Grafik mit einem roten und einem schwarzem Pfeil. Dahinter ein Oberkörper von einem Mann mit grauem Jackett und roter Krawatte. Zeigt mit dem Zeigefinger auf die Grafik.

(Bild: Photo-K – Fotolia.com)

Update vom 21.11.23: Preisniveau bei Kunststoffwaren: Höhepunkt überschritten

Bis zum dritten Quartal 2022 sind die Erzeugerpreise bei Kunststoffwaren auf breiter Front gestiegen. Ab diesem Zeitpunkt hat sich die Preisentwicklung aufgefächert. Halbzeuge (Platten, Rohre, Profile, Folien) und Verpackungsmittel (Tanks, Kisten, Transportbehälter) weisen sinkendes Preisniveau auf, in den anderen Segmenten sind die Priese – vorläufig – weiter gestiegen. Seit dem dritten Quartal 2023 sehen wir auch bei Konsumwaren und Technischen Teilen leichte Preisabschläge. Lediglich die Baubedarfsartikel setzten ihren Höhenflug mit Schwankungen weiter fort, stagnierten aber zuletzt auf sehr hohem Preisniveau. Da es auf der Kostenseite nur geringfügige Entlastungen gibt (Kunststoffpreise) und manche Kostenfaktoren sich weiter erhöhten (Löhne) oder kaum nachgaben (Energiepreise), vermuten wir, dass das fallende Preisniveau bei Kunststoffwaren wesentlich durch Nachfrageschwäche bedingt ist. Mit anderen Worten: Die Ertragssituation bleibt schwierig oder hat sich teilweise sogar verschlechtert, zumal geringere Produktion meist steigende Stückkosten zur Folge hat.

Grafik mit sechs Kurven.
(Bild: Destatis)

Update vom 14.11.23: Energieverbrauch: „Wat nix koss, es och nix“

Bisher haben wir das Thema Energieverbrauch sträflich vernachlässigt. Wir geloben aber Besserung. Energie ist uns lieb und wurde und wird uns immer teurer gemacht. Man kann sich nur mit der kölschen Weisheit trösten: „Wat nix koss, es och nix“. Für die Kunststoffverarbeiter (wie für alle Branchen) ist Energie aber keine Herzensangelegenheit, sondern vor allem ein Kostenfaktor. Daher interessiert uns: Wie hoch ist der Energiebedarf der Branche und was kostet das alles und wie viel kostet das immer mehr? Daten sind allerdings nur für die Gummi- und Kunststoffverarbeitung gemeinsam verfügbar. Und auch nur für die rund 3000 Unternehmen ab 20 Beschäftigte. Das bedeutet, kunststoffverarbeitende Betriebe als Teil von Unternehmen anderer Branchen werden nicht separat ausgewiesen. Im Jahr 2022 benötigten die Gummi- und Kunststoffverarbeiter 21.482 GWh an Energie, 60,4 % davon an Strom und 31 % an Gas. (Fern-)Wärme spielte mit 6 % eine Nebenrolle, andere Energieformen sind unbedeutend. Wie viel Strom dabei aus Photovoltaik gewonnen wird, ist unbekannt. Vermutlich nicht allzu viel, denn im Winter gibt es ganztägig keine Sonne und ansonsten schaltet die Sonne gegen Abend pünktlich ab. Der Energieverbrauch lag um -5,6 % niedriger als im Vorjahr, zurückzuführen auf die geringere Produktion. Ja, und was kostet das alles? Für des Jahr 2022 werden wir das erst in circa zwei Jahren erfahren. Aber die Branche musste 2020 etwa 2,5 % ihres Bruttoproduktionswertes für Energie aufwenden. In der Summe 2,1 Mrd. Euro. Diese Zahlen sind nur noch von nostalgischem Interesse und inzwischen völlig überholt. Absolut und relativ sind die Aufwendungen drastisch gestiegen. Anhand der Stromkosten lässt sich das Problem etwas näher beschreiben. Man geht davon aus, dass die Bezugspreise der Industrie ohne Steuern und Abgaben im Schnitt bei 14 ct/kWh liegen und die Steuern und Abgaben bei etwa 8,5 ct/kWh, also zusammen 22,5 ct/kWh. Gnädig mit 20 ct/KWh gerechnet, kommen wir auf Stromkosten im Jahr 2022 von knapp 2,6 Mrd. Euro. Die Stromkosten 2022 allein überstiegen damit die gesamten Energiekosten des Jahres 2020 um beinahe ein Viertel. In einer gemeinsamen Kraftanstrengung haben Finanz- und Wirtschaftsminister eine „Entlastung“ des Produzierenden Gewerbes bei den Stromkosten auf den Weg gebracht. Die Stromsteuer soll von 2 ct/kWh auf 0,05 Ct/kWh gesenkt werden. Das erspart den Gummi- und Kunststoffverarbeitern insgesamt sagenhafte 253 Mio. Euro oder rund 84.300 Euro je Unternehmen. So macht Kunststoffverarbeitung wieder Spaß, oder?

Tortendiagramm.
(Bild: Destatis)

Update vom 08.11.23: Produktion: Angespannte Lage

Im letzten Beitrag zum Thema in KW 41 hatten wir „Leichte Entspannung“ getitelt. Denn im Juli und August schien sich die Talfahrt langsam abzubremsen. Leider hat sich dieser Trend im September nicht fortgesetzt. Die Produktion liegt nun wieder -7,2% unter dem Vorjahresmonat und erreicht mit lediglich 92,5 Punkten verglichen mit dem Basisjahr 2015 einen neuen Tiefststand (wenn man den Lockdown-Einbruch im zweiten Quartal 2020 außer Acht lässt). Für das gesamte dritte Quartal 2023 ergibt sich ein Produktionsniveau von 93,5 Punkten. Ebenfalls ein neuer Tiefststand. In den ersten neun Monaten 2023 lag das Produktionsniveau im Schnitt bei 94,4 Punkten, -7,5% unter dem des Vorjahreszeitraums. Für die restlichen drei Monate erwarten wir keine einschneidenden Veränderungen. Die Bilanz am Jahresende wird dann ungefähr so lauten: 2023 lag die Produktion etwa fünf bis sechs Punkte unter der des Basisjahres 2015 und zwischen 7-8% niedriger als im Jahr 2022.

Linien- und Balkendiagramm mit roten Linien und blauen Balken
Produktion: Angespannte Lage (Bild: Dest atis)

Update vom 26.10.23: Wohnungsbau: Baukrise verschärft sich weiter

Da die Bauindustrie einer der wichtigsten Nachfrager nach Kunststoffprodukten ist, rücken wir sie immer mal wieder besonders ins Blickfeld. Nicht nur Baubedarfsartikel werden für diesen Sektor produziert, sondern auch Halbzeuge (Platten, Rohre, Folien, Profile), Technische Teile (zum Beispiel für Haustechnik, Heizungen), Konsumwaren (Einrichtungsgegenstände), ja sogar „Verpackungsmittel“ (Tanks). In den letzten Jahren war die Bauindustrie ein verlässlicher Stützpfeiler der Kunststoffwarenproduktion. Das hat sich im Laufe des Jahres 2022 geändert. Seit August 2022 geht die Zahl der Baugenehmigungen immer stärker zurück. Bereits im zweiten Quartal 2023 hatte sich die Lage weiter verschärft. Im beginnenden dritten Quartal im Juli und August hat sich der Abwärtstrend dann nochmals beschleunigt. Im Schnitt wurden weniger als 16.500 Baugenehmigungen im Monat erteilt. Der Rückgang beträgt -35,2 %. Im August wurden noch knapp 16.000 Genehmigungen vergeben, ein Minus von -40 % gegenüber dem Vorjahresmonat. In den ersten acht Monaten von Januar bis August 2023 summierten sich die Bauerlaubnisse auf gerade mal noch 144.200 Einheiten. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es noch 234.800. Der Rückstand beträgt nun -38,6 %. Betrachtet man die Sache sportlich, stellt sich die spannende Frage: Schafft der Wohnungsbau im Jahresendspurt wenigstens noch die Zielmarke von 200.000 Genehmigungen? Leserwetten werden gerne angenommen.

Grafik mit blauen Balken und roter Kurve.
(Bild: Destatis)

Update vom 20.10.23: Außenhandel mit Kunststoffwaren: Sinkende Wettbewerbsfähigkeit

Die Kunststoffverarbeitung lebt auch vom Exportgeschäft. Etwa 40 % des Umsatzes werden im Ausland erzielt, die Tendenz war bisher steigend. Für eine eher mittelständisch strukturierte Branche mit Fertigwaren beziehungsweise Zulieferteilen ist der Exportanteil vergleichsweise hoch. Der Exporterfolg ist zu einem großen Teil der Produktqualität, der Liefertreue, der Innovationskraft und auch der Wettbewerbsfähigkeit zuzuschreiben. Vor der Pandemie wurde 2018 mit 18,93 Mrd. Euro der seitherige Ausfuhrrekord aufgestellt. Die 20 Milliarden Euro im Nach-Lockdown-Jahr 2021 sind auch auf Nachholeffekte zurückzuführen. 2022 und 2023 sind die Exporte trotz stark steigender Preise wieder deutlich zurückgegangen, was bedeutet, dass die Mengen noch stärker gesunken sind. Über die Zeit sind die Importe aber immer stärker gestiegen, was einerseits auf sinkende Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Verarbeiter zurückzuführen ist, andererseits aber auch daran liegt, dass sie aus Wettbewerbsgründen selbst Produktionen ins Ausland verlegen, ein Teil der Importe also Eigenimporte deutscher Verarbeiter sind. Der Außenhandelsüberschuss nahm vor der Pandemie über die Zeit immer mehr ab, weil auch die Importe gestiegen sind. Dieser Trend des abnehmenden Außenhandelsüberschuss, bei insgesamt zurückgehendem Außenhandel hat sich 2022 und 2023 fortgesetzt. Die Verarbeiter laufen Gefahr, Marktanteile zu verlieren. Und da auch der Inlandsmarkt in den letzten eineinhalb Jahren stark geschrumpft ist, kommt die Produktion insgesamt unter Druck.

Balkendiagramm.
(Bild: Destatis)

Update vom 11.10.23: Produktion: Leichte Entspannung

Im letzten Beitrag zum Thema in KW 38 haben wir die Überschrift noch mit einem Fragezeichen versehen. Dieses Mal können wir dieses weglassen und eine Aussage formulieren: Die dramatische Lage entspannt sich tatsächlich – leicht. Das Minus schwächt sich weiter ein wenig ab, im August lag die Produktion „nur“ noch -6,3 % unter dem Stand des Vorjahresmonats, während es im Juli noch -7 % waren. Das Produktionsniveau beträgt 93,4 % des Ausgangsniveau des Basisjahres 2015. Bewegt sich damit aber weiterhin deutlich unter früheren Spitzenwerten und ist 17 Punkte niedriger als im Rekordmonat November 2017. Die jetzige Entwicklung könnte aber schon ein Vorzeichen einer Trendwende sein, dergestalt, dass es nicht weiter abwärts geht und vielleicht eine Bodenbildung stattfindet, von der es dann irgendwann wieder, sehr langsam, aufwärts gehen könnte. Aber das ist alles noch sehr spekulativ.

Grafik mit blauen Balken und roter Kurve.
(Bild: Destatis)

Umsatzplus, Mengenminus

2022 wurden in den EU-Ländern Kunststoffwaren im Wert von 285,6 Mrd. Euro produziert, ein Plus von 22,9 %. Für Kunststoffwaren gibt es keine EU-Preisdaten, sodass wir hilfsweise den Erzeugerpreisindex für das verarbeitende Gewerbe heranziehen. Demnach sind die Mengen um -8,5 % gesunken. Womöglich würde der Mengenschwund noch höher ausfallen, könnte man Erzeugerpreise für Kunststoffwaren zugrunde legen. Auf dem Papier steht die Branche also sehr gut da, in der Realität allerdings schlechter, als die Wertentwicklung suggeriert. Wichtigstes Segment sind Konsumwaren, gefolgt von Halbzeugen. Technische Teile liegen auf dem vierten Rang.

Tortendiagramm.
(Bild: Eurostat)

Entwicklung der Kunststoffwarenproduktion in der EU

Seit 2017 hat sich der Produktionswert um circa 50 % erhöht. Besonders stark 2021 und vor allem 2022, als die Preise allgemein ins Laufen kamen und die Kunststoff- und Energiepreise davonzogen. Die tatsächliche Produktionsentwicklung entwickelte sich dagegen weit weniger spektakulär. 2018 und 2019 sank der Ausstoß an Kunststoffwaren leicht, um sich dann 2020 nicht nur zu erholen, sondern sogar leicht über vergangene Rekordniveaus zu steigen. Auch 2021 konnte die reale Produktion noch etwas zulegen. 2022 dann der Rückgang um -8,5 %, bei gleichzeitigem nominalem Wachstum um 22,9 %.

Balkendiagramm.
(Bild: Eurostat)

Konsumwaren nun an der Spitze

Halbzeuge waren lange die wichtigste Produktkategorie, vor allem der Folien wegen. Generell waren verpackungsrelevante Produkte in vielen Ländern schon immer Hauptdaseinsgrund der jeweiligen Kunststoffverarbeitung (Folien zum Verpacken und zur Herstellung von Folienbeuteln, Kunststoffflaschen). Bei Folienbeuteln hat sich in der letzten Zeit aufgrund von entsprechenden EU-Verordnungen das Wachstum verlangsamt. Und auch Flaschen werden zunehmend zurückgedrängt. Stark ist hingegen das Wachstum bei Konsumwaren, die nun die Spitzenreiterposition einnehmen.

Balkendiagramm.
(Bild: Eurostat)

Produktion nach Ländern

Bezüglich des Beitrags der einzelnen Länder können wir nur die länderweise (statt der gesamten) Produktion der Einzelprodukte  verwenden. Wegen  Geheimhaltung addiert sich die so errechnete Gesamtproduktion auf 225,4 Mrd. Euro (79 % der gesamten). Vor 2020 wurde so 95 % der Gesamtproduktion erfasst. Kleinere Länder sind häufiger von Geheimhaltung betroffen als größere, teilweise ist gar nichts mehr ausgewiesen, weshalb ihr Anteil hier unterschätzt wird. Bei der bekannten Produktion entfallen 95,5 % auf nur zehn  Länder, weitere fünf (DK, S, H,SK, IRL) erbringen zusammen 4,5 % der Kunststoffwarenproduktion.

Tortendiagramm.
(Bild: Eurostat)

Die fünf wichtigsten Länder

Balkendiagramm.
(Bild: Eurostat)

Fünf Länder stellen 84,5 % der länderweise ausweisbaren Produktion von 225 Mrd. Euro. Spitzenreiter ist nun überraschend Italien, das in den letzten beiden Jahren einen enormen Aufschwung genommen hat, von dem wir aber nicht definitiv wissen, wie viel davon real bzw. auf Inflation zurückzuführen ist. Hier sind weitere Untersuchungen gefragt. Dass Deutschland sich der realen Produktion nach auf dem absteigenden Ast befindet, wurde hier schon mehrfach thematisiert. Frankreich ist stark zurückgefallen, liegt nur noch wenig vor Polen, welches Spanien knapp auf Abstand hält.

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