Biopolymer Innovation Award Trophäe

Erstmals werden nur deutsche Unternehmen mit dem Biopolymer Innovation Award ausgezeichnet. (Bild: Polykum)

Das gab es in der Geschichte des Biopolymer Innovation Awards noch nicht: In diesem Jahr machen drei Innovationen aus Deutschland das Rennen unter sich aus! Ob der Hauptpreis jedoch nach Rheinland-Pfalz, Thüringen oder Hessen geht, wird am 13. Juni 2023 in Halle/Saale bekanntgegeben. Teilnehmer aus aller Welt können an der Preisverleihung und der Tagung "Biopolymer – Processing & Moulding" wie in den letzten Jahren per Videostream kostenfrei in Echtzeit dabei sein und live mitdiskutieren.

Ist Deutschland noch innovativ genug, um in der Weltspitze ganz vorn mitzuhalten? „Wenn es darum geht, Kunststoffe und Kunststoffanwendungen auf biologischer Basis und für nichtfossile Kreisläufe zu entwickeln, lautet die Antwort ganz klar: ja!“, ist Jury-Vorsitzender Peter Putsch nach den diesjährigen  Nominierungen für den Biopolymer Innovation Award mehr denn je überzeugt: „Mehrere deutsche Beiträge setzten in diesem Jahr die Benchmarks im Wettbewerb.“

 

Das sind die Jurymitglieder

Der Jury des Biopolymer Innovation Awards gehörten in diesem Jahr an (in alphabetischer Reihenfolge der Nachnamen):

  • Dr. Martin Bussmann, Manager Renewable Polymers and Chemicals, Neste Germany, Düsseldorf.
  • Simone Fischer, Redakteurin des Fachmagazins „Plastverarbeiter“, Hüthig, Heidelberg
  • Dr.-Ing. Patrick Hirsch, Experte für Biokunststoffe am Fraunhofer Institut für Werkstoffe und Systeme (IMWS), Halle/Saale.
  • Peter Putsch, Vorstand der Polykum e.V. – Fördergemeinschaft für Polymerentwicklung und Kunststofftechnik in Mitteldeutschland, Merseburg.
  • Michael Walter, Business Development Manager, Hexpol TPE, Lichtenfels

Das sind die diesjährigen Gewinner

Gingen einige der begehrten Preise in den letzten Jahren nach Finnland, Italien, Belgien oder Brasilien, so nominierten die Preisrichter in diesem Jahr erstmals ausschließlich deutsche Bewerber für den mit 2.000 Euro dotierten Hauptpreis. Die drei Kandidaten und ihre Innovationen stellen wir im Folgenden kurz vor:

Green Elephant aus Gießen macht sich für ihr Produkt Cellscrew unter anderem eine Eigenschaft des Biokunststoffs und klassischen 3D-Druck-Materials PLA (Polymilchsäure) zunutze, die bislang wenig Beachtung fand: seine hohe Biokompatibilität. Das Start-up stellt aus vollständig biobasiertem PLA in additiver Fertigung neuartige Zellkulturflaschen her, in denen Gewebezellen beispielsweise für Gen- und Zelltherapien oder für die Erforschung von Kosmetika und Medikamenten auf neue, komfortablere Weise vermehrt werden können. Forschung, Entwicklung und Industrie produzieren damit bedeutend effizienter und umweltfreundlicher als bisher, so die Entwickler.

Eine archimedessche Schraube sowie konzentrisch angeordnete Zylinder im Flascheninneren sorgen für eine riesige Oberfläche zur Anheftung der Zellen und für das automatische Benetzen der inneren Oberflächen mit Kulturmedium bei rollender Lagerung. Eine Cellscrew ersetzt dabei bis zu 400 herkömmliche Zellkulturflaschen aus fossilen Kunststoffen. Und selbst wenn das biobasierte PLA nach der Einmalverwendung aus Sterilitätsgründen nicht kompostiert, sondern verbrannt wird, entsteht dabei nur so viel CO2, wie zuvor in den Bioorganismen, aus denen der Werkstoff entstand, gebunden war.    

 

Graphik einer Flasche
Durch den ausgekügelten Aufbau der additiv gefertigten Zellkulturflasche aus Biopolymer können bis zu 400 herkömmliche Flaschen aus fossilem Kunststoff ersetzt werden. (Bild: Green Elephant)
naturfarbenes Granualt
Durch eincompoundierte Polyole werden PLA-Folien reißfest. (Bild: Sobico)

Sobico aus Bad Sobernheim in Rheinland-Pfalz verfolgt seit mehreren Jahren einen innovativen Ansatz, um das von Natur aus recht begrenzte Einsatzspektrum von PLA (Polymilchsäure) systematisch zu erweitern. „Die geringe Reißdehnung von reinem PLA ist zum Beispiel ein entscheidender Grund dafür, dass der Biokunststoff kaum als Verpackungsmaterial genutzt wird“, erklärt Sobico-Geschäftsführer Johannes Fuchs. Klassische Modifikationsversuche scheiterten meist am komplexen Migrations- und Kristallisationsverhalten von Weichmachern und anderen Additiven. Fuchs‘ Team fand mit dem Potsdamer Fraunhofer Institut für Angewandte Polymerforschung (IAP) eine eigene Lösung und taufte sie auf den Namen Plactid.

Hinter der Marke verbirgt sich eine PLA-Copolymer-Familie, die in einem neuartigen Verfahren – der reaktiven Compoundierung – hergestellt wird. Neben Lactid, das stets biobasiert ist, kommen dabei verschiedene Polyole zum Einsatz, die je nach Anwendungsfall aus biologischen oder fossilen Quellen stammen können. Die PLA-Copolymere lassen sich auf diese Weise gezielt von hart/spröde bis weich/duktil einstellen. So werden zum Beispiel weiche Folien von hoher Kristallinität möglich. Aber auch Spritzgusstypen mit einer deutlich höheren Kristallisationsgeschwindigkeit und Schlagzähigkeit als Standard-PLA können erzeugt werden. Darüber hinaus eignen sich die PLA-Copolymere auch als Additive zur Modifizierung von Standard-PLA.

 

Das Thüringische Institut für Textil- und Kunststoff-Forschung Rudolstadt (TITK) hat sich eines bislang ungelösten Problems angenommen, von dem jeder Mensch in seinem Alltag förmlich umgeben ist: dem der Klebstoffe. Sie stecken in fast jedem Produkt, enthalten zum allergrößten Teil Polymere, sind typische Einmalprodukte, in Recyclingprozessen kaum separierbar und enden so allzu oft als Mikroplastik in der Umwelt. Die Antwort der Thüringer Forscher auf diese Herausforderung heißt Caremelt und ist ein biobasierter und bioabbaubarer Schmelzklebstoff, dessen Endeigenschaften und Anwendungsprofil mit denen etablierter Schmelzkleber vergleichbar sind.

Die Formulierung aus Biopolymeren wie Polymilchsäure (PLA), Polybernsteinsäure (PBS), Terpen- und Kolophoniumharzen, natürlichen Wachsen und Zitronensäure-Derivaten ist nicht nur für kurzlebige Produkte wie Einkaufstüten, Windeln oder Kartonagen geeignet. Auch Schuhe, Textilien, Möbelteile, Fahrzeuginterieur oder Bücher lassen sich damit zuverlässig und dauerhaft zusammenfügen, wie Praxistests zeigten. Das Herstellungsverfahren wurde bereits so optimiert, dass die Formulierungen in einem kontrollierten Prozess reproduziert werden können.

 

Kollage
Durch den bioabbaubaren Heißklebstoff werden gefügt Produkte vollständig abgebaut. (Bild: TITK)

Hier findet die Preisverleihung statt

Bei der feierlichen Preisverleihung auf dem Kongress „Biopolymer – Processing & Moulding“ am 13. Juni 2023 werden dem Sieger sowie dem Zweit- und Drittplatzierten die  handgefertigten Trophäen überreicht. Die drei Preisträger stellen ihre Innovationen vor und stehen auch für Fragen aus dem Publikum in der Georg-Friedrich-Händel-Halle in Halle/Saale und im weltweiten Livestream zur Verfügung.

Quelle: Polykum

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