Eigentlich hat Covestro aus Leverkusen die CFRTP-Composites (continuous fiber-reinforced thermoplastics) entwickelt, um daraus extrem leichte Bauteile herzustellen. Das war für den chinesischen Haushaltsgerätehersteller Haier aber nicht der entscheidende Grund, diesen Werkstoff für die Gehäuse der Klimaanlagen der Edelmarke Casarte zu verwenden. Die Produktdesigner interessierten sich für das neuartige Erscheinungsbild dieser Composites. Für Shao Qingru aus dem Designer-Team von Haier war die Oberflächenqualität entscheidend: „Schon als ich das Material das erste Mal gesehen habe, war ich sehr angetan von seiner ästhetischen Qualität.“
Bislang waren die Casarte-Mitarbeiter vor allem auf Werkstoffe wie Stahl, Aluminium und Glas fokussiert – der Grund ist einfach: Ihr Ziel ist ein einzigartiges Design, das Kunden elektrisiert. Und diese Werkstoffe ziehen nun mal Blicke auf sich. Gutes Design bestimme immer über den Erfolg eines Produktes mit, sagt Qingru. Es sei aber „nicht einfach, neue Werkstoffe zu finden, mit denen wir arbeiten können“. Daher verbringen sie und ihre Team-Kollegen viel Zeit damit, nach Methoden zu suchen, die bewährten Werkstoffe so zu bearbeiten, dass sie sich vom gewohnten Bild unterscheiden und helfen, den Produkten ein neues Gesicht zu verleihen.
Um zum Beispiel Aluminium auf wohnzimmertauglich zu trimmen, ist eine Kombination von Veredelungsverfahren wie Sandstrahlen, Bürsten und Anodisieren erforderlich. Das kostet Zeit und Geld. „CFRTP ist dagegen bereits von Haus aus ein schöner Werkstoff“, schwärmt die Designerin.
Eine Klimaanlage ist das erste Produkt bei Casarte, das sich in das Leichtbaumaterial hüllen darf: Zwei schlanke Säulen mit einem luxuriösen Metall-Effekt, aber ohne Metall: Die wie gekämmt parallel liegenden Endlos-Carbonfasern des neuen Leichtbau-Werkstoffs erinnern in ihrer brillanten Polycarbonat-Matrix auch ohne aufwändige Nachbearbeitung an gebürstetes Aluminium.
Weil die Verarbeitung von CFRTP-Composites mittels Thermoformen durch Heißprägen weniger Verarbeitungsschritte benötigt als zum Beispiel Aluminium oder traditionelle, epoxid-basierte carbonfaserverstärkte Kunststoffe (bei denen man etliche Arbeitsstunden in die Nachbearbeitung stecken muss), gehen die Covestro-Experten davon aus, dass die Teilequalität insgesamt reproduzierbar höher ist. Die Folge: Die Ausschussquote sinkt, weil das Material nach der Entformung weniger aufwändig bearbeitet werden muss. Was sich natürlich – wie die geringen Zykluszeiten des Formgebungsprozesses – insgesamt auch positiv auf die Produktionskosten auswirkt.