Mitte der 1990er Jahre traf die Weidmann International Corporation Group (Wicor) die strategische Entscheidung zum Einstieg in die Medizintechnik. Eine Medical Division zur Fertigung medizintechnischer Kunststoffteile wurde geschaffen und bei der Tochtergesellschaft Weidmann Plastics Technology in Bad Ragaz in der Schweiz angesiedelt. Der Standort ist ausschließlich für Technik sowie Herstellung von medizintechnischen Artikeln zuständig. Rund 100 Mitarbeiter arbeiten dort und erzielen einen Jahresumsatz von 35Mio. Schweizer Franken. Die Produktionsfläche beträgt zirka 3.000m2, davon 2.500m2 in Reinräumen bis Klasse 7 und 8. Der Kunststoffverarbeiter, der früher vor allem für die Automobil- und andere Industrien tätig war, hat sich mittlerweile in die erste Liga der Auftragshersteller für medizintechnische Spritzgussteile bis hin zu komplexen Baugruppen einschließlich deren Verpackung vorgearbeitet. So zählen auch große Unternehmen wie das Pharma- und Diagnostikunternehmen Roche zu seinen Kunden. Die Medical Division von Weidmann arbeitet dabei für mehrere Produktbereiche des Konzerns als strategischer Partner, First und Second Supplier.
Prozessstabilität ist oberstes Gebot
Bei aller Schnelligkeit der Prozessabläufe sind Konstanz sowie hohe Qualität und Verfügbarkeit der Produktionsanlagen oberstes Gebot für Weidmann. Deshalb werden in der medizintechnischen Produktion elektrische Spritzgießmaschinen, Werkzeug-Innendruck-Messsysteme und isotherm arbeitende Temperiergeräte eingesetzt. Mehr als 100 Temperiergeräte werden in der Medizintechnik-Produktion eingesetzt, die von dem Hersteller HB-Therm aus St. Gallen stammen. Zusammen mit anderen Ausstattungsfeatures wird so neben kurzen Zykluszeiten eine hohe Prozessstabilität erreicht. Das Ziel einer hohen Verfügbarkeit hat betrifft auch den Werkzeugwechsel: Ein Wechsel mit kompletter Line-Clearance läuft mittlerweile in zwei bis drei Stunden.
Natürlich versucht das Werk Bad Ragaz nicht nur mit höchster Qualitätsstufe, sondern auch möglichst effektiv zu produzieren. Unabdingbar ist, die Spritzgießprozesse für Volumenprodukte beziehungsweise große Stückzahlen sehr stabil zu halten. Hier müssen neben einer fundierten Erfahrung im Umgang mit Heißkanal-Werkzeugen auch zuverlässige Werkzeugbauer sowie Spritzgießmaschinen mit angepasster Automation zusammenwirken. „Die isotherme Werkzeugtemperierung ist dabei ein entscheidendes Kriterium“, ergänzt Markus Reichlin, Werksleiter in Bad Ragaz. „Sie wird allerdings im Allgemeinen unterschätzt, obwohl sie sehr wichtig für Qualität und Prozesskontrolle ist.“
Wie die externe Durchflussmessung bei Weidmann eingesetzt wird
Weidmann arbeitet bereits seit mehr als 20 Jahren mit dem Temperiergeräte-Hersteller aus St. Gallen zusammen und setzt in seiner Medizintechnik-Produktion hauptsächlich Temperiergeräte der Series 4 sowie der aktuellen Series 5 ein. Mehr als zehn externe Durchflussmesser sind dort mittlerweile im Einsatz, Tendenz weiter steigend. Ein gutes Anwendungsbeispiel dafür ist die Herstellung eines filigranen Trommelgehäuses, Teil einer Diabetiker-Stechhilfe. Pro Jahr werden rund 90Mio. Trommeln produziert. Sie müssen prozesssicher an sieben Tagen rund um die Uhr im Vierschichtbetrieb hergestellt werden. Jedes Trommelgehäuse wird mit sechs Lanzetten versehen, die vorher noch mit einer Weichkomponente umspritzt werden. Diese Nadeln werden in einem nachgeordneten Montagevorgang in das Trommelgehäuse eingesetzt, auf Vollständigkeit und Lage geprüft, sterilisiert, verpackt, konfektioniert und just in time ausgeliefert. Dazu notwendig sind acht Spritzgießmaschinen sowie mehrere Montage- und Verpackungslinien. Durch die externe Durchflussmessung und die Zusammenfassung mehrerer Temperierkanäle sind an dieser Maschine statt sechs jetzt nur noch zwei Temperiergeräte angebunden. Wichtig ist dabei, dass gleiche Messvarianten und Messbereiche vorhanden sind beziehungsweise zusammen passen. Der Hauptvorteil der externen Durchflussmessung an dieser Produktionszelle ist somit, dass die Temperierung kontinuierlich hochwertig mit weniger Geräten durchgeführt wird. Die eingesparten Geräte werden an anderen Maschinen eingesetzt, wodurch erhebliche Investitionen vermieden wurden.
Externe Durchflussmesser und deren Integration in die Temperiergeräte
Externe Durchflussmesser sind eine optionale Komponente der Temperiergeräte. Sie sind für mit Wasser arbeitende Geräte bis zu einer Temperatur von 180°C geeignet, bei ölbasierten Geräte sind Temperaturen bis zu 200°C möglich. Der Nenn-Messbereich reicht von 0,4 bis 20l/min pro Temperierkreis. Eingesetzt wird ein hochgenaues Ultraschall-Messsystem ohne bewegliche Teile im Rücklauf. Ein gemeinsamer Temperaturfühler im Vorlauf und je einer im Rücklauf jedes Temperierkreises übernimmt die Messung. Über CAN-Datenschnittstelle ist die externe Durchflussmessung an die Temperiergeräte angebunden. Für Anwendungen ohne Datenschnittstelle steht pro Kreis je ein Frequenzsignal zur Verfügung. Drei farbige LEDs zeigen den Status des Gerätes an, eine Info-Taste weitere Informationen. Die gesamte Komponente besteht aus korrosionsbeständigen Materialien, die Druckbeständigkeit liegt bei 20 bar. Der externe Durchflussmesser lässt sich einfach an der Rückseite der Geräte befestigen. Bedienung, Anzeige und Überwachung wurden in die Steuerung der Series 5 Temperiergeräte integriert. Die gesamte Auswerteelektronik ist direkt angebaut, die Grenzwerteinstellung ist wählbar und arbeitet automatisch. Damit kann auf eine manuelle Justierung für jedes Werkzeug verzichtet werden. Die Werte orientieren sich an den Verhältnissen nach dem Anfahren. Der Hauptnutzen des externen Durchflussmessers liegt in der Überwachung einzelner, parallel geschalteter Temperierkreise. Mit Series 5 Geräten kann aber auch die effektive Temperierleistung jedes Kreises ermittelt werden, weil jeder Kreis über einen separaten Temperaturfühler im Rücklauf verfügt. Über die Kontrolle dieser wichtigen Produktionsparameter ist eine gleich bleibend hochwertige Qualität aller Formteile in der Spritzgießproduktion einfach und sicher realisierbar.
Einbindung der Temperiergeräte in die Produktion bei Weidmann
Die durchaus stolze Zahl von 450 Temperiergeräten von HB-Therm ist insgesamt bei Weidmann im Einsatz, 100 davonim Bereich Medical. Je nach Material- und Teileanforderungen werden mit den Temperiergeräten pro Maschine Temperaturen zwischen 20 und 140°C gefahren. Die Geräte bilden mit den Maschinen über entsprechende Schnittstellen eine Funktionseinheit, die Temperaturüberwachung erfolgt direkt an der Maschine. Dies hat zur Folge, dass die Anlagen etwa bei Prozessabweichungen durch Alarmweitergabe an die Maschine sofort gestoppt werden.
Peter Munz, Leiter Verfahrenstechnik in Bad Ragaz, ist mit der Kooperation zwischen Weidmann und dem Temperiergerätehersteller sehr zufrieden: „Wir sorgen gemeinsam für Qualität und Konstanz in allen Prozessen.“ Vor allem die Zuverlässigkeit, die Standardausstattung und die Präzision der Temperiergeräte haben bei Weidmann Plastics überzeugt; dazu auch die Technik und der Service von HB-Therm. Nicht zuletzt bieten die Geräte eine detaillierte Prozessüberwachung. „Das ist gerade für uns als Medizintechnik- Produzenten eminent wichtig, sagt Munz.
Standardisierung der Gerätetechnik eröffnet weitere Einsparpotenziale
Weidmann Plastics setzt neben einer kompromisslosen Qualität auch auf den umfassenden und schnellen Geräteservice. Achim Franken, Area Sales Manager HB-Therm, hält dazu fest: „Wir haben Weidmann gerade in diesem SektorLösungen anbieten können, die nicht ausschließlich am Umsatz orientiert sind. Gerade mit unseren großen Kunden wie Wicor wollen wir zu einer Partnerschaft kommen, die an der Verbesserung der Ergebnisse orientiert ist.“ So ist beispielsweise die Standardisierung bei Weidmann so weit fortgeschritten, dass alle Temperiergeräte an allen Maschinen betrieben werden können. Das ist zum Beispiel bei der präventiven Instandhaltung und Wartung wichtig, um eine reibungslose Produktion sicherstellen zu können. „Hier ist die Zusammenarbeit keine Frage der Kosten, sondern der Qualität“, sagt Franken.
Mikrostruktur-Abformungist stark im Kommen
Die neueren Produkte aus Bad Ragaz sind ausgewiesene Highend-Spezialitäten. So wird beispielsweise in Richtung Mikrostrukturabformung in der Größenordnung von ungefähr 50nm geforscht, entwickelt und gefertigt. „Lab-on-a-chip-Komponenten mit Mikrostrukturen für die Analyse vieler kleinster Proben sind stark im Kommen“, berichtet Reichlin. Weidmann ist hier in der Entwicklung bereits mit involviert. Für diesen Technologiesprung muss Weidmann auch die Spritzgießtechnik prozessfähig machen. „Auch diesen Weg werden wir sicher mit HB-Therm gemeinsam gehen“, gibt sich Reichlin zuversichtlich.
Kosteneffizienz
Zwei statt sechs Temperiergeräte
Bei Weidmann Plastics Technology werden zur Herstellung eines Trommelgehäuses als Teil einer Diabetiker-Stechhilfe acht Spritzgießmaschinen eingesetzt. Durch die externe Durchflussmessung und die Zusammenfassung mehrerer Temperierkanäle sind an diesen Maschine statt sechs jetzt nur noch zwei Temperiergeräte angebunden. Wichtig ist dabei, dass gleiche Messvarianten und Messbereiche vorhanden sind beziehungsweise zusammen passen. Der Hauptvorteil der externen Durchflussmessung an dieser Produktionszelle ist somit, dass die Temperierung kontinuierlich hochwertig mit weniger Geräten durchgeführt wird. Die so eingesparten Geräte konnten an anderen Maschinen eingesetzt werden.
Der Hauptnutzen des externen Durchflussmessers liegt in der Überwachung einzelner, parallel geschalteter Temperierkreise. Mit Series 5 Geräten von HB-Therm kann aber auch die effektive Temperierleistung jedes Kreises ermittelt werden, weil jeder Kreis über einen separaten Temperaturfühler im Rücklauf verfügt. Über die Kontrolle dieser wichtigen Produktionsparameter ist eine gleich bleibend hochwertige Qualität aller Formteile in der Spritzgießproduktion einfach und sicher realisierbar.