
Diese sogenannten Seilantriebsgehäuse für elektrische Fensterheber von Pkw-Türen entstanden durch das Faser-Direkt-Compoundieren (FDC). Die rund 200 x 100 mm großen und 50 g schweren Bauteile (rechts) sind ähnlich schlagzäh, fest und steif wie vergleichbare Gehäuse aus PBT, allerdings bis zu 30 Prozent leichter. Nach der Veraschung des Kunststoffs ist die homogene Verteilung der Langglasfasern im Bauteil (links) zu erkennen. (Bild: Arburg)
Herr Wöhrle, Sie sind Senior Sales Manager Lightweight und somit Leichtbau-Experte bei Arburg. Wie sehen Sie die Zukunft des automobilen Leichtbaus?
Manuel Wöhrle: Leichtbau ist ein wichtiges Zukunftsthema – von Transport und Logistik über Medizin und Verpackung bis hin zu Gebäudetechnik. Der Haupttreiber ist aufgrund von Kosten- und Gewichtsdruck – Stichwort E-Mobilität – ganz klar die Automobilindustrie. Wir sehen es als eine unserer Kernaufgaben, innovative Verfahren und Maschinentechnik entsprechend den Kundenanforderungen zu entwickeln und unsere Kunden dabei zu unterstützen, diese in Serie einzusetzen.
Welche Gründe sprechen dafür, sich für ein Leichtbau-Verfahren zu entscheiden?
Wöhrle: Ganz klar die Reduktion des Teilegewichts bei gleichen oder sogar besseren mechanischen Eigenschaften des Bauteils und damit verbunden einer höheren Teilequalität. Darüber hinaus lassen sich oftmals die Fertigungskosten senken und Ressourcen schonen. Zusätzlich kann ganz anders konstruiert werden. Dadurch ergeben sich beim Bauteildesign neue Möglichkeiten – auch im Hinblick auf weitere Gewichtseinsparungen. Im Optimalfall beschäftigt man sich schon bei der Auslegung des Bauteils damit, wie es später hergestellt werden soll.
Wie finden Sie gemeinsam mit dem Kunden die für ihn beste Lösung?
Wöhrle: Immer mehr Kunden erkennen, dass sich die Potenziale des Leichtbaus erst durch das Zusammenspiel von verfahrensgerechter Konstruktion, angepasster Werkzeugtechnik und optimierter Prozessführung voll ausschöpfen lassen. In unserem Kundencenter haben wir ideale Voraussetzungen, dies in jedem Einzelfall zu testen und unser Expertenwissen einzubringen. Anders als für kompakte Bauteile kann man beim Leichtbau das Spritzgießergebnis kaum simulieren. In der Regel bringt der Kunde daher sein eigenes Werkzeug mit und wir führen mehrere Versuchsreihen durch. Wir können zum Beispiel mit verschiedene Verfahren oder Materialien arbeiten oder im Spritzgießprozess verschiedene Faserlängen beziehungsweise Schäumparameter ausprobieren. Die gefertigten Bauteile lassen sich anschließend eingehend analysieren und miteinander vergleichen.
Können Sie ein Leichtbau-Produkt nennen, das auf diesem Weg entstanden ist?
Wöhrle: Ein gutes Beispiel sind Seilantriebsgehäuse. Hier haben wir in enger Kooperation mit den Firmen Brose und Ros das Faser-Direkt-Compoundieren (FDC) für die Serienfertigung dieses Leichtbauteils optimiert. Die Bauteile aus PP mit 30 Prozent Langglasfasern sind hochstabil und -fest bei bis zu 30 Prozent weniger Gewicht und geringeren Herstellkosten als mit dem Hochleistungskunststoff PBT. In diesem Zusammenhang wurde Ros im Jahr 2017 auch mit dem Brose Innovation Award Europe ausgezeichnet und produziert inzwischen mit zwei Allroundern im FDC-Verfahren.
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