Die Werkzeugtemperierung nimmt mehr denn je eine der Schlüsselstellungen ein, um die gestiegenen Anforderungen hinsichtlich Qualität und Wirtschaftlichkeit von Produkten zu erfüllen. Durch die Weiterentwicklung bestehender und die Neuentwicklung von Fertigungstechniken für den Werkzeug- und Formenbau sowie durch die fortschrittlichen Beheizungs- und Kühlmöglichkeiten hat sich die Grenze des technisch Machbaren deutlich verschoben. Auch unter Beachtung von wirtschaftlichen Aspekten stehen heute für die unterschiedlichsten Anforderungen viele technische Lösungen zur Verfügung und für den Anwender ist es von entscheidender Bedeutung, zum frühestmöglichen Zeitpunkt die richtigen technologischen Möglichkeiten einsetzen zu können. Aber auch der ressourcenschonende Umgang mit Energie rückt aufgrund steigender Energiekosten verstärkt in den Fokus. Die K 2013 haben wir zum Anlass genommen, uns einen Überblick über den aktuellen Stand verschiedenster Temperierungsmöglichkeiten zu verschaffen sowie aufkommenden Trends zu erkennen.
Die Heißkanal- und Filter-Technologie, Heppenheim, stellte auf der Messe ein eigenes, modulares Heißkanalsystem vor. Dabei wurde großen Wert auf eine einfache Handhabung, Energieeinsparung und Kostenersparnis gelegt. Die Heißkanaldüsen lassen sich im Bedarfsfall schnell zerlegen und wieder zusammenbauen. Aufgrund der einfachen, kurzen und schlanken Bauweise werden die Material- und Fertigungskosten für Spritzgießwerkzeuge deutlich gesenkt. Der kombinierte Einsatz von neuen und bewährten Technologien verspricht eine erhebliche Standzeitverlängerung, was von besonderer Bedeutung beim Einsatz von glasfaserverstärkten, also abrasiven Kunststoffmaterialien ist. Das Heizungskonzept der HFT-Düsen sichert eine Temperaturhomogenität bis zur Düsenspitze. Zudem benötigen die Düsen nur eine einzige Heizung, sodass der Anwender eine Regelzone einsparen und somit die installierte elektrische Leistung reduzieren kann. Die Düsen-Serie S08 ist als kleine Einzel- und Heißkanal-Düse erhältlich.
Für Anwendungen, bei denen ein Teil prozesssicher und mit hoher Abrissqualität über mehrere Anschnitte angebunden werden muss, hat Ewikon, Frankenberg, die HPS III-MV Mehrfach-Nadelverschlussdüse in Zwei- oder Vierfachausführung vorgestellt. Jeder Anschnitt verfügt über einen separaten Schmelzekanal. Bei einem relativ großen Schmelzekanal-Durchmesser von 6 mm sind so minimale Abstände von 12,5 mm zwischen den Anschnitten möglich. Damit ist die Düse besonders für Anwendungen geeignet, die höhere Schussleistungen erfordern, wie zum Beispiel bei der Verarbeitung schwerfließender Materialien oder technischer Kunststoffe. Eine spezielle Konstruktion eliminiert die durch die radiale Wärmedehnung des Düsenkörpers verursachten Druckspannungen in den anschnittnahen Dichtflächen. Diese können eine Auslenkung der Nadeln mit daraus resultierendem erhöhtem Verschleiß des Anschnitts bewirken und in der Folge zu inakzeptablen Abrissen an den Formteilen führen.
Bei Witosa, Frankenberg, stießen die Heißkanaldüsen DLX auf reges Interesse. Mit dieser Düsenreihe hat das Unternehmen für die Kunststoffindustrie eine Möglichkeit geschaffen, laufende Energiekosten zu reduzieren und die Investitionskosten drastisch zu reduzieren.
Der Präzisionsformen- und Nadelverschluss-Hersteller Männer, Bahlingen, stellte ein Heißkanalsystem mit Sidegate Nadelverschlussdüse zur sicheren und hygienisch einwandfreien Fertigung anspruchsvoller Pharma-Primärverpackungen aus COC/COP vor. Cyclo-Olefin-Polymere (COP) und Cyclo-Olefin-Copolymere (COC) kommen zunehmend als pharmazeutische Primärpackmittel zum Einsatz. Die Materialeigenschaften stellen hohe Anforderungen an den Spritzgießprozess. Das Heißkanaldesign begünstigt mit seinen vergrößerten Fließquerschnitten eine möglichst stressfreie Verarbeitung von Kunststoffschmelzen. Zudem sorgt das definierte Öffnen und Schließen der Nadeln auch bei seitlicher Anspritzung für eine hygienisch einwandfreie Angussqualität und Prozesssicherheit. Zudem wurde die Düse in mehrere Bauteile segmentiert, die mit unterschiedlich isolierenden oder leitenden Werkstoffen ausgelegt sind.
Hasco, Lüdenscheid, präsentiert zur K 2013 ein vollkommen überarbeitetes Heißkanalkonzept, welches bei der Auslegung eines Heißkanalsystems, trotz standardisiert abgestufter Außenabmessungen der Verteilerblöcke, größtmögliche Variabilität offen lässt. Es lassen sich nicht nur die Stichmaße für die Düsen in den vordefinierten Grenzen frei wählen. Auch die Fließkanal-Querschnitte in den Verteilern werden dem Anwendungsfall entsprechend definiert. Das H4000/… Verteilerkonzept wird mit den Düsenserien aus dem aktuellen Düsenprogramm zu hochwertigen Heißkanalsystemen verbaut, die die Ansprüche der Spritzgießfertigung erfüllen. Die Massekanal-Umlenkungen und die Verstopfung der Verteilerbalken werden analog zu den Sonderverteilern H4010/… mit einem Umlenkstopfen versehen.
Damit wird einerseits die Leckagefreiheit des Verteilers sicher gestellt, andererseits bietet er optimale Schmelzeführung in der Umlenkung und sorgt für minimale Scherbelastung der Kunststoffschmelze. Das H4000/… Verteilerkonzept umfasst eine Reihe von Verteilergeometrien. Einfache Umlenkverteiler werden für Stichmaße ab 35 mm bis zu einem Stich von 440 mm angeboten. Natürlich balancierte Verteiler für 2 oder für 4 Düsen in Reihe erreichen einen maximalen Abstand zwischen den äußeren Düsen von ebenfalls 440 mm. Die Verteiler in Kreuzform sind für eine symmetrische Anordnung der Düsen auf einem Karree ausgelegt, wobei der Düsenabstand ein maximales Stichmaß von 315 mm erreichen kann.
Kompaktere Maschinenbauweise ermöglichen
Günther Heisskanaltechnik, Frankenberg, zeigt in Düsseldorf neue Lösungsmöglichkeiten für besonders kleine und kleinste Bauteile, wo es sinnvoll ist, hohe Kavitätenanzahlen auf engstem Raum platzieren zu können. Hierdurch können kompaktere Spritzgießmaschinen mit höherer Energieeffizienz und geringerem Bedarf an Fertigungsfläche zum Einsatz kommen. Mit den Düsen für das seitliche Anspritzen der Baureihe Oktaflow und Mehrfachdüsen für Mikro-Spritzgießmaschinen trägt man diesen Marktanforderung Rechnung. Des Weiteren ist ein verstärkter Trend in Richtung Nadelverschluss-Systeme – insbesondere mit elektrischen Nadelantrieben – erkennbar. Hierfür kommen Servo- oder Schrittmotoren sowie Elektromagnete zum Einsatz. Diese Systeme zeichnen sich durch eine effiziente, präzise und saubere Arbeitsweise aus und erfüllen höchste Reinraumanforderungen.
Der Heißkanalverteiler Rheo-Pro Slide von Mold Hotrunner Solutions, Basel, Schweiz, verfügt über freibewegliche, drehbare Gelenkelemente , die, selbst wenn die Formplatten getrennt werden, einen permanenten und kontinuierlichen Schmelzetransfer ermöglichen. Die neue Technologie macht es möglich Anspritzpunkte auch in Schiebern des Werkzeugs zu platzieren. Auf diese Weise wird die Schmelze zu allen gewünschten Stellen im Werkzeug transportiert. Sein Scharnier-Design ermöglicht mittels der Drehgelenke eine durchgehende Abdichtung mehrerer, miteinander verknüpfter Heißkanalverteiler. Dadurch können ganze Bereiche des Werkzeugs ohne eine Unterbrechung des Materialflusses im Schmelzekanal bewegt werden.
So entsteht ein durchgängiger Schmelzeweg, bei dem der Heißkanal die Entformungsbewegung ganzer Werkzeugbereiche mitfährt. Mit der neuen Technologie kann das Material durch die Schmelzekanäle über bewegliche Formelemente wie Schieber und Heber zur Kavität geführt werden, wodurch sich komplett neue Teiledesigns umsetzen lassen. Die Flexibilität des Rheo-Pro Slide macht das System ideal für neue Anwendungen in Etagen- und Tandemwerkzeugen sowie Drehwürfeln oder Wendewerkzeugen.
Weitere K 2013 Neuigkeiten zur Temperiertechnik in der nächsten Ausgabe des Plastverarbeiter.