Der Spritzgießmaschinen-Hersteller Arburg verzeichnete auch im vergangenen Jahr ein Umsatzplus. „Der konsolidierte Umsatz wird für das Jahr 2018 bei rund 750 Mio. EUR liegen“, teilte Jürgen Boll, Geschäftsführer Finanzen, Controlling, IT, mit. Wachstum erfordert Investitionen. Daher wurden auch 2018 wieder 24 Mio. EUR ins Stammwerk investiert, das waren 10 Prozent mehr als im Vorjahr. Investiert wurde nicht nur in Gebäude, Infrastruktur, Produktion und Digitalisierung, sondern auch in die Belegschaft. Zum Jahresende beschäftigte das Unternehmen weltweit 3.033 Mitarbeiter und damit 6,4 Prozent mehr als im Vorjahr.
Michael Hehl, geschäftsführender Gesellschafter von Arburg, erläutert die Pläne für die Zukunft: „Bei unserem Schulungscenter läuft alles nach Plan, sodass wir dieses im nächsten Jahr beziehen können. Der Spatenstich für unsere neue Montagehalle 23 wird am 16. Mai 2019 erfolgen.“ Weitere Investitionen erfolgen beim ATC Rednitzhembach, das auf rund 1.500 m² erweitert wird. Ebenso werden die Niederlassungen in Italien und in den USA wachsen.
Gerhard Böhm, Geschäftsführer Vertrieb, führte aus, dass der Anteil der elektrischen Maschinen über alle Schließkraftklassen um drei Prozentpunkte auf über 30 Prozent gewachsen ist. Die elektrischen und hybriden Maschinen kommen zusammen sogar auf knapp 50 Prozent. Stark gestiegen sei auch die Nachfrage nach den Maschinen der Schließkraftklassen 2.500 bis 6.500 kN, nach Mehrkomponenten-Maschinen und Turnkey-Anlagen, sagte Böhm. „Zunehmend wichtig für unsere Branche wird das Thema Circular Economy“, so Böhm weiter. Aus Sicht des Herstellers ist der deutsche Maschinen- und Anlagenbau ein wichtiger Teil der Lösung. Ziel muss es sein, Kunststoff global so sinnvoll wie möglich einzusetzen, ressourceneffizient damit umzugehen und davon besonnen so viel wie möglich wiederzuverwerten. Arburg beschäftigt sich schon länger mit diesem Themenkomplex und trägt mit seinen Aktivitäten beim Punkt Produktionseffizienz dazu bei, dass die Kunststoffverarbeiter mit geringem CO2-Footprint produzieren können.
AM Factory – Additive Manufacturing vollautomatisiert und rückverfolgbar
Die AM-Factory wurde erstmals auf den Technologie-Tagen vorgestellt. Die Turnkey-Anlage individualisierte exemplarisch Vakuumgreifer für additiv gefertigte Schachfiguren in sechs Varianten – „on demand“, vollautomatisiert und zu 100 Prozent rückverfolgbar. Nach Kennzeichnung mit einem Datamatrix-Code und Plasmabehandlung ergänzte der Freeformer 300-3X eine Greiferplatte aus Aluminium entsprechend des hinterlegten und ausgewählten 3D-Druck-Auftrags mit einer an die gewünschte Schachfigur angepassten funktionalen Geometrie aus TPU. Als nächster Prozessschritt folgt eine taktile Funktionsprüfung des Greifers. Ein Sechs-Achs-Roboter ist für die Handhabung der Greiferplatten, das Bestücken des Bauraums und die Funktionsprüfung verantwortlich. Über den Datamatrix-Code konnten die Produktionsdaten jederzeit auf einer produktspezifischen Website abgerufen werden. Die AM-Factory ist mit einem Arburg Turnkey Control Modul (ATCM) ausgestattet. Die Scada-Lösung ATCM fungiert auf Steuerungsebene zwischen Leitrechner und Maschine. Sie dient zum permanenten sammeln und auswerten der Daten.
Gut angenommen wird das Mietmodell des Freeformer
200-3X, bei dem das Unternehmen die Maschine für ein Jahr mietet. In den Mietkosten sind Schulung sowie anwendungsspezifische Beratung enthalten. Das Modell ermöglicht Unternehmen erste Schritte in der additiven Fertigung zu gehen, ohne in eine Maschine investieren zu müssen.
Road to Digitalisation durchs ganze Unternehmen
Auf der Road to Digitalisation macht Arburg digitale Lösungen greifbar und begleitet Kunststoffverarbeiter auf ihrem Weg in Richtung Smart Factory. „Uns ist es wichtig unsere Kunden beim Thema Digitalisierung dort abzuholen, wo er aktuell steht, damit er den Einstieg findet“, erläutert Jürgen Boll. „Wir möchten für jeden Verarbeiter die ideale Konstellation schaffen.“
Entlang der Road to Digitalisation wurden die Lösungen Smart Machines, Smart Production und Smart Services gezeigt. Den Schwerpunkt stellte die Effizienz-Arena dar. Highlights sind in diesem Zusammenhang das neue Kundenportal Arburg-X-World, die Füllsimulation mit der Gestica Steuerung und die informationstechnische Vernetzung von Spritzgießmaschinen und ihrem Umfeld – Stichwort „Connectivity, war von Heinz Gaub, Geschäftsführer Technik zu hören.
Beim Kundenportal Arburg-X-World mit den Applikationen (Apps) Machine Center, Service Center, Shop und Calendar können sich deutsche Kunststoffverarbeiter seit den Technologietagen registrieren und dieses kostenfrei nutzen. Die Apps werden über einen PC oder ein mobiles Endgerät freigeschaltet und bedient. Das Machine Center bringt Transparenz in die Produktion und reduziert den Organisationsaufwand beim Verarbeiter. Das Service Center ermöglicht das Starten von Servicetickets rund um die Uhr und im Shop lassen sich Ersatzteile direkt und einfach online ordern.
Sechs Assistenzpakete
Zum Thema Digitalisierung wurde weiterhin die OPC-UA-Lösungen vorgestellt und wie sich diese für die Online-Bereitstellung von Prozessinformationen an übergeordnete Systeme und digitale Services nutzen lassen. Allrounder waren mit einem IIoT-Gateway (IIoT = Industrial Internet of Things) ausgestattet. Das Gateway bietet große Flexibilität für die Implementierung von beispielsweise Arburg Remote Service (ARS), Arburg Turnkey Control Module (ATCM), Arburg-X-World und des Arburg Leitrechnersystems (ALS), mit dem alle Exponate vernetzt waren. Mit diesen sechs digitalen Bausteinen waren die Allrounder im Kundencenter ausgestattet. Besucher konnten sich ein Bild machen, wie die Systeme den Bediener aktiv unterstützen und die Arbeit an der Maschine passend zur jeweiligen Produktionsanforderung erleichtern – vom Starten, Einrichten und Optimieren über das Produzieren und Überwachen bis hin zum Service.
Von Augmented Reality bis Predictive Maintenance
Das Thema Augmented Reality wurde in der Effizienz-Arana bei einer virtuellen Wartung aufgegriffen. Exemplarisch wurde eine Spritzeinheit per AR-Datenbrille sowie Videotelefonie gewartet. Auf diese Weise können komplexe Wartungsarbeiten sicher ausgeführt sowie Fehler schnell identifiziert und behoben werden. Damit Störungen und ungeplante Ausfälle erst gar nicht entstehen, bietet sich die Echtzeit-Überwachung von Zuständen verschleißanfälliger Bauteile (Condition Monitoring) und die vorausschauende Instandhaltung (Predictive Maintenance) an. Präsentiert wurden dazu unter anderem die lastabhängige Schmierung von Kniehebeln an elektrischen Maschinen und das Erkennen von Verschmutzungen an Vakuumventilen. Zudem kann die Steuerung künftig über einen Chip auf der Plastifiziereinheit erkennen, ob das richtige Zylindermodul eingebaut ist.
Spritzgieß-Highlights im Kundencenter
Zu den innovativen Anwendungen im Bereich Automotive und Leichtbau zählten das Spritzgießen von Rotorscheiben für servoelektrische Antriebsstränge, wie sie im Forschungsprojekt Prolemo realisiert sind, das Faser-Direct-Compoundieren (FDC) von langglasfaserverstärkten Leichtbauteilen und das physikalische Schäumen mit Profoam. Darüber hinaus waren auch einige Anwendungen von Kunden aus der Automobilindustrie zu sehen. Das größte Bauteil – ein Pkw-Frontgrill aus ABS – produzierte ein hybrider Allrounder 1120 H mit 6.500 kN Schließkraft und Gestica-Steuerung.
Eine innovative Anwendung für die Medizintechnik war die Fertigung von Labs-on-a-Chip im Montagespritzgießen. Ein elektrischer Zwei-Komponenten-Allrounder 520 A fertigte mit einem 2+2-fach-Werkzeug der Firma Weber zunächst je zwei Platten mit Anschlüssen für die Fluidik-Zufuhr und zwei mit Fluidik-Kanälen. Dann drehte das Werkzeug elektrisch um 90 Grad, wobei die zwei verschiedenen Platten direkt aufeinandergesetzt und im nächsten Spritzvorgang stoffschlüssig verbunden wurden. Auf diese Weise entstand in rund 35 Sekunden Gesamtzykluszeit ein komplettes, dichtes Lab-on-a-Chip samt Anschlüssen für die Zufuhr der Fluidik-Lösungen.