In einer Glasschale liegt ein Maiskolben und daneben ein helles Artikelschaumformteil: Partikelschaumformteil aus hydrothermisch gepufftem Mais.

Partikelschaumformteil aus hydrothermisch gepufftem Mais. (Bild: Cerex)

Biogranulat ist eine vielseitig anpassbare Alternative zu fossilen Partikelschäumen. Als Basissubstrat können alle Arten von gepufftem Getreide nach dem hydrothermischen Cerex Puffing-Verfahren dienen. Gepuffte Getreidebestandteile charakterisieren sich durch eine leichte, nachgiebig federnde Textur – genau die Eigenschaften, welche Partikelschäume auszeichnen. Die einzelnen Partikel werden mit einem Bindemittel untereinander verbunden. Die Bindemittel können Klebstoffe oder Kunststoffe sein. Da es sich bei Biogranulat um ein biologisches Produkt handelt, werden die Bindemittel bevorzugt aus der breiten und wachsenden Palette industriell hergestellter biologischer oder biobasierter Stoffe ausgewählt. Ein einprägsames Referenzrezept sieht wie folgt aus: 1,5 l gepuffte Getreidepartikel mit einer Dichte von 60 g/l und 7 g Biobindemittel ergeben 1 l Partikelschaum mit einer Dichte von 97 g/l. Zum Herstellen eines exemplarischen Formteils mit Volumen von 1 dm³ werden nach vorgenanntem Rezept 1,5 l gepuffte Getreidepartikel mit einer Masse von 90 g benötigt. Das erhöhte Volumenerfordernis ergibt sich durch die zur Adhäsionsflächenoptimierung erwünschte Kompression der gepufften Getreidepartikel. Cerex verfügt über Rezepturen mit deutlich niedrigerer oder gar keiner Kompression. Bei einem suboptimalen Bindemittelauftrag von 8 Gew.-% ergibt dies eine Bindemittelzugabe von abgerundet 7 g. Die Dichte des fertigen Partikelschaumformkörpers beträgt somit rechnerisch und ohne Berücksichtigung von Wasserhaush58alt oder flüchtiger intermolekularer Interaktion 97 g/l. Auf den Biokunststoff bezogen würde dies einem Kunststoffpartikelschaum mit einer Dichte von nur 7 g/l entsprechen. In diesem einfachen Rezept wurde der Kunststoffeinsatz mehr als halbiert, verglichen mit einem handelsüblichen EPS-Partikelschaum. Die hergestellten Produkte sind somit konform der Richtlinie (EU) 2019/904 zur Verringerung der Auswirkungen bestimmter Kunststoffprodukte auf die Umwelt.

Nach welchen Kriterien das Getreide gewählt wurde

Cerex und Kurtz Ersa wollen die Verwendung von biobasierten Partikelschäumen ausbauen, denn das Getreide kann von Bauern und lokal in Produktionsstätten verarbeitet werden. Neben der Bindemittelwahl nimmt die Getreidesorte und seine müllereitechnische Vorbehandlung großen Anteil an den Eigenschaften des erzeugten Biogranulats. Die Entwicklungspartner haben sich für die Ausarbeitung der Verarbeitungstechnologie aus folgenden Gründen für Mais entschieden: Industriemais hat einen hohen Hektarertrag. Auf wenig Fläche produziert die Natur jedes Jahr viel Material zum Verarbeiten. Des Weiteren wird Mais als Industriepflanze, zum Beispiel in der Papierindustrie, für Kosmetika, zum Gewinnen von Bioethanol oder Biogas verwendet. Mais ist darüber hinaus eine C4-Pflanze, das heißt, sie absorbiert und bindet CO2 effizienter als C3-Pflanzen. C4-Pflanzen wie Mais machen nur etwa 5 % der pflanzlichen Biomasse aus, sind aber für 23 % der CO2-Absorption verantwortlich. Indem Mais stofflich genutzt wird, wird das aus der Atmosphäre absorbierte CO2 länger im Wirtschaftskreislauf gebunden. Bei der traditionellen Verwendung von Mais gelangt das gespeicherte CO2 innerhalb desselben Anbauzyklusses (typischer-weise ein Jahr) direkt wieder in die Atmosphäre. Durch die Verfütterung wird ein großer Teil des Kohlenstoffs in Form von Methan in die Atmosphäre abgegeben. Eine Tonne emittiertes Methan wirkt sich wie 25 t CO2 auf die Atmosphäre aus und wirkt so gesehen 25-fach auf den Treibhauseffekt ein. Jedes Jahr erhöht sich die Anzahl zugelassener Maissorten. Diese werden von den Saatgutherstellern ständig auf die Bodenbeschaffenheit und klimatischen Gegebenheiten angepasst und weiterentwickelt. Die Empfehlungen für Landwirte sind inzwischen fast schon feldspezifisch. Das Verwenden von Mais bietet sich damit für Partikelschaumersatz aus Biogranulat an.

Schaubild: Von der Maispflanze zum spezifischen Bauteil.
Von der Maispflanze zum spezifischen Bauteil. (Bild: Cerex)

Alles zum Thema Biokunststoffe

Eine Hand reißt einen Papierstreifen weg. Darunter steht das Wort "Biokunststoff"
Wissenswertes über Biokunststoffe finden Sie in unserem Übersichtsartikel. (Bild: thingamajiggs - stock.adobe.com)

Auf dem Weg zu einer klimaneutralen Zukunft müssen verschiedenste Rädchen ineinander greifen. Doch wie schaffen wir es, die Dekarbonisierung unserer Gesellschaft umzusetzen? Biokunststoffe sind ein wichtiger Hebel um diesem Ziel näher zu kommen. Doch was wird unter einem Biokunststoff eigentlich verstanden? Wo werden diese bereits eingesetzt? Und ist "Bio" wirklich gleich "Bio"? Wir geben die Antworten. Alles, was Sie zu dem Thema wissen sollten, erfahren Sie hier.

Wie das Getreide aufbereitet wird

Der erste Prozessschritt nach der Ernte des Getreides besteht in der müllereitechnischen Aufbereitung. Hierbei werden zwei Ziele verfolgt. Einerseits sollen die wertvollen Proteine und Fette von der für den Biogranulat-Prozess gewünschten Stärke abgetrennt werden. Proteine und Fette werden anderen Industrien oder der Tierfütterung zugeführt. Andererseits sollen die Stärkekörper auf spezifische Korngrößen gebrochen oder geschrotet werden. Durch das Abtrennen des Stärkekörpers wird eine Geruchsbildung verhindert. Stärke ist der Vorläufer von Zellulose, welches das in der Natur meistproduzierte Biopolymer ist. Die gewonnene Maisstärkefraktion wird in einer Puffing-Anlage von Cerex hydrothermisch behandelt und mittels kontrollierten Druckabfalls expandiert. Rudolf Bichsel hat 1995 das Unternehmen Cerex mit Sitz im Schweizer Bleienbach gegründet. Seitdem werden die Cerex Puff-ing-Anlagen in der Lebensmittelindustrie für beispielsweise das Herstellen von Frühstückscerealien eingesetzt. Während des Puffing-Prozesses wird die Stärke bei einer einstellbaren Volumenzunahme um bis zu Faktor 14 vollständig aufgeschlossen und das Produkt erhält die gewünschten Eigenschaften. Hydrothermisch gepuffte Stärke ist nach diesem Prozess, verglichen mit fossilen Partikelschäumen, brandhemmend, da sich beim Stärkeaufschluss unzählige kleinster Bläschen bilden. Die dünnen Wände der Bläschen sind zwar brennbar, jedoch ist die enthaltene Energie nicht ausreichend, um weiter innenliegenden Bläschen der Schaumstruktur in Brand zu stecken. Jedes Bläschen schirmt somit die umliegenden Hohlräume vor zu großer Hitze ab.

Detailbetrachtung des Prozessschrittes Puffing, von müllereitechnisch aufbereiteten Maisgrits zu gepufften Partikeln. 
Detailbetrachtung des Prozessschrittes Puffing, von müllereitechnisch aufbereiteten Maisgrits zu gepufften Partikeln.  (Bild: cerex)

Deshalb wird gepufftes Getreide beschichtet

Der nächste große Prozessschritt beim Aufbereiten ist das Coating. Es ist zwar möglich, gepuffte Stärke ohne Zusatz zu verbinden, aber das oberflächliche Auftragen eines Bindemittels macht den Prozess robuster und erschließt durch die Nutzung verfügbarer Biokunststoffe und Bioklebstoffe ein breitgefächertes Einsatzspektrum. Dieses beginnt bei einfachsten Packstoffen und endet in Gebieten, die bisher aufgrund der Temperaturfestigkeit nur den Partikelschäumen aus dem oberen Bereich der Kunststoffpyramide vorbehalten waren. Die eingesetzten Coatinganlagen sind, wie die Puffing-Anlagen, ebenfalls Produkte des Schweizer Unternehmens. Bisherige Erfahrungen mit Bindemitteln haben gezeigt, dass jeder Kunststoff, der einen Film bilden kann, für das Coating der gepufften Getreidepartikel infrage kommt. Ferner sind auch spröde Biokunststoffe als Bindemittel in tendenziell flexiblen Biogranulat-Schäumen bereits eingesetzt worden. Mit dem Coating von gepufften Getreidepartikeln wird die Abbaubarkeit von Bindemitteln durch das Stärkesubstrat nach bisherigen Beobachtungen stark erhöht. Nach Möglichkeit sollte die Formulierung des Coatings so gestaltet sein, dass das entstehende Granulat rieselfähig, nicht klebend, lagerbar und transportierbar bleibt. Beim letzten Prozessschritt erfolgt die Formgebung in einem Formteilautomaten. Der Formteilautomat Kurtz Wave Foamer von Kurtz, Kreuzwertheim, arbeitet mit der Radiofrequenz (RF)-Technologie, die das Verschweißen der Schaumpartikel zu Formteilen mittels elektromagnetischer Wellen im Hochfrequenzbereich ermöglicht. Verglichen mit der konventionellen Dampfverarbeitung von Partikelschäumen lassen sich mit der RF-Technologie je nach verarbeitetem Material bis zu 70 % CO2, 90 % Energie und 100 % Wasser einsparen. Neben diesen Einsparungen ist die RF-Technologie eine nachhaltige Lösung für den Werkstoffkreislauf, da sie das Verarbeiten von bis zu 100 % Rezyklat und erstmals die von biologischen Materialien wie gepufftem Maisgrieß ermöglicht.

Quelle: Cerex

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