Zwei gegenüberliegende Werkzeugplatten. Dazwischen mehrere transparente Blutentnahmeröhrchen. Hochkavitätenwerkzeuge von MHT: Die gefertigten PET-Blutröhrchen sind transparent, hoch bruchfest und beständig gegen viele Chemikalien.

Hochkavitätenwerkzeuge von MHT: Die gefertigten PET-Blutröhrchen sind transparent, hoch bruchfest und beständig gegen viele Chemikalien. (Bild: MHT)

Medizinisch verwendete Blutentnahmeröhrchen müssen absolut glatt, transparent und maßhaltig sein. Deshalb erschien Glas lange als das einzige geeignete Material, doch inzwischen hat sich die Ausführung aus Kunststoff etabliert und punktet mit Vorzügen wie geringes Gewicht und Unzerbrechlichkeit. Als Material kommt in der Regel PET zum Einsatz, es ist hoch bruchfest, beständig gegen viele Chemikalien und schwindet wenig. Amorph verarbeitet verfügt es über eine hohe Lichtdurchlässigkeit und ist absolut farblos. Aufgrund guter Gewebeverträglichkeit dient PET sogar als Werkstoff für Blutgefäßprothesen.

Was bei PET zu beachten ist

Werkzeug. Für die Blutentnahmeröhrchen werden bislang Werkzeuge mit bis zu 48 Kavitäten angeboten.
Für die Blutentnahmeröhrchen werden bislang Werkzeuge mit bis zu 48 Kavitäten angeboten. (Bild: MHT)

MHT Mold & Hotrunner Technology aus Hochheim/Main hat sich auf PET spezialisiert und fertigt Hochkavitätenwerkzeuge für PET-Preforms, also Vorformlinge für Getränkeflaschen. Diese verfügen über das voll ausgebildete Gewinde und einen reagenzglasähnlich geformten Körper, der in einem späteren Prozessschritt zur finalen Flaschengeometrie geblasen wird. Bereits seit über 15 Jahren nutzt das Unternehmen seine Erfahrung auch für die Herstellung von Formen für Blutentnahmeröhrchen, wobei die Herausforderung hier im Detail steckt. Bei Standardlängen von 75 und 100 mm (für Veterinäranwendungen auch 120 mm) und einer Wandstärke von nur 1 bis 1,2 mm benötigt man ein PET mit niedriger Viskosität oder beigemischten Fließhilfen. Ohne diese würde das Material auf seinem Weg vom Bodenbereich des Röhrchens zur Mündung einfrieren. Ein weiteres Thema ist der Kernversatz. Wenn die Schmelze mit einem Druck von bis zu 1400 bar in die Kavität strömt, verfügt sie über genug Kraft, um den zehn Millimeter starken Kern minimal zur Seite zu drücken, wodurch dieser seine zentrierte Position verlässt. Das Resultat ist eine ungleichmäßige Wandstärken- und Gewichtsverteilung im Röhrchen – ungünstig für den folgenden Einsatz in der Laborzentrifuge. MHT fertigt traditionell Kerne mit hoher Biegefestigkeit und erreicht einen Kernversatz von nur 0,2 mm, der die Qualität nicht beeinträchtigt.

Kooperation bündelt Know-how

Das in Neuhausen in der Schweiz ansässige Unternehmen Kebo wiederum bringt in die Kooperation seine Erfahrungen aus der Medizinbranche ein, die durchaus anders „tickt“ als der Verpackungssektor, in dem MHT zu Hause ist. Die Schweizer liefern Werkzeuge für die Verschlusskappen von Blutentnahmeröhrchen und das Aderlassbesteck. Letzteres umfasst beispielsweise die Flügelkanüle (oft Butterfly genannt) sowie die Kunststoffbauteile, die den Schlauch mit Kanüle und Röhrchen verbinden. Kebo hat eine Kernkompetenz für hochpräzise Kunststoffteile, in die eine Nadel montiert wird, beispielsweise Hubs oder Butterflys. Die beiden Werkzeugbauer kombinieren nun ihre Stärken und haben eine Werkzeugserie für technische Perfektion und hohe Produktivität entwickelt. Die Standarddimensionen der Blutröhrchen liegen bei 13 x 75, 13 x 100 und 16 x 100 mm mit Gewichten von 3,75 bis 6,11 g. Im Mündungsbereich besteht die Möglichkeit, das Blutentnahmeröhrchen mit einem Gewinde zu versehen, um es mit einer Schraubkappe verschließen zu können. Damit dieses hinterschnittige Gewinde entformbar ist, erstreckt es sich über zwei verschiedene Bauteile des Werkzeugs: die Kavität und den Abstreifring. Christian Tilsner, technischer Leiter MHT, erklärt: „Diese Art der Konstruktion ist besonders effizient, aber Kavität und Abstreifring müssen 100-prozentig exakt zusammenpassen, damit die Steigung des Gewindes keine Unterbrechung oder Fehler aufweist.“ Die wesentlich aufwendigere Alternative wäre ein Schieberwerkzeug mit geteilten Halsbacken – wie bei den PET- Preforms.

Werkzeug an dem Blutentnahmeröhrechen hängen. Aus Analysegründen muss die Oberfläche der Blutröhrchen absolut glatt und transparent sein, weshalb Kerne und Kavität eine Hochglanzpolitur aufweisen.
Aus Analysegründen muss die Oberfläche der Blutröhrchen absolut glatt und transparent sein, weshalb Kerne und Kavität eine Hochglanzpolitur aufweisen. (Bild: MHT)

Darauf kommt es beim Werkzeug an

Um eine Zykluszeit von rund sechs Sekunden zu erreichen, muss der Kunststoff schnell ins Werkzeug eingespritzt werden, und hier gilt es auf die Entlüftungen zu achten. Für das niedrigviskose Material müssen sie anders ausgeführt sein als bei einem herkömmlichen Werkzeug, damit sie nicht zusetzen. Die Entlüftungen dienen dazu, die im Werkzeug befindliche Luft entweichen zu lassen, weil sie sonst verbrennen und den Kunststoff schädigen würde. Aus Analysegründen müssen die Blutröhrchen vollkommen transparent sein, weshalb entlang der Kavität eine konturnahe Kühlung eingebracht ist. Sie garantiert neben der Maßhaltigkeit auch eine niedrige Kristallinität des Kunststoffs, der sich andernfalls eintrüben würde. Die nötige glatte Oberfläche (mittlere Rauhtiefe Ra < 0,05) wird durch Hochglanzpolitur erreicht. Im Bodenbereich hat man den Anguss um 0,2 mm versenkt, damit im Labor getragene Schutzhandschuhe nicht durch überstehende/n Kunststoff/Grate etwa am Anguss beschädigt werden können.

Synergieeffekte auch für künftige Projekte

Zwei transparente Blutentnahmeröhrchen stehen und eines liegt auf einem Tisch. Die Standarddimensionen der Blutröhrchen liegen bei 13 x 75, 13 x 100 und 16 x 100 mm mit Gewichten von 3,75 bis 6,11 g.
Die Standarddimensionen der Blutröhrchen liegen bei 13 x 75, 13 x 100 und 16 x 100 mm mit Gewichten von 3,75 bis 6,11 g. (Bild: MHT)

Bislang werden für die Blutentnahmeröhrchen Werkzeuge mit bis zu 48 Kavitäten angeboten, und das Team MHT/Kebo konnte bereits mehrere BCT-Projekte international erfolgreich realisieren. Zum Einsatz kamen dabei Maschinen der Marken Netstal, Krauss Maffei und JSW. Auch im Hauptgeschäft PET-Preforms bedient MHT sehr unterschiedliche Anlagentypen, sodass man Flexibilität gewohnt ist. Dabei zahlt es sich aus, dass die Heißkanalfertigung im eigenen Haus erfolgt und nicht zugekauft werden muss. Bei Multikavitätenwerkzeugen ist die Balancierung ausschlaggebend für Produktqualität und Zykluszeit. Für neue Anwendungen steht in Hochheim/Main ein Zweifach-Protoypen-Werkzeug mit Blutröhrchen-Standardmaßen zur Verfügung, das sofort für Materialtests genutzt werden kann. Abweichende Geometrien lassen sich in kurzer Zeit über eine Stammform und passende Formteile realisieren. Die beiden Partner sehen große Synergieeffekte in der gemeinsamen Arbeit. Der Markt für Labordiagnostika wächst kontinuierlich, etwa durch die Veränderung der Altersstruktur in Europa oder den wachsenden Zugang zu Gesundheitsleistungen in anderen Teilen der Welt.

Quelle: MHT, Kebo

Sie möchten gerne weiterlesen?

Unternehmen

MHT Mold & Hotrunner Technology AG

Dr. Ruben-Rausing-Str. 7
65239 Hochheim
Germany

KEBO AG Formenbau

Rundbuckstr. 12
8212 Neuhausen am Rheinfall
Switzerland