Grafik mit einer roten und schwarzen Trendkurve. Dahinter ein Oberkörper von einem Mann mit grauem Jackett und roter Krawatte. Zeigt mit dem Zeigefinger auf die Grafik.

(Bild: Photo-K – Fotolia.com)

Update vom 28.09.23: Wohnungsbau: Baukrise schwelt weiter

Da die Bauindustrie einer der wichtigsten Nachfrager nach Kunststoffprodukten ist, rücken wir sie immer mal wieder besonders ins Blickfeld. Nicht nur Baubedarfsartikel werden für diesen Sektor produziert, sondern auch Halbzeuge (Platten, Rohre, Folien, Profile), Technische Teile (zum Beispiel für Haustechnik, Heizungen), Konsumwaren (Einrichtungsgegenstände), ja sogar „Verpackungsmittel“ (Tanks). In den letzten Jahren war die Bauindustrie ein verlässlicher Stützpfeiler der Kunststoffwarenproduktion. Das hat sich im Laufe des Jahres 2022 geändert. Seit August geht die Zahl der Baugenehmigungen immer stärker zurück. Im zweiten Quartal 2023 hat sich die Lage nun weiter verschärft: Es wurden noch weniger Baugenehmigungen erteilt als im ersten Quartal, im Monatsschnitt noch 17.950 gegenüber 19.230 im ersten Vierteljahr, also knapp 1.300 Wohnungen pro Monat oder 6,6 % weniger. Im Vergleich zum Vorjahresquartal waren es gleich 8.900 Wohnungen pro Monat weniger, oder -33,2 %. Im Juli wurden weniger als 16.800 Wohnungen neu genehmigt, was einem Rückgang gegenüber dem Vorjahrsmonat von etwas über 36 % entspricht. In den ersten sieben Monaten 2023 wurden noch knapp über 128.300 Baugenehmigungen erteilt, was einem Rückgang gegenüber dem Vorjahreszeitraum von fast 40 % gleichkommt. Diese Zahlen bedürfen keines weiteren Kommentars.

Grafik mit blauen Balken und roter Kurve.
(Bild: Destatis)

Update vom 19.09.23: Produktion: Leichte Entspannung?

Während sich im Juni das Produktionsminus gegenüber dem Vorjahresmonat im Vergleich zum Mai kaum veränderte, hat sich der Rückgang im Juli gegenüber dem Vorjahresmonat deutlich abgeschwächt. Das Minus beträgt nun „nur“ noch -7 % gegen -9 % im Juni und -9,2 % im Mai. Ob das schon eine Trendwende einleitet, lässt sich so noch nicht sagen. Dazu müsste sich das Minus im August weiter abgeschwächt haben und in den Folgemonaten weiter reduzieren. Immerhin liegt die Produktion mit 93,4 % des Basisjahres 2015 wieder auf Mai-Niveau, während sie im Juni auf einen kurzfristigen Tiefststand von 92,8 Punkten gefallen war. Technisch gesehen, scheint eine Stabilisierung möglich, weil der Rückgang ab August 2022 verstärkt eingesetzt hatte, und eine weitere Verschlechterung eigentlich kaum vorstellbar scheint. Aber das wäre Kaffeesatzleserei. Schwache Auftragseingänge in Abnehmerbranchen (für die Kunststoffverarbeitung werden – der EU sei Dank – keine mehr erhoben) und sinkende Baunachfrage sprechen jedenfalls nicht für eine durchgreifende Erholung.

Grafik mit blauen Balken und roter Kurve.
(Bild: Destatis)

Verlierer: Die deutschen Verarbeiter

Zwischen 2015 und 2017 war die Produktion in der EU kräftig gewachsen, 2018 war dann Schluss, nur die deutschen Verarbeiter konnten noch etwas zulegen. Besonders gelitten haben Italien und Frankreich durch die Pandemie, sie konnten aber danach entweder wieder zum alten Stand aufschließen oder ihn sogar übertreffen (Italien). Spanien hat die Pandemie glimpflicher überstanden und seither mächtig expandiert. Die deutschen Verarbeiter setzen ihren – durch die Aufholjagd nach der Pandemie unterbrochenen – Abwärtstrend seit 2019 fort, mit einem besonders jähen Absturz im ersten Halbjahr 2023.

Grafik mit fünf Kurven.
(Bild: Eurostat)

Halbzeugproduktion bricht ein

In der Halbzeugfabrikation (Platten, Folien, Rohre, Profile) sehen wir ab 2022 einen nie dagewesenen Einbruch. Bis 2021 oszillierte der Ausstoß um die Marke von 105. Frankreich rangierte etwas darunter, Italien anfangs deutlich darüber. Und Spanien weitete die Produktion im Jahr 2021 stark aus. Aber seither geht die Produktion überall massiv zurück, die deutschen und französischen Herstellen fallen im ersten Halbjahr 2023 auf etwas mehr als 85 Indexpunkte zurück. Über die Ursachen lässt sich nur spekulieren, könnte aber stark mit dem Zinsanstieg und der nachlassenden Bautätigkeit zusammenhängen.

Grafik mit fünf Kurven.
(Bild: Eurostat)

Packmittel: Gewinner sitzen am EU-Rand

Packmittelhersteller konnten sich nach einem relativ leichten Rückgang in der Pandemie schnell wieder aufrappeln und haben 2022 einen neuen Produktionsrekord aufgestellt – in der EU. Für deutsche Hersteller gilt das nicht, sie befinden sich auf dem absteigenden Ast. Die italienische Konkurrenz konnte nicht ganz zum früheren Niveau aufschließen und verliert nun auch, nicht ganz so stark wie die französischen Mitbewerber. Spanische Verarbeiter eilen davon, auch einige kleinere Länder. Vermutlich auch die polnischen Hersteller, deren Daten aber geheim gehalten werden.

Grafik mit fünf Kurven.
(Bild: Eurostat)

Italien und Spanien boomen beim Baubedarf

Baubedarfsartikel (Sanitärausstattungen, Türen und Fenster), lange Zeit eine sichere Bank in Zeiten niedriger (Bau-)Zinsen haben ihren Höhepunkt hinter sich – im Allgemeinen. Ausnahmen sind Italien und Spanien. In Italien schießt die Produktion förmlich in die Höhe, und auch in Spanien ist sie ab 2019 kräftig gewachsen und hält nun ein beachtliches Niveau. Die Ursache dieser Sonderkonjunkturen ist nicht ganz klar. Italienische Baubedarfsartikel waren schon immer im Design recht konkurrenzfähig und wurden fleißig exportiert. Der heimische Markt könnte diesen Aufschwung nicht alleine bewirken.

Grafik mit fünf Kurven.
(Bild: Eurostat)

Stabilisierung auf niedrigem Niveau

Die Produktion bei den Herstellern von Konsumwaren und Technischen Teilen (in der Branchenstatistik unter „sonstige Kunststoffwaren“ zusammengefasst) stabilisiert sich auf niedrigerem Niveau als vor der Pandemie. Der Produktionshöhepunkt war 2017 erreicht (Deutschland: 2018), seither sank der Ausstoß, um sich im ersten Halbjahr 2023 leicht zu erholen. Auch im boomenden Spanien liegt man unter dem früheren Niveau. In diesem Marktsegment schlagen die verlangsamte Autoproduktion (Zulieferschwierigkeiten) und die Umstellung auf E-Mobilität (weniger Teile) durch.

Grafik mit fünf Kurven.
(Bild: Eurostat)

Sie möchten gerne weiterlesen?