Ganz links, sieht man Holz-Hackschnitzel, rechts daneben gröbere und dann ganz kleine schwarze Kunststoffteile. Ganz rechts schwarze Kunststoffwindungen.

Um Kunststoff-Kreisläufe wirklich nachhaltig zu gestalten, müssen diese ohne fossile Quellen funktionieren. (Bild: Carbonauten)

Die Ökosysteme der Erde lehren uns, was es mit Nachhaltigkeit wirklich auf sich hat. Seit Milliarden von Jahren transformieren biologische und geologische Kreisläufe beharrlich konstante Mengen an Wasser, Mineralien und Kohlenstoff. Ganz ohne Wachstum und ohne Zufuhr von äußeren Stoffen, bei überwiegend gleichbleibender Energiezufuhr und -abfuhr. Trotzdem hemmte das nicht die Entstehung der biologischen Artenvielfalt, wie wir sie auf unserem Planeten kennen. Im Gegenteil: die Stoffkonstanz ist eine treibende Kraft der Evolution. Wir lernen daraus, dass Entwicklung und Wachstum nicht gleichzusetzen sind. Und wir verstehen das Grundproblem menschlicher Wirtschaftskreisläufe. Solange wir sie weiter durch die Zufuhr von äußeren fossilen Stoffen am Laufen halten, sind sie dysfunktional, weil endliche Ressourcen die Basis für endloses Wachstum darstellen. Diese im Ergebnis zerstörerische Dysfunktionalität ist die Ursache, warum die zwingende Dekarbonisierung unserer Lebenswirklichkeit mittlerweile zur globalen Agenda geworden ist. Warum ganze Wirtschaftszweige und Industrien nun vor der schwierigen Aufgabe stehen, nachhaltige Kreisläufe zu konzipieren.

Alles zum Thema Biokunststoffe

Eine Hand reißt einen Papierstreifen weg. Darunter steht das Wort "Biokunststoff"
Wissenswertes über Biokunststoffe finden Sie in unserem Übersichtsartikel. (Bild: thingamajiggs - stock.adobe.com)

Auf dem Weg zu einer klimaneutralen Zukunft müssen verschiedenste Rädchen ineinander greifen. Doch wie schaffen wir es, die Dekarbonisierung unserer Gesellschaft umzusetzen? Biokunststoffe sind ein wichtiger Hebel um diesem Ziel näher zu kommen. Doch was wird unter einem Biokunststoff eigentlich verstanden? Wo werden diese bereits eingesetzt? Und ist "Bio" wirklich gleich "Bio"? Wir geben die Antworten. Alles, was Sie zu dem Thema wissen sollten, erfahren Sie hier.

Grüner Kunststoff: biobasierte und bioabbaubare Polymere

Die Kunststoffindustrie steht vor denselben umwälzenden Herausforderungen. Das ist ein Stück weit ironisch, handelt es sich doch gerade um den Bereich, der zum Zweck hat, Stoffe künstlich zu erzeugen, sprich: für Kreisläufe neu zu kreieren und dabei wie kaum ein anderer abhängig ist, von fossilen Ausgangsstoffen. Doch aufgrund einer ganzen Reihe von engagierten, quer über den Globus verteilten Forscher und Idealisten sind wir heute dazu in der Lage, dem Markt nachhaltige und funktionierende Alternativen zu rein fossilbasierten Kunststoffen anzubieten. Besonders die Entwicklungen der Biopolymere (biobasiert) und der bioabbaubaren Polymere haben in den vergangenen Jahren enorme Fortschritte gemacht. Letztere, wie beispielsweise Polycaprolacton (PCL) oder das Copolymer Polybutylenadipat-Terephthalat (PBAT) haben zwar immer noch einen petrochemischen Ursprung, sind aber kompostierbar und weisen ähnliche Eigenschaften wie konventionelle, nicht abbaubare Produkte auf. PBAT ist inzwischen ein nahezu gleichwertiger Ersatz für Polyethylen (PE). Und ein Polymerblend aus PBAT und der biobasierten Polyhydroxybuttersäure (PHB), die sich fermentativ etwa aus Glukose, Stärke oder auch Glycerin gewinnen lässt, bringt ein Ergebnis, das mit den Merkmalen von Polypropylen (PP) vergleichbar ist. Beispiele, die verdeutlichen, dass Biopolymere auf dem Vormarsch sind.

Schalen, Körbe und Wannen sowie eine Flasche und ein Becher aus schwarzem Kunststoff.
Verpackungen sind ein Beispiel für Produkte, für die es bereits Alternativen zu den klassischen fossilbasierten Kunststoffen gibt. (Bild: Carbonauten)

Grüne Verbundstoffe: Biokomposit

Weitere, große Potentiale liegen in Biokompositen, also Verbundwerkstoffen, die mindestens eine biogene Komponente haben. Als Matrix fungieren hier Biopolymere, bioabbaubare oder fossile Kunststoffe, die mit Füllstoffen meist natürlichen Ursprungs verstärkt werden. Inwiefern das Endprodukt entweder recyclingfähig, industriell oder einfach kompostierbar ist, hängt in erster Linie von der verwendeten Matrix ab. Die besonderen und vorteilhaften Eigenschaften, wie UV-Beständigkeit, Temperaturstabilität, hohe Steifheit und Festigkeit, oder hinsichtlich des Gewichts ergeben sich aus der Kombination der Stoffe miteinander. Durch dieses Compounding von Rohpolymeren mit Füllern und Additiven lassen sich so Komposite nach Maß designen. Die Carbonauten mischen für unternehmenseigenen Biokomposite Rohpolymere unterschiedlichen Ursprungs mit speziellen Biokohlenstoffen, die durch Pyrolyse aus holzigen Biomasseresten gewonnen werden. Das birgt gleich zwei große Vorteile gegenüber rein fossilen Kunststoffen: Zum einen sind die Biokomposite CO2-neutral, da sie das CO2 der Biomasse dauerhaft speichern. Und zum anderen reduzieren sich die fossilen Anteile am Endprodukt durch den Einsatz der Biokohlenstoffe: In Kombination mit einem fossilen Träger bis zu 40 % und mit einer Biopolymer-Matrix wie Polyactid (PLA) oder Polybutylensuccinat (PBS) sind die Biokomposite sogar vollständig fossilfrei. So ergeben sich auch Sekundäreffekte, beispielsweise in der Landwirtschaft. Eine Mulchfolie, die etwa aus einem PLA-Biokohlenstoff-Compound besteht, kann auf der Anbaufläche vollständig kompostieren und wirkt dabei noch als Nährstofflieferant für Pflanzen – quasi also eine Win-win-Situation.

Die wichtigsten Biokunststoffe und ihre Verwendungsmöglichkeiten

Cellulose-basierte Biopolymere:
Celluloseacetat: Als Textilfaser, aufgrund geringer Quellung ist ein Celluloseacetat-Gewebe gut für wasserabweisende Stoffe geeignet. Weitere Verwendung von CA in Brillenfassungen, den optischen Schichten von Displays und in Zigarettenfiltern.
Cellulosehydrat: einer der ältesten Verpackungskunststoffe der Welt. Lebensmittel, Zigaretten, Medikamente und Blumen werden bevorzugt in Zellglas verpackt.

 

Stärke-/ Zucker-basierte Biopolymere:
Thermoplastische Stärke (TPS): Klassisch als Medikamentenhülle, durch Blending und Compounding spezialisierte Anwendungsbereiche: unter anderem Tragetaschen, Pflanzentöpfe, Windelfolien und Geschirr.
Polyactid (PLA): Wegwerfbesteck, Medizinartikel, Teebeutel. PLA-Compounds in Verbindung mit anderen Polymeren finden Anwendung in der Landwirtschaft und im 3D-Druck.
Polyhydroxybutyrat (PHB): Verpackungen, Haushaltsartikel, Tragetaschen. In der Medizin als Material für Implantate, künstliche Speiseröhren oder Knochenersatz.

 

Kompostierbare Polymere (fossilbasiert):
Polybutylenadipat-terephthalat (PBAT): Kann als Ersatz für Polyethylen (PE) genutzt werden. Hauptsächliche Verarbeitung als Folie für Landwirtschaft und Verpackungen.
Polybutylensuccinat (PBS): Verpackungen, Wegwerfbesteck, medizinische Artikel. Als Matrix in Verbundwerkstoffen breite Nutzung, unter anderem im Automobilbau.

 

Arten von Biokompositen:
Naturfaserverstärkte Kunststoffe (NFK): Verbindung von Naturfasern wie Hanf, Flachs oder Jute mit Polymeren oder Biopolymeren als Matrix.
Wood-Plastic-Composites (WPC): Verbindung von Holzmehl und -fasern mit Polymeren oder Biopolymeren als Matrix.
Biochar composites: Verbindung von Biokohlenstoffbasierten Verstärkern mit Polymeren oder Biopolymeren als Matrix.
Die carbonauten NET Materials: Biokomposite nach Maß auf Basis von Biokohlenstoffen, die mit Polymeren, Biopolymeren oder Harzen kombiniert werden. Die carbonauten NET Materials wirken als CO2-Senke, denn eine Tonne Biokohlenstoffe speichern dauerhaft bis zu 3,3 t CO2. Das Ziel der Carbonauten ist ein Anteil von 50 bis 60 % am fertigen Compound.

 

Grüne Transformation: Angebot und Nachfrage

Weil sich Biokomposite so kundenspezifisch konzipieren lassen und ihre Verwendungsmöglichkeiten generell sehr vielfältig sind, ist das Interesse an ihnen in den letzten Jahren sprunghaft angestiegen. Das hat die Grundlagenforschung voran-, Pilotprojekte auf den Weg und eine Reihe von marktreifen Angeboten hervorgebracht. Biokomposite sind billig und erneuerbar. Sie finden allein oder als Ergänzung zu bisherigen fossilbasierten Standardmaterialien Verwendung. Und sie verbessern die CO2-Bilanz eines Produkts. Ob als Leichtbau-Material in der Automobilindustrie, hitzebeständiger Dämmstoff im Bauwesen, oder wiederverwertbares Verpackungsmaterial in der Logistik – die Zielmärkte von Biokompositen erstrecken sich mittlerweile quer durch die Wirtschaft. Im Wesentlichen helfen sie jetzt schon ganzen Branchen dabei, ihre Kreisläufe nachhaltiger zu gestalten.
Der Plastikmarkt hat sich also quasi gedreht. Noch vor wenigen Jahren war das Credo billig, und nochmal billig. Das hat die Dominanz von petrochemischen Polymeren allerdings nur so lange künstlich aufrechterhalten, bis politischer und gesellschaftlicher Druck zu groß wurden. Wissenschaft, Konsumenten und schärfere Gesetzgebung seitens der Politik haben dafür gesorgt, dass es heute zwei große Trends in der Kunststoffindustrie gibt. Abnehmer wollen nun für eine bessere Ökobilanz einerseits die fossilen Anteile in Kunststoffen so gering wie möglich halten. Und andererseits soll die Recyclingfähigkeit der Produkte steigen und mehr Rezyklat in die Herstellungsprozesse einfließen. Beide Trends begünstigen sicherlich die Transformation der Branche. Wie in allen Lebens- und Wirtschaftsbereichen muss das Ziel auch hier lauten: weniger und weniger fossile Ausgangsstoffe, bis die CO2-Neutralität erreicht ist. Doch noch immer werden die größten Mengen an Kunststoff aus Erdöl gewonnen, finden jährlich bis zu 12 Mio. t Plastik-abfälle ihren Endpunkt in den Weltmeeren und gibt eine Person in Deutschland jedes Jahr etwa 4 kg Mikroplastik in die Umwelt ab. Es gilt also, schnell weitere Einsatzfelder für Biopolymere und Biokomposite zu erschließen und die Nachfrage zu steigern. Zwei willkürliche Beispiele, wo das geschehen könnte:
• Die Verlustmenge von Kehrmaschinen-Borsten, meist aus PP oder Nylon, beträgt in Europa circa 80.000 t pro Jahr, die als Mikroplastik in die Umwelt gelangen. In PHB-Copolymeren gibt es schon heute eine biobasierte Alternative.
• Auf etwa 87 t beläuft sich der jährliche Kunststoffeintrag durch polymerumhülltes Saatgut in der deutschen Landwirtschaft. Ein Verbot dieser Praktik würde die
Innovationsbereitschaft der Agrarindustrie stimulieren.

Grüne Zukunft: Nachhaltige Kreisläufe

Es ist vor allem eine Frage der Regulierung, ob es gelingt, die Transformation zu beschleunigen. Legislative Vorgaben der Europäischen Union schaffen für einen riesigen Markt Rechtsverbindlichkeit und setzen neue Standards. Das Verbot von Einwegplastik kann deshalb nur ein Anfang sein. Weitere Richtungsentscheidungen müssen folgen, wie etwa eine Verpflichtung, dass Kunststoff-Tragetaschen mindestens aus kompostierbaren Materialien bestehen. Biopolymere und Biokomposite sind bereits jetzt in vielen Bereichen eine wirtschaftliche und effektive Alternative zu fossilen Polymeren.

Quelle: Carbonauten

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