Der Körper des Sprühkopfes des Spraysol-Systems wird in einem 24-fach Heißkanalwerkzeug gefertigt und besteht aus zwei PP-Komponenten unterschiedlicher Farbe, die mit einem Filmscharnier miteinander verbunden sind. Damit können individuelle Kundenwünsche in Bezug auf die Farbgebung leicht erfüllt werden. Das Schussgewicht der Baugruppe beträgt 5,2 Gramm. Da das Werkzeug für einen Dauerbetrieb mit hoher Ausbringung und minimalem Bedien- und Wartungsaufwand konzipiert wurde, hatte die Prozesssicherheit oberste Priorität. Aus diesem Grund entschied man sich dafür, beide Komponenten mit Nadelverschluss anzuspritzen. Neben kosmetischen Aspekten, wie Vermeidung von fühlbaren Anschnittmarkierungen oder Fadenzug, stand dabei die Verhinderung des sogenannten „Colorbleeding“ im Bereich des Filmscharniers an erster Stelle. Hierbei strömt das Material der zweiten Komponente unkontrolliert weit in den Bereich der ersten ein. Das Risiko steigt mit zunehmender Nähe der Anspritzpunkte zum Filmscharnier und wird weiterhin durch ungleichmäßiges Öffnen der Anschnitte begünstigt. Hier garantiert die Nadelverschlusslösung ein exaktes Öffnungsverhalten und hilft, diesen Effekt zu vermeiden. Ein beweglicher Formkern verschließt während des Füllens der ersten Komponente die Kontur des Filmscharniers. Erst nach Ende des Einspritzvorgangs wird über die Maschinensteuerung ein Kulissenschieber aktiviert, der zum Füllen der zweiten Komponente den Kern zurückzieht, das Filmscharnier freigibt und so eine saubere Verbindung beider Komponenten ermöglicht.
Brücken-Lösung mit vier Verteilern gegen thermische Ausdehnung
Das Heißkanalsystem wurde von Ewikon Heißkanalsysteme als komplette Heiße Seite geliefert, die Anspritzung erfolgt mit schlanken Heißkanaldüsen mit einem Schmelzekanaldurchmesser von 4,5 mm. Die für die Anspritzung der beiden Komponenten einer Baugruppe benötigten Düsen sind in einem Abstand von 40 mm angeordnet. Im Verteilerbereich war deshalb ein äußerst anspruchsvolles Layout nötig, um die Forderung nach einer vollbalancierten Schmelzeführung für beide Komponenten zu erfüllen. Da bei großen Nadelverschlusssystemen die thermische Ausdehnung des Verteilers eine Biegebelastung der äußeren Nadeln verursacht und diese zu erhöhtem Verschleiß oder im schlimmsten Fall zum Verklemmen der Verschlussnadel in der Führung führen kann, entschied sich Ewikon dazu, das Verteilersystem zu segmentieren. Vier kompakte Verteiler, in die die hinteren Nadeldichtungen integriert sind, versorgen jeweils sechs Formnester mit insgesamt zwölf Düsen mit Schmelze und werden ihrerseits über einen Brückenverteiler gespeist. Durch diese Maßnahme ist sichergestellt, dass sich die auf die Nadeln wirkenden Kräfte im unkritischen Bereich bewegen. „Ein solcher Aufbau des Verteilersystems erschwert natürlich die Balancierung, gerade bei einer Zweikomponentenanwendung“, erklärt Norbert Becker, Leiter Verarbeitungstechnik und Key-Account-Manager für Zeller Plastik, „aber die bei Ewikon standardmäßig im Verteilerbau eingesetzte Elemente-Technik erlaubt eine sehr kompakte Anordnung der Schmelzekanäle auf mehreren Ebenen innerhalb eines Verteilers. Komplexe Kanallayouts gehören für uns zum Tagesgeschäft.“
Kälteschock im Heißkanal
Bei der Elemente-Technik wird der horizontale Bereich der Schmelzekanäle mit präziser Tieflochbohrtechnologie in den Verteiler eingebracht. An den Knotenpunkten der Schmelzeverteilung, an denen die Kanalführung verzweigt oder umgelenkt wird, werden vertikale Bohrungen gesetzt, in denen spezielle Verteilelemente platziert werden. Ein Element kann dabei Schmelzekanalabschnitte mehrerer Ebenen enthalten. Die Elemente werden in flüssigem Stickstoff abgekühlt und in den auf Betriebstemperatur aufgeheizten Verteiler eingeschrumpft. Durch den Temperaturausgleich ergibt sich eine form- und kraftschlüssige Verbindung mit einer garantierten Dichtigkeit bis 2.000 bar. Selbst im Bereich des Brückenverteilers, in dem neben den Aussparungen für Stützsäulen auch noch Ausnehmungen integriert werden mussten, um einen Teil der Verschlussnadeln berührungslos hindurchführen zu können, konnte so eine natürliche Vollbalancierung der Fließkanäle erreicht werden. Zudem ermöglicht es diese Technologie, auch bei sehr hochfachigen Verteilersystemen das Schmelzevolumen im Verteiler möglichst klein zu halten. Dadurch können die Verweilzeiten optimiert und Farbwechsel beschleunigt werden. Für die Verarbeitung kritischer – zum Beispiel scherempfindlicher – Materialien, besteht zusätzlich die Möglichkeit, die Elemente mit strömungstechnisch optimierten, komplett abgerundeten Fließkanälen zu versehen.
Fest montiert, leicht demontiert
Die Betätigung der Verschlussnadeln erfolgt durch Einzel-Hydraulikkolben, die in die Aufspannplatte integriert sind. Da die Anspritzung der zweiten Komponente auf einer Schrägfläche erfolgt, mussten die entsprechenden Nadeln im Anschnittbereich durch Erodieren an die Innenkonturen der Kavitäten angepasst werden. Auch die zugehörigen Antriebe wurden modifiziert. Um ein Verdrehen der Nadeln während des Betriebs zu verhindern, sind Nadel und Nadelhalter innerhalb des Antriebskolbens so konturiert, dass keine Rotationsbewegung möglich ist. Der Antriebskolben selbst wird durch eine Fixierbrücke gegen ein Verdrehen innerhalb der Aufspannplatte gesichert. Diese ist einfach zu demontieren, so dass bei Bedarf auch bei der gesicherten Variante ein schneller Austausch der Verschlussnadel möglich ist.
Integrierte Überwachung
Um den Überwachungsaufwand im laufenden Betrieb so gering wie möglich zu halten, wurde auf Wunsch von Zeller Plastik ein zusätzliches Sicherheitsfeature in die Heiße Seite integriert – ein System zur Leckage-Überwachung. Dabei werden mit Durchbrüchen versehene Röhren an mehreren Stellen im Heißkanalaufbau positioniert. Innerhalb der Röhren wird mittels eines optischen Senders und eines Empfängers eine Lichtschrankenverbindung aufgebaut. Wird diese durch in das Rohr eindringende Schmelze unterbrochen, wird ein optischer oder akustischer Alarm ausgelöst.
In enger Kooperation zwischen Heißkanalhersteller und kundeneigenem Werkzeugbau entstand eine prozesssichere Heißkanallösung, die seit mittlerweile drei Jahren im Einsatz ist und weitgehend automatisiert im 24 Stunden / 7 Tage Dauerbetrieb fertigt. Die Teile werden mit einem Handlingroboter entnommen und durch Zusammenklappen entlang des Filmscharniers zur fertigen Baugruppe komplettiert. Dabei konnte, inklusive Entnahme- und Montagevorgang, eine Zykluszeit von zirka 15 Sekunden realisiert werden. Jährlich werden 30 Millionen Teile gefertigt.
KOSTENEFFIZIENZ
Komplexes Heißkanalsystem für ein 24-fach Werkzeug
Durch enge Zusammenarbeit gelang es Heißkanalhersteller und Werkzeugbauer, eine prozesssichere Lösung zum Herstellen eines Sprühsystems zu finden. Zum Zuge kamen präzise Tiefbohrtechnologien, Verteilersysteme sowie eine Element-Technik, die auch komplexe Fließkanal-Layouts realisiert. Hierdurch konnte der Hersteller einen Verfahren realisieren, das durch seine störungsfreie Produktion einen kosteneffizienten Betrieb ermöglicht.