Was sollte einen Verarbeiter bewegen, die Antriebstechnik seiner Spritzgießmaschinen unter die Lupe zu nehmen? Welche Entscheidungskriterien sind unter welchen Voraussetzungen wichtig? Rechtfertigen die vermeintlich typischen Merkmale elektrischer Maschinen, wie geringerer Energieverbrauch, höhere Qualität und niedrigere Wartungskosten, den aufzubringenden Mehrpreis für elektrische Spritzgießmaschinen?
Mit Blick auf die Verkaufszahlen haben sich elektrische als Alternative zu den hydraulischen Maschinen längst etabliert. Der Plastverarbeiter hatte in Zusammenarbeit mit der FH Würzburg im März einige Verarbeiter zum Expertengespräch „Spritzgießen“ (siehe Kasten infoDIRECT) gebeten. Diskutiert wurden auch elektrische Spritzgießmaschinen. Dabei sind einige überraschende Thesen entstanden, die den Versprechen der Maschinenhersteller teilweise widersprechen.
Energieeffizienz als Teil der Stückkosten-Minimierung
Die Wirtschaftlichkeit einer Spritzteil-Produktion drückt sich in den Stückkosten aus. Diese bei größtmöglicher Qualität zu minimieren, ist oberstes Ziel. Die Energiekosten sind dabei ein Baustein. Peter Gladigau, Sumitomo (SHI) Demag, glaubt, dass sich die Mehrkosten für die Anschaffung einer elektrischen Spritzgießmaschine heute allein durch die Energieeinsparung noch nicht begründen lassen. Kombiniert mit weiteren Vorteilen des elektrischen Antriebskonzeptes ergäbe sich aber ein wichtiger Beitrag zur Senkung der Stückkosten und zur Nachhaltigkeit der Produktion. Ähnlich sieht es Friedrich Mairhofer, Produktmanager elektrische Maschinen, Engel Austria: „Beim Kauf einer Spritzgießmaschine stehen bei den meisten Anwendern die Qualität der Maschine und die Leistungsdaten an erster Stelle. Umso besser natürlich, wenn sich diese Argumente dann auch mit einer hohen Energieeffizienz verbinden lassen.“ Umweltschutz muss sich wegen des harten Wettbewerbsdrucks lohnen. Dr. Thorsten Thümen, Ferromatik Milacron, bestätigt und ergänzt weitere Kriterien: „Auch Produktivität und Verfügbarkeit spielen eine wichtige Rolle.“ Georg Tinschert, Wittmann Battenfeld, fasst das Zusammenwirken zwischen Umweltbewusstsein, Energieeffizienz und Kostensenkung zusammen: „Amortisationszeiten von drei bis vier Jahren für die Mehrkosten einer energieeffizienten Maschine und in der Folge eine nachhaltige Reduktion der Betriebskosten sind gewichtige Argumente für elektrische Maschinen.“
Wichtiger Bestandteil einer nachhaltigen Produktion
Die Energieeffizienz rückt immer weiter in den Kontext eines wirtschaftlichen, zukunftssicheren und im Sinne der Nachhaltigkeit optimierten Produktionsprozesses. Als Entscheidungskriterium wird sie zunehmend berücksichtigt werden – nicht nur bei den Kaufkriterien für eine Spritzgießmaschine. Herbert Kraibühler, Arburg, beschreibt diesen komplexen Ansatz so: „Einfluss auf die Energieeffizienz hat bereits das Produktdesign. Hinzu kommen Werkzeugtechnik, Maschinentechnik und -auslegung, Prozessintegration und -steuerung sowie die Produktionsorganisation.“ In seinen Augen muss die gesamte Wertschöpfungskette der Spritzteilfertigung detailliert beleuchtet und optimiert werden.
„In Zukunft werden die Energie-preise weiter steigen, was die Spritzgießer im Besonderen zu einer ganzheitlichen Bewertung des betrieblichen Energiemanagements veranlasst. Ein geringerer Energieverbrauch der Betriebsmittel wirkt sich positiv auf die infrastrukturellen Einrichtungen aus: So kann bei ganzheitlicher Betrachtung auch der Aufwand für Versorgungseinrichtungen reduziert werden. Stichwort: Ganzheitliche Nachhaltigkeit“, charakterisiert Hans Malinowski, KraussMaffei, diese Denkweise. Die Auswirkungen beobachtet auch Jörg Wittgrebe, Billion Deutschland: „Energieeffizienz ist ein wichtiges Thema mit zunehmender Bedeutung. Die Verarbeiter aus unserem Kundenkreis beginnen damit, den ökologischen Fußabdruck direkt am Produkt zu messen.“ Er sieht jedoch noch weitere Ansatzpunkte, die Nachhaltigkeit der Produktion zu verbessern: „Ein großes Energieeinsparpotenzial liegt in der Maschinenauslegung und der Parameterwahl brach.“
Qualitätsverbesserungen durch elektrische Maschinen umstritten
Einigkeit herrscht darüber, dass die elektrischen Maschinen ein schnelleres Anfahrverhalten zeigen. Ebenso sind die Achsbewegungen genauer positionierbar und reproduzierbarer – ein Effekt, der sich durch die servomotorischen Antriebe ergibt. Die Hersteller aus Malterdingen und Neustadt-Fernthal stützen darüber hinaus aber die These der Verarbeiter. Nach Meinung von Alfred Schiffer, Dr. Boy, konnte ein Nachweis, dass sich durch eine elektrische Maschine die Qualität messbar verbessert habe, bisher nicht erbracht werden. „Fast alle Qualitätsanforderungen können auch durch den Einsatz hydraulischer Spritzgießmaschinen erfüllt werden.“ Dr. Thümen führt dies auf die Reproduzierbarkeit zurück, „die bei beiden Maschinentypen gleich gut ist.“
Die Teilequalität ist von vielen verschiedenen Faktoren abhängig. Beeinflusst wird sie unter anderem durch Werkzeugkonstruktion, Zustand des Werkzeugs, Kunststoffmaterial, Temperiertechnik, Umgebungsbedingungen sowie nicht zuletzt auch den Kenntnisstand oder die Erfahrung der Maschinenbediener. „Entsprechend bietet die Maschine selbst nur begrenzte Einflussmöglichkeiten auf den Gesamtprozess“, relativiert Gladigau die Diskussion. Auch er sieht, wie Tinschert moderne hydraulische Maschinen fast auf gleicher Höhe mit den Elektrischen.
Die Aussage, dass Letztere die Produktqualität generell verbessern „stimmt so nicht“, stellt Kraibühler fest. Bei Vergleichen werden die jeweiligen Grundausbaustufen herangezogen, weshalb „hier die elektrischen Maschinen in Sachen Produktqualität häufig die Nase vorn haben.“ Aber: Bei Anwendungen, für die eine hohe Positioniergenauigkeit gefragt ist, bei Dünnwandanwendungen und sehr kleinen Bauteilen können die Elektrischen ihre Stärke ausspielen und tragen in der Tat zu einer besseren Teilequalität bei. Auch für Sonderprozesse, wo es auf die Fließfrontregelung der Schmelze ankommt, sind elektrische Maschinen besser geeignet. Doch auch hier muss genau nachgerechnet werden: „Der Einfluss der Genauigkeit der Schneckenbewegungen bei Mehrkavitäten-Werkzeugen nimmt mit zunehmender Formnestanzahl ab“, gibt Malinowski zu bedenken. Wittgrebe hingegen geht davon aus, dass sich unter den Gesichtspunkten hochwertige Kunststoffprodukte, Verfahrenskombinationen, Mehrkomponententechnik und Sonderverfahren, der Präzisionsansatz durchsetzen wird.
Stabilität bei wechselnden Umgebungsbedingungen
Malinowski nennt einen weiteren qualitätsverbessernden Vorteil: „Elektrische Maschinen arbeiten unabhängiger von Umweltbedingungen. Dies zeigt sich am deutlichsten darin, dass jahreszeitliche Prozessparameter-Änderungen oft nicht mehr notwendig werden.“ Im Expertengespräch war auch die Rede davon, dass die Wartungskosten elektrischer Maschinen aufgrund fehlender Hydraulik günstiger sind. Wartungskosten sind all jene Kosten, die zum störungsfreien Betrieb einer Maschine beitragen. Dazu gehören sowohl die regelmäßige vorbeugende Wartung als auch der verschleißbedingte Austausch von Maschinenteilen. Die Intervalle hängen von der Laufzeit, der Anzahl der Zyklen und dem Kunststoffmaterial ab. „Auszutauschende Teile wie Motoren, Spindeln, Hydraulikpumpen und Regelventile verursachen bei hydraulischen Maschinen geringere Ersatzteilkosten als bei elektrischen Maschinen“, gibt Kraibühler zu bedenken. Die meisten andern Maschinenhersteller sind der Ansicht, dass die Wartungskosten bei elektrischen Maschinen – bedingt durch die Antriebsart – geringer ausfallen. Ein Vorteil, der zumindest zum Teil entfällt, wenn zur Herstellung des Spritzteiles Kernzüge im Werkzeug benötigt werden. Arburg verweist hier auf die Modularität seines Produktprogrammes, Wittmann und Ferromatik Milacron bieten bei elektrischen Maschinen integrierte Hydraulikaggregate an, die aber in den Leistungsdaten eingeschränkt sind. Sumitomo stellt für die Zukunft sogar in Aussicht: „Alternativ sind zukünftig elektrische Kernzüge denkbar.“ – Zukunftspotenzial für die Maschinenhersteller.
Fassen wir zusammen: Die Energieeffizienz einer Spritzgießmaschine sollte bei zukunftsweisenden Investitionen gegeben sein, da der Kostenblock Energie mehr Bedeutung gewinnen wird. In puncto Qualität stehen eine bessere Reproduzierbarkeit durch die höhere Positioniergenauigkeit sowie die kürzere Wiederanfahrzeit und das schnellere Erreichen stabiler Produktionsbedingungen nach Betriebsunterbrechungen für die Elektrischen zu Buche.
Doch alle diese positiven Merkmale müssen sich bei der Kaufentscheidung einer Maxime unterordnen: Niedrigste Stückkosten bei größtmöglicher Qualität. Den größten Einfluss auf die Investitionsentscheidung hat daher die Anwendung selbst. Die Maschine mit ihren Eigenschaften, ihrem Ressourcenverbrauch und ihren Leistungsdaten muss zum herzustellenden Produkt passen, damit wirtschaftlich produziert werden kann. Eine nachhaltige Produktion wird sich künftig auszahlen.
Die Thesen
Die Energieeffizienz der Spritzgießmaschinen ist nicht kaufentscheidend.
Die Erwartung an die Qualitätsverbesserung durch elektrische Maschinen konnte bisher nicht bestätigt werden.
Die Wartungskosten elektrischer Maschinen sind geringer.
Zehn bis Fünfzehn Prozent Mehrpreis für Anwendungen ohne hydraulische Komponenten sind akzeptabel.
Ausblick
Auf der Fakuma haben die Maschinenhersteller Gelegenheit, ihre Neuentwicklungen und Innovationen bei elektrischen Spritzgießmaschinen zu präsentieren. Eine Vorschau wird in der Oktober-Ausgabe zur Messe zu lesen sein. Wenn Sie die Ausgabe auf keinen Fall verpassen wollen, schicken Sie bitte eine Mail an:
christine.koblmiller@huethig.de
infoDIRECT
Unter dem Suchbegriff 1109PVsgm sind auf www.plastverarbeiter.de unter dem Beitrag selbst zu finden:
zwei Links zum Expertengespräch, dessen Zusammenfassung als Zweiteiler in den Ausgaben März und April 2011 veröffentlicht wurde.
ein Link zum Trendbericht Energieeffi-zienz bei Spritzgießmaschinen – dem Topthema der Fakuma 2008
Die Statements der Maschinenhersteller zu den Thesen
Die Thesen der Verarbeiter aus dem Expertengespräch widersprechen scheinbar den Behauptungen der Maschinenhersteller. Das Thema Energieeffizienz wird, insbesondere bei den elektrischen Maschinen, gerne in den Vordergrund gestellt. Auch sollen sie eine bessere Produktqualität liefern. Der Plastverarbeiter hat acht große Maschinenhersteller mit den Thesen konfrontiert. Die wichtigsten Aussagen sind hier zusammengefasst.
Plastverarbeiter: Welche Rolle spielt die Energieeffizienz einer Spritzgießmaschine bei Investitionsentscheidungen heute?
Herbert Kraibühler, Arburg: Wichtig ist, dass die Spritzgießmaschine immer auf den jeweiligen Anwendungsfall ausgelegt werden muss. Die Energieeffizienz kann nicht das alleinige Kaufkriterium sein. Vielmehr kommen weitere Merkmale der elektrischen Maschinen hinzu, wie schnelle und gleichzeitige Bewegungen sowie Reproduzierbarkeit. Dadurch lassen sich die Stückkosten deutlich reduzieren und die Effizienz der Produktion steigern. Eine elektrische Spritzgießmaschine stellt auch nicht grundsätzlich die wirtschaftlichste Lösung dar. Auch bei Hydraulischen lässt sich der Energieverbrauch verringern, zum Beispiel durch einen elektromechanischen Dosierantrieb und einen wirkungsgradoptimierten Hydraulikantrieb, bei dem die Leistung des frequenzgeregelten Pumpenantriebs dem jeweiligen Bedarf während des Spritzzykluses angeglichen wird.
Franz Pressl, Engel Austria: Generell sollte die Anwendung über Maschine und Antriebstechnik entscheiden. Es ist richtig, dass eine hohe Energieeffizienz nicht unbedingt eine elektrische Antriebstechnik erfordert. Unsere mit der Servohydraulik ecodrive ausgestatteten hydraulischen Spritzgießmaschinen erreichen ähnliche Verbrauchswerte. Hinzu kommen weitere Einsparungen, da sich der Aufwand für die Ölkühlung deutlich reduzieren lässt. Die Öltemperatur ist ein wichtiger Indikator für die Energieeffizienz der Spritzgießma-schine.
Alfred Schiffer, Dr. Boy: Allgemein sollte die Energieeffizienz – unabhängig vom Antriebskonzept ein wichtiger Faktor bei der Kaufentscheidung sein. Zur Fakuma 2008 haben wir als erster europäischer Hersteller den servomotorischen Pumpenantrieb (Servo-Antrieb) eingeführt. Mit diesem System werden die Energieverbrauchswerte der elektromechanischen Maschinen erreicht oder sogar unterboten, ohne deren Nachteile zu haben.
Peter Gladigau, Sumitomo (SHI) Demag: Nach unserer Erfahrung ist heute die Kosteneinsparung auf der Energieseite in der Kombination mit weiteren Vorteilen einer elektrischen Maschine – als da wären Präzision, Ausschussrate, Wartungskosten, Ausfallzeiten, Laufruhe und Zykluszeit – ein wichtiges Kaufkriterium. Nicht unberücksichtigt sollten die Auswirkungen des Umweltmanagementsystems DIN EN ISO 14001 bleiben. Hier verpflichten sich die Unternehmen zur Ressourcenschonung und eine elektrische Spritzgießmaschine ist dazu ein adäquates Mittel.
Dr. Thorsten Thümen, Ferromatik Milacron: Der Anreiz, sich mit der Energieeffizienz auseinander zu setzen, ist vorhanden. Den Vorteil energieeffizienter Maschinen nehmen die Verarbeiter aber eher „en passant“ mit.
Hans Malinowski, KraussMaffei: Die Energieeffizienz wird bei strategischen Investitionsentscheidungen in der Regel vo-rausgesetzt. Mit Blick auf eine zukünftige nachhaltige Produktion spielt sie keine untergeordnete Rolle mehr. Liegt der Fokus jedoch auf einer Einzelinvestition, so kann heute der Mehrpreis einer elektrischen Spritzgießmaschine alleine durch die Energieeinsparung nicht innerhalb von zwei bis drei Jahren kompensiert werden.
Jörg Wittgrebe, Billion Deutschland: Energieeffizienz ist aus unserer Sicht ein Dauerbrenner. Besonders, da der Stromverbrauch einer hydraulischen Maschine durchschnittlich bei etwa 0,7 bis 1,0 kWh/kg liegt, hingegen bei einer elek-trischen Spritzgießmaschine bei etwa 0,3 bis 0,5 kWh/kg.
Je nach Anwendung, Material und Wandstärke.
Georg Tinschert, Wittmann Battenfeld: Die Energieeffizienz ist wichtig und zunehmend kaufentscheidend. Viele Unternehmen agieren sehr umweltbewusst und wollen Möglichkeiten der Energieeinsparung nutzen, vor allem dann, wenn sich diese auch wirtschaftlich darstellen lassen.
Plastverarbeiter: Die hohen Erwartungen an die Qualitätsverbesserung durch elektrische Maschinen konnten die Verarbeiter im
Expertengespräch nicht bestätigen. Wie erklären Sie sich das?
Alfred Schiffer: Nach unseren Erfahrungen können fast alle Qualitätsanforderungen durch hydraulische Maschinen erfüllt werden. Viele Vergleichsmessungen unserer Kunden bestätigen, dass die Kombination einer Spritzgießmaschine mit Servo-Antrieb und unserer Steuerung Procan Alpha ebenfalls höchste Qualitätsanforderungen erfüllt.
Dr. Thorsten Thümen: Die Teilequalität ist vor allem von der Plastifiziereinheit abhängig. Hier ist die absolute Positioniergenauigkeit bei elektrischen Maschinen besser. Das entschei-dende Merkmal ist jedoch die Reproduzierbarkeit und die ist bei elektrischen und hydraulischen Maschinen gleich gut.
Herbert Kraibühler: Die Verbesserung der Qualität durch Einsatz von elektrischen Maschinen bezieht sich auf Anwendungen, bei denen eine hohe Positioniergenauigkeit gefragt ist. In der Praxis erfüllen hydraulische Maschinen mit der entsprechenden Ausstattung sehr hohe Qualitätsanforderungen. Als Stichwort ist in diesem Zusammenhang die lagegeregelte Schnecke zu nennen, die seit vielen Jahren Branchenmaßstäbe setzt. Egal, ob es um Energieeffizienz oder um Qualität geht, ist es wichtig, nicht nur von elektrischen Maschinen, sondern auch von elektrischen Antrieben zu sprechen. Denn dank der Modularität unseres Produktprogramms lassen sich die Vorteile beider Antriebsarten flexibel nutzen.
Friedrich Mairhofer, Engel Austria: Vor allem bei Dünnwandanwendungen und bei der Herstellung besonders kleiner Bauteile lässt sich durch eine elektrische Spritzeinheit die Bauteilqualität steigern. Art und Zustand der Rückstromsperre sind dafür mitentscheidend.
Peter Gladigau: In kritischen Bereichen sind die Prozesskonstanz und das schnelle Erreichen des Arbeitspunktes mit einer elektrischen Maschine besser zu gewährleisten. Entsprechend liegt dann auch ein sicht- und messbarer positiver Effekt auf die Teilequalität vor. Die Frage die sich jeder Anwender stellen muss ist, ob er die Reserven, die das elektrische Maschinenkonzept in punkto Qualität bietet, auch für sich nutzen kann. Wenn Themen wie beispielsweise Null-Fehlerproduktion ein aktuelles Ziel sind, sollte die Antwort ja lauten.
Hans Malinowski: In vielen Fällen haben sich die Erwartungen an die Qualitätsverbesserungen in der Tat erfüllt. Elektromechanische Spritzgießmaschinen haben reproduzierbarere Achsbewegungen. Außerdem erreichen elektrische Maschinen beim Wiederanfahren nach einer Unterbrechung schneller wieder einen stabilen Prozess.
Jörg Wittgrebe: Die Qualitätsverbesserung trifft in jedem Fall zu. Zumindest für uns können wir das in Anspruch nehmen, obwohl unsere hydraulischen Baureihen seit jeher mit Servo-Hydraulik ausgestattet sind. Die höhere Qualität leitet sich aus der höheren Präzision der Antriebstechnik ab. Diese Präzision gilt es mittels Antriebsspindeln umzusetzen, deren Fertigungsgenauigkeit im µ-Bereich liegt. Dadurch erhält man eine optimale Positionierung der Schnecke und auch auf der Werkzeugseite ist die Positionierung und damit Entlüftung wesentlich verbessert. Der Verarbeiter produziert weniger Ausschuss. Dazu kommt eine erhebliche Verbesserung für den Mitarbeiter in der Fertigung: Deutlich weniger Lärm.
Georg Tinschert: In der Regel verfügen servoelektrische Antriebsachsen über eine höhere Wiederholgenauigkeit und sind auch im Anfahrprozess schneller stabil. Damit kann tatsächlich bessere Qualität produziert werden.
Plastverarbeiter: Verursachen elektrische Maschinen tatsächlich geringere Wartungskosten und wie wichtig ist dies bei einer Kaufentscheidung?
Dr. Thorsten Thümen: Es ist richtig, dass die Wartungskosten bei elektrischen Maschinen geringer sind. Eine Umfrage unter unseren Kunden hat jedoch ergeben, dass die Wartungsfreundlichkeit einer Maschine eine eher untergeordnete Rolle spielt. Wichtiger sind dagegen niedrige Betriebskosten. Auch spielt sicherlich eine Rolle, dass viele Verarbeiter noch keine große Erfahrung mit elektrischen Maschinen haben und dadurch eine gewisse Unsicherheit vorhanden ist. Sie greifen daher lieber auf bekannte hydraulische Systeme zurück, bei denen die Wartungskosten zwar höher sind, aber eine verlässliche Kalkulationsgröße darstellen. Bei der Kaufentscheidung werden niedrigere Wartungskosten zugunsten einer höheren Zukunftssicherheit hinten angestellt, die hydraulische Maschinen mit mehr Flexibilität bieten.
Herbert Kraibühler: Zu dieser Fragestellung kann es keine klare Antwort geben. Festzuhalten ist jedoch, dass Wartungskosten nicht absolut gesehen werden dürfen, sondern letztendlich auf die Stückkosten der zu produzierenden Teile umgelegt werden müssen. Uns ist nicht bekannt, dass sich ein Kunde ausschließlich aufgrund der Wartungskosten für oder gegen den Kauf einer Maschine entschieden hat. Vielmehr wird unser Maschinenvergleichsrechner genutzt. Dieser berücksichtigt die unterschiedlichen Kosten- und Zyklusfaktoren und bietet so einen direkten Vergleich der Stückkosten bei unterschiedlichen Anlagen und Anwendungen.
Franz Pressl: Die Wartungskosten einer elektrischen Maschine liegen unserer Erfahrung nach auf gleicher Höhe wie die einer hydraulischen. Wir achten bereits bei der Konstruktion, dass beide Maschinentypen später einfach zu warten sind.
Alfred Schiffer: Unsere hydraulischen Spritzgießautomaten sind weniger wartungsintensiv und sehr langlebig. Alle Komponenten sind auf minimalen Verschleiß ausgelegt. Ein zwingend notwendiger Austausch sehr teurer Komponenten nach einer gewissen Anzahl von Betriebsstunden ist nicht erforderlich.
Peter Gladigau: Die Wartungskosten sind tatsächlich niedriger als bei vergleichbaren hydraulischen Maschinen. Das hat unter anderem mit der Anzahl der bewegliche Teile im System zu tun aber auch mit den verschiedenen technischen Anforderungen an die jeweiligen Teile.
Was für viele Kunden aber oft noch wichtiger ist, ist die höherer Verfügbarkeit der Maschine auf Grund niedrigerer Ausfallzeiten.
Malinowski: Die Wartungskosten bei elektrischen Maschinen sind bedingt durch die Unterschiede in den Antriebstechnologien geringer als bei hydraulischen. Bei Kaufentscheidungen sind die Wartungskosten dann von Bedeutung, wenn die innerbetrieblichen Wartungsaufwendungen reduziert werden sollen.
Jörg Wittgrebe: Wartungskosten sind nur ein Teil der Medaille – augenfällig, aber nicht alles. Wichtiger ist, dass der Entscheider alle Kostenblöcke durchrechnet, und dies möglichst über den gesamten Lebenszyklus.
Georg Tinschert: Gemäß unserer Erfahrung sind die Wartungskosten ähnlich, mit eher günstigerer Tendenz in Richtung elektrischer Maschinen. Da sie über einen längeren Zeitraum mehr oder weniger vergleichbar sind, sind sie weniger kaufentscheidend als die Energiekosteneinsparung.
Plastverarbeiter: Wo liegt die Schmerzgrenze für die Preisdifferenz zwischen den Antriebskonzepten?
Franz Pressl: Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten, weil der ROI immer von der Anwendung abhängt. Aus unserer Sicht stellt für die Herstellung von technischen Teilen eine hydraulische Maschine mit ecodrive meistens die beste Lösung dar. Im Hochleistungsbereich oder der Medizintechnik, wo branchenspezifische Anforderungen hinzukommen, zahlt sich hingegen eine vollelektrische Maschine meist innerhalb kurzer Zeit aus.
Alfred Schiffer: Warum sollte ein Kunde mehr bezahlen, als notwendig ist?
Peter Gladigau: Wir gehen davon aus, dass die Preisdifferenz weiter sinken wird. Dieser Trend lässt sich auch über die letzten Jahre verfolgen. Basis hierfür sind die gestiegenen Stückzahlen und die gewonnenen Erfahrungen bei den elektrischen Maschinen. Wir profitieren hier sehr stark von den Synergien mit der Sumitomo Heavy Industries (SHI). So werden eigene Antriebe verwendet die speziell für Anwendungen im Bereich Spritzgießen entwickelt wurden. Diese Antriebe können durch die Marktgröße beider Unternehmen auch zu wirtschaftlich sinnvollen Kosten hergestellt werden.
Herber Kraibühler: Entscheidend ist, in welchem Zeitraum sich die Mehrkosten amortisieren. Mit dem Maschinenver-gleichsrechner können wir diese Frage für einen konkreten Anwendungsfall schnell beantworten.
Leistungsfähigkeit ist mit Kosten verbunden. Günstigere Maschinen haben grundsätzlich weniger Leistung, was jedoch nicht der Qualität des Produktes gleichzusetzen ist. Eine Leistungsreduzierung zeigt sich in erster Linie bei den technischen Daten wie Geschwindigkeit, Drücken oder Kräften. Heute wird beim Einsatz von Hochleistungsmaschinen die zur Verfügung stehende Leistung oft nicht voll genutzt. Genau für diese Standardanwendungen haben wir die elektrische Baureihe Edrive als preisgünstige elektrische Maschine ausgelegt. Die wichtigen technischen Daten der kostengünstigeren elektrischen Maschine decken im Wesentlichen die bisherigen Daten und Anforderungen der hydraulischen Maschinen ab, wodurch sich ein breites Einsatzgebiet für dieses Antriebskonzept bietet.
Dr. Thorsten Thümen: Durch die dezentralen Antriebe bei elektrischen Maschinen ist der Preis gegenüber hydraulischen Maschinen mit einer zentralen Pumpenhydraulik einfach höher, was bei den Verarbeitern akzeptiert wird. Sofern die Leistungsfähigkeit einer günstigen elektrischen Maschine zum Kunststoffteil passt, ist auch die Produktqualität in Ordnung.
Hans Malinowski: Der Mehrpreis für elektrische Spritzgießmaschinen wird längerfristig bestehen bleiben. Jeder wird individuell für seinen Betrieb und seine Produkte entscheiden, in welchem Umfang elektrische Maschinen für ihn von Nutzen sind. Einerseits könnten sich technologische Vorteile, wie Parallelbewegungen, Präzision oder Effizienz für die individuelle Produktpalette auszahlen, andererseits könnten weiche Faktoren wie geringer Lärmpegel, Sauberkeit und Imagegewinn eine wichtige Rolle spielen.
Jörg Wittgrebe: Das Preis-Leistungsverhältnis muss stimmen. Nach unseren Erfahrungen ist hier die elektrische Maschine klar überlegen. Ich gebe ein Beispiel: Bezogen auf eine vergleichbare hydraulische Maschine Hercule H470-140T mit einer Schließkraft von 1.400 kN gegen eine elektrische Select H470-125T ergeben sich zunächst rund 18 Prozent höhere Mehrkosten für die elektrische Maschine selbst. Auch bei den Maschinen-Fixkosten – Verzinsung, Abschreibung, Stellflächenmiete – rechnen wir mit etwa 15 Prozent höheren Kosten pro Jahr für die elektrische Variante. Nun kommt die Betrachtung der Energiekosten pro Jahr: Hydraulisch (16.130 EUR) gegenüber Elektrisch (6.594 EUR) – Einsparung knapp 60 Prozent pro Jahr. Veranschlagen wir noch Maschinenkühlungsaufwand, Wartung und Instandhaltung landen wir bei Maschinenkosten pro Stunde von 8,20 EUR (Hydraulisch) gegenüber 6,66 EUR (Elektrisch). Das Einsparpotential dieser elektrischen Maschine liegt damit bei rund 8.417 EUR/Jahr. Der Anwender hat also bei den Gesamtkosten die Nase vorne – ohne Wenn und Aber.
Georg Tinschert: Es ist immer die Frage, was man vergleicht: eine standardhydraulische Maschine mit nur sequentiellen Abläufen und eine hochwertige elektrische Maschine, die alle Bewegungen parallel zulässt und auch kürzere Zykluszeiten ermöglicht. Bei einer Total Cost-Betrachtung für die Kaufentscheidung haben elektrische Maschinen auch nach unserer Ansicht einen Vorteil.