Wood-Plastic-Composites (WPC) sind thermoplastisch verarbeitbare Verbundwerkstoffe, die aus unterschiedlichen Anteilen von Naturfasern, synthetischen Kunststoffen und Additiven bestehen. Sie werden durch die bekannten Formgebungsverfahren wie Extrusion, Spritzguss oder Presstechniken verarbeitet. Ein typisches WPC-Produkt ist beispielsweise ein extrudiertes Profil für Bodenbeläge (Decking) aus 65 Prozent Holzmehl, 30 Prozent Polyethylen oder Polypropylen und 5 Prozent Additive, wie Haftvermittler, UV-Stabilisatoren und Farbpigmente.
Obwohl thermoplastische WPC-Produkte erst seit zwanzig Jahren produziert werden, haben sie bereits einen großen Markt erschlossen. Im Vergleich zu traditionellen Holzwerkstoffen ermöglichen WPC ein hohes Maß an Gestaltungsfreiheit, bei gleichzeitig hoher Steifigkeit, höherer Feuchteresistenz und Witterungsbeständigkeit. WPC können gut eingefärbt, lackiert und wie Holz bearbeitet werden. Weitere Vorteile gegenüber dem Werkstoff Holz sind günstigere lifetime-Kosten und die Möglichkeit, recycelte Werkstoffe in WPC-Produkten zu verwenden. Aufgrund der holzähnlichen Haptik werden daraus insbesondere Gartenmöbel oder Terrassendielen gefertigt.
Jahr für Jahr zweistelliges Wachstum
Experten schätzen die jährliche weltweite WPC-Produktion auf mehr als 1,5 Millionen Tonnen. Mit einem Anteil von rund einer Million Tonnen ist Nordamerika der mit Abstand größte Markt, gefolgt von Europa, Japan und China. Jährliche Wachstumsraten von über 20 Prozent weltweit demonstrieren die Dynamik dieses jungen Marktes. Seit 2005 ist der europäische Markt für WPC jährlich um durchschnittlich 35 Prozent gewachsen. Aufgrund aktueller Investitionen in Produktionserweiterungen und des wachsenden Interesses bei Handel und Verbrauchern erwartet die Branche auch in den nächsten Jahren zweistellige Wachstumsraten.
Im Jahr 2010 wurden in Europa etwa 220.000 Tonnen WPC (Deutschland: zirka 100.000 Tonnen) produziert, davon rund 50.000 Tonnen für die Automobilindustrie und 167.000 Tonnen für Terrassen-Bodenbeläge (Marktanteil Deutschland: etwa 15 Prozent), Zäune und Fassaden. Auch für Möbel, Büro- und Haushaltsartikel sowie technische Kleinteile und Gehäuse kommen immer mehr WPC-Materialien zum Einsatz. Decking wird aller Voraussicht nach global die am weitesten verbreitete Anwendung bleiben. Große Zuwächse werden in den Bereichen Holzbau und Innenausbau erwartet.
Coextrusion ermöglicht effiziente Produktion
Eines der aktuellen Themen bei der Herstellung von WPC ist die Senkung der Kosten, insbesondere der Materialkosten, welche etwa zwei Drittel der Gesamtkosten ausmachen. Die Hersteller suchen verstärkt nach Lösungen: Verarbeitung von recycelten Materialien oder Verwendung von präziseren Dosieranlagen. Auch die Erweiterung des Prozessfensters und sorgfältige Kontrolle und Bewertung von Möglichkeiten zur Minimierung der Ausschussquoten gehört zu den Überlegungen. Diese Entwicklungen haben einen starken Trend zur WPC-Coextrusion eingeleitet. Hier sind Kosteneinsparungen durch den Einsatz von Rezyklaten bei den Rezepturen für das unsichtbare Kernmaterial von 20 bis 25 Prozent möglich. Die für die Außenschicht verwendeten Coextrusions-Rezepturen haben generell einen höheren Gehalt an Stabilisatoren und Pigmenten während für den unsichtbaren Kern eine kostengünstige Rezeptur zum Einsatz kommt.
Live-Demonstration im Technikum
Eine solche Live-Vorführung einer Coextrusionsanlage zeigte der Maschinenhersteller Battenfeld-Cincinnati, Wien, Österreich zum Abschluss der internationalen Wiener WPC-Konferenz in seinem Technikum. Die WPC-Coextrusionslinie produzierte vor den 180 Teilnehmern aus 27 Ländern ein Siebenkammer-Deckingprofil mit einer Geschwindigkeit von 2,25 m/min, was einer Ausstoßleistung von rund 400 kg/h entspricht. Die Innenschicht aus Recyclingware ermöglicht Materialkosteneinsparungen bis zu 25 Prozent im Vergleich zu Profilen aus Neuware. Sowohl das Compound als auch das Werkzeug für das Profil mit den Abmessungen 160 x 30 mm hat das Partnerunternehmen Beologic, Sint Denijs, Belgien, bereitgestellt. Die Coextrusionslinie bestand aus dem Hauptextruder FiberEX92 und dem Coextruder FiberEX38. Die beiden Kernkomponenten waren platzsparend angeordnet. Die Nachfolgeeinrichtungen wie Abzugs- und Sägeeinheit stammten aus der Basebex-Serie des Gastgebers. Komplettiert wurde die Gesamtanlage durch Förderanlagen von Woywod, Gräfelfing, und gravimetrische Dosiereinrichtungen von Brabender, Duisburg, und ConPro, Porta Westfalica.
Schneller und sicherer Schutz im Notfall
Neben der Maschinenvorführung präsentierte das Unternehmen Deltawood, Rijssen, Niederlande, ein neues Composite-Musterhaus. Mit diesem modular aufgebauten „Simply-Housing“-Konzept für Do-it-yourself-Anwendungen speziell in Katastrophengebieten zeigte das Unternehmen ein Einsatzgebiet für WPC-Profile auf. Das System besteht aus nur vier Standard-Elementen, die sich schnell zusammenbauen lassen. Für die nötige Festigkeit der Profile dienen neben Metallarmierungen in tragenden Bauteilen vor allem gezielte Orientierungen der Holzspäne im WPC-Profil. Das System, bestehend aus einem Satz von vorgefertigten Elementen, ermöglicht eine schnelle Montage der Unterkünfte vor Ort. Nach Herstellerangabe sind auch wärmegedämmte sowie sturm- und erdbebensichere Modelle verfügbar. Potenzielle Abnehmer sind unter anderen Hilfsorganisationen, staatliche Behörden und das Militär.
Die Zusammenarbeit zwischen dem österreichischen und dem niederlän-
dischen Unternehmen begann vor
mehr als zehn Jahren. Gemeinsam entwickelten Sie ein Verfahren zur Verarbeitung von langfaserigen WFC-Verbundstoffen und verfügen über ge-meinsame Patente für Spezialanlagen zur Verarbeitung von Holzfaser-Verbundstoffen (WFC).
Studie
Nachhaltigkeit von WPC
Die Frage der Nachhaltigkeit von WPC-Produkten versucht ein aktuelles Forschungsprojekt des Süddeutschen Kunststoff-Zentrums in Würzburg zu beantworten. Ziel ist ein Instrument, mit dem Hersteller anhand eines Benchmarkings mit Konkurrenzwerkstoffen die Nachhaltigkeit ihrer WPC-Produkte individuell untersuchen und bewerten können. Die Universität Göttingen (Abteilung Holzbiologie und Holzprodukte) und das Karlsruher Institut für Technologie KIT (Zentralabteilung für Technikbedingte Stoffströme) führen das Projekt gemeinsam durch.
Im Fokus stehen Terrassenbeläge, die als Außenanwendungen besonders hohe Anforderungen an die eingesetzten Materialien stellen. Ein sehr wichtiger Parameter ist dabei die Witterungsbeständigkeit. Sie ist Voraussetzung für eine lange Lebensdauer, die wiederum ein wesentlicher Baustein für niedrige Lebenszyklus-Kosten und eine vorteilhafte Ökobilanz ist.
WPC besser als Holz?
Um diese Frage zu beantworten, werden mehrere Produkte aus WPC sowie Terrassendielen aus Bilinga (ein Tropenholz) und kesseldruckimprägnierter Kiefer verschiedenen Tests unterzogen: Klimawechsellagerung und künstliche Bewitterung im Labor liefern ein erstes Datengerüst, um relative Unterschiede in der zu erwartenden Lebensdauer zu evaluieren. Ein hierzu gestarteter mehrjähriger Ringversuch mit Freilandbewitterungen in Deutschland und Belgien soll diese Ergebnisse überprüfen und validieren. Die Untersuchung soll Aufschluss darüber geben, wie sich unter anderem Abmessungen, Durchbiegung und Form unter mehreren verschiedenen klimatischen Randbedingungen und Trittbelastungen verändern bis letztlich ein mechanisches Versagen eintritt.
Methodische Grundlage des Nachhaltigkeits-Benchmarkings sind eine Ökobilanz (ISO 14040) und eine Lebenszyklus-Kostenrechnung. Diese Methoden können helfen, die Randbedingungen, unter denen Terrassenbeläge aus WPC gegenüber Holz ökologische und ökonomische Vorteile haben, zu bestimmen. Hierzu werden alle Lebenswegabschnitte von der forstlichen Produktion beziehungsweise der Kunststoffherstellung über die Fertigung der Dielen und Pflegemaßnahmen während der Nutzung bis hin zur Entsorgung am Ende des Lebenswegs untersucht.
Die zur Berechnung von Ökobilanz und Lebenszyklus-Kosten notwendigen Parameter werden in einer Datenbank hinterlegt. Dieses Bewertungsinstrument dient der individuellen Analyse von Terrassendielen aus WPC sowie der Bewertung ihrer Nachhaltigkeit in einem Benchmarking mit Holzprodukten.
Die Ergebnisse sollen im Frühjahr 2012 zur Verfügung stehen und veröffentlicht werden.
Nachgehakt
Da steckt viel drin – Trends bei WPC
Bereits zum 8. Mal beteiligte sich battenfeld-cincinnati an der internationalen WPC-Konferenz in Wien. Das Unternehmen präsentierte anlässlich der Tagung in seinem Technikum zwei neue WPC-Anwendungen, die den heutigen Anforderungen der Branche nach Kostenreduktion Rechnung tragen. Es handelte sich um eine Hochleistungs-Coextrusionsanlage und das Fertigbausystem „simply housing“. Plastverarbeiter sprach während des WPC-Kongresses in Wien mit Rainer Kottmeier, Geschäftsführer Battenfeld-Cincinnati Germany, Division Construction und mit Mathias Daniel, Director Markets & Technologies, Division Construction, über das Zukunftspotenzial des Werkstoffes WPC.
Plastverarbeiter: Der Markt für WPC-Produkte wächst. Welche Auswirkungen hat dies auf Ihr Unternehmen?
Kottmeier: Als Hersteller von Extrusionsmaschinen folgen wir diesem Wachstum. Wir erzielten 2011 das zweitbeste Ergebnis im Bereich WPC und konnten unsere Position als Marktführer in Europa und Asien mit einem Anteil von 70 Prozent und rund 250 installierten Anlagen weltweit ausbauen. Wir verstehen uns nicht nur als Maschinenbauer, sondern als Schnittstelle zu unseren Kunden. Es ist wichtig frühzeitig die Endanwendung für WPC-Produkte zu kennen, damit wir unsere maßgeschneiderten Maschinen weiterentwickeln können. Dabei hilft uns auch die Partnerschaft mit der WPC-Plattform Austria, die wir mit aufgebaut haben.
Plastverarbeiter: Ihre Einschätzung des Branchen-Wachstums?
Daniel: Wir sprechen hier von Wachstumsraten von 25 Prozent für den europäischen Markt, manche Schätzungen gehen auch von 37 Prozent aus.
Kottmeier: Unser Unternehmen ist weltweit tätig und wir beobachten die Märkte in Europa, USA und Asien genau. Wir sehen überall gute Wachstumschancen, vor allem nach wie vor bei Bodenbelägen. Auch Geländer sind im Kommen. Es geht nicht mehr nur um den Ersatz von Holz, sondern auch von anderen Materialien. Hier werden wir uns weiter konzentrieren. WPC ist im Holzmarkt noch sehr klein.
Plastverarbeiter: Wie beurteilen Sie den asiatischen WPC-Markt in Bezug auf den europäischen?
Kottmeier: Bislang entspricht die Qualität der aus Asien importierten WPC-Produkte aufgrund fehlender Standards noch nicht durchgängig den europäischen Anforderungen. Jedoch beobachten wir einen langsamen Trend hin zu qualitativ hochwertigem WPC. Hier sehen wir Potenzial als Maschinenhersteller. Da wir global aufgestellt sind, liefern wir unsere europäischen Qualitätsmaschinen auch in den asiatischen Markt, vor allem nach Korea und Japan.
Daniel: Um weitere Anteile im bestehenden Markt zu gewinnen, suchen wir nach Trends und ruhen uns nicht auf Branchen-Schätzungen aus.
Plastverarbeiter: Sondern?
Daniel: Die nächste große Entwicklung in der Herstellung von WPC fokussiert sich auf eine höhere Effizienz in der Fertigung und die Senkung der Herstellungskosten. Durch den Einsatz des Coextrusions-Verfahrens sowie von recycelten Kunststoffen spart der Verarbeiter bis zu 25 Prozent der Kosten im Vergleich zu reiner Neuware.
Plastverarbeiter: Welche Entwicklungen werden uns in den nächsten Jahren begegnen?
Kottmeier: Vor 20 Jahren entwickelte man in den USA die ersten WPC-Terrassenbeläge. Fünf Jahre später kam dieser Trend in Europa an. Seit etwa zehn Jahren entwickelt man Produkte für die Baubranche, zum Beispiel neben den Bodenbelägen, Fassadenverkleidungen, Rohre, tragende Teile. In diesem Sektor sehen wir heute ein großes Potenzial, denn hier sind Materialeigenschaften wie Tragfähigkeit, Stabilität, Steifigkeit und Witterungsbeständigkeit gefragt. Mit langfaserverstärkten WPC-Elementen lässt sich dies erreichen. Ein anderes Beispiel ist die Konstruktion einfacher Hausbausysteme beispielsweise mit dem System „simply housing“. Interessant sind auch großvolumige Anwendungen wie zum Beispiel Lärmschutzwände an Autobahnen.
Plastverarbeiter: Ist die Langfaserverstärkung ein neuer Trend?
Daniel: Ja, ganz eindeutig. Aufgrund der Kriecheigenschaften sind WPCs für den Einsatz als tragende Bauteile nicht oder nur sehr bedingt einsetzbar. Durch die gezielte Einarbeitung von Langfasern, kann die Kriechneigung der Werkstoffe unterbunden werden. Als Konsequenz ergeben sich eine Fülle potenzieller neuer Einsatzfelder.
Plastverarbeiter: Können konventionelle Extrusionsanlagen auf die Produktion von WPC umgestellt werden?
Daniel: Grundsätzlich ja, jedoch muss die Maschine und Maschinensteuerung an die besonderen Anforderungen angepasst werden. Zum Beispiel bedarf es einer angepassten Schnecke für die Schmelze. Auch muss die Temperatur je nach Faseranteil in der Schmelze genau geregelt werden können. Zu hohe Temperaturen können die Fasern thermisch schädigen.
Plastverarbeiter: WPC-Recycling – gibt es hier schon Ansätze?
Kottmeier: Zunächst ist WPC bereits ein Recycling-Produkt aus Kunststoffen aus dem Wertstoffkreislauf wie zum Beispiel PVC und aufbereiteten Holzabfällen. Die Verwertung von ausgedientem WPC wäre dann schon der zweite Recycling-Durchlauf. Es gibt schon Überlegungen dazu, wie die Industrie mit „altem“ WPC umgehen soll, jedoch noch keine konkreten Ansätze.