Benchmarkbauteile. Eine vergrößerte Fünfcent-Münze,auf der drei kleine schwarze Miniaturschiffe stehen. Größe: 3 bis 6 mm Länge bei einer Schichtdicke von 5 µm. 3D-Modell veröffentlicht von Creative Tools Sweden AB.

Bild 1: Benchmarkbauteile. Größe: 3 bis 6 mm Länge bei einer Schichtdicke von 5 µm. 3D-Modell veröffentlicht von Creative Tools Sweden AB. (Bild: SKZ)

Das am SKZ seit fünf Jahren angewendete DLP-Verfahren ist für eine große Anzahl AF-Anwender ein bekanntes Verfahren. Ein UV-Projektor härtet ein Photopolymer auf Epoxid- oder Acrylatbasis selektiv und flächig Schicht für Schicht aus, bis auf diese Weise das komplette Bauteil, basierend auf einem CAD-Modell, gefertigt ist. Mit Schichtdicken von 25 bis 100 µm und einer Pixelgröße im Bereich von 50 µm wird das Verfahren bei hohen Detail- und Toleranzanforderungen, etwa in der Prototypisierung, Kleinserienfertigung und Dentalmedizin eingesetzt. Mikro-DLP, das das SKZ seit Anfang 2023 auf dem Drucker Fabrica 2.0 der israelischen Firma Nano Dimension untersucht, ist eine konsequente Weiterentwicklung des DLP-Verfahrens. Mithilfe eines hochauflösenden UV-Projektors mit 385 nm Wellenlänge bei einer Pixelgröße von 3,8 µm und Schichtstärken von 1 bis 5 µm ist damit eine hochpräzise Fertigung von Bauteilen im Milli- und Mikrometerbereich möglich (Bild 1). Bei einer Aufbaurate von bis zu 1 mm/h sind als verarbeitbare Photopolymere aktuell transparente und Eigenschaften von ABS imitierende sowie temperaturbeständige keramikgefüllte Materialien erhältlich.

Den Blick fürs Kleine entwickeln

Doch während bei etablierten AF-Verfahren die Anwendungsideen häufig durch den Alltag in der Fertigung gegeben sind, fällt die Suche nach den Anwendungsbereichen im Mikro-AF schwieriger. Häufig sind die ersten Ideen für AF gewichts- oder formoptimierte Variationen von bereits vorhandenen, mit dem bloßen Auge gut sichtbaren Produkten. Dies trifft jedoch nicht auf Bauteile im Mikrometerbereich zu: Der Benutzer muss die Anwendungen in dem Bereich von Grund auf neu denken. Einige aktuelle Forschungs- und Anwendungsbereiche werden im Folgenden dargestellt.

Präzision für die Medizintechnik

Die fortschreitende Miniaturisierung von medizinischen Geräten bietet einen breiten Anwendungsbereich von Mikro-DLP: Bei steigender Komplexität und Individualisierbarkeit hilft AF sowohl die Kosten als auch die Fertigungszeit von Kleinserien von Mikrobauteilen zu begrenzen. Dadurch kann die AF Montage- (durch eine Integralbauweise) und Werkzeugkosten einsparen. Insbesondere bei Kleinserien hochindividualisierter Mikrobauteile kommen die Vorteile von Mikro-DLP zum Tragen. Dazu gehören etwa individuelle Gehäuse für Hörgeräte, bei denen die kompakte Größe und die hohe Oberflächengüte signifikante Komfortmerkmale bei Patienten sind. Auch Komponenten für Einweginstrumente, wie beispielsweise multifunktionale Spitzen für kompakte Urethroskope oder Halterungen für Feinstnadeln, sind hier zu nennen. Herausforderungen liegen hierbei beim Handling sowie Postprocessing von großen Mengen und kleinen Bauteilen. Ein weiterer medizinischer Einsatzbereich für Mikro-DLP ist die Fertigung von porösen Strukturen im Mikrometerbereich. Forscher können diese nach einer Karbonisierung als Gerüste mit großer Oberfläche zum Züchten von biologischem Gewebe für Forschungszwecke verwenden. Darüber hinaus können Produktentwickler etwa feine, individuell angepasste Stents zum Verbessern von Arteriendurchblutung in der Prototypenphase wirtschaftlich iterieren, da die kostenintensive CNC- oder Mikrospritzgussfertigung durch die Mikro-DLP-Fertigung eingespart wird.

Draufsicht einer AF-Gussform für einen MfC zur gezielten Generierung von Liposomen, hier mit der kleinsten Kanalgröße von 20 µm.
Bild 2: Draufsicht einer AF-Gussform für einen MfC zur gezielten Generierung von Liposomen, hier mit der kleinsten Kanalgröße von 20 µm. (Bild: SKZ)

So wird die Fluidkontrolle im Nanoliterbereich möglich

Medizin, Biologie und Chemie sind die Hauptanwendungsgebiete der Mikrofluidik. Das Forschungsgebiet befasst sich mit dem präzisen Handhaben von Flüssigkeitsmengen im Mikro- und Nanoliterbereich. Dadurch können Laborprozesse wie die Polymerase-Kettenreaktion (PCR) und Zellkultivierung automatisiert werden, was zu Effizienzsteigerungen und geringeren Probenvolumina führt. Dies wird durch das Nutzen von Kanälen, Ventilen und Kammern im Bereich weniger Mikrometer umgesetzt. Das Herstellen sogenannter mikrofluidischer Chips (MfC) war jedoch bisher mit großem Aufwand und vielen Fertigungsschritten verbunden, bis eine Negativform für den Abguss des Chips mit Polydimethylsiloxan (PDMS) zur Verfügung stand. So übernahm das SKZ im Auftrag der Wallace Group des King’s College London die AF von Gussformen für MfC zur kontrollierten Generierung von Liposomen: kleinen Bläschen mit einer fest definierten Hülle zum Untersuchen von Biomembranen. Mit Mikro-DLP konnten dabei Gussformen mit Kanalgrößen von 10 bis 20 µm zuverlässig hergestellt werden (Bild 2). Mit den innerhalb von zehn Stunden druckbaren AF-Gussformen lässt sich ein Großteil der Fertigungsschritte eines MfC zusammenfassen. Damit werden die Fehlerquellen, der Arbeitsaufwand und Vorlaufzeit des Fertigungsprozesses minimiert. Eine ganzheitliche AF von MfC ist ebenfalls möglich: Kanalgrößen von bis zu 100 µm wurden sowohl in der Ebene als auch dreidimensional angeordnet in Würzburg gefertigt. Ein Forschungsgebiet liegt nun darin, noch feinere Strukturgrößen mittels Mikro-DLP zu fertigen, zur Kontrolle von noch kleineren Fluidmengen.

Warum Iterationsschleifen reduziert werden

Oben: Silikongussformhälften mit einem Kerneinsatz und einem RTV-Silikonfaltenbalg (Durchmesser 7mm). Mitte: Gussformen für ein Membranbauteil. Unten: O-Ring und Membranbauteil gefertigt aus RTV-Silikon mit einer Prägetiefe des Schriftzuges von 40 µm.
Bild 3: Oben: Silikongussformhälften mit einem Kerneinsatz und einem RTV-Silikonfaltenbalg (Durchmesser 7 mm). Mitte: Gussformen für ein Membranbauteil. Unten: O-Ring und Membranbauteil gefertigt aus RTV-Silikon mit einer Prägetiefe des Schriftzuges von 40 µm. (Bild: SKZ)

Eine weitere Anwendung des Mikro-DLP liegt im Prototyping von Spritzgussbauteilen und der Fertigung von entsprechenden hochpräzisen (Spritz-) Gusswerkzeugen. In herkömmlichen Entwicklungsprozessen müssen die Entwickler für jede Iteration des Bauteils entweder ein komplettes Spritzgusswerkzeug zeit- und kostenaufwendig fertigen beziehungsweise anpassen oder aber das Bauteil aufwendig per Mikro-CNC-Fräsen produzieren. Durch Mikro-DLP können mehrere Designvarianten innerhalb weniger Stunden additiv gefertigt und getestet werden, was die Kosten und Durchlaufzeiten pro Iteration signifikant senkt. Bevor das endgültige Spritzgusswerkzeug aus Stahl gefertigt wird, kann auch dieses als Prototyp gedruckt oder als funktionaler Werkzeugeinsatz zur Einzel- oder Kleinserienfertigung von Mikrospritzgussbauteilen genutzt werden. Aus einem Photopolymer, das Eigenschaften von ABS imitiert, hat das SKZ in einer Machbarkeitsstudie erfolgreich mehrere Gussformen zum Verarbeiten von Silikon zu Mikrobauteilen additiv gefertigt (Bild 3). Dabei wurden etwa O-Ringe mit einer Dicke von 0,9 mm, ein Demonstratorbauteil in Form einer Membran mit einem Schriftzug mit einer Textprägetiefe von 40 µm sowie ein hohler Faltenbalg mit einem dreiteiligen Werkzeug hergestellt. Verwendet wurde dabei ein raumtemperaturvernetzendes (RTV) Zweikomponentensilikon mit einer Shore-A Härte von 33, mit dem die Gussformen manuell gefüllt wurden. Das verwendete Photopolymer ist jedoch nicht ausreichend temperaturbeständig für das Verarbeiten von Thermoplasten oder von heißvulkanisierbarem Silikonkautschuk an einer Spritzgussanlage. Da dies das Einsatzgebiet signifikant einschränkt, ist Ende 2023 die Einführung von thermisch beständigeren, keramikgefüllten Harzen (Glasübergangstemperatur Tg bis 180 °C, HDT 200 °C) von Nano Dimension geplant. Diese sind zur Verarbeitung zu Mi-krospritzgusswerkzeugeinsätzen geeignet und werden damit die materialbedingten Grenzen des Verfahrens erweitern.

Deshalb ist Umdenken nötig

Mikro-DLP und die additive Mikrofertigung eröffnen neue Anwendungsmöglichkeiten der AF. Allerdings erfordert dies ein Umdenken bei der Ideenfindung und der Flexibilität bei Prozessherausforderungen, wie etwa Postprocessing und Handling von kleinen Bauteilen. Trotz Herausforderungen in Bezug auf Materialien, Präzision und Skalierbarkeit bieten die kontinuierlichen Fortschritte in der Mikro-3D-Drucktechnologie Potenzial für Innovation und Fortschritt in verschiedensten Industriezweigen.

Quelle: SKZ

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