Die Suche nach Leckagen in einem Druckluftsystem gehört zu den Aufgaben, die oft und gerne aufgeschoben werden. Schließlich ist das Aufspüren von undichten Verbindungsstücken und winzigen Löchern per Ultraschall-Ortungsgerät aufwendig und zeitraubend. Dabei würde sich die Mühe durchaus lohnen. Denn die rund 60.000 Druckluftanlagen, die hierzulande in Betrieb sind, verbrauchen zusammen Jahr für Jahr 16,6 TWh, was 7 % des gesamten Stromverbrauchs der deutschen Industrie entspricht. Schätzungen zufolge entweicht durchschnittlich etwa ein Drittel der erzeugten Druckluft ungenutzt. Die Kosten für diese Verschwendung belaufen sich pro Unternehmen und Jahr schnell auf zehntausende Euro und wirken sich negativ auf die Klimabilanz aus.
"Dieser Energieverlust könnte mit einer durchgehenden automatisierten Detektion von Leckagen um durchschnittlich etwa zehn Prozentpunkte gesenkt werden", sagt Daniel Umgelter, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Industrielle Energiesysteme am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA in Stuttgart. "Bezogen auf ganz Deutschland entspräche das einer Einsparung zwischen 80 und 160 Millionen Kilowattstunden pro Jahr. Das entspricht dem durchschnittlichen jährlichen Energieverbrauch von 22.000 bis 45.000 Haushalten."
Deshalb machen vortrainierte Algorithmen teure Testläufe überflüssig
Ein Forschungsteam vom Fraunhofer IPA und vom Institut für Energieeffizienz in der Produktion (EEP) der Universität Stuttgart hat nun zusammen mit dem Sensorunternehmen Sick einen wissenschaftlich-methodischen Ansatz für die automatisierte Detektion von Leckagen in pneumatischen Maschinen und Anlagen entwickelt. Das Herzstück bildet ein Durchflusssensor, der an der Druckluftzuleitung einer Maschine angeschlossen wird und laufend Massenstrom, Druck- und Temperaturverlauf erfasst. Ein intelligenter Algorithmus wertet diese Kurvenverläufe in Echtzeit aus und erkennt charakteristische Signaturen, die auf Leckagen hindeuten.
In einem überwachten maschinellen Lernverfahren haben Umgelter und sein Team den Algorithmus unter realen Bedingungen trainiert. Zu diesem Zweck hat das Forschungsteam einen Demonstrator mit einer Vielzahl intakter und beschädigter Druckluftschläuche aufgebaut. Die Daten, die der Demonstrator im laufenden Betrieb erzeugt, werden anschließend millionenfach vervielfältigt und dienen dem Algorithmus als Trainingsgrundlage. Auf diese Weise erkennt der Algorithmus nicht nur statische und dynamische Leckagen bei Anlagen, die neu in Betrieb gehen, sondern auch bei Bestandsmaschinen.
Dafür muss keine Referenzkurve erstellt und hinterlegt werden, die den störungsfreien Betrieb abbildet. Stattdessen kann der Algorithmus ohne Vorbereitung direkt seine Arbeit aufnehmen. "Der Industrie spart das viel Zeit und Aufwand", so Umgelter, "denn die Produktionsprozesse werden ständig an veränderte Gegebenheiten angepasst. Die Testläufe, bei denen die Referenzkurve jedes Mal neu bestimmt werden muss, können künftig entfallen."
Bis die Lösung serienreif ist, wird allerdings noch etwas Zeit vergehen. Das Forschungsteam vom Fraunhofer IPA und der Universität Stuttgart hat seinen intelligenten Algorithmus zwar im Forschungsprojekt "LeakAIr" fertig entwickelt und bewiesen, dass er im laufenden Betrieb zuverlässig funktioniert. Aber ein marktreifes Produkt gibt es bisher nicht. Das bringt der Sensorhersteller Sick mit Sitz in Waldkirch im Breisgau derzeit auf den Weg.
Quelle: Fraunhofer IPA
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