommission Reduce, Recycle und Reuse von Verpackungen sind, gibt es einen Textvorschlag der Europäischen Kommission, der die Kompostierbarkeit von Verpackungen für bestimmte Anwendungen verpflichtend machen soll, wozu auch Teebeutel (neben Kaffeepads, Etiketten auf Früchten und sehr leichten Kunststofftragetaschen) gehören [7]. Teebeutel mit Aromabarriere, wie sie in BIOnTOP entwickelt wurden, die aus einem sehr hohen biobasierten Materialanteil bestehen und gleichzeitig heimkompostierbar sind, stellen eine Innovation dar, die einen Beitrag zu einer nachhaltigeren, kreislauforientierten Bioökonomie leisten kann. In den letzten Monaten des EU-Verbundprojektes, welches Ende Mai 2023 endet, arbeitet das Konsortium aus 21 Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft an den finalen Verpackungs-Demonstratoren, welche im Großmaßstab hergestellt und hinsichtlich ihrer Marktfähigkeit validiert werden.

Dank

This project has received funding from the Bio-based Industries Joint Undertaking (JU) under the European Union’s Horizon 2020 research and innovation programme under grant agreement No 837761. The JU receives support from the European Union’s Horizon 2020 research and innovation programme and the Bio-based Industries Consortium.

Literatur

[1] Reichert, C. L., Bugnicourt, E., Coltelli, M.-B., Cinelli, P., Lazzeri, A., Canesi, I., Braca, F., Martínez, B. M., Alonso, R., Agostinis, L., Verstichel, S., Six, L., Mets, S. de, Gómez, E. C., Ißbrücker, C., Geerinck, R., Nettleton, D. F., Campos, I., Sauter, E., Pieczyk, P. and Schmid, M. 2020. Bio-Based Packaging: Materials, Modifications, Industrial Applications and Sustainability. Polymers, vol. 12, no. 7.

[2] Dugan, Jeffrey S. (2001): Novel Properties of PLA Fibers. In: International Nonwovens Journal os-10 (3), 1558925001OS-01000308. DOI: 10.1177/1558925001OS-01000308.

[3] Coats Group PLC: RecLID Teabag Biodegradable polylactic acid fibre used in the manufacturing of tea bags. Online verfügbar unter https://www.coats.com/en/Products/Yarns/RecLID-Teabag/RecLID-Teabag, zuletzt geprüft am Zugriff am 19.01.2023.

[4] Martien van den Oever, Karin Molenveld, Maarten van der Zee, Harriëtte Bos (2017): Bio-based and biodegradable plastics - Facts and Figures. Hg. v. Wageningen Food & Biobased Research. Wageningen, Netherlands. Online verfügbar unter http://dx.doi.org/10.18174/408350.

[5] Jost, Verena; Stramm, Cornelia (2016): Influence of plasticizers on the mechanical and barrier properties of cast biopolymer films. In: J. Appl. Polym. Sci. 133 (2), n/a-n/a. DOI: 10.1002/app.42513.

[6] DAMMANN Frères (2023): Flavored black tea - N°0 - Earl Grey Yin Zhen. Online verfügbar unter https://www.dammann.fr/en/the-noir-earl-grey-yin-zhen.html#, zuletzt aktualisiert am 19.01.2023, zuletzt geprüft am 19.01.2023.

[7] Europäische Kommission, 2022, Proposal for a Regulation on packaging and packaging waste, Online verfügbar unter https://environment.ec.europa.eu/publications/proposal-packaging-and-packaging-waste_en

Quelle: Hochschule Albstadt-Sigmaringen

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