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Überblick transparenter Materialien für medizinische Anwendungen. (Bild: EMS-Chemie)

Brille, UVEX, transparent

Die hergestellten Uvex-Schutzbrillen werden in Deutschland und der Schweiz über offizielle Stellen an Pflege- und medizinisches Personal verteilt. (Bildquelle: Arburg)

Schätzungen zufolge bestehen mehr als die Hälfte aller derzeit verwendeten Medizinprodukte aus Kunststoff. Warum ist das so, wo wird Kunststoff mehrheitlich eingesetzt und was sind dabei die Vorteile und Herausforderungen?

  • Kunststoffe haben ein geringes Gewicht und erleichtern so die Arbeit.
  • Kunststoffe bieten hohe Sicherheit für den Patienten.
  • Kunststoffe in der Medizin sind vielseitig einsetzbar.
  • Kunststoffe in der Medizin senken das Allergierisiko.
  • Kunststoffe lassen sich leicht verarbeiten.
  • Kunststoffe lassen sich in jeder beliebigen Farbe herstellen.
  • Dank Kunststoffen lassen sich komplexe Produktgeometrien umsetzen.
  • Manche Kunststoffe sind kristallklar und transparent.

Aufgrund dieser Eigenschaften werden Kunststoffe beispielsweise sowohl für Einwegartikel, wie Spritzen, Behälter, Katheter, Atemmasken oder medizinische Instrumente, als auch für Prothesen und Implantate verwendet. Kunststoffe erleichtern die Arbeit in der Medizin. Sie sind leichter als Glas und Metall. Gleichzeitig tragen sie zur Sicherheit von Patient und Mediziner bei, denn sie sind bruchfest. Außerdem lässt sich Kunststoff in fast jeder Farbe herstellen, wodurch sich ähnlich aussehende Produkte leichter unterscheiden lassen. In der Medizintechnik werden Spezialkunststoffe verwendet, die allesamt auf ihren Verwendungszweck abgestimmt wurden.

Harte Bedingungen im OP-Saal

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Überblick transparenter Materialien für medizinische Anwendungen. (Bildquelle: EMS-Chemie)

Eine oftmals vernachlässigte Herausforderung ist die Wiederverwendbarkeit der bereits eingesetzten Kunststoffe in medizinischen Geräten. Diese müssen in der relativ sterilen Umgebung regelmäßig desinfiziert werden. Die Zahl der in der Praxis versagenden Kunststoffartikel ist groß. Mediziner beklagen sich über den Ausfall von Kunststoffbauteilen, nachdem diese mehrmalig in Kontakt mit Lösungsmitteln gekommen sind. Die Bauteile werden rissig, verfärben sich und brechen im schlimmsten Fall. Chemikalien können einen Kunststoff auf unterschiedliche Weise beeinflussen. Ein Kunststoff kann gegen eine Chemikalie beständig sein, also keinen Eigenschaftsverlust oder Verfärbung erleiden, jedoch leicht brechen, wenn er einer anderen Chemikalie ausgesetzt ist. Dieses Phänomen kann beispielsweise auftreten, wenn medizinische Geräte immer wieder mit Desinfektionsmitteln abgewischt werden. In der nachfolgenden Tabelle 1 ist die Beständigkeit transparenter Kunststoffe gegenüber den im Gesundheitswesen gängigen Reinigungs- und Desinfektionsmitteln dargestellt.

Transparente Kunststoffe, wie PC, ABS und PC/ABS sowie in manchen Fällen auch teilkristalline Kunststoffe, sind spannungsrissempfindlich. Transparente Polyamide hingegen sind aufgrund der hohen Chemikalienbeständigkeit nicht spannungsrissempfindlich. Nach diversen Tests mit den genannten Desinfektionsmitteln blieben die Oberflächen der Polyamid-Proben unverändert. Alle anderen getesteten Kunststoffe wiesen nach Kontakt mit den meisten der aufgeführten Testmedien Spannungsrisse, Verfärbungen oder Deformierungen auf.

Nur durch den Einsatz des richtigen Kunststoffs kann die wachsende Zahl von defekten Kunststoffkomponenten in medizinischen Geräten beseitigt werden. Langlebiges Material trägt zur Reduktion der Abfallberge bei.

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Tabelle 1: Vergleich Desinfektionsmittel-Beständigkeit, Erhalt der Zugfestigkeit in Prozent. (Bildquelle: EMS-Chemie)

Mehrweg statt Einweg

Wiederverwendbare Medizinprodukte oder medizinische Instrumente bergen ein gewisses Risiko für Kreuzkontaminationen, weshalb oft nur Einwegprodukte eingesetzt werden. Dadurch entstehen große Abfallmengen. Soll ein Produkt mehrfach eingesetzt werden können, muss dieses zuverlässig von Keimen befreit werden. Dafür müssen die Instrumente und Produkte sterilisiert werden.

Für die Sterilisation der Mehrwegprodukte bieten sich verschiedene Methoden an:

  • Ethylenoxid,
  • Gammastrahlung,
  • Plasma,
  • Heißdampf.

Bei der Sterilisation mit Ethylenoxid erfolgt die Abtötung der Mikroorganismen durch gasförmiges Ethylenoxid bei Temperaturen von circa 60° C. Dabei werden die Materialien in einer abgedichteten Vakuumkammer gasförmigem Ethylenoxid ausgesetzt, wodurch die Mikroorganismen abgetötet werden. Aufgrund der niedrigen Verfahrenstemperatur ist diese Sterilisationsmethode für eine Vielzahl thermoplastischer Kunststoffe geeignet.

Beim Sterilisieren mit Gammastrahlen werden die Produkte einem Bestrahlungsfeld ausgesetzt. Die energiereiche Strahlung tötet die Mikroorganismen ab. Das Verfahren kann jedoch die molekulare Struktur von Produkten verändern und ist deshalb nicht für alle Kunststoffe geeignet. Dieses Verfahren wird überwiegend industriell und fast ausschließlich für Einwegartikel verwendet.

Die Plasmasterilisation mit Wasserstoffperoxid (H2O2) erfolgt bei einem niedrigen Druck. Dabei kommt das Objekt in einer Vakuumkammer mit dem Prozessgas in Berührung. Das Gas wird ionisiert und dissoziiert. Die dabei entstehenden Ionen und die intensive UV-Strahlung töten die Keime ab. Wie die Sterilisation mit Ethylenoxid zählt auch die Sterilisation mit Wasserstoffperoxid zu den Niedertemperaturverfahren und ist deshalb für fast alle thermoplastischen Kunststoffe geeignet.

Die Dampfsterilisation, auch Autoklavieren genannt, ist eine weitere bekannte und effektive Methode, um Mikroorganismen abzutöten. Dabei werden die Oberflächen der zu sterilisierenden Gegenstände einem reinen, gesättigten Dampf in einem Temperaturbereich von 120 bis 148 °C bei hohem Druck und für einen Zeitraum von mindestens drei Minuten ausgesetzt. Bei der Kondensation des Dampfes auf der Kunststoffoberfläche wird hohe Energie freigesetzt, die die Mi-kroorganismen nachhaltig beseitigt. Aufgrund der hohen Prozesstemperaturen eignet sich diese Methode nicht für Kunststoffe, die anfällig für Wärme und Hydrolyse sind.

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Tabelle 2: Vergleich Sterilisationsverfahren-Beständigkeit. (Bildquelle: EMS-Chemie)

Regularien schreiben genau vor, welche Instrumente und mit welchen Methoden sterilisiert werden sollen. Das Autoklavieren gehört zu den sichersten, zuverlässigsten und günstigsten Sterilisationsverfahren und wirdeshalb häufig benutzt. Jedoch sind nur Spezialkunststoffe für dieses Verfahren geeignet.

Transparente Kunststoffe, wie PC, ABS, PMMA, PS und SAN, aber auch gewöhnliche amorphe PA, sind nicht für die mehrfache Dampfsterilisation geeignet. Die Anzahl geeigneter transparenter Kunststoffe ist sehr gering. Bekannte, bedingt transparente Kunststoffe sind PSU, PEI und PESU. Nun hat Ems-Grivory für genau diesen Zweck ein neues glasklares Hochleistungspolyamid entwickelt, welches mehrere hundertmale dampfsterilisierbar und somit mehrfach einsetzbar ist.

Der Grad der Wiederverwendbarkeit von medizinischen Geräten und Instrumenten entscheidet über die Auswahl des Kunststoffes. Werden die genannten Kunststoffe maximal fünfmal sterilisiert, so sind alle im Diagramm genannten Produkte geeignet. Für die mehrfache Sterilisation (≤ 500 Zyklen) eigenen sich PSU und TR HT 200, wobei das TR HT 200 eine bessere Transparenz aufweist, deutlich duktiler und einfacher zu verarbeiten ist. Bauteile aus PC weisen eine ähnliche Transparenz wie TR HT 200 aus, sind jedoch nur bedingt dampfsterilisierbar (≤ 5 Zyklen, Tabelle 2).
Kristallklar und sterilisierbar

Grilamid TR HT 200 ist damit das weltweit erste transparente Polyamid, welches mehrere hundertmal dampfsterilisierbar ist. Bei diesem Produkt handelt es sich um ein BPA-freies, transparentes Hochleistungspolyamid, das sich in thermoplastischem Verfahren einfach verarbeiten lässt. Die Kerneigenschaften des neuen Grilamid TR HT 200 sind:

  • kristallklare Transparenz,
  • hohe mechanische Festigkeit und Zähigkeit,
  • hohe chemische Beständigkeit,
  • einfache Verarbeitbarkeit,
  • hohe Temperaturbeständigkeit,
  • Biokompatibilität nach ISO10993
  • und USP Class VI.

Aus diesen Gründen ist das Einsatzgebiet des neuen Grilamid TR HT 200 breit gefächert. Beispielsweise kann es für Mehrweganwendungen verwendet werden, die eine hohe Transparenz erfordern. Dazu gehören Beatmungsmasken, Schutzvisiere, Pumpenbehälter, Filter, Ventile, Behälter, Boxen und Werkzeugkästen, Sichtfenster und vieles mehr. Grilamid TR HT 200 trägt so zu einer längeren Nutzungsdauer von medizinischen Kunststoffprodukten bei.

ist Product Manager Grivory GV & Grilamid TR bei EMS-Chemie in Domat/Ems, Schweiz.

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EMS-GRIVORY

Via Innovativa 1
7013 Domat/Ems
Switzerland