Aufmacherbild - Sievi

(Bild: Sievi)

Partikelschäume wie EPP und Airpop (Styropor) schreiben bekanntermaßen seit vielen Jahrzehnten Erfolgsgeschichte und haben so manchen Wirtschaftszweig geradezu revolutioniert. Ob beispielsweise als Leichtbauelement im Automobilbau, Dämmstoff in der Bauindustrie, hochkomplexes Gehäuse im Segment Heizung, Klima, Lüftung oder als Verpackung für temperatursensible Transportgüter Partikelschäume sind multifunktional und mittlerweile aus der hochentwickelten und globalisierten Welt nicht mehr wegzudenken. Doch die Zeit bleibt bekanntlich nicht stehen. So haben die Entwicklungsabteilungen der chemischen Industrie, etwa bei BASF, den überaus innovativen Werkstoff E-TPU entwickelt und zur Marktreife geführt. Was mit Prototypen begann, ist zwischenzeitlich bei Adidas mit den zahlreichen Boost-Sportschuhmodellen zu einem weltweit bekannten Produkt geworden.

Hochelastischer Werkstoff mit guten mechanischen Eigenschaften

Das expandierte thermoplastische Polyurethan (E­TPU) verbindet auf einzigartige Weise Elastizität mit Leichtigkeit. Der Werkstoff hat verglichen mit Gummi eine geringere Dichte und ist dennoch extrem elastisch. Außerdem verfügt er über ein extrem hohes Rückstellvermögen (rebound). Das heißt, dass ein zusammengedrücktes oder gestauchtes Formteil in kürzester Zeit wieder nahezu in seine Ursprungsform zurückspringt. Mit einem Rückstellvermögen von über 55 Prozent liegt E-TPU deutlich über vergleichbaren Schaumstoffen, wie expandiertem Polypropylen, Ethylenvinylacetat oder expandiertem Polyethylen. Diese hohe Rückstellkraft verliert das Material auch nicht unter Dauerbelastung. Neben der beeindruckenden Elastizität kann der Partikelschaum auch mit einer großen Abriebbeständigkeit, einer hohen Zugfestigkeit, einer guten Chemikalienbeständigkeit sowie mit einer hohen Dauerbelastbarkeit in einem breiten Temperaturfenster punkten. So behält er zwischen minus 20 °C und plus 40 °C seine funktionalen Eigenschaften.

Damit ist E-TPU ein sehr attraktiver Werkstoff für die unterschiedlichsten Anwendungen, denn der elastische Kunststoff kann überall dort zum Einsatz kommen, wo die Kombination aus geringem Gewicht, exzellenten mechanischen Eigenschaften und einer hohen Dauerbelastbarkeit benötigt wird. Im Visier dabei bisher: Sport- und Freizeitartikelhersteller sowie der klassische Maschinenbau. Schaumaplast, mit Hauptsitz in Reilingen bei Heidelberg und weiteren Werken in Deutschland, Polen und den USA, produziert seit mehreren Jahren an seinem Standort Nossen bei Dresden Formbauteile aus E-TPU.

Dirk Werrmann, Geschäftsführer der Schaumaplast Nossen: „E-TPU ist ein sehr vielseitiger Werkstoff. Sein Einsatz steht heute erst am Anfang. Viele Anwendungsmöglichkeiten werden gerade erst entdeckt und erprobt. Wer konnte noch vor Kurzem ahnen, dass dieser Partikelschaumstoff einmal sogar  in der Industrie zum Thema wird? Doch noch immer ist E-TPU die große Unbekannte für viele Ingenieure und Entwickler. Dabei sind die Eigenschaften dieses Werkstoffes geradezu prädestiniert für die Lösung anspruchsvoller technischer Herausforderungen. Dank seiner überragenden Performance ist er erste Wahl, wenn es um langlebige Dämpfung, Federung und Abriebfestigkeit geht.“

Schon jetzt viele erfolgreiche Serienprodukte

Bild 1 - Sievi

Schnitt durch den Sohlenbereich eines Sicherheitsschuhs. Im Fersenbereich ist das integrierte Partikelschaumelement gut zu erkennen. (Bildquelle: Sievi)

Der Hochleistungskunststoff, findet neben der Freizeitindustrie zwischenzeitlich Anwendung in anderen Märkten. So wird das Material auch in die Entwicklung des Sohlenaufbaus von strapazierfähigen Arbeitsschutzschuhen einbezogen. Der finnische Sicherheitsschuhhersteller Sievi etwa verwendet das hochelastische Material in zunehmend mehr Modellen als stoßdämpfendes Element in der Sohle. Auch in hochwertigen Fahrradsätteln steckt mittlerweile der innovative Partikelschaumstoff. Der renommierte Koblenzer Sattelproduzent RTI Sports setzt für seine Ergon-Sättel das Material in der Produktserie ST Core ein und spricht von einer ergonomischen Sattel-Revolution. Der neue Werkstoff sorge, so der Hersteller, für eine aktive Entlastung der Sitzknochen, eine medizinische Rückenschonung, für eine zuverlässige Dämpfung bei Unebenheiten und eine effektive Vorbeugung von Taubheitsgefühlen und Sitzbeschwerden. Außerdem unterstütze das in dem Sattel integrierte E-TPU die natürlichen Beckenbewegungen beim Fahrradfahren.

Bild 2 - Internorm

Schnitt durch das Rad des Rollers E-Floater. (Bildquelle: Internorm Kunststofftechnik)

Nicht nur in Fahrradsitzen und Schuhsolen steckt der universell einsetzbare Partikelschaum, sondern auch bei einem schnittigen Roller mit Elektroantrieb wird E-TPU eingesetzt. Der dreirädrige Steh-Roller E-Floater des Hamburger Mobility-Start-Ups Floatility fährt dank Kooperation mit Internorm Kunststofftechnik mit Reifen, die mit Partikelschaum und nicht mit Luft gefüllt sind. Er punktet damit nicht nur mit wartungsarmen sondern auch mit stoßdämpfendem Rollmaterial. Zusätzlich wird der Einsatz des elastischen Partikelschaumstoffes in Schlägern für Padel-Tennis untersucht oder als Alternative zu den Luftreifen bei Fahrrädern. Erste Prototypen zeigten bereits vielversprechende Ergebnisse.

Erste Anwendung im Maschinenbau

Bild 3 - Marbach

Federelemente bei Stanz- und Rotationsformen für die Herstellung von Verpackungen. (Bildquelle: Marbach Gruppen)

Doch nicht nur im Freizeitbereich findet das elastische und perfekt dämpfende Material seinen Einsatz. Auch Hersteller von Produktionsmaschinen ließen sich von den Qualitäten des elastischen Kunststoffes überzeugen. Das Heilbronner Maschinenbauunternehmen Marbach beispielsweise, Experte für Werkzeuge, Maschinen und Automation in der Verpackungsindustrie, hat E-TPU-Elemente unter dem Namen Marbach Flexpower im Portfolio. Eingesetzt werden diese als Federelemente bei Stanz- und Rotationsformen für Verpackungen in der sogenannten Marbaspeed-Produktlinie. Mittels der hoch abriebfesten Partikelschaum-Elemente verlängert sich die Werkzeuglebensdauer deutlich und es können höhere Geschwindigkeiten an den Fertigungslinien gefahren werden. In Summe bewirkt hier also der Einsatz von E-TPU erhebliche Kosteneinsparungen sowie Effizienzgewinne.

Laut Dirk Werrmann sind die Einsatzmöglichkeiten dieses Werkstoffs noch bei weitem nicht ausgeschöpft: „Der Partikelschaumstoff  hat enormes Potenzial in vielen Bereichen. Etwa im Automotive-Bereich oder auch im Schienenverkehr sowie in der Schifffahrt. Überall dort, wo Schwingungen und Vibrationen aufzufangen sind beziehungsweise es auf eine hohe Rückstellfähigkeit und Abriebfestigkeit in Kombination mit einem geringen Gewicht ankommt, ist E-TPU erste Wahl. Auch in der Orthopädie und der medizinischen Rehabilitation kann ich mir Anwendungen vorstellen, erste Produktentwürfe besprechen wir bereits mit potenziellen Anwendern. Selbst in der Möbelproduktion könnte E-TPU aufgrund seiner Elastizität, und des geringen Gewichtes für clevere, designorientierte Lösungen sorgen.“

 

Kontakt

Schaumaplast, Reilingen

holding@schaumaplast.de

arbeitet bei Meeco Communication Services in Dresden. seifert@meeco.net

Sie möchten gerne weiterlesen?